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14 Einsätze im Rahmen der Vereinten Nationen

14.1 Allgemeines
1401. Einsätze der Bundeswehr müssen völkerrechtlich zulässig sein. Im Regelfall bilden die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der VN auf Grundlage des Kapitels VI sowie des Kapitels VII der Charta der VN (34) das völkerrechtliche Mandat für den jeweiligen Auslandseinsatz der Bundeswehr. Sie wirken Befugnis gebend. Durch sie werden der Auftrag inhaltlich vorgegeben und der Rahmen festgelegt, in dem militärische Gewalt eingesetzt werden darf.
1402. Der nationale Rechtsrahmen für den Einsatz deutscher Streitkräfte wird insbesondere durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, das Parlamentsbeteiligungsgesetz und die dem jeweiligen Einsatz zugrunde liegenden Entsendeentscheidungen der Bundesregierung sowie konstitutiven Beschlüsse des Deutschen Bundestages (Bundestagsmandat) bestimmt.
1403. Der geltende völkerrechtliche Rahmen für den jeweiligen Einsatz der Bundeswehr im Aus- land ist im Einzelfall zu bestimmen und kann sich insbesondere aus folgenden weiteren Grundlagen ergeben:
• den anwendbaren völkerrechtlichen Bestimmungen51 einschließlich des anwendbaren Humanitären Völkerrechts,
• dem Stationierungsrecht für den jeweiligen Einsatzort (z. B. Status of Forces Agreement (SOFA), Status of Mission Agreement (SOMA), Technical Agreements/Arrangements (TA), u. a.) und
• dem Recht des Transit- oder Aufenthaltsstaates, soweit dessen Berücksichtigung nach dem Stationierungsrecht gilt.
1404. Widersprechen sich die Verpflichtungen von VN-Mitgliedern aus der VN-Charta und ihre Verpflichtungen aus anderen internationalen Übereinkünften, so haben die Verpflichtungen aus der VN-Charta Vorrang (34 103). Zu den Verpflichtungen von VN-Mitgliedern aus der VN-Charta gehört ihre Pflicht, die Beschlüsse des VN-Sicherheitsrats anzunehmen und durchzuführen (34 25). Aus diesem Grunde können auch Resolutionen des VN-Sicherheitsrates Vorrang vor anderen internationalen Übereinkünften genießen.
1405. Die Erteilung eines Mandates der VN berührt grundsätzlich nicht die Frage des anwendbaren Humanitären Völkerrechts. Die Normen des Humanitären Völkerrechts sind vielmehr unmittelbar anwendbar, soweit sie für die betreffenden Entsendestaaten gelten und im Einsatzland ein bewaffneter Konflikt vorliegt.
1406. Die VN-Charta sieht mit Artikel 43 grundsätzlich vor, dass die Mitgliedstaaten der VN auf Ersuchen des Sicherheitsrates und nach Abschluss entsprechender Abkommen Streitkräfte für die Durchführung militärischer Zwangsmaßnahmen zur Verfügung stellen. Allerdings wurden bis heute solche Abkommen nicht geschlossen.

51 Die Bundesregierung hat am 11. April 2005 zur territorialen Anwendung des Internationalen Pakts vom 19.
Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte erklärt, dass Deutschland bei Einsätzen seiner Polizei- oder Streitkräfte im Ausland, insbesondere im Rahmen von Friedensmissionen, allen Personen, soweit sie seiner Herrschaftsgewalt unterstehen, die Gewährung der im Pakt anerkannten Rechte zusichere (Originalwortlaut in VN-Dokument CCPR/CO/80/DEU/Add. 1: „Wherever its police or armed forces are deployed abroad, in particular when participating in peace missions, Germany ensures to all persons that they will be granted the rights recognized in the Covenant, insofar as they are subject to its jurisdiction.").