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15.3 Strafrechtliche und disziplinare Maßnahmen

1506. Jede bzw. jeder Angehörige von Streitkräften, die bzw. der gegen die Regeln des Humani- tären Völkerrechts verstößt, muss damit rechnen, strafrechtlich und disziplinar zur Verantwortung gezogen zu werden.
1507. Alle Staaten sind völkerrechtlich verpflichtet, die Regeln des Humanitären Völkerrechts durch entsprechende Bestimmungen ihres jeweiligen nationalen Strafrechts durchzusetzen. So verpflichten die Genfer Abkommen und das I. Zusatzprotokoll die Vertragsparteien, schwere Verletzungen der Schutzbestimmungen unter Strafe zu stellen und alle Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind, die Beachtung der Abkommen zu sichern (1 49, 50; 2 50, 51; 3 129, 130; 4 146, 147; 5 85). Dieser Verpflichtung ist Deutschland nachgekommen, zuletzt durch das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) vom 26. Juni 2002 (35).
1508. Mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), dessen Statut am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist (sog. Römisches Statut), wurde die Möglichkeit geschaffen, nach seiner Errichtung
begangene Verbrechen wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegs-verbrechen wirksam strafrechtlich durch ein internationales Gericht zu ahnden. Das deutsche VStGB orientiert sich inhaltlich an den im Römischen Statut geregelten Verbrechenstatbeständen sowie sonstigen verbindlichen Instrumenten des Humanitären Völkerrechts. Ferner wurden auch internationale Ad-hoc-Strafgerichtshöfe durch Resolutionen des Sicherheitsrates der VN eingesetzt (siehe Nr. 130). 1509. Der IStGH ersetzt nach dem Prinzip der Komplementarität nicht die nationale Strafgerichtsbarkeit der Staaten, deren grundsätzlicher Vorrang im Statut an mehreren Stellen verankert ist. Der IStGH hat aber die Kompetenz, darüber zu entscheiden, ob ein Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, die Ermittlungen oder die Strafverfolgung ernsthaft durchzuführen.
1510. Die bedeutsamsten Grundsätze der Tätigkeit des IStGH sind
• die Gerichtsbarkeit ist auf vier Deliktskategorien besonders schwerer Verbrechen beschränkt, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren:
+ Völkermord,
+ Verbrechen gegen die Menschlichkeit,
+ Kriegsverbrechen und
+ Verbrechen der Aggression;
• der Gerichtshof kann nur dann seine Gerichtsbarkeit ausüben, wenn Staaten entweder
+ nicht willens oder
+ nicht in der Lage sind, die Ermittlungen oder die Strafverfolgung ernsthaft durchzuführen (Grundsatz der Komplemen- tarität, 33 17);
• ein Staat, der Vertragspartei des Statuts wird, erkennt die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs für die im Statut aufgeführten Verbrechen an (automatische Jurisdiktion);
• der Gerichtshof kann seine Gerichtsbarkeit ausüben, wenn entweder der Staat, in dessen Hoheitsgebiet sich das Verbrechen ereignet hat, oder der Staat, dessen Staatsangehörigkeit die mutmaßliche Täterin bzw. der mutmaßliche Täter besitzt, die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs anerkannt hat; bei Nichtvertragsstaaten kann die Anerkennung der Gerichtsbarkeit im Einzelfall erfolgen;
• die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs erstreckt sich nur auf Verbrechen, die nach Inkrafttreten des IStGH-Statuts begangen worden sind bzw. bei Staaten, die nachträglich Vertragspartei geworden sind, für Verbrechen, die nach Inkrafttreten des IStGH-Statuts für diesen Staat begangen wurden;
• der Gerichtshof wird entweder aufgrund einer Staatenbeschwerde, einer Initiative des Sicherheitsrats der VN oder einer eigenen Initiative des Anklägers tätig.
1511. Zum Zwecke der Anpassung des deutschen Strafrechts an das Römische Statut wurde das weitgehend eigenständige Regelungswerk des VStGB (35) geschaffen, das die Entwicklung des Humanitären Völkerrechts und des Völkerstrafrechts widerspiegelt, indem es Verbrechen gegen das Völkerrecht unter Strafe stellt. Soweit es um Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch geht, sieht das Gesetz die Geltung des Weltrechtsprinzips vor, ohne hierfür einen besonderen Anknüpfungs- punkt zu Deutschland zu verlangen. Das Völkerstrafgesetzbuch enthält einen Teil mit allgemeinen Bestimmungen und einen besonderen Teil mit Tatbeständen zu Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.
1512. Das VStGB trifft keine abschließende Sonderregelung für Straftaten. Straftaten, die nach allgemeinem Strafrecht unter Strafe gestellt sind, können daher auch dann strafbar sein, wenn eine Strafbarkeit nach dem Völkerstrafgesetzbuch nicht gegeben ist.
1513. Die Verfolgung von Verbrechen und die Vollstreckung der verhängten Strafen nach dem VStGB verjähren nicht (35 5).
1514. Das VStGB sieht eine Bestrafung wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit vor, wenn jemand im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung • einen Menschen tötet (35 7 Abs. 1 Nr. 1);
• in der Absicht, eine Bevölkerung ganz oder teilweise zu zerstören, diese oder Teile hiervon unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, deren Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen (35 7 Abs. 1 Nr. 2);
• Menschenhandel betreibt, insbesondere mit einer Frau oder einem Kind, oder wer auf andere Weise einen Menschen versklavt und sich dabei ein Eigentumsrecht an ihm anmaßt (35 7 Abs. 1 Nr. 3);
• einen Menschen, der sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er ihn unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt (35 7 Abs. 1 Nr. 4);
• einen Menschen, der sich in seinem Gewahrsam oder in sonstiger Weise unter seiner Kontrolle befindet, foltert, indem er ihm erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, die nicht lediglich Folge völkerrechtlich zulässiger Sanktionen sind (35 7 Abs. 1 Nr. 5);
• einen anderen Menschen sexuell nötigt oder vergewaltigt, ihn zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält (35 7 Abs. 1 Nr. 6);
• einen Menschen dadurch zwangsweise verschwinden lässt, dass er in der Absicht, ihn für längere Zeit dem Schutz des Gesetzes zu entziehen,
+ ihn im Auftrag oder mit Billigung eines Staates oder einer politischen Organisation entführt oder sonst in schwerwiegender Weise der körperlichen Freiheit beraubt, ohne dass im Weiteren auf Nachfrage unverzüglich wahrheitsgemäß Auskunft über sein Schicksal und seinen Verbleib erteilt wird (35 7 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a), oder
+ sich im Auftrag des Staates oder der politischen Organisation oder entgegen einer Rechtspflicht weigert, unverzüglich Auskunft über das Schicksal und den Verbleib des Menschen zu erteilen, der unter den oben benannten Voraussetzungen (35 7 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) seiner körperlichen Freiheit beraubt wurde, oder eine falsche Auskunft dazu erteilt (35 7 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b);
• einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufügt (35 7 Abs. 1 Nr. 8); • einen Menschen unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts in schwerwiegender Weise der körperlichen Freiheit beraubt (35 7 Abs. 1 Nr. 9) oder
• eine identifizierbare Gruppe oder Gemeinschaft verfolgt, indem er ihr aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Gründen, aus Gründen des Geschlechts oder aus anderen nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts als unzulässig anerkannten Gründen grundlegende Menschenrechte entzieht oder diese wesentlich einschränkt (35 7 Abs. 1 Nr. 10).
1515. Nach dem Völkerstrafgesetzbuch wird wegen Völkermordes bestraft, wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören,
• ein Mitglied der Gruppe tötet (35 6 Abs. 1 Nr. 1),
• einem Mitglied der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufügt (35 6 Abs. 1 Nr. 2),
• die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen (35 6 Abs. 1 Nr. 3),
• Maßregeln verhängt, die Geburten innerhalb der Gruppe verhindern sollen (35 6 Abs. 1 Nr. 4) oder
• ein Kind der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe überführt (35 6 Abs. 1 Nr. 5).
1516. Das VStGB regelt ferner die Bestrafung wegen Kriegsverbrechens gegen Personen, wenn jemand im Zusammenhang mit einem internationalen oder nicht-internationalen bewaffneten Konflikt
• eine nach dem Humanitären Völkerrecht zu schützende Person55
+ tötet (35 8 Abs. 1 Nr. 1),
+ als Geisel nimmt (35 8 Abs. 1 Nr. 2),
+ grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt (35 8 Abs. 1 Nr. 3),
+ sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält (35 8 Abs. 1 Nr. 4),
n h14
+ in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt (35 8 Abs. 1 Nr. 9);
• eine nach dem Humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt (35 8 Abs. 1 Nr. 6);
• eine nach dem Humanitären Völkerrecht zu schützende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, indem er
+ an einer solchen Person Versuche vornimmt, in die sie nicht zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat oder die weder medizinisch notwendig sind noch in ihrem Interesse durchgeführt werden (35 8 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a),
+ einer solchen Person Gewebe oder Organe für Übertragungszwecke entnimmt, sofern es sich nicht um die Entnahme von Blut oder Haut zu therapeutischen Zwecken im Einklang mit den

55 Im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des I.
Zusatzprotokolls, namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen; im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt: Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige sowie Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden; im internationalen und im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt: Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind (35 8 Abs. 6 Nrn. 1-3).


allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen handelt und die Person zuvor nicht freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat (35 8 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. b), oder
+ bei einer solchen Person medizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden anwendet, ohne dass dies medizinisch notwendig ist und die Person zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat (35 8 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. c);
• gegen eine nach dem Humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist (35 8 Abs. 1 Nr. 7);
• Kinder unter fünfzehn Jahren für Streitkräfte zwangsverpflichtet oder in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingliedert oder sie zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten verwendet (35 8 Abs. 1 Nr. 5) oder
• einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei verwundet, nachdem dieser sich bedingungslos ergeben hat oder sonst außer Gefecht ist (35 8 Abs. 2).
1517. Im VStGB ist auch eine Bestrafung wegen Kriegsverbrechens gegen Personen vorgesehen, wenn jemand im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt
• eine geschützte Person rechtswidrig gefangen hält oder ihre Heimschaffung ungerechtfertigt verzögert (35 8 Abs. 3 Nr. 1),
• als Angehöriger einer Besatzungsmacht einen Teil der eigenen Zivilbevölkerung in das besetzte Gebiet überführt (35 8 Abs. 3 Nr. 2),
• eine geschützte Person mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht nötigt (35 8 Abs. 3 Nr. 3) oder
• einen Angehörigen der gegnerischen Partei mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfind- lichen Übel nötigt, an Kriegshandlungen gegen sein eigenes Land teilzunehmen (35 8 Abs. 3 Nr. 4).
1518. Das VStGB droht ferner eine Bestrafung wegen Kriegsverbrechens gegen Eigentum und sonstige Rechte an, wenn jemand
• im Zusammenhang mit einem internationalen oder nicht-internationalen bewaffneten Konflikt plündert oder, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten ist, sonst in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig Sachen der gegnerischen Partei, die der Gewalt der eigenen Partei unterliegen, zerstört, sich aneignet oder beschlagnahmt (35 9 Abs. 1) oder
• im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt völkerrechtswidrig anordnet, dass Rechte und Forderungen aller oder eines wesentlichen Teils der Angehörigen der gegnerischen Partei aufgehoben oder ausgesetzt werden oder vor Gericht nicht einklagbar sind (35 9 Abs. 2).
1519. Das VStGB sieht weiter eine Bestrafung wegen Kriegsverbrechens gegen humanitäre Operationen und Embleme vor, wenn jemand im Zusammenhang mit einem internationalen oder nicht-internationalen bewaffneten Konflikt
• einen Angriff gegen Personen, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge richtet, die an einer humanitären Hilfsmission oder an einer friedenserhaltenden Mission in Übereinstimmung mit VN-Charta (34) beteiligt sind, solange sie Anspruch auf den Schutz haben, der Zivilpersonen oder zivilen Objekten nach dem Humanitären Völkerrecht gewährt wird (35 10 Abs. 1 Nr. 1),
• einen Angriff gegen Personen, Gebäude, Material, Sanitätseinheiten oder Sanitätstransportmittel richtet, die in Übereinstimmung mit dem Humanitären Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen gekennzeichnet sind (35 10 Abs. 1 Nr. 2) oder
• die Schutzzeichen der Genfer Abkommen, die Parlamentärflagge oder die Flagge, die militärischen Abzeichen oder die Uniform des Feindes oder der VN missbraucht und dadurch den Tod oder die schwere Verletzung eines Menschen verursacht (35 10 Abs. 2).
1520. Das VStGB sieht zudem eine Bestrafung wegen Kriegsverbrechens des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegführung vor, wenn jemand im Zusammenhang mit einem internationalen oder nicht-internationalen bewaffneten Konflikt
• mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen richtet, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen (35 11 Abs. 1 Nr. 1),
• mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen zivile Objekte richtet, solange sie durch das Humanitäre Völkerrecht als solche geschützt sind, namentlich Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude oder entmilitarisierte Zonen sowie Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten (35 11 Abs. 1 Nr. 2),
• mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte in einem Ausmaß verursachen wird, das außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht (35 11 Abs. 1 Nr. 3),
• eine nach dem Humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Schutzschild einsetzt, um den Gegner von Kriegshandlungen gegen bestimmte Ziele abzuhalten (35 11 Abs. 1 Nr. 4),
• das Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegführung einsetzt, indem er ihnen die für sie lebensnotwendigen Gegenstände vorenthält oder Hilfslieferungen unter Verstoß gegen das Humanitäre Völkerrecht behindert (35 11 Abs. 1 Nr. 5),
• als Befehlshaberin bzw. Befehlshaber anordnet oder androht, dass kein Pardon gegeben wird (35 11 Abs. 1 Nr. 6) oder
• eine Angehörige bzw. einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder eine Kämpferin bzw. einen Kämpfer der gegnerischen Partei meuchlerisch tötet oder verwundet (35 11 Abs. 1 Nr. 7).
1521. Das VStGB sieht außerdem eine Bestrafung wegen Kriegsverbrechens des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegführung vor, wenn jemand im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff weit reichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen (35 11 Abs. 3).
1522. Schließlich ermöglicht das VStGB eine Bestrafung wegen Kriegsverbrechens des
Einsatzes verbotener Mittel der Kriegführung, wenn jemand im Zusammenhang mit einem
internationalen oder nicht-internationalen bewaffneten Konflikt
• Gift oder vergiftete Waffen verwendet (35 12 Abs. 1 Nr. 1), • biologische oder chemische Waffen verwendet (35 12 Abs. 1 Nr. 2) oder
• Geschosse verwendet, die sich leicht im Körper des Menschen ausdehnen oder flachdrücken (sog.
Dum-Dum-Geschosse), insbesondere Geschosse mit einem harten Mantel, der den Kern nicht ganz umschließt oder mit Einschnitten versehen ist (33 8 Abs. 2 Buchst. e xv; 35 12 Abs. 1 Nr. 3).
Wie sich aus den für die Auslegung des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe e xv durch den IStGH auf der Überprüfungskonferenz verabschiedeten „Verbrechenselementen" ergibt, muss die Munition objektiv gegen das Völkerrecht verstoßen. Zudem muss sich die Täterin bzw. der Täter bewusst gewesen sein, dass die Munition von einer solchen Beschaffenheit war, dass ihre Verwendung unnötig das Leiden oder den Verletzungseffekt verstärken würde. Munition, die durch die Polizei, die Streitkräfte oder andere staatliche Kräfte im Rahmen von Geiselbefreiungen oder vergleichbarer Situationen, bei denen dies zum Schutz unbeteiligter Personen oder eigener Kräfte geboten ist, genutzt werden, fällt nicht unter die Strafandrohung, da Situationen im Zusammenhang mit der Wahrung der öffentlichen Sicherheit von der Gerichtsbarkeit des IStGH ausgenommen sind.
1523. Das unbefugte Benutzen des roten Kreuzes auf weißem Grund oder von Zeichen, die nach den Regeln des Völkerrechts dem roten Kreuz gleichstehen, stellt nach § 125 Ordnungs- widrigkeitengesetz eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann.