5.4.5 Humanitäre Hilfe und Versorgung des besetzten Gebietes
564. Die Besatzungsmacht ist verpflichtet, die Zivilbevölkerung im Rahmen aller ihr zur Verfügung stehenden Mittel mit allen für das Überleben wesentlichen Gütern zu versorgen. In erster Linie sind die Hilfsquellen des besetzten Gebietes heranzuziehen. Notfalls sind solche unentbehrlichen Bedarfsgüter durch die Besatzungsmacht einzuführen (4 55 Abs. 1; 5 69 Abs. 1).
565. Vorräte an Lebensmitteln, Waren oder medizinischen Ausrüstungen im besetzten Gebiet dürfen von der Besatzungsmacht nicht beschlagnahmt werden, es sei denn, dies geschieht für die Versorgung der Besatzungstruppen und des Verwaltungspersonals und die Bedürfnisse der Zivilbevölkerung werden berücksichtigt. Ferner darf die Beschlagnahme nur gegen ein ange- messenes Entgelt erfolgen (4 55 Abs. 2).
566. Ist die Bevölkerung eines besetzten Gebietes oder ein Teil derselben ungenügend versorgt, dann muss die Besatzungsmacht Hilfsaktionen anderer Staaten oder humanitärer Organisationen zugunsten dieser Bevölkerung – vorbehaltlich erforderlicher Genehmigungen und Kontrollen – gestatten (4 59; 5 69-71). Sie erleichtert sie im vollen Umfange der ihr zur Verfügung stehenden Mittel. Solche Hilfsaktionen, die entweder durch Staaten oder durch eine unparteiische humanitäre Organisation, wie das IKRK, unternommen werden können, bestehen insbesondere aus Lebensmittel- , Arznei- und Kleidungssendungen. Alle Vertragsstaaten gewähren diesen Sendungen freien Durchlass und gewährleisten ihren Schutz. Die Macht, die den freien Durchlass von Sendungen gewährt, die für ein von einer feindlichen Partei besetztes Gebiet bestimmt sind, hat jedoch das Recht, die Sendungen zu prüfen, ihren Durchlass nach vorgeschriebenen Fahrplänen und Wegen zu regeln und von der Schutzmacht ausreichende Zusicherungen zu verlangen, dass diese Sendungen zur Hilfeleistung an die notleidende Bevölkerung bestimmt sind und nicht zugunsten der Besatzungsmacht verwendet werden (4 59).
567. Die Besatzungsmacht ist verpflichtet, unter Mitwirkung der Behörden des besetzten Gebietes die ärztliche Versorgung der Zivilbevölkerung sowie das öffentliche Gesundheitswesen zu gewährleisten und weiterzuführen. Es sind Vorbeugungsmaßnahmen zur Verhinderung ansteckender Krankheiten und Seuchen zu treffen. Zivile Sanitätseinheiten, ihre Ausrüstung, ihr Material oder ihr Personal darf die Besatzungsmacht so lange nicht in Anspruch nehmen, wie diese Mittel zur angemessenen medizinischen Versorgung der Zivilbevölkerung benötigt werden (4 56 Abs. 1; 5 14 Abs. 1 und 2).
568. Die nationale Rotkreuz- oder Rothalbmondgesellschaft darf ihre humanitäre Tätigkeit im besetzten Gebiet gemäß den Grundsätzen der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung weiterverfolgen, wie sie von den internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondkonferenzen festgelegt worden sind. Die anderen Hilfsgesellschaften können dies unter ähnlichen Bedingungen ebenfalls tun (4 63).
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