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7.3 Rechtsstellung der Militärgeistlichen in fremdem Gewahrsam

718. Militärgeistliche dürfen zur Betreuung der Kriegsgefangenen ihrer eigenen Streitkräfte zurückgehalten werden, wenn der gesundheitliche Zustand, die Bedürfnisse nach geistlichem Beistand und die Anzahl der Gefangenen es erfordern (1 28 Abs. 1; 2 36, 37; 3 33). Militärgeistliche im Gewahrsam des Gegners gelten nicht als Kriegsgefangene (1 28 Abs. 2; 2 36; 3 33 Abs. 1).
719. Die Bestimmungen des I. und des III. Genfer Abkommens gelten für die Behandlung von zurückgehaltenen Militärgeistlichen als Mindestschutzbedingungen. Militärgeistliche genießen damit
zumindest alle den Kriegsgefangenen in diesen Abkommen zugebilligten Vergünstigungen (1 30; 3 33).
Sie sind wie Kriegsgefangene nach Beendigung der aktiven Feindseligkeiten ohne Verzug freizu- lassen und Heim zu schaffen (3 33 Abs. 1 Satz 2, 118 Abs. 1).
720. Der Gewahrsamsstaat hat insbesondere religiöse Organisationen gut aufzunehmen. Er hat den ordnungsgemäß beglaubigten Delegierten dieser Organisationen alle notwendigen Erleichte- rungen zu gewähren, damit sie Gelegenheit erhalten,
• die Kriegsgefangenen und Militärgeistlichen im Lager zu besuchen,
• Hilfssendungen und für Erziehungs-, Erholungs- oder Religionszwecke bestimmte Gegenstände zu verteilen und
• Kriegsgefangenen und Militärgeistlichen bei der Gestaltung ihrer Freizeit zu helfen (3 125).
721. Für Militärgeistliche, die in einem neutralen Gebiet aufgenommen oder dort interniert werden, finden die Bestimmungen der Genfer Abkommen sinngemäß Anwendung (1 4; 2 5).
722. Militärgeistliche, die nicht zurückgehalten werden, werden an die am Konflikt beteiligte Partei, der sie angehören, zurückgesandt, sobald ein Weg für ihre Rückkehr offen ist und die militärischen Erfordernisse es gestatten (1 28, 30; 2 37).
723. Militärgeistliche, die zurückgesandt werden, dürfen die ihnen gehörenden Sachen, persönlichen Gegenstände, Wertsachen und Kultgegenstände mitnehmen (1 30 Abs. 3; 2 37).
724. Zurückgehaltene Militärgeistliche setzen ihre seelsorgerliche Tätigkeit zugunsten der Kriegsgefangenen – vorzugsweise für die Angehörigen der eigenen Streitkräfte – fort. Sie stehen unter der Aufsicht der zuständigen Dienststellen (1 28 Abs. 2; 2 37; 3 33 Abs. 2, 35).
725. Zur seelsorgerischen Tätigkeit zugunsten der Kriegsgefangenen gehört insbesondere • Gottesdienste abzuhalten (3 34),
• Angehörigen ihres Bekenntnisses geistlichen Beistand zu gewähren (3 35) und
• verstorbene Kriegsgefangene nach dem Ritus ihrer Religion zu bestatten (3 120 Abs. 4).
726. Damit eine gleichmäßige Betreuung der Kriegsgefangenen gewährleistet ist, werden die Militärgeistlichen auf Lager und Arbeitsgruppen verteilt, zu denen Kriegsgefangene gehören, die aus denselben Streitkräften stammen, die gleiche Sprache sprechen oder die sich zum gleichen Glauben bekennen (3 35 Satz 2).
727. Der Gewahrsamsstaat hat den Militärgeistlichen für die Ausübung ihrer seelsorgerlichen Tätigkeit alle nötigen Erleichterungen zu gewähren (3 33 Abs. 1).
728. Im Einzelnen stehen ihnen folgende Erleichterungen zu:
• Ihnen sind für Gottesdienste geeignete Räume zur Verfügung zu stellen (3 34 Abs. 2).
• Sie sind berechtigt, Kriegsgefangene, die sich außerhalb des Lagers (z. B. in einer Arbeitsgruppe oder in einem Lazarett) befinden, regelmäßig zu besuchen. Die Gewahrsamsmacht hat zu diesem Zweck die nötigen Beförderungsmittel bereitzustellen (1 28 Abs. 2 Buchst. a); 3 33 Abs. 2 Buchst. a), 35 Satz 3). • Sie haben für alle ihre Aufgaben betreffenden Fragen unmittelbaren Zutritt zu den zuständigen Lagerbehörden (1 28 Abs. 2 Buchst. b); 3 33 Abs. 2 Buchst. b) Satz 3). • Sie haben Anspruch auf alle Erleichterungen für den mit ihren Aufgaben zusammenhängenden Schriftwechsel. Unter Vorbehalt der Zensur genießen sie volle Freiheit im Schriftwechsel mit kirchlichen Behörden des Gewahrsamsstaates und internationalen religiösen Organisationen.
Zu diesem Zweck können Briefe und Karten zusätzlich zu der für Kriegsgefangene vorgesehenen Anzahl versandt werden (3 35 Satz 4 und 5, 71). • Sie dürfen auf jede Weise Einzel- und Sammelsendungen mit religiösen Gegenständen (z. B.
Heilige Schriften, Kreuze und Rosenkränze) empfangen (3 33, 72 Abs. 1).
729. Zurückgehaltene Militärgeistliche unterstehen der Disziplin des Aufenthaltslagers (1 28 Abs. 2; 3 33 Abs. 2). Sie sind daher den allgemeinen Anordnungen der Lagerkommandantin bzw. des Lagerkommandanten unterworfen. Dies gilt nicht für die Ausübung ihrer seelsorgerischen Tätigkeit.
730. Militärgeistliche dürfen nicht zu einer Arbeit gezwungen werden, die mit ihrer seelsorgerischen Tätigkeit in keinem Zusammenhang steht (1 28 Abs. 2 Buchst. c; 3 33 Abs. 2 Buchst. c).
731. Geistliche, die nicht Militärgeistliche sind (z. B. Geistliche, die als Soldatinnen bzw. Soldaten in den Streitkräften dienen) und die in Kriegsgefangenschaft geraten sind, sind zu ermächtigen, ihr geistliches Amt unter den Angehörigen ihres Bekenntnisses uneingeschränkt auszuüben (3 36 Satz 1).
Der Gewahrsamsstaat ist verpflichtet, eine entsprechende Ermächtigung zu erteilen, wenn Kriegsgefangene des gleichen Glaubens zu betreuen sind. Geistliche, denen diese Ermächtigung erteilt ist, genießen die gleichen Vorrechte und Erleichterungen wie zurückgehaltene Militärgeistliche. Auch dürfen sie zu keiner Arbeit gezwungen werden (3 36). Sie bleiben allerdings Kriegsgefangene, wenn auch mit besonderen Rechten.
732. Steht den Kriegsgefangenen weder eine Militärgeistliche bzw. ein Militärgeistlicher, noch eine Kriegsgefangene bzw. ein Kriegsgefangener geistlichen Standes ihres jeweiligen Glaubensbekenntnisses zur Verfügung, wird auf ihr Verlangen eine andere Geistliche bzw. ein anderer Geistlicher ihres oder eines ähnlichen Bekenntnisses oder hilfsweise, wenn dies vom Standpunkt der betreffenden Konfession her möglich ist, eine befähigte Laie bzw. ein befähigter Laie zur Ausübung des geistlichen Amtes ernannt. Sofern erforderlich, ist die Zustimmung der betreffenden geistlichen Ortsbehörde einzuholen (3 37). Solche Personen werden meist aus den Reihen der Kriegsgefangenen ausgewählt; sie können auch der Zivilbevölkerung des Gewahrsams- staates angehören.
733. Die der Zustimmung des Gewahrsamsstaates unterliegende Ernennung von Geistlichen und Laien geschieht regelmäßig durch die zuständige geistliche Behörde des jeweiligen Bekenntnisses und im Einvernehmen mit der zuständigen geistlichen Ortsbehörde und der Gemeinschaft der betreffenden Kriegsgefangenen (3 37). 734. Die ernannten Geistlichen und Laien genießen die gleichen Vorrechte und Erleichterungen wie Militärgeistliche. Sie unterliegen der Lagerdisziplin sowie allen vom Gewahrsamsstaat im Interesse der Disziplin und militärischen Sicherheit erlassenen Vorschriften (3 37 S. 3). Soweit sie aus den Reihen der Kriegsgefangenen kommen, behalten sie ihren alten Status.