11.3.4 Sanitätsluftfahrzeuge
1131. Sanitätsluftfahrzeuge (Nr. 1108) werden von den Krieg führenden nicht angegriffen, sondern geschont, solange sie in Höhen, zu Stunden und auf Strecken fliegen, die von allen beteiligten Krieg führenden ausdrücklich vereinbart sind (1 36 Abs. 1). In oder über Landgebieten, die von eigenen oder befreundeten Streitkräften tatsächlich beherrscht werden, oder in oder über Seegebieten, die nicht tatsächlich von einer gegnerischen Partei beherrscht werden, bedarf es zur Schonung und zum Schutz von Sanitätsluftfahrzeugen einer am Konflikt beteiligten Partei keiner Vereinbarung mit einer gegnerischen Partei. Eine am Konflikt beteiligte Partei, die ihre Sanitätsluftfahrzeuge in diesen
Gebieten einsetzt, kann jedoch zwecks größerer Sicherheit der gegnerischen Partei Mitteilung machen, insbesondere, wenn diese Luftfahrzeuge Flüge durchführen, die sie in die Reichweite von Boden-Luft-Waffensystemen der gegnerischen Partei bringen (5 25, 29).
1132. In oder über den tatsächlich von eigenen oder befreundeten Streitkräften beherrschten Teilen der Kontaktzone und in oder über Gebieten, bei denen nicht eindeutig feststeht, wer sie tatsächlich beherrscht, kann der Schutz der Sanitätsluftfahrzeuge nur dann voll wirksam sein, wenn vorher zwischen den zuständigen militärischen Dienststellen der am Konflikt beteiligten Parteien eine Vereinbarung getroffen worden ist. In Ermangelung einer solchen Vereinbarung operieren die Sanitätsluftfahrzeuge auf eigene Gefahr; sie werden aber dennoch geschont, sobald sie als solche erkannt worden sind (5 26 Abs. 1).
Der Ausdruck „Kontaktzone" bezeichnet jedes Landgebiet, in dem die vorderen Teile gegnerischer Kräfte miteinander in Berührung kommen; dies ist insbesondere dort der Fall, wo sie einem direkten Beschuss vom Boden aus ausgesetzt sind (5 26 Abs. 2).
1133. Überfliegt ein Sanitätsluftfahrzeug infolge eines Navigationsfehlers oder infolge einer Notlage, welche die Sicherheit des Fluges beeinträchtigt, ohne das vorherige Einverständnis der zuständigen Dienststelle der gegnerischen Partei oder in Abweichung von den dabei festgelegten Bedingungen ein von einer gegnerischen Partei tatsächlich beherrschtes Gebiet, so unternimmt es alle Anstrengungen, um sich zu erkennen zu geben und die gegnerische Partei von den Umständen in Kenntnis zu setzen. Sobald die gegnerische Partei das Sanitätsluftfahrzeug erkannt hat, unternimmt sie alle zumutbaren Anstrengungen, um die Weisung zum Landen oder Wassern zu erteilen oder um andere Maßnahmen zur Wahrung ihrer eigenen Interessen zu treffen und um in beiden Fällen dem Luftfahrzeug Zeit zur Befolgung der Weisung zu lassen, bevor es angegriffen werden kann (5 27).
1134. Im Falle einer unbeabsichtigten Landung auf feindlichem oder vom Feinde besetztem Gebiet werden die Verwundeten und Kranken sowie die Besatzung des Luftfahrzeuges Kriegsgefangene.
Das Sanitätspersonal wird weiter geschützt (5 36 Abs. 5).
1135. Den Konfliktparteien ist es verboten, ihre Sanitätsluftfahrzeuge zur Erlangung eines militärischen Vorteils über den Gegner zu benutzen. Die Anwesenheit von Sanitätsluftfahrzeugen darf nicht dazu benutzt werden, Angriffe von militärischen Zielen fernzuhalten (5 28 Abs. 1).
Sanitätsluftfahrzeuge dürfen nicht zur Gewinnung nachrichtendienstlicher oder militärischer Erkenntnisse benutzt werden und sie dürfen keine Ausrüstung mitführen, die solchen Zwecken dient.
Sie dürfen ferner keine Waffen befördern, mit Ausnahme von Handwaffen und Munition, die den an Bord befindlichen Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen abgenommen worden sind, sowie von leichten Handfeuerwaffen, die zur eigenen Verteidigung des an Bord befindlichen Sanitätspersonals oder zur Verteidigung der ihnen anvertrauten Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen verwendet werden.
1136. Sanitätsluftfahrzeuge können angewiesen werden, zu landen bzw. zu wassern, damit sie untersucht werden können. Die Untersuchung hat unverzüglich zu beginnen und ist zügig durchzuführen. Die untersuchende Partei darf nicht verlangen, dass die Verwundeten oder Kranken von Bord gebracht werden, sofern dies nicht für die Untersuchung unerlässlich ist. In jedem Fall ist dafür Sorge zu tragen, dass sich der Zustand der Verwundeten und Kranken nicht verschlechtert (5 30 Abs. 2).
1137. Ergibt die Untersuchung, dass das Luftfahrzeug ein Sanitätsluftfahrzeug ist und nicht gegen die vorgeschriebenen Pflichten verstößt, so ist die unverzügliche Fortsetzung des Fluges zu gestatten (5 30 Abs. 3, 28). Ergibt die Untersuchung hingegen, dass es nicht die Voraussetzungen für den besonderen Schutz erfüllt oder seinen Pflichten zuwidergehandelt hat, so kann es beschlagnahmt werden. Ein Luftfahrzeug, das zum ständigen Sanitätsluftfahrzeug bestimmt war, darf nach seiner Beschlagnahme nur als Sanitätsluftfahrzeug verwendet werden (5 30 Abs. 4).
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