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3.2.2 Andere Streitkräftemitglieder

313. Nimmt eine am Konflikt beteiligte Partei paramilitärische oder bewaffnete Vollzugsorgane in ihre Streitkräfte auf, teilt sie dies den anderen am Konflikt beteiligten Parteien mit (5 43 Abs. 3), wodurch diesem Personal der Kombattantenstatus völkerrechtlich gesichert wird. Deutschland macht von dieser Gestaltungsmöglichkeit gegenwärtig keinen Gebrauch.26
314. Kombattanten sind auch die Mitglieder von Milizen und Freiwilligenkorps, die in die Streitkräfte eingegliedert sind (3 4 A Nr. 1). Sie müssen ein bleibendes, aus der Ferne erkennbares Unterscheidungszeichen tragen und ihre Waffen offen führen.
315. Kombattanten sind ferner die Mitglieder von Milizen und Freiwilligenkorps, einschließlich solcher organisierter Widerstandsbewegungen, die zwar nicht in die (regulären) Streitkräfte ein- gegliedert sind, aber zu einer Konfliktpartei gehören, wenn diese Milizen und Freiwilligenkorps
• eine für ihre Untergebenen verantwortliche Person an ihrer Spitze haben,
• ein bleibendes und von weitem erkennbares Unterscheidungszeichen führen,
• die Waffen offen tragen und
• bei ihren Kampfhandlungen die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhalten (3 4 A Nr. 2).
316. Zu den Situationen, in denen das Recht des internationalen bewaffneten Konflikts anzu- wenden ist, gehören auch bewaffnete Konflikte, in denen Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung sowie gegen rassistische Regime in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung kämpfen (5 1 Abs. 4). Daraus folgt, dass auch diese Völker als Konfliktpartei über Streitkräfte verfügen, denen bei ihrem Kampf um das Selbstbestimmungsrecht der Kombattantenstatus zukommt, sofern sie die folgenden Mindestregeln einhalten: In solchen Befreiungskämpfen sowie in besetzten Gebieten kann es zu Situationen kommen, in denen sich ein Kombattant (vor allem ein Guerillakämpfer) wegen

25 Der Streitkräftebegriff des Völkerrechts ist vom staatsorganisationsrechtlichen Streitkräftebegriff zu unterscheiden. Auch Soldatinnen und Soldaten, die z. B. im BMVg bzw. in Dienststellen der Wehrverwaltung Dienst leisten, gelten völkerrechtlich als Angehörige der Streitkräfte. 26 Der mit „Kombattantenstatus" überschriebene § 64 Abs. 1 Satz 1 des Bundesgrenzschutzgesetzes vom 18.
August 1972 (BGBl. 1972 I 1834) enthielt noch die Bestimmung: „Mit dem Beginn eines bewaffneten Konflikts sind die Grenzschutzkommandos, die Verbände und Einheiten des Bundesgrenzschutzes sowie die Grenzschutzschule Teile der bewaffneten Macht der Bundesrepublik Deutschland". Die Bestimmung entfiel mit der Neuregelung in Artikel 1 des Gesetzes vom 19.Oktober 1994 (BGBl. 1994 I 2978).


der Art der Feindseligkeiten nicht von der Zivilbevölkerung unterscheiden kann; er behält dann jedoch den Kombattantenstatus, wenn er
• während jedes militärischen Einsatzes seine Waffen offen trägt und • während eines militärischen Aufmarsches vor Beginn eines Angriffs, an dem er teilnehmen soll, seine Waffen so lange offen trägt, wie er für den Gegner sichtbar ist (5 44 Abs. 3 Satz 2).
Der Begriff „militärischer Aufmarsch" umfasst nach deutschem Verständnis in diesem Zusammenhang jede Bewegung in Richtung auf denjenigen Ort, von dem aus ein Angriff durchgeführt werden soll (46).
Diese Kriterien sind grundsätzlich (5 44 Abs. 3 Satz 2) nur in besetzten Gebieten und in Befreiungs- kämpfen (5 1 Abs. 4, 96 Abs. 3) anwendbar. Die Bundesrepublik Deutschland hat – wie viele andere Staaten auch – bei Ratifikation der Zusatzprotokolle eine entsprechende Erklärung abgegeben (46).
317. Kombattanten gibt es in der Regel innerhalb der Streitkräfte, aber mit der „levée en masse" kann es sie auch außerhalb von Streitkräften geben. Die „levée en masse" ist im internationalen bewaffneten Konflikt der einzige Fall, in dem das Humanitäre Völkerrecht die rechtmäßige unmittelbare Beteiligung von Personen an Feindseligkeiten nicht von der Autorisierung durch eine Konfliktpartei abhängig macht, sondern von der autonomen Entscheidung dieser Personen.
318. Unter „levée en masse" versteht man die Bevölkerung eines noch nicht besetzten Gebietes, die beim Herannahen des Feindes aus eigenem Antrieb zu den Waffen greift, um die eindringenden Truppen zu bekämpfen, ohne Zeit gehabt zu haben, Streitkräfte zu bilden. Sie gehört zu den Kombattanten, muss die Waffen offen tragen und bei ihren Kampfhandlungen die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhalten (16a 2; 3 4 A Nr. 6). Die „levée en masse" ist taktisch an das Gebiet der Volkserhebung gebunden und zeitlich auf die gegnerische Invasion befristet.