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Die unbarmherzige Grausamkeit des Eigentums

Die uneingeschränkte Grausamkeit des Eigentums wird vor allem dort ersichtlich, wo es um eigene Erfahrungen in der Wirtschaftswelt geht. Als Kinder wurde uns Ehrlichkeit und Offenheit eingetrichtert, nur um später zu erkennen, wie diese durch andere ausgenutzt werden. Es ist in unserer heutigen Welt tatsächlich so, dass nicht der Ehrliche und der Aufrichtige gewinnen oder obsiegen. Und es gewinnt auch nicht der Fleissige oder der Fähige, sondern alles unterwirft sich dem Recht des Eigentums. Die Wahrheit über diese Tatsache ist, dass in der Wirtschaftswelt der Eigentümer einer Unternehmung weder fleissig noch fähig sein muss, weder moralisch denkt, noch sich sonst in irgend einer Art hervor tut als Führer. Diese Erfahrungen waren in meinem Leben weit reichend, denn es stellte alle Theorien über Belohung von Leistung nicht nur in Frage, sondern zeigte klar und deutlich auf, dass in praktisch keinem einzigen Fall Leistung oder Fähigkeit entscheidend sind für Führerschaft. Und dieser rote Faden zieht sich als Regel durch das gesamte Wirtschaftssystem hindurch. Und selbst in der Politik ist es demgemäss. In der Funktion einer Führerschaft sind prinzipiell immer die falschen Menschen. Auf der Ebene der Teamführung werden nicht Menschen mit wirklichen und echten Führungsqualitäten eingesetzt, sondern vor allem Menschen, welche die Zielvorgaben von oben nach unten vertreten. Diese Erkenntnis war für mich deshalb so übermahnend, weil ich die 80er-Jahre, in welchen noch andere Regeln vorherrschten, miterlebte. Damals war die Regel, wer sich nicht in das Team fügte, oder lügte, oder einen Keil trieb zwischen die Mitarbeiter, vom Personalbüro gekündigt wurde, weil der Team-Spirit zerbrach. Heute werden diese Menschen zum Teamchef befördert und terrorisieren das ganze Team nachhaltig und erpressen es zu Leistung. Wer nicht mitspielt, dem wird mit Kündigung gedroht. Ganz praktisch habe ich es erlebt, dass nach dem Ende des Wirtschaftswachstums in West- und Mitteleuropa 1989/1990 alle Regeln in der Wirtschaftswelt fundamental änderten. Die Aufgabe des Personalbüros war ab dann nicht mehr, die Mitarbeiter gut zu betreuen, sondern durch stetige und in regelmässigen Abständen erfolgende Entlassungen die Effizienz der Unternehmung wieder herzustellen. Da die kapitalistische Eigentumsdiktatur wegen dem Umverteilungsprinzip nur in einer allgemeinen Wachstumsphase der Wirtschaft für alle Wohlstand und Überfluss erzeugen kann, dreht sich das System um, sobald keine Wachstumsbedingungen mehr vorherrschen. Mitunter werden Bedingungen geschaffen, welche die falschen Menschen in Führerschaft bringen. Dann ist das Gute unten, und das Schlechte schwimmt oben auf, und setzt sich auf allen Ebenen durch. Dann sind die Welt und alle ihre Gesetzmässigkeiten auf einmal verdreht. Und dann schwimmen alle Menschen oben auf, welche in der Wirtschaft wegen mangelnder Moral oder nicht vorhandenen, wichtigen Wertehaltungen, in diesem Bereich nichts zu suchen haben. Die Wirtschaft kann nur funktionieren, wenn eine gute Wertehaltung in Bezug auf die Erstellung von Produkten und Dienstleistungen, und hierdurch auch Vertrauen kann geschaffen werden, auf allen Ebenen einer Unternehmung. Sobald das Wachstum in diesem Eigentums- Umverteilungssystem wegfällt, verkehren sich alle Regeln und alle Werte sind verdreht. Dann sind nicht mehr die Guten an den zentralen Schaltstellen, sondern diejenigen mit schlechtem Charakter.
Ganz persönlich habe ich dies seit 1989/1990 in der Schweiz so erlebt, dass ich in der Arbeitswelt praktisch kein einziges Team mehr erlebt habe, wo nicht jeder gegen jeden gekämpft hätte. Den viel besungenen Teamgeist gab es ab diesem Zeitpunkt nicht mehr. Es gab nur noch den Kriegszustand. Jeder kämpft gegen jeden, und mit allen Mitteln. Denn es hiess nun auf einmal: Entweder werde ich selber als nächster gekündigt, oder der andere. Man kann sich in etwa vorstellen, welche Moral, welche Regeln und Sitten dann vorherrschen. Denunzianten, Lügner und Verdreher sind auf einmal Gewinner und werden belohnt. Nach nunmehr weiteren über 20 Jahren hat sich an dieser Tatsache nichts geändert. Es sind nach wie vor die falschen Leute, welche in
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diesem falschen Belohnungssystem oben auf schwimmen und erfolgreich sind. Man kann sich in etwa vorstellen, dass Menschen mit einer intakten Wertehaltung, mit einer differenzierten Moral und Ethik, ganz allgemein in einer solchen Wirtschaft keinen Platz mehr haben, und sich nicht wohl fühlen.
Die Erfahrung geht aber noch weiter. Was unter normalen Umständen früher undenkbar gewesen wäre, ist heute bereits Standard. Es werden Unternehmungen gekauft und gehen in Eigentum über von Menschen, welche teilweise von der Materie nicht die leiseste Ahnung haben. Es sind reiche und mächtige Eigentümer, welche neue Geschäftszweige kaufen, weil sie ihr angereichertes Eigentum irgendwie zusätzlich anlegen müssen. So kaufen zwischenzeitlich nicht mehr Chemiker mit Fachkenntnissen Chemische Unternehmungen, sondern es kaufen vielleicht Menschen, welche in der Produktion ihre Erfahrungen machen konnten sich ein in Pharmaunternehmungen, in fremde Unternehmensbranchen. Es sind gute Beispiele, um aufzuzeigen, dass die Eigentümer einer Unternehmung oftmals keinen blassen Schimmer davon haben, wie eine Unternehmung zu führen ist. Dann wird eine Medizin-Unternehmung wie eine Produktionswertstätte geführt, oder eine Technologieunternehmung wie ein Landwirtschaftsbetrieb. Es gibt unzählige Beispiele davon, welche unhaltbaren und teilweise absurden Zustände die Eigentumsverhältnisse erschaffen. Da ist nichts mehr übrig für einen Erfolg durch den Fähigen oder Fleissigen. Eigentum nimmt keine Rücksicht auf Moral, Ethik, Fähigkeit, Fleiss und Ausdauer von Menschen, oder sonst einer menschlichen Eigenschaft. Es ist schlicht und einfach nur der Eigentümer, welcher zum Unternehmungsführer wird, und nicht derjenige, welcher zur Führerschaft auserwählt ist durch Fähigkeiten. Kurz, dieses Eigentumssystem und seine Folgen sind etwas vom Absurdesten, was der Mensch sich vorstellen kann. Und bestehen kann es nur deshalb im Vergleich zum Kommunismus, weil es durch das Konkurrenzverhältnis die Arbeitsleistung der Mitarbeiter auspresst wie Zitronen. Wenn es um die Fähigkeit und Leistungsfähigkeit der Manager in der heutigen Zeit geht, so kann man, mit wenigen Ausnahmen, davon ausgehen, dass der Zustand auf der Führungsebene in etwas gleich aussieht wie im Kommunismus, wo Menschen nur aufgrund von Beziehungen befördert wurden. Der Zustand der Führungselite in Wirtschaft und Politik ist graduell nicht besser als in ehemals kommunistischen Ordnungssystemen. Gleichfalls spielen Beziehungen eine Vermittlerrolle beim Erhalt von Anstellungen für Verwaltungsräte usw., zusätzlich aber verfügen immer nur reiche und mächtige Eigentümer über Befehlsgewalt. Beides nützt einer Volkswirtschaft nichts. Die falschen Leute sind zur falschen Zeit am falschen Ort. Und die Praxis zeigt, dass dieses System der Gewalt nur durch Erpressung an den Menschen sich am Leben erhalten kann. Es entspricht keinesfalls einer natürlichen Ordnung der menschlichen Kooperation, in welcher sich auf natürliche Art und Weise eine Arbeitsteilung herausbildet, ein pyramidales System der Befehlsgewalt oder eine normale Ordnung der Abhängigkeit von Geben und Nehmen.
Es ist ein dauernder Erpressungszustand für den Mitarbeiter, und es wird beinahe militärisch und mit Gewalt eine Unternehmung geführt. Sobald ein Team gut funktioniert oder eine gute Führung hat, wird es zerrissen, neu geordnet und hierdurch der gute Zustand sofort wieder im Sinne und für den Nutzen und Vorteil der Unternehmung verschlechtert. Auch dies eine viel gemachte Erfahrung aus der Praxis. Ein gut funktionierendes Team ist heutzutage für jede Unternehmung gefährlich.
Denn hierdurch entstehen Forderungen von unten nach oben. Das wird heute nicht mehr erlaubt, und sofort mit Massnahmen bekämpft. Nur Sklaven werden so geführt. Menschen ohne Eigentum.
Enteignete.
In der Praxis habe ich dies in derjenigen Form erlebt, im Vergleich zu früher, dass heute ein Mitarbeiter zu gar keinen Diskussionen mehr bereit ist. Wenn es früher noch darum ging, Prozesse gemeinsam zu verbessern und Arbeitsabläufe zu koordinieren, so bemüht sich heute kein Mitarbeiter aus eigenen Motiven oder eigener Anteilnahme heraus um eine Verbesserung. Jede Verbesserung für die Unternehmung bedeutet eine Verschlechterung der Bedingungen für Mitarbeiter. Und es werden deshalb schon keine Verbesserungsvorschläge mehr gemacht, weil sich niemand in die Nesseln setzen will. Jeder Vorschlag wird heute vom Vorgesetzten entweder abgeblockt oder als eigene Idee ausgegeben, falls er sich als gut und vorteilhaft herausstellt, und getadelt und zum Machtanspruch ausgenutzt, falls er schlecht sein sollte. Und zusätzlich wird im Team jede Schwäche sofort ausgenutzt. Man denunziert und mobbt ununterbrochen. Deswegen bemüht sich heute kein Mitarbeiter mehr, überhaupt noch einen Vorschlag zu machen. Kurzum: Es
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herrscht ein Klima der Angst und des Terrors, und eine Teamarbeit ist nur deshalb noch möglich, weil die Mitarbeiter durch Einschüchterung zur Kooperation gezwungen werden. Nach aussen sieht alles tip-top in Ordnung aus, jede Unternehmung besitzt ein perfektes Image. Innerhalb der Unternehmungen sind die Bedingungen zwischenzeitlich so dermassen unmenschlich, schlecht und verlogen, dass die Mitarbeiter desillusioniert und demotiviert sind, und nur noch funktionieren.
Dies ist der Spiegel der gesamten Gesellschaft, denn diese Regeln gehen quer durch die ganze kapitalistische Gesellschaftsstruktur hindurch. Die Regeln der undifferenzierten und ungerechten Verteilung von Eigentum zerstören alle menschlich-moralischen, allgemeingültigen und normalen Grundsätze. An dieser Stelle soll aber keine Kritik geübt werden an den einzelnen Regeln und Abhängigkeiten in der Wirtschaft. Es sind schlussendlich nicht die Eigentümer daran schuld, dass das System sich nicht mehr den menschlichen Bedürfnissen ausrichtet. Es ist ganz einfach der Systemfehler der falsch eingerichteten Eigentumsverhältnisse und Eigentumsabhängigkeiten, welche die menschlichen Verhaltensweisen verdrehen und nicht mehr zum Nutzen und im Sinne für alle funktioniert. Man muss den Fehler also nicht bei den einzelnen Menschen oder den Vertretern des reichen und mächtigen Eigentums suchen, sondern beim Irrtum über die Regeln des Eigentums selbst. Es soll mit dieser Darstellung aus der Praxis nur aufgezeigt werden, dass das System prinzipiell falsch aufgebaut ist. Es geht von einer falschen Grundhaltung aus, und es widerspricht jeglicher Rationalität und Vernunft, und jeglicher natürlichen Menschenordnung. Und es ist mittel- und langfristig ausser Stande, für die Gesellschaft bleibende und langfristige Werte zu erschaffen. Ganz im Gegenteil sogar muss man davon ausgehen, dass dieses System, weil es innen wurmstichig ist, durch andere Werte in der Zeit ersetzt werden wird. Insofern lohnt sich der Einsatz von Arbeitsleistung zum Erhalt des Systems keinesfalls, weil es früher oder später in den Zyklen der Zeit wieder zerrieben wird. In den meisten Wirtschaftszweigen und deren Tätigkeiten werden keine bleibenden Werte für die Menschheit oder die Gesellschaft geschaffen. Man wird unsere heutige Gesellschaft und deren Produkte und Errungenschaften auf wenige in der Zeit erhaltbare reduzieren können. So allmächtig also die heutigen Prinzipien erscheinen, über welche die meisten Gesellschaften der Welt im kapitalistischen System funktionieren, so sehr muss man sich auch eingestehen, dass deren erarbeitete Werte nicht von Dauer sein können. Menschen, welche in 1'000 Jahren auf unsere Zeit zurückschauen, werden darin nur ein grobes Chaos erkennen, nicht aber eine zielgerichtete Wirkung auf eine Weiterentwicklung der Gesellschaft als Ganzes. Und sie werden erkennen, dass der Systemfehler beim Eigentum lag, bei den Eigentumsrechten, welche keine Unterscheidung und Differenzierung erfuhren, sondern absolut konnten durch Individuen und ihre Clans vereinnahmt werden, und hierdurch die Weiterentwicklung der ganzen Gesellschaft behindert wurde.​