1.1.3 Verhältnis zwischen Humanitärem Völkerrecht und internationalem Menschenrechtsschutz in bewaffneten Konflikten
105. Die Frage des Verhältnisses zwischen dem Humanitären Völkerrecht und dem internationalen Menschenrechtsschutz in bewaffneten Konflikten ist nicht abschließend geklärt. Die hierzu vertretenen unterschiedlichen Auffassungen reichen von der vollständigen Trennung der beiden Rechtsgebiete und damit der ausschließlichen Anwendbarkeit des Humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten bis hin zur Konvergenz. Sowohl das Humanitäre Völkerrecht als auch die Menschenrechte streben den Schutz des Einzelnen an, jedoch unter unterschiedlichen Umständen und in unterschiedlicher Weise. Während das Humanitäre Völkerrecht auf die Situation bewaffneter Konflikte abstellt, zielt der internationale Menschenrechtsschutz zunächst vor allem auf den Schutz des Einzelnen vor staatlichen Übergriffen in Friedenszeiten. Die Menschenrechte und das Humanitäre Völkerrecht sind insoweit in vielfacher Weise komplementär. Jedoch stellen die Rege- lungen des Humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten für die Soldatinnen und Soldaten die spezielleren und primär maßgeblichen Regelungen dar (sog. lex specialis-Grundsatz). In diese Richtung gehen auch einschlägige Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH). Für die einzelnen Streitkräfteangehörigen werden im Einzelfall anwendbare Menschenrechtsstandards im multinationalen und nationalen Rahmen4 für den jeweiligen Einsatz umgesetzt, sodass für die einzelne Soldatin und den einzelnen Soldaten der Bundeswehr Handlungssicherheit hergestellt wird. 
4 Z. B. operatives Regelwerk (Operationsplan (OPLAN), „Rules of Engagement" (ROE), sonstige Befehls- und Weisungslage („Directives", „Fragmentary Orders/FRAGO" u. a.).
 
                
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