7 Seelsorgedienst
7.1 Allgemeines
701. Zum Seelsorgepersonal gehören alle Militär- oder Zivilpersonen, wie beispielsweise Militärpfarrerinnen und Militärpfarrer, die ausschließlich ihr geistliches Amt ausüben und entweder
• den Streitkräften oder Sanitätseinheiten oder Sanitätstransportmitteln oder Zivilschutz- organisationen einer Konfliktpartei oder
• Sanitätseinheiten oder Sanitätstransportmitteln neutraler Staaten, Hilfsgesellschaften neutraler Staaten oder internationalen humanitären Organisationen zugewiesen sind. Die Zuweisung des Seelsorgepersonals kann ständig oder nichtständig sein (5 8 Buchst. d).
Es ist völkerrechtlich unerheblich, in welchem Statusverhältnis des jeweiligen nationalen Rechts Angehörige des Seelsorgepersonals ihr geistliches Amt verrichten. Aus Sicht des Humanitären Völkerrechts können Angehörige des Seelsorgepersonals Streitkräfteangehörige oder Nicht- streitkräfteangehörige sein. In der Bundesrepublik Deutschland sind die Angehörigen des Seelsorgepersonals keine Soldatinnen oder Soldaten; sie sind daher keine Streitkräfteangehörigen im Sinne des Humanitären Völkerrechts (5 43 Abs. 1). Den Staaten steht es frei, im Einklang mit dem Völkerrecht nationale Vorschriften über die Schutzbekleidung ihres Seelsorgepersonals zu erlassen.
702. Militärgeistliche sind den Streitkräften eines Staates zugeteilte Geistliche, deren ausschließliche Aufgabe die geistliche Betreuung der ihnen anvertrauten Personen ist (1 24; 2 37; 5 8 Buchst. d, 23 Abs. 5). Den Militärgeistlichen gleichgestellt sind Geistliche,
• die einer nicht in die regulären Streitkräfte eingegliederten Miliz, einem Freiwilligenkorps oder einer organisierten Widerstandsbewegung angehören, sofern deren Mitglieder Kombattanten sind (1 13 Nr. 2; 3 4 A Nr. 4),
• die von der zuständigen Militärbehörde beauftragt sind, das Gefolge regulärer Streitkräfte zu betreuen (1 13 Nr. 4),
• von Lazarettschiffen (2 36), auch wenn sie nicht Militärgeistliche sind und
• von Handelsschiffen (2 37,13 Nr. 5).
703. Nebenamtliche Militärgeistliche sind im Hauptamt Ortsgeistliche. Im Nebenamt betreuen sie Soldatinnen und Soldaten seelsorgerlich. Sie sind den Militärgeistlichen völkerrechtlich nicht gleichgestellt. Als Zivilpersonen sind sie nach dem IV. Genfer Abkommen (4) geschützt.
704. Hilfskräfte der Militärgeistlichen (Pfarrhelferinnen bzw. Pfarrhelfer und Kraftfahrerinnen
bzw. Kraftfahrer) genießen nicht den Schutz des Seelsorgepersonals. Ihnen ist jedoch den Zielen des Humanitären Völkerrechts entsprechend möglichst weitgehend Schutz und Achtung zu gewähren.
705. Der von den Militärgeistlichen zu betreuende Personenkreis umfasst
• die Angehörigen der eigenen Streitkräfte,
• die Angehörigen verbündeter Streitkräfte auf der Grundlage von Vereinbarungen,
• für die in gegnerischen Gewahrsam geratenen Militärgeistlichen zusätzlich: Kriegsgefangene verbündeter Streitkräfte (3 33 Abs. 2, 35 Satz 1),
• in Ausnahmefällen Angehörige der gegnerischen Streitkräfte, die in Kriegsgefangenschaft geraten sind (3 37),
• in Notfällen Verwundete, Kranke und Schiffbrüchige gegnerischer Streitkräfte und
• während einer Besetzung die Zivilbevölkerung – besonders die Kinder – (4 13, 24, 27 Abs. 1, 38 Nr. 3, 50 Abs. 3, 58 Abs. 1), die wegen einer strafbaren Handlung angeklagten geschützten Personen (4 76 Abs. 3) und Internierte (4 93).
706. Zurückgehaltene Militärgeistliche üben ihre Aufgaben im Rahmen der militärischen Gesetze und Verordnungen des Gewahrsamsstaates und in Übereinstimmung mit ihrem religiösen Verantwortungsbewusstsein aus (3 33 Abs. 2, 35 Satz 1). Sie sind jedoch nicht auf die seelsorgerliche Tätigkeit beschränkt und können insbesondere
• persönliche Beraterin bzw. persönlicher Berater sein, • den letzten Wunsch sterbender Soldatinnen bzw. Soldaten entgegennehmen und weiterleiten sowie
• materielle Hilfe leisten.
707. Die Militärgeistlichen bestatten, soweit möglich, Gefallene ihrer Religionsgemeinschaft. Die Staaten sind verpflichtet, die Militärgeistlichen bei dieser Aufgabe im Rahmen des Möglichen zu unterstützen (1 17 Abs. 3 Satz 1).
708. Die Militärgeistlichen tragen am linken Arm eine mit dem roten Kreuz auf weißem Grund versehene Armbinde (1 40 Abs. 1; 2 42 Abs. 1; 5 18 Abs. 1 und 3; 6 12). Diese wird von der zuständigen Behörde geliefert und abgestempelt (1 40 Abs. 1; 2 42 Abs. 1). Die Vertragsparteien können ihrem militärischen Sanitäts- und Seelsorgepersonal zusätzlich zu dem bisher geführten Schutzzeichen auch den vorübergehenden Gebrauch eines jeden anderen der Schutzzeichen (rotes Kreuz, roter Halbmond, roter Löwe mit roter Sonne oder roter Kristall jeweils auf weißem Grund) gestatten, wenn diese Verwendung der Verbesserung des Schutzes dient (6a 2 Abs. 4).
709. Neben der Armbinde und der von allen Mitgliedern der Streitkräfte zu tragenden Erkennungsmarke haben die Militärgeistlichen eine besondere Ausweiskarte mit sich zu führen (1 40 Abs. 2; 2 42 Abs. 2).
710. Besondere Abzeichen, Armbinden oder Ausweiskarten dürfen Militärgeistlichen durch den Gegner nicht abgenommen werden. Bei Verlust oder Zerstörung haben diese Anspruch auf Ersatz (1 40 Abs. 4; 2 42 Abs. 4). Geraten sie in die Hand des Gegners, ist dieser verpflichtet, die Zusendung neuer Ausweise oder Armbinden für zurückgehaltene Militärgeistliche zu ermöglichen (1 40 Abs. 4; 2 42 Abs. 4).
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