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9.2 Einzelne Schutzbestimmungen

9.2.1 Allgemeiner Schutz
906. Für alle Kulturgüter gilt ein allgemeiner Schutz. Er setzt keine Eintragung in ein besonderes Register voraus. Kulturgüter sind zu respektieren. Gegen das Kulturgut gerichtete feindselige Handlungen sind zu unterlassen. Kulturgüter dürfen weder angegriffen noch sonst wie beschädigt werden (5 53; 6 16; 24 4 Abs. 1). Darüber hinaus ist es verboten, Kulturgut, seine unmittelbare Umgebung und die zu seinem Schutze bestehenden Einrichtungen durch Zweckentfremdung, z. B. durch militärische Nutzung, der Gefahr der Zerstörung oder Beschädigung auszusetzen (24 4 Abs. 1).
Eine Abweichung von dieser Regel ist nur in Fällen zwingender militärischer Notwendigkeit zulässig (24 4 Abs. 2).
907. Eine feindselige Handlung gegen ein Kulturgut unter Berufung auf eine solche zwingende militärische Notwendigkeit setzt voraus, dass dieses Kulturgut durch seine Nutzung ein militärisches Ziel darstellt und keine andere durchführbare Möglichkeit besteht, einen ähnlichen militärischen Vorteil zu erlangen. Im Fall eines Angriffs ist vorher auf wirksame Weise zu warnen, sofern die Umstände es erlauben (24c 6 Buchst. a, d).
908. Die Verwendung von Kulturgut für Zwecke, die es möglicherweise der Zerstörung oder Beschädigung aussetzen, ist nur aus Gründen zwingender militärischer Notwendigkeit zulässig. Eine
solche zwingende militärische Notwendigkeit kann nur geltend gemacht werden, sofern und solange die Möglichkeit, zwischen einer solchen militärischen Verwendung des Kulturguts und einer anderen durchführbaren Methode zur Erlangung eines ähnlichen militärischen Vorteils zu wählen, nicht besteht (24c 6 Buchst. b). 909. Die Entscheidung, eine entsprechende zwingende militärische Notwendigkeit geltend zu machen, ist nur von der Kommandeurin bzw. vom Kommandeur einer militärischen Einheit zu treffen, die der Größe nach einem Bataillon oder einem höheren Verband entspricht. Nur wenn die Umstände nichts anderes erlauben, kommt die Chefin oder der Chef einer niedrigeren Einheit in Betracht (24c 6 Buchst. c).
910. Die Konfliktparteien haben genügende Vorkehrungen zur Verhinderung der militärischen
Nutzung von Kulturgut sowie der nutzungsbedingten Gefährdung von Kulturgut zu treffen (24 3, 4 Abs. 1). Auch Kulturgut, das der Gegner für militärische Zwecke nutzt, ist soweit wie möglich zu schonen.
911. Diebstahl, Plünderung, andere widerrechtliche Inbesitznahme, Beschlagnahme und sinnlose Zerstörung von Kulturgut sind verboten und von den Konfliktparteien zu verhindern und zu unterbinden (24 4 Abs. 3).
912. Es sind bestimmte Vorsichtsmaßnahmen beim Angriff zu treffen. Es besteht bei einem Angriff die Verpflichtung,
• zu überprüfen, dass die Ziele, die angegriffen werden sollen, kein geschütztes Kulturgut darstellen,
• alle durchführbaren Vorsichtsmaßnahmen bei der Wahl der Mittel und Methoden des Angriffs zu treffen, um eine damit verbundene Beschädigung von Kulturgut zu verhindern oder auf alle Fälle auf ein Mindestmaß zu begrenzen,
• keinen Angriff zu beschließen, mit dem eine Beschädigung von geschütztem Kulturgut voraussichtlich verbunden ist, die in keinem Verhältnis zu dem erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht und
• einen Angriff zu unterlassen oder einzustellen, wenn offensichtlich wird, dass das Ziel geschütztes Kulturgut darstellt oder, dass mit dem Angriff eine Beschädigung von geschütztem Kulturgut voraussichtlich verbunden ist, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht (24c 7).
913. Gegen die Wirkungen von Feindseligkeiten gegen das Kulturgut sind Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Soweit dies praktisch irgend möglich ist, ist bewegliches Kulturgut aus der Umgebung
militärischer Ziele zu entfernen oder es ist für seinen angemessenen Schutz an Ort und Stelle zu sorgen. Militärische Ziele sind grundsätzlich nicht in der Nähe von Kulturgut anzulegen (24c 8).
914. Es ist verboten, Kulturgut zum Gegenstand von Repressalien zu machen (5 52 Abs. 1 und 53 Buchst. c; 24 4 Abs. 4).