6.5 Wahrzeichen, Kenn- und Schutzzeichen
6.5.1 Allgemeines
641. Wahrzeichen für das Sanitäts- und das Seelsorgepersonal sowie für Sanitätseinrichtungen (einschließlich Hospitalschiffen), Sanitätstransporte, Sanitätszonen und Sanitätsmaterial der Streitkräfte ist das rote Kreuz auf weißem Grund. Die Staaten dürfen anstelle des roten Kreuzes den roten Halbmond benutzen. Als Schutzzeichen hat das rote Kreuz die Funktion, auf die Tatsache hinzuweisen, dass es sich bei der das Schutzzeichen tragenden Person oder bei dem das Schutzzeichen tragenden Objekt um eine nach dem humanitären Völkerrecht geschützte Person oder ein geschütztes Objekt handelt. Als Kennzeichen bezeichnet es die Zugehörigkeit einer Person oder eines Objekts zu einer Komponente der Internationalen Rotkreuz- oder Rothalbmond-Bewegung. Das Völkerrecht kennt auch noch den roten Löwen mit roter Sonne auf weißem Grund, der aber seit 1980 nicht mehr als Wahrzeichen verwendet wird. Der rote Kristall auf weißem Grund trat mit dem III.
Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen (ZP III) als weiteres Schutzzeichen hinzu, das den bisherigen völkerrechtlichen Schutzzeichen gleichsteht (6a 2). Es wird im ZP III als „Zeichen des III.
Protokolls" bezeichnet (6a 2 Abs. 2). Alle Wahr- und Schutzzeichen haben weder religiösen Charakter, noch kommt ihnen ethnische, rassische, regionale oder politische Bedeutung zu; sie sind jederzeit und überall gleichermaßen uneingeschränkt zu achten.
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642. In der Vergangenheit durfte ein Staat seinem militärischen Sanitäts- und Seelsorgepersonal nur den Gebrauch eines der Wahr- und Schutzzeichen (rotes Kreuz, roter Halbmond, roter Löwe mit roter Sonne) gestatten, nicht den Gebrauch mehrerer. Das III. Zusatzprotokoll (6a) zu den Genfer Abkommen eröffnet den Vertragsstaaten neue Gestaltungsräume zur Verbesserung des Schutzes (Nr. 648).
643. Eine faktische Bedeutung hat auch der rote Davidstern auf weißem Grund, den ausschließlich Israel verwendet. Im Völkerrecht war der rote Davidstern jedoch nicht geregelt. Israel hatte das I., II. und IV. Genfer Übereinkommen von 1949 mit dem Vorbehalt unterzeichnet, dass es sich unter Anerkennung der Schutz- und Kennzeichen der Abkommen des roten Davidsterns als Schutz- und Kennzeichen seiner Streitkräfte bedienen werde.
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644. Die Vertragsparteien können ihrem militärischen Sanitäts- und Seelsorgepersonal zusätzlich zu dem bisher geführten Schutzzeichen auch den zeitweisen Gebrauch eines jeden anderen der Schutzzeichen (rotes Kreuz, roter Halbmond oder roter Kristall jeweils auf weißem Grund) gestatten, wenn diese Verwendung der Verbesserung des Schutzes dient (6a 2 Abs. 4).
645. Dem Sanitäts- und Seelsorgepersonal, das an Einsätzen unter dem Dach der VN beteiligt ist, kann mit dem Einverständnis der beteiligten Staaten gestattet werden, eines der anerkannten Schutzzeichen (rotes Kreuz, roter Halbmond oder roter Kristall jeweils auf weißem Grund) zu verwenden (6a 5).
646. Das Schutzzeichen wird vom Sanitäts- und Seelsorgepersonal als Armbinde in Verbindung mit einem Sonderausweis getragen (1 40, 41; 2 42; 4 20 Abs. 2 und 3; 5 18 Abs. 3; 6 12) und als Flagge und Zeichen auf Sanitätseinheiten, -einrichtungen und deren Material sowie auf den Sanitätstransportmitteln geführt (1 39, 42, 43; 2 42 Abs. 1; 4 18 Abs. 3 und 4 und 43; 5 18 Abs. 4; 6 12).
Es darf nur für die vorgesehenen Zwecke verwendet werden und ist groß und weithin sichtbar anzubringen.
647. Die Wahrzeichen dienen auch als Kennzeichen der nationalen Gesellschaften des Roten
Kreuzes (Roten Halbmondes), ihrer Einrichtungen und Mitglieder im Frieden. Soweit sie nur zur Kennzeichnung benutzt werden und ein Schutz nach den Genfer Abkommen nicht besteht (1 44), muss das Zeichen verhältnismäßig klein sein und darf weder auf Armbinden noch auf Dächern angebracht werden (1 44 Abs. 2; 5 18 Abs. 7). Die nationalen Gesellschaften durften in der Vergangenheit nur eines der Wahrzeichen führen. In Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften dürfen die nationalen Gesellschaften der Vertragsstaaten des III. Zusatzprotokolls
(6a) unter außergewöhnlichen Umständen und zur Erleichterung ihrer Arbeit den roten Kristall vorübergehend verwenden.
648. Den nationalen Gesellschaften des Roten Kreuzes (Roten Halbmondes) der Vertragsstaaten, die den roten Kristall verwenden, ist es nach Maßgabe nationalen Rechts gestattet, bei der Führung des neuen Zeichens bestimmte andere Zeichen in dieses einzufügen (6a 3 Abs. 1 und Anhang zu 2).
Als Zeichen kommen insofern in Betracht
• eines der in den Genfer Übereinkommen anerkannten Schutzzeichen oder
• ein anderes Zeichen, das bereits vor Annahme des III. Zusatzprotokolls von einem Vertragsstaat in effektivem Gebrauch und Gegenstand internationaler Verhandlungen war (der rote Davidstern auf weißem Grund).
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649. Die heimtückische Benutzung des Schutzzeichens ist ausdrücklich untersagt und stellt zudem eine schwere Völkerrechtsverletzung bzw. ein Kriegsverbrechen dar, wenn sie vorsätzlich begangen wird und den Tod oder eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit zur Folge hat (1 49, 53, 54; 2 44; 5 37, 38, 85 Abs. 3 Buchst. f; 6 12; 6a 6; 16a 23 Buchst. f; 33 Abs. 2 Buchst. b vii; 35 10 Abs. 2, 11 Abs. 1 Nr. 7).
650. Der Gebrauch des Schutzzeichens durch dazu nicht berechtigte Organisationen und Personen ist verboten. Die Vertragsparteien der Genfer Abkommen haben die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Missbräuche jederzeit zu verhindern und zu ahnden (1 53, 54; 2 45; 6 12; 6a 6). In der Bundesrepublik Deutschland kann nach § 125 des Ordnungswidrigkeitengesetzes der Missbrauch der Schutzzeichen34 auch in Friedenszeiten als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße geahndet werden.
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