6.2 Sanitätseinrichtungen und -transporte
613. Ortsfeste Sanitätseinrichtungen, Fahrzeuge und bewegliche Truppenteile des Sanitäts- dienstes dürfen unter keinen Umständen bekämpft werden (1 19 Abs. 1; 4 18 Abs. 1 und 5; 5 12 Abs. 1;
6 11 Abs. 1). Ihre ungestörte Tätigkeit ist jederzeit zu gewährleisten. Sanitätseinrichtungen und -truppenteile sollen nach Möglichkeit in genügender Entfernung von militärischen Zielen errichtet bzw. eingesetzt werden. Sie dürfen unter keinen Umständen als Schild für die Abschirmung militärischer Ziele vor Angriffen benutzt werden (1 19 Abs. 2; 4 18 Abs. 5; 5 12 Abs. 4).
614. Sanitätseinrichtungen und Truppenteile des Sanitätsdienstes dürfen nicht zu Handlungen verwendet werden, die den Gegner schädigen (1 21; 2 34; 4 19 Abs. 1; 5 13 Abs. 1; 6 11 Abs. 2).
615. Fallen Sanitätseinrichtungen bzw. -truppenteile in die Hand des Gegners, muss dieser ihre Tätigkeit so lange zulassen, bis er selbst die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt hat (1 19 Abs. 1; 4 57 Abs. 1; 5 14).
616. Sanitätseinheiten (5 8 Buchst. e) sind militärische oder zivile Einrichtungen und sonstige Einheiten, die zu sanitätsdienstlichen Zwecken gebildet worden sind, nämlich zum Aufsuchen, zur Bergung, Beförderung, Untersuchung oder Behandlung (einschließlich Erster Hilfe) der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen sowie zur Verhütung von Krankheiten, insbesondere also
• Lazarette und ähnliche Einheiten,
• Blutspendedienste,
• medizinische Vorsorgezentren und institute sowie
• medizinische Depots sowie medizinische und pharmazeutische Vorratslager dieser Einheiten.
Sanitätseinheiten können ortsfest oder auch beweglich, ständig oder nichtständig (5 8 Buchst. k) sein.
617. Sanitätstransportmittel sind militärische oder zivile, ständige oder nichtständige Transport- mittel, die ausschließlich dem Sanitätstransport zugewiesen sind und einer zuständigen Dienststelle einer am Konflikt beteiligten Partei unterstehen, wie vor allem Sanitätsfahrzeuge, Sanitätsschiffe und Sanitätsluftfahrzeuge (5 8 Buchst. g). Ein Sanitätsfahrzeug ist jedes Sanitätstransportmittel zu Land (5 8 Buchst. h).
Sanitätstransporte und Sanitätsfahrzeuge unterliegen den Gesetzen des Krieges. Sie können recht- mäßig in die Hände des Gegners fallen und unterliegen dem Kriegsbeuterecht (1 35 Abs. 2).
Sanitätsfahrzeuge bzw. deren Personal dürfen sich gegen ihre Erbeutung durch den militärischen Gegner nicht zur Wehr setzen. Setzen sich Sanitätsfahrzeuge bzw. deren Personal gegen ihre Erbeutung zur Wehr, so verlieren sie ihren völkerrechtlichen Schutz (1 21, 35 Abs. 1). Das Recht des Sanitätspersonals, Waffen zu tragen, dient nur dem Zweck der eigenen Verteidigung oder Verteidigung der Verwundeten und Kranken, nicht der „Verteidigung" gegen die Erbeutung des Fahrzeugs durch den militärischen Gegner. Zulässig sind aber etwa Verteidigungshandlungen gegen vom Konfliktgegner unkontrollierte Plünderer.
Soldatinnen und Soldaten mit Kombattantenstatus dürfen grundsätzlich zum Schutz der Sanitäts- transporte und -fahrzeuge eingesetzt werden. Da Kombattanten jedoch angegriffen werden dürfen, stellt allein ihre Anwesenheit auch einen Faktor der Gefährdung für die zu schützenden Personen und
Sachen dar. Bei einem Einsatz von Kombattanten zu derartigen Schutzaufgaben hat daher immer eine strenge Abwägung der Vor- und Nachteile zu erfolgen.
618. Das Material der beweglichen Sanitätseinheiten der Streitkräfte (Feldtragen, Gerät, Arznei- und Verbandmittel usw.) muss dem Sanitätspersonal weiter zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung stehen (1 33, 35 Abs. 2; 4 57 Abs. 2; 5 14). Für Lazarettschiffe und Sanitätsluftfahrzeuge gelten besondere Bestimmungen.
619. Das Eigentum (Gebäude, Material, Vorratslager usw.) der Hilfsgesellschaften wird geschützt.
In dringenden Fällen darf es eingezogen werden, wenn die Versorgung der Verwundeten und Kranken bestimmungsgemäß gesichert ist (1 33, 34; 5 14 Abs. 2 und 3, 21, 16a 53 Abs. 2).
620. Transporte von Verwundeten, Kranken und Sanitätsmaterial sind zu schonen und zu schützen (1 35; 4 21, 22; 5 21). Sie sind mit gut sichtbaren (1 36 Abs. 2, 42 Abs. 2, 42 Abs. 4; 4 21; 5 18 Abs. 4; 6 12) Schutzzeichen (rotes Kreuz auf weißem Grund oder gleichgestellte Zeichen) zu versehen (1 38, 39, 44; 5 18). 621. Sanitätseinrichtungen und -einheiten, die außerhalb ihrer humanitären Aufgaben zu Handlungen verwendet werden, die den Gegner schädigen, verlieren, wenn eine rechtzeitige Warnung, die in allen geeigneten Fällen eine angemessene Frist setzt, unbeachtet geblieben ist, ihren Schutz (1 21; 2 34; 4 19 Abs. 1; 5 13 Abs. 1; 6 11 Abs. 2).
622. Keine feindseligen Handlungen in diesem Sinne (1 22 Nr. 3; 2 35 Nr. 3; 5 13 Abs. 2) sind:
• Waffengebrauch des Sanitätspersonals zum eigenen Schutz und zum Schutz der Verwundeten und Kranken (vgl. Nr. 627),
• der Schutz des Sanitätspersonals und der Sanitätseinheiten und -einrichtungen durch Wachposten oder einen Geleittrupp,
• der Einsatz von Sanitätspersonal als Wache zum Schutz eigener Sanitätseinheiten und -einrichtungen,
• das Aufbewahren des bei den Verwundeten und Kranken sichergestellten Kriegsmaterials und
• der Aufenthalt von Streitkräfteangehörigen oder anderen Kombattanten bei den Sanitätseinheiten aus medizinischen Gründen.
623. Die für Lazarettschiffe und Sanitätsluftfahrzeuge geltenden Bestimmungen werden in den Abschnitten 10 und 11gesondert behandelt.
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