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Buddha und der Bodhi-Baum

Im Buddhismus gibt es, im Unterschied zu den meisten anderen Religionen, keine Vorstellung von einem persönlichen Gott. Er konzentriert sich vielmehr auf die individuelle spirituelle Entwicklung und die Suche nach Erleuchtung; Grundlagen sind dabei die Lehren und Erfahrungen des Prinzen Siddharta Gautama, der im sechsten Jahrhundert v. u. Z. zum Wandermönch wurde und sich mit dem Problem des menschlichen Leidens auseinandersetzte.
Siddharta Gautama verließ seine Frau, sein neugeborenes Kind und seine Eltern – diese weinten, als er seine edlen Kleider gegen den einfachen gelben Umhang eines Mönchs tauschte und sich mit einem Schwert die Haare abschnitt. Sechs Jahre lang streifte er durch Nordindien und bemühte sich darum, den Schmerz, den er um sich herum sah, mit den Aussagen der vedischen Religion Indiens in Einklang zu bringen. Er lebte asketisch, lehnte alle Bequemlichkeiten und jeden Luxus ab, und disziplinierte sich in einem Leben des Gebets und der Meditation. Aber vergeblich: Ein Teil von ihm – er sprach von seinem „Schatten-Ich“ – blieb in der Welt verwurzelt und verwehrte ihm die Erleuchtung. In seiner Verzweiflung ließ er von seiner strengen Lebensweise ab und setzte sich für drei Tage und drei Nächte unter einen großen Feigenbaum. An seinem tiefsten Punkt angelangt, konnte Gautama schließlich das Schatten-Ich zur Ruhe betten und das Dharma verstehen – das gleiche Wort gebrauchen auch die Hindus, er aber bezeichnete damit das Gesetz (oder die Wahrheit), in dem sich die Grundprinzipien des Daseins widerspiegeln. Der wahre Grund für das Leiden in der Welt, so begriff er, war die Unkenntnis über das eigentliche Wesen der Menschen.
563 v. u. Z. Siddharta Gautama wird geboren 528 v. u. Z. Augenblick der Erleuchtung

‚Mit einer einzigen Kerze kann man Tausende von Kerzen
anzünden, und das Leben der Kerze verkürzt sich nicht.
Glück nimmt niemals ab, wenn man es teilt.

Buddha, sechstes Jahrhundert v. u. Z. ‘
Mit dieser Erkenntnis erlangte er die spirituelle Erleuchtung und sah die Welt mit neuen Augen. Der Baum wird als Bodhi-Baum oder Baum der Erleuchtung bezeichnet, und Gautama wurde zu Buddha, dem „Erleuchteten“. Er verbrachte sein restliches irdisches Leben damit, anderen dabei zu helfen, den gleichen Bewusstseinszustand zu erlangen; er beharrte darauf, dass jeder diesen Weg gehen könne.
Buddhistische Schriften Die Geschichte Buddhas ist in den buddhistischen Schriften enthalten, einer vielbändigen Sammlung unterschiedlichen Ursprungs. Anfangs wurde der Bericht von Buddhas ersten Schülern – einer als Sangha bezeichneten Mönchsgemeinschaft – mündlich überliefert. Erst im dritten Jahrhundert v. u. Z. wurde erniedergeschrieben. Die Echtheit der verschiedenen Texte wurden vielfach diskutiert, es gab aber kaum einmal echte Konflikte. Viele Gelehrte bevorzugen eine Version aus dem ersten Jahrhundert v. u. Z., die im nordindischen Pali- Dialekt verfasst ist – dieser ist eng mit der Sprache verwandt, die Buddha selbst sprach.

Der Mahabodhi-Tempel

An der Stelle, an der Buddha seinen spirituellen Durchbruch erlebte, steht heute der Mahabodhi-Tempel – der Name bedeutet „großes Erwachen“. Er ist rund 100 Kilometer von Patna im ostindischen Bundesstaat Bihar entfernt und wurde zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Im Jahr 250 v. u. Z. gründete der Kaiser Asoko an dieser Stelle ein buddhistisches Kloster. Das heutige Bauwerk, mit vier kleineren Türmen und einem 60 Meter hohen Zentralturm, wurde im fünften Jahrhundert u. Z. vollendet. Buddhisten sehen in diesem Ort den „Nabel der Welt“ der am Ende der Zeiten als Letzter zerstört werden wird.


Ungewöhnlich ist an den buddhistischen Schriften, dass wir aus ihnen sehr wenig über das Leben Buddhas selbst erfahren. Sie sind keine Biografie und konzentrieren sich ganz bewusst nicht auf seine Person. Einzelheiten über sein Leben sind nur aus den Anekdoten zu erschließen, die er in seine Predigten einfließen ließ. Die buddhistischen Schriften bestehen aus drei Hauptteilen oder „Körben“ (Tripitaka): dies sind erstens die Abhandlungen oder Predigten; zweitens die Disziplinen, ein praktisches Regelwerk für jene, die Buddha nachfolgen und in seinen Mönchsorden eintreten wollen; und drittens eine vielgestaltige Sammlung weiterer philosophischer Schriften
Die vier edlen Wahrheiten Das Kernstück von Buddhas Lehre ist in einer Rede enthalten, die er im Wildpark von Samath vor seinen ersten Schülern hielt. Sie wird als „Lehrrede über die vier edlen Wahrheiten“ bezeichnet. Diese Wahrheiten sind: Dukkha, die Wahrheit des Leidens; Samudaya, die Wahrheit der Ursache des Leidens; Nirodha, die Wahrheit des Erlöschens des Leidens; und Magga, die Wahrheit des Weges zum Erlöschen des Leidens. Buddhisten vergleichen Buddha manchmal mit einem Arzt. In den ersten beiden Wahrheiten erkannte und diagnostizierte er die Ursachen des Leidens. In der dritten erkannte er, dass das Leiden geheilt werden kann. Und in der vierten verschreibt er die Therapie gegen das Leiden.

Siddharta Gautamas Jugend

Aus den buddhistischen Schriften erfahren wir zwar nur wenig über Buddhas Jugend, doch berichtet uns die traditionelle Lehre, dass er ungefähr 563 v. u. Z. in dem kleinen Königreich Kapilvastu im heutigen Nepal geboren wurde. Sein Vater war König Suddhodana, seine Mutter die Königin Maha Maya. Manchen Berichten zufolge starb sie bei seiner Geburt. Andere schildern, ein Einsiedler und Seher habe das Baby gesehen und prophezeit, es werde ein Heiliger werden. Als junger Mann lebte Gautama im Luxus – allein drei Paläste wurden für ihn gebaut. Mit 16 Jahren heiratete er seine Cousine Yasodhara; die beiden hatten einen Sohn namens Rahula. Manche Texte erzählen, dass Siddharta Gautama diesem Leben mit 29 Jahren den Rücken kehrte. Sein Tod wird traditionell auf das Jahr 483 v. u. Z. datiert, heutige Wissenschaftler vermuten jedoch eher, dass er um 400 v. u. Z. starb.


Buddha machte die Begierde (Tanha) für das Leiden verantwortlich. Er räumte ein, Begierde könne etwas Positives sein, nannte aber auch drei negative Formen: Habgier, Unwissenheit und Hass. Alle drei führten zu destruktiven Bestrebungen. In einer seiner bekanntesten Lehrreden, der „Feuerpredigt“, beschrieb er die Menschheit als „brennend vom Feuer der Wollust, vom Feuer des Hasses, vom Feuer des Wahns. Ich sage, sie brennt bei der Geburt, im Alter und im Tod, mit Kummer, mit Klagen, mit Schmerz, mit Trauer, mit Verzweiflung.“ Die dritte edle Wahrheit jedoch böte die Möglichkeit, dem Brennen zu entkommen, sich zu befreien und ins Nirvana zu gelangen: in den Zustand der Erleuchtung, in dem das Feuer gelöscht sei und durch eine spirituelle Freude ohne Angst und emotionales Übermaß ersetzt werde.

‚Wer mich sieht,
sieht das Dharma,
und wer das Dharma
sieht, sieht mich.

Buddha, ‘
sechstes Jahrhundert v. u. Z.
Der achtfache Pfad Um das Nirvana zu erlangen, müssen Buddhisten dem achtfachen Pfad folgen, der zur vierten edlen Wahrheit gehört. „Ich sah einen uralten Pfad, eine alte Straße, auf der die rechtmäßig zum Selbst Erwachten aus früheren Zeiten wandelten“, sagt Buddha in den Schriften. „Und was ist dieser uralte Pfad, diese alte Straße, auf der die rechtmäßig zum Selbst Erwachten aus früheren Zeiten wandeln? Eben dies ist der edle achtfache Pfad: richtige Erkenntnis, richtige Gesinnung, richtige Rede, richtiges Handeln, richtiger Lebenserwerb, richtiges Streben, richtige Achtsamkeit, richtige Sammlung… Diesem Pfad bin ich gefolgt.“ Er ließ sich dabei vor allem von der Praxis der Meditation leiten, die ein Kernstück der buddhistischen Tradition bildet.
Worum geht es Die Menschen müssen nach dem Dharma streben