14.3 Einsätze der Vereinten Nationen
1408. Von Einsätzen, die von einzelnen oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen mit Ermächtigung des Sicherheitsrates der VN durchgeführt werden, sind Einsätze der VN zu unterscheiden, also Einsätze, welche die VN selbst durchführen.
1409. Die VN sind zwar nicht selbst Vertragspartei der vier Genfer Abkommen und deren Zusatzprotokolle und weiterer wesentlicher Verträge des Humanitären Völkerrechts. Sofern die VN selbst militärische Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII der VN-Charta (34) anwenden oder auf andere Weise in bewaffnete Auseinandersetzungen einbezogen werden, unterliegen sie jedoch dem Prinzip der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit und den gewohnheitsrechtlich geltenden Regeln des Humanitären Völkerrechts.
1410. Für Operationen unter der Einsatzführung der VN hat der VN-Generalsekretär im „Bulletin zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch Truppen der Vereinten Nationen" (ST/SGB/1999/13) vom 6. August 1999 (49) die für VN-Truppen anwendbaren Grundprinzipien und Grundregeln des Humanitären Völkerrechts dargelegt. Es setzt voraus, dass in der Regel ein Abkommen über die Rechtsstellung der Truppen geschlossen wird (49 3), das u. a. zur Achtung dieser Regeln verpflichtet, und legt die Grundsätze des Schutzes der Zivilbevölkerung (49 5), der Mittel und Methoden des Kampfes (49 6), der Behandlung von Zivilpersonen und außer Gefecht befindlichen Personen (49 7) und des Schutzes der Verwundeten und Kranken sowie des Sanitäts- und Hilfspersonals (49 9) fest.
1411. Hinsichtlich der Behandlung von in Haft gehaltenen Personen schreibt das Bulletin vor
(49 8), dass die Truppe der VN in Haft gehaltene Angehörige der Streitkräfte und andere Personen, die infolge der Haft nicht mehr an militärischen Operationen teilnehmen, mit Menschlichkeit und ihre Würde achtend behandelt. Unbeschadet ihres Rechtsstatus werden sie im Einklang mit den sinngemäß auf sie zutreffenden Bestimmungen des III. Genfer Abkommens von 1949 behandelt. Insbesondere
• werden die Partei, von der sie abhängen sowie der Zentrale Suchdienst des IKRK unverzüglich von ihrer Gefangennahme und Haft unterrichtet, namentlich, damit ihre Familienangehörigen informiert werden können,
• werden sie in sicheren Räumlichkeiten untergebracht, die jede mögliche Gewähr für Hygiene und Gesundheit bieten, und werden nicht in einem Gebiet in Haft gehalten, das den Gefahren der Kampfzone ausgesetzt ist,
• haben sie Anspruch auf Verpflegung und Bekleidung, Gesundheitspflege und medizinische Betreuung,
• werden sie unter keinen Umständen irgendeiner Form der Folter oder Misshandlung unterworfen,
• werden Frauen, denen die Freiheit entzogen wurde, in Räumlichkeiten untergebracht, die von denen der Männer getrennt sind, und unterstehen der unmittelbaren Überwachung durch Frauen,
• genießen Kinder unter 16 Jahren, die unmittelbar an Feindseligkeiten teilgenommen haben und von der Truppe der VN festgenommen, inhaftiert oder interniert wurden, auch weiterhin besonderen Schutz. Insbesondere werden sie in Räumlichkeiten festgehalten, die von denen der Erwachsenen getrennt sind, es sei denn, sie werden zusammen mit ihren Familien untergebracht,
• wird das Recht des IKRK, Gefangene und in Haft gehaltene Personen zu besuchen, geachtet und gewährleistet.
1412. Die Herausgabe des Bulletins beeinträchtigt weder den geschützten Status der Angehörigen von Friedensoperationen nach dem Übereinkommen vom 13. Februar 1946 über die Vorrechte und Immunitäten der VN52 und nach dem Übereinkommen vom 15. Dezember 1994 über die Sicherheit von Personal der VN und beigeordnetem Personal noch ihren Status, solange sie Anspruch auf den Schutz haben, der Zivilpersonen nach dem Recht der internationalen bewaffneten Konflikte gewährt wird (49 1, 2).
1413. Das Übereinkommen vom 15. Dezember 1994 über die Sicherheit von Personal der VN und beigeordnetem Personal53 findet nach seinem Artikel 2 keine Anwendung auf einen vom Sicherheitsrat als Zwangsmaßnahme nach Kapitel VII der Charta der VN genehmigten Einsatz der VN, bei dem Angehörige des Personals als Kombattanten gegen organisierte bewaffnete Verbände eingesetzt sind und auf den das Recht der internationalen bewaffneten Konflikte anwendbar ist.
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