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4.4 Kampfmethoden

4.4.1 Kriegslisten, Perfidieverbot, sonstige Verbote

478. Kriegslisten und die Anwendung der notwendigen Mittel, um sich Informationen über die Gegenpartei und das Gelände zu verschaffen, sind erlaubt (5 37 Abs. 2; 16a 24). Kriegslisten sind Handlungen, die einen Gegner irreführen oder ihn zu unvorsichtigem Handeln veranlassen sollen.
Diese Handlungen dürfen jedoch keine Regel des Humanitären Völkerrechts verletzen und insbesondere nicht heimtückisch sein, indem der Gegner verleitet wird, auf einen sich aus dem Humanitären Völkerrecht ergebenden Schutz zu vertrauen. Beispiele für Kriegslisten sind: Tarnung, Scheinstellungen, Scheinoperationen und irreführende Informationen/Desinformationsmaßnahmen.

30 Die Bundesrepublik Deutschland hat sich bereits mit Artikel 1 des Protokolls Nr. III zum WEU-Vertrag vom 23. Oktober 1954 ebenfalls verpflichtet, in ihrem Gebiet keine biologischen Waffen herzustellen. Dieser Verzicht wurde im 2+4-Vertrag vom 12. September 1990 mit Wirkung für das vereinte Deutschland bekräftigt (43 3).

479. Die Beschaffung von Informationen in der Uniform der gegnerischen Streitkräfte ist völkerrechtlich nicht verboten, kann jedoch zur Bestrafung wegen Spionage durch den Gegner führen (5 39 Abs. 3). Auch das Operieren hinter den feindlichen Linien in feindlicher Uniform oder zivil ohne Spionageabsicht setzt die Soldatin bzw. den Soldaten einem Risiko strafrechtlicher Verfolgung wegen Spionage durch den Gegner aus (5 39 Abs. 2).
Der Gebrauch der gegnerischen Uniform kann als Kriegslist zulässig sein, etwa dann, wenn er nur dazu dient, unerkannt hinter die feindlichen Linien zu gelangen. In solchen Fällen muss die gegnerische Uniform aber vor Beginn der eigentlichen Kampfhandlungen abgelegt werden.
Insbesondere dürfen gegnerische Uniformen nicht während eines Angriffs oder zu dem Zweck verwendet werden, Kriegshandlungen zu decken, zu schützen oder zu behindern (5 39 Abs. 2).
480. Der Missbrauch gegnerischer Uniformen ist demgegenüber verboten (16a 23 Abs. 1 Buchst. f), so z. B. die Verwendung der Uniformen des Gegners während eines Angriffs. Die Verwendung der Nationalflagge, der militärischen Kennzeichen, Abzeichen oder Uniformen des Gegners ist während eines Angriffs oder zu dem Zweck verboten, Kriegshandlungen zu decken, zu erleichtern, zu schützen oder zu behindern (5 39 Abs. 2).
481. Heimtücke (Perfidie) ist verboten und als Kriegsverbrechen strafbar (5 37; 16a 23; 33 8 Abs. 2 Buchst. b vii, xi, Buchst. e ix; 35 11 Abs. 1 Nr. 7). Es ist verboten, einen Gegner unter Anwendung von Heimtücke zu töten, zu verwunden oder gefangen zu nehmen (5 37 Abs. 1 Satz 1; 16a 23 Abs.1 Buchst. b). Heimtückisch sind Handlungen, die die Gegenpartei zur irrtümlichen Annahme einer völkerrechtlichen Schutzlage verleiten. Beispiele für Heimtücke (5 37 Abs. 1 Satz 2 und 3) sind
• das Vortäuschen der Absicht, unter einer Parlamentärflagge zu verhandeln oder sich zu ergeben,
• das Vortäuschen von Kampfunfähigkeit infolge Verwundung oder Krankheit,
• das Vortäuschen eines zivilen oder Nichtkombattantenstatus oder
• das Vortäuschen eines geschützten Status durch Benutzung von Abzeichen, Emblemen oder Uniformen der VN oder neutraler oder anderer nicht am Konflikt beteiligter Staaten.
482. Verboten ist der Missbrauch der Parlamentärflagge, der Flaggen sowie der militärischen Kennzeichen, Abzeichen oder Uniformen neutraler oder anderer nicht am Konflikt beteiligter Staaten, des Emblems der VN sowie der besonderen internationalen Schutzzeichen (5 38, 39; 16a 23 Abs. 1 Buchst. f; 24 17).
483. Auch derjenige, der eine nach dem Humanitären Völkerrecht zu schützende Person als „Schutzschild" einsetzt, um den Gegner von Kriegshandlungen gegen bestimmte Ziele abzuhalten, handelt verbotswidrig und macht sich strafbar (33 8 Abs. 2 Buchst. b xxiii; 35 11 Abs. 1 Nr. 4).
484. Das Aushungern der Zivilbevölkerung als Methode der Kriegführung ist verboten (5 54 Abs. 1) und als Kriegsverbrechen strafbar (33 8 Abs. 2 Buchst. b xxv; 35 11 Abs. 1 Nr. 5).
485. Es ist verboten, den Befehl zu erteilen, niemanden am Leben zu lassen (Kampfführung ohne Pardon). Ebenso ist es verboten, dem Gegner derartiges anzudrohen oder Kriegshandlungen in diesem Sinne auszuführen (5 40; 16a 23 Abs. 1 Buchst. d). Die Kampfführung ohne Pardon wird als Kriegsverbrechen bestraft (33 8 Abs. 2 Buchst. b xii, Buchst. e x; 35 11 Abs. 1 Nr. 6).