4.1.2 Militärische Ziele
406. Angriffe, das heißt jede offensive oder defensive Gewaltanwendung gegen den Gegner (5 49 Abs. 1), sind ausschließlich auf militärische Ziele zu beschränken (5 48, 52 Abs. 1).
407. Militärische Ziele sind die gegnerischen Kräfte sowie Objekte, die aufgrund ihrer Beschaffenheit, ihres Standortes, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Verwendung wirksam zu militärischen Handlungen beitragen und deren gänzliche oder teilweise Zerstörung, Inbesitznahme oder Neutralisierung unter den in dem betreffenden Zeitpunkt gegebenen Umständen einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt (5 52 Abs. 2), sofern sie nicht unter besonderem
völkerrechtlichen Schutz stehen. Der Begriff des militärischen Vorteils bezieht sich auf den
Vorteil, der von einem Angriff als Ganzem, nicht nur von einzelnen Teilen des Angriffs, erwartet werden kann. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind als militärische Ziele insbesondere anzusehen:
• die Streitkräfte und militärischen Einrichtungen einer Konfliktpartei,
• militärische Land- und Luftfahrzeuge und Kriegsschiffe,
• Gebäude und Objekte zur truppendienstlichen und logistischen Unterstützung von Einsätzen sowie
• Wirtschaftsziele, wie beispielsweise Rüstungsfabriken, Verkehrseinrichtungen, Industrieanlagen oder Telekommunikationsanlagen, die wirksam zu militärischen Handlungen beitragen.
Auch bestimmte Geländebereiche können bei Vorliegen aller Voraussetzungen (5 52 Abs. 2) militärische Ziele sein (46).
408. Zivile Objekte dürfen weder angegriffen noch zum Gegenstand von Repressalien gemacht werden (5 52 Abs. 1). Ein rechtswidriger Angriff gegen zivile Objekte, solange diese durch das Humanitäre Völkerrecht als zivile Objekte geschützt sind, ist als Kriegsverbrechen strafbar (33 8 Abs.
2 Buchst. b ix; 35 11 Abs. 1 Nr. 2). Zivile Objekte sind alle Objekte, die nicht militärische Ziele
sind (5 52 Abs. 1), z. B. Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser oder Sammelplätze für Verwundete und Kranke, unverteidigte Städte, Dörfer oder Wohnstätten.
409. Im Zweifel wird vermutet, dass ein Objekt, das in der Regel für zivile Zwecke bestimmt ist, nicht dazu verwendet wird, wirksam zu militärischen Handlungen beizutragen (5 52 Abs. 3). Es ist daher als ziviles Objekt zu behandeln.
410. Luftlandetruppen während des Absprunges zählen zu den militärischen Zielen (5 42 Abs. 3), nicht dagegen die ausgestiegene Besatzung eines in Luftnot geratenen Luftfahrzeuges (5 42 Abs. 1).
Einem Angehörigen einer in Luftnot abgesprungenen Besatzung ist nach der Bodenberührung Gelegenheit zu geben, sich zu ergeben, sofern er nicht offensichtlich eine feindselige Handlung begeht (5 42 Abs. 2).
411. Der als außer Gefecht befindlich erkannte Gegner („hors de combat") darf nicht angegriffen werden; ein Angriff ist sofort abzubrechen, wenn sich eine Person ergibt oder anderweitig durch Verwundung kampfunfähig wird (5 41 Abs. 1). Außer Gefecht befindet sich, wer sich in der Gewalt einer gegnerischen Partei befindet, wer unmissverständlich seine Absicht bekundet, sich zu ergeben, oder wer bewusstlos oder anderweitig durch Verwundung oder Krankheit kampfunfähig ist und daher nicht in der Lage ist, sich zu verteidigen, sofern er in allen Fällen jede feindselige Handlung unterlässt und nicht zu entkommen versucht.
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