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Die Säulen des Islam

Nach islamischer Lehre steht der Glaube an erster Stelle, und man kann ihn nicht durch Kompromisse an das weltliche Leben anpassen. Das Kernstück seiner Gebote sind die „Säulen des Islam“, die allen Spielarten dieser Religion gemeinsam sind. Die Säulen – ihre Zahl ist in den einzelnen islamischen Traditionen unterschiedlich – repräsentieren die Pflichten, die jeder Muslim erfüllen muss, wenn er im Einklang mit Allahs Lehren ein gutes, verantwortungsbewusstes Leben führen will. Sie prägen weltweit das Alltagsleben der weit mehr als eine Milliarde Muslime auf der ganzen Welt.
In der Lehre der Sunniten – das sind rund 60 Prozent aller Muslime – gibt es fünf Säulen. Diese sind: 1. Schahada – das ehrliche Aussprechen des muslimischen Glaubensbekenntnisses: „Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet“; 2. Salat – das rituelle Gebet, das mit nach Mekka gewandtem Gesicht fünfmal am Tag (Morgendämmerung, Mittag, später Nachmittag, Sonnenuntergang, Nacht) zu vollziehen ist; 3. Zakat – das Zahlen einer Almosensteuer zum Nutzen der Armen und Bedürftigen; 4. Saum – Verzicht auf Essen, Trinken, Zigaretten und Sex bei Tageslicht während des Monats Ramadan; und 5. Haddsch – die Pilgerreise nach Mekka, die einmal im Leben zu unternehmen ist.
Das Hadith Während der Koran für Muslime das Wort Allahs ist, können sie mithilfe des Hadith – einer Sammlung der Aussprüche und Lehren Mohammeds – dessen Leben und Vorbild verstehen und nachahmen; beides zusammen wird im Islam als Sunna bezeichnet. Der Koran entspricht in seiner Länge ungefähr dem christlichen Neuen Testament, die Hadithe dagegen umfassen viele Bände und sind Gegenstand heftiger Diskussionen. Als ungefähr 100 Jahre nach dem Tod des Pro-
ca. 635 Aufzeichnung des Koran nach Mohammeds Tod ca. 730 erste schriftliche Versionen der Hadith
pheten ihre ersten schriftlichen Versionen im Umlauf waren, erschienen auch viele nicht autorisierte Texte, die angeblich Mohammeds Leben wiedergaben. Später stellte man strenge Regeln auf, nach denen entschieden wurde, welche Fassungen authentisch waren. Am stärksten verehrt wird die Sammlung, die Ismail al-Bukhari (gest. 870 u. Z.) zusammenstellte. Koran, Hadith und Sunna bilden zusammen die Grundlage der Scharia, des islamischen Gesetzes. Bis zum 11. Jahrhundert diskutierten die Gelehrten, was man als Scharia betrachten sollte, später ging diese Flexibilität aber verloren; noch heute lässt der Islam jedoch Istihsan zu, eine Interpretation nicht der Worte, sondern des Geistes der Gesetze.

‚Was der Gesandte
euch nun gibt, das
nehmt an! Aber verzichtet
auf das, was er
euch verwehrt!

Koran 59:7

Die Hadd-Strafen

Die Scharia sieht so genannte Hadd-Strafen für bestimmte Vergehen vor: für Alkoholkonsum, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Verleumdung und Abfall vom Glauben. Nach Ansicht mancher Muslime kommen diese Gesetze unmittelbar aus dem Koran und sind demnach von Gott eingesetzt. Andere halten sie für Interpretationen und für die extremsten Strafen, die ein Richter verhängen kann. Die eigentliche Bestrafung für den Übeltäter ist das Wissen, dass er Allah enttäuscht hat. Der Genuss von Alkohol kann mit Auspeitschen bestraft werden, Dieben können Gliedmaßen amputiert werden. Mord wird von manchen Scharia-Gelehrten nach dem Grundsatz „Menschenleben für Menschenleben“ behandelt. Ebenso ist Auspeitschen für Ehebruch und jede Form sexueller Ausschweifungen vorgesehen, und der Koran empfiehlt es auch für jeden, der eine Frau beschuldigt und seine Behauptung nicht mithilfe von vier Zeugen belegen kann (ein Ergebnis dessen, so heißt es, dass Mohammeds Ehefrau Aischa fälschlich beschuldigt wurde). In manchen islamischen Gesellschaften wurde dieses Gesetz umgekehrt: Dort kann eine Frau ausgepeitscht werden, wenn sie einen Mann der Vergewaltigung beschuldigt und keine vier Zeugen für das Verbrechen benennen kann.Was schließlich den Abfall vom Glauben angeht, so lehnte der Prophet in religiösen Fragen jeden Zwang ab; nach dem Koran werden aber diejenigen, die dem Islam abschwören, mit einem Fluch belegt.


1096 erster Kreuzzug 1187 Rückeroberung Jerusalems

‚Die Muslime hängen bis auf den heutigen Tag zutiefst
der Scharia an. Diese hat dazu geführt, dass sie die archetypische
Figur Mohammeds auf einer sehr tiefen Ebene verinnerlicht haben,
und indem er aus dem siebten Jahrhundert befreit wurde,
ist er zu einer lebendigen Gegenwart in ihrem Leben und zu
einem Teil ihrer selbst geworden.

Karen Armstrong, 2000 ‘
Übergangsriten Ein Neugeborenes wird in einer muslimischen Familie kurz nach der Geburt begrüßt, indem man ihm den Gebetsruf, mit dem die Gläubigen fünfmal am Tag zur Moschee gerufen werden, in das rechte Ohr und die Aufforderung, aufzustehen und zu beten, ins linke flüstert. Die Beschneidung männlicher Babys findet in Übereinstimmung mit der Aufforderung, die auch Juden in der Genesis und Muslime im Koran finden, im Alter von sieben Tagen statt, wenn das Kind gesund ist. Sobald Kinder dazu in der Lage sind, lernen sie Verse aus dem Koran, und mit zehn Jahren können sie bereits am Fasten teilnehmen. Ehen werden nach einer jahrhundertealten Sitte häufig von den Familien arrangiert, nach Angaben von Mohammeds Frau Aischa bestand der Prophet aber darauf, stets auch das Mädchen zu fragen. Niemand sollte gezwungen werden. Die Hochzeitszeremonie (Nika) ist oftmals eine einfache Angelegenheit, die vom Imam in der Moschee vollzogen wird; die darauf folgende Hochzeitsfeier (Walima) jedoch stellt das öffentliche Bekenntnis zu der Verbindung dar. Mischehen zwischen muslimischen Männern und nichtmuslimischen Frauen werden in den meisten Gesellschaften akzeptiert, der umgekehrten Kombination begegnet man jedoch mit weniger Toleranz. Ein Muslim darf bis zu vier Ehefrauen haben, der Koran legt aber Wert darauf, dass die erste Frau sich darüber nicht ärgert und dass die späteren Ehefrauen sie nicht verletzen. Außerdem muss der Mann in der Lage sein, materiell und emotional für seine Ehefrauen zu sorgen. Eine Frau kann die schriftliche Zusicherung verlangen, dass sie sich scheiden lassen darf, wenn ihr Mann später weitere Ehefrauen nimmt. Die Ehescheidung ist im Islam zulässig, gilt aber als sehr trauriges Ereignis. Dem Koran zufolge gibt es auf Erden nichts, was Allah stärker verhasst ist.

Kreuzzüge und Islamfeindlichkeit

Die Stadt Jerusalem hat in allen drei monotheistischen Religionen eine einzigartige Stellung. Für Muslime ist sie die drittheiligste Stadt nach Mekka und Medina. Christliche Kreuzfahrer, die vom Papst zur Bekämpfung der muslimischen „Ungläubigen“ ausgeschickt wurden, griffen 1099 Jerusalem an, ermordeten 30.000 vorwiegend muslimische Bewohner und errichteten ein christliches Königreich. Erst 1187 wurden die Kreuzfahrer von Saladin wieder aus der Stadt gedrängt, und erst Ende des 13. Jahrhunderts hatte man sie völlig aus der Region vertrieben. Das Bild der Muslime, das von Päpsten und Kreuzfahrern in jener Zeit gezeichnet wurde – ungebildete Wilde, die kriegslüstern und von ihrem Wesen her gewalttätig und intolerant seien – stand im Widerspruch zur tatsächlichen islamischen Lebensweise, prägte sich aber im christlichen Abendland ein und ist noch heute spürbar.

Im Koran gibt es einen Vers (4:34), der es scheinbar erlaubt, die Ehefrau zu schlagen; die Gelehrten betonen aber, er stehe im Zusammenhang mit dem Ablauf einer Ehescheidung, bei der die Frau sich geweigert hat, auf die Vernunft zu hören. Weiter wird darauf verwiesen, dass der Prophet selbst dieses Mittel bei keiner seiner Ehefrauen jemals einsetzte.
Der islamische Kalender Im islamischen Kalender gibt es zwei wichtige Feiertage: Eid-ul-Fitr, das Fest des Fastenbrechens am Ende des Ramadan, und Eid-ul- Adha, das Opferfest während der Haddsch. Ramadan bedeutet einfach „der neunte Monat“ und war in der arabischen Kultur schon lange vor Mohammed bekannt. Im Islam ist er die Zeit, in der man Sünden sühnt, sich von der Welt zurückzieht, sich auf die Religion konzentriert und Geduld zeigt.









Worum geht es Der glaube steht für Muslime an oberste Stelle