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Jüdische Übergangsriten

Bis heute prägt eine charakteristische, im Laufe von 3500 Jahren entstandene Sammlung jüdischer Riten und Rituale das Leben der Juden. Ihre Ursprünge gehen wie die gesamte Glaubensrichtung auf die hebräische Bibel und den darin beschriebenen Bund zwischen Gott und seinem auserwählten Volk zurück. Dass diese Rituale so lange erhalten blieben, liegt zu einem großen Teil an dem Wunsch des jüdischen Volkes, seine Identität auch während langer Phasen des Exils und der Verfolgung nicht zu verlieren. Sie sind zu einem Teil des modernen jüdischen Lebens geworden; in welchem Umfang sie allerdings praktiziert werden, hängt häufig davon ab, welche Form des Judentums der Einzelne sich zu eigen gemacht hat.
Die erste Verpflichtung, die den Juden in der Thora auferlegt wird, die Mitzwa, steht im Kapitel eins des Buches Genesis: „Seid fruchtbar und mehret euch.“ Kinder zu haben ist für die Juden eine religiöse Forderung, die der zentralen Beziehung zu Gott neues Leben einhaucht und damit seine Herrschaft auf Erden stärkt. Außerdem dient es dem praktischen Zweck, die Mitgliederzahl der bei weitem kleinsten der drei monotheistischen Religionen aufrechtzuerhalten. Insbesondere die chassidischen Juden nehmen diese Verpflichtung sehr ernst. Menschliches Leben gilt dem Judentum als heilig; deshalb werden alle Formen der Empfängnisverhütung abgelehnt. Es gibt allerdings Abstufungen: Am wenigsten ist gegen orale Verhütungsmittel wie die Pille einzuwenden, deren älteste Formen schon in der rabbinischen Literatur beschrieben werden, am meisten gegen Kondome oder Coitus interruptus. Grundlage solcher Bewertungen ist das Verbot im Buch Genesis, „den Samen zu verschütten“. Die Abtreibung ist im Judentum nicht mit
1200 v. u. Z. Jüdische Lebensregeln werden in der Thora festgeschrieben. 19. Jahrhundert Reformierte Juden stellen die Regeln des koscheren Essens infrage.
dem gleichen strengen Verbot belegt wie in der katholischen Kirche, und wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist, wird sie sogar befürwortet.
Zeremonien Wie es Gottes in der Thora niedergelegten Wünschen entspricht, schließen alle jüdischen Jungen im Alter von acht Tagen einen

Was ist koscher?

Die jüdischen Ernährungsvorschriften haben ihren Ursprung in der hebräischen Bibel und werden als Kaschrut bezeichnet; davon leitet sich das Wort koscher für Lebensmittel ab, die man essen darf. Die Regeln werden manchmal mit Gesundheit und Hygiene in Verbindung gebracht, grundsätzlich haben sie jedoch eher mit dem Befolgen biblischer Vorschriften zu tun, so unvernünftig sie dem modernen Geist auch erscheinen mögen. Maimonides schrieb über die Ernährungsvorschriften: „Sie lehren uns, unseren Appetit zu beherrschen, uns an die Beschränkung unserer Wünsche zu gewöhnen und es zu vermeiden, die Freude am Essen und Trinken als Daseinsziel des Menschen zu betrachten“. Orthodoxe Juden befolgen die Gesetze peinlich genau: Sie trennen Fleisch und Milch, lehnen Fische ab, wenn sie nicht Flossen und Schuppen haben, und schlachten Tiere auf genau vorgeschriebene Weise. Manche halten sich sogar an die Vorschrift im Buch Levitikus, wonach man keine Früchte von einem Baum essen soll, der noch keine drei Jahre alt ist. Diese strikte Einhaltung der Regeln ist ein weiterer Faktor, durch den sich orthodoxe Juden von anderen unterscheiden. Die reformierten Juden vertraten im 19. Jahrhundert die Ansicht, Kaschrut sei zum Selbstzweck geworden und diene nur noch dazu, eine Distanz zwischen Juden und Nichtjuden zu schaffen. Heute halten sich viele reformierte und liberale Juden je nach ihren eigenen Vorlieben an die Regeln oder auch nicht.

„Bund im Fleisch“, indem sie sich der Beschneidung unterziehen – die Vorhaut wird entfernt. Nach jüdischer Überzeugung ist dies das körperliche Zeichen für die Verpflichtung gegenüber Gott. Nach der Thora sollte die Operation vom Vater des Säuglings durchgeführt werden, meist wird jedoch ein Mohel – ein speziell ausgebildeter Rabbiner und/oder Arzt – damit beauftragt. Früher fand sie in der Synagoge statt, heute verlegt man sie meist in die Wohnung der Familie. Männliche und weibliche Neugeborene erhalten in Ritualen in der Synagoge ihren Namen und werden gesegnet. Auch von Männern, die zum Judentum konvertieren, wird die Beschneidung verlangt.









ca. 1900 Zahl der Eheschließungen mit Nichtjuden nimmt zu. 1917 Balfour-Deklaration 1948 Gründung des Staates Israel

‚Gott sprach zu Abraham… Alles, was männlich ist unter euch,
soll beschnitten werden. Ihr sollt aber die Vorhaut
an eurem Fleisch beschneiden. Das soll ein Zeichen sein
des Bundes zwischen mir und euch.

Genesis 17, 10-11 ‘
Nach dem Talmud ist man mit 13 Jahren erwachsen. In diesem Alter hält man junge Juden für fähig, die Gebote einzuhalten. Jungen werden Bar Mitzwa, Mädchen Bat Mitzwa – „Sohn und Tochter der Pflicht“. In der reformierten Tradition werden beide Anlässe gefeiert, Männer und Frauen gelten vor Gott als gleichberechtigt. Das traditionelle Verbot im Judentum, Nichtjuden zu heiraten, widerspricht zwar den modernen Vorstellungen von individueller Freiheit und religiöser Toleranz, unter historischen Gesichtspunkten ist es aber verständlich: Es diente dem Ziel, auch im Exil und bei Verfolgung eine einheitliche Gemeinschaft aufrechtzuerhalten. In orthodoxen und ultraorthodoxen Kreisen wird das Verbot noch heute weitgehend beachtet – hier würde schon das strenge Festhalten an Ernährungsvorschriften und rituellen Reinheitsgesetzen die Führung eines „gemischten“ Haushalts erschweren. Unter reformierten und liberalen Juden wird die Eheschließung mit Andersgläubigen geduldet, bleibt aber für viele Eltern ein Grund zur Verärgerung. Sie wünschen sich zwar die Integration ihrer jüdischen Kinder in die Gesamtgesellschaft und erkennen an, dass Mischehen dem Antisemitismus entgegenwirken, dennoch bedauern sie die Verwässerung der jüdischen Identität. In den Vereinigten Staaten heiraten über 50 Prozent der Juden Angehörige anderer Religionen. Im Gegensatz zum Christentum betreiben Juden keine Mission. Man versucht nicht aktiv, andere zu bekehren. Möchte jemand von sich aus Jude werden, wird der Wunsch nach Übertritt sorgfältig geprüft und vielfach auch abgelehnt.
Der jüdische Kalender Der jüdische Kalender ist kompliziert und verworren. Als sehr alte Glaubensrichtung hat das Judentum ein starkes Gespür für das Verstreichen der Zeit; dies erkennt man an den täglichen Gebetszeiten und der Trennung des Sabbat (Ruhetag am Samstag) von der übrigen Woche. Mit Ausnahme des Versöhnungstages (Jom Kippur) erinnern alle Feiertage im Kalender an Gottes Gegenwart in Natur und Geschichte – insbesondere in der Geschichte des jüdischen Volkes. ‚Gott sprach zu Abraham… Alles, was männlich ist unter euch, soll beschnitten werden. Ihr sollt aber die Vorhaut an eurem Fleisch beschneiden. Das soll ein Zeichen sein des Bundes zwischen mir und euch.Genesis 17, 10-11 ‘

Zionismus

Zwischen Judentum und Zionismus besteht ein enger Zusammenhang, man sollte aber beides nicht gleichsetzen. Zionismus ist zumindest in seiner modernen Form eine politische, nationalistische Bewegung, die seit den 1880er Jahren für das Recht der Juden auf einen eigenen Staat in Palästina eintrat, der Region, in der Gott seinen ursprünglichen Bund mit ihren Vorfahren geschlossen hatte. Der Druck der Zionisten führte 1917 zur Balfour- Deklaration: Darin befürworteten die Briten, die damals in Palästina herrschten, den Gedanken an einen jüdischen Staat. Als die Region in der Folgezeit zum Brennpunkt für jüdische Einwanderungsbewegungen aus der ganzen Welt wurde, wuchsen die Bedenken wegen des Schicksals der dort bereits ansässigen, nichtjüdischen Bevölkerung. Nach dem Holocaust durch die Nationalsozialisten und einem Terroristenfeldzug gegen die britischen Streitkräfte in Palästina wurde 1948 der Staat Israel gegründet. Dort leben heute rund 40 Prozent aller Juden, aber viele Menschen aus allen Zweigen des Judentums stellen die Errungenschaften des Zionismus infrage. Den ultraorthodoxen Juden beispielsweise ist das moderne Israel zu säkular – also nicht jüdisch genug –, viele liberale Juden dagegen lehnen das Verhalten der israelischen Regierung und die Siedlungen in den besetzten Gebieten ab.


Pessach im Frühjahr ist ein Zeitraum von 49 Tagen, der an den Auszug des jüdischen Volkes aus der ägyptischen Sklaverei erinnert. Sein Höhepunkt ist das Fest Schawuot (Wochenfest) zu Ehren der Verkündung der Thora und der Zehn Gebote auf dem Berg Sinai. Das Gegengewicht im Herbst bildet Rosch Haschana, das „Neujahrsfest“, auf das zehn Tage später der „Versöhnungstag“ Jom Kippur folgt; außerdem findet im Herbst das „Laubhüttenfest“ Sukkot statt, das an die Wanderung durch die Wildnis in das Gelobte Land und an Gottes Schutz erinnern soll.
Worum geht es Es gibt eine charakteristische jüdische Lebensweise