Anbetung im Hinduismus
Die Anbetung oder Puja kann im Hinduismus vielfältigen Gesetzmäßigkeiten folgen und ist eng mit dem sozialen und kulturellen Alltagsleben Indiens verflochten. Puja kann in einer großen Menschenmenge im Tempel stattfinden, gilt aber vorwiegend als individuelles Bestreben und ist ebenso wertvoll, wenn es allein zuhause an einem privaten Altar oder einfach durch Meditation vollzogen wird.
Hinduistische Riten und Rituale sind bewusst so gestaltet, dass die Gläubigen stets an die Allgegenwart des Göttlichen erinnert werden. Ihr oberstes Ziel ist Mokscha, die Befreiung aus dem Samsara-Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt – die im Jenseits der endgültigen Vereinigung mit Brahman vorausgeht. Hindus sind nicht verpflichtet, überhaupt in den Tempel zu gehen. Viele tun dies nur an hohen religiösen Feiertagen. Wichtigster Gegenstand der Verehrung sind die Götterbilder, die man zuhause hat. Diese werden nicht nur als Bilder betrachtet, sondern als Verkörperungen des Göttlichen (eine Vorstellung, die allerdings im hinduistischen Pluralismus von manchen Sekten, beispielsweise von den Arya Samaj, abgelehnt wird). Gebete haben häufig die Form von Gesängen, oder man liest aus heiligen Schriften vor.
Samskaras Die Samskaras oder Sakramente sind Rituale, die häufig mit Reinigung zu tun haben und alle Lebensstadien begleiten. Werdende Mütter unterziehen sich im dritten Schwangerschaftsmonat einer Zeremonie zur Punsavara (Schutz des Fetus), und im siebten Monat wird im Rahmen von Simantonnyaria darum gebetet, dass das Kind geistig und körperlich gesund ist. Bei der Geburt folgt Jalakarma: Man streicht Honig in den Mund des Babys und flüstert ihm den Namen Gottes ins
ca. 300 v. u. Z. Das Bhagavat Gita nennt die Ebenen des Kastensystems 1858 Beginn der britischen Kolonialherrschaft
Mark Twain über den Hinduismus, 1895 ‘
Ohr (ein ganz ähnliches Ritual wie im Islam). Die Zeremonie Upanayana („heiliger Faden“) wird abgehalten, wenn ein Kind in die Schule kommt. Die Eheschließung ist ein kompliziertes, formelles Ritual mit vielen genau ausgearbeiteten Stadien. Es beginnt damit, dass die Eltern der Braut den Bräutigam bei der Hochzeitsfeier willkommen heißen und auf seiner Stirn einen roten Fleck – den Kumkum – anbringen. Das Dharma legt großen Wert darauf, dass die Partner zueinander passen. Traditionell glaubte man in Indien, dies sei am besten gewährleistet, wenn Eltern die Ehe für ihre Kinder arrangieren. Ehescheidung ist möglich, kommt aber nur sehr selten vor.
Frauen im Hinduismus Die verschiedenen Schulen des Hinduismus sind sich, was die Stellung der Frau angeht, nicht einig. Die Ansichten hängen vom sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Umfeld der Gläubigen häufig ebenso stark ab wie von den heiligen Texten, die zu dem Thema keine klare Richtung vorgeben. In einem vedischen Hochzeitslied heißt es beispielsweise, die Frau „sollte sich als Befehlshaberin an die Versammlung wenden“. Andererseits war das indische Parlament noch 1987 damit beschäftigt, die alte Tradition des Sati oder Suttee zu verbieten, bei der die Frau sich bei der Einäscherung ihres Mannes mit ins Feuer wirft. Manche heiligen Schriften loben Frauen, die dieses Opfer auf sich nehmen. In traditionellen Hindugruppen müssen Witwen noch heute einen besonderen weißen Sari tragen, sich den Kopf kahl scheren und sich weitgehend aus der Öffentlichkeit fern-
1947 Ende der britischen Kolonialherrschaft 1950 Verbot der Diskriminierung wegen Kastenzugehörigkeit 1987 Verbot des Sati
halten, nachdem sie alle weltlichen Besitztümer ihres Mannes den Kindern übergeben haben. Manche verdienen sich ihren Lebensunterhalt dann durch Betteln.
| Das Kastensystem Angesichts der engen Verflechtung von Religion und gesellschaftlichem Leben wird die Tatsache, dass das Kastensystem in Indien immer noch existiert, häufig auf den Hinduismus zurückgeführt. Diese Methode zur Einstufung von Menschen geht auf religiöse Ansichten über Reinheit und eine natürliche, von Gott gegebene Hierarchie zurück. Das Wort „Kaste“ wurde erstmals von portugiesischen Siedlern benutzt. Hindus kennen das System eher als die vier Varnas. In absteigender Reihenfolge sind das: die Brahmanen oder Priester, die der Überlieferung zufolge aus Brahmas Mund hervorgegangen sind; die Kshatriyas (Herrscher/Krieger), entstanden aus Brahmas Armen; die Vaishyas (Kaufleute/Handwerker), hervorgegangen aus Brahmas Hüften; und die Shudras (ungelernte Arbeiter/Diener) aus Brahmas Füßen. Hinzu kam eine fünfte Kategorie, die „Unberührbaren“, welche unterhalb des ganzen Systems standen. Diese grundlegenden Kategorien überspannte ein kompliziertes System der Schichten oder Jatis, die durch Geburt, Eheschließung und Beruf definiert wurden. Die Kasten prägen bis heute die indische Gesellschaft; dies gilt insbesondere in ländlichen Gebieten, wo Eheschließungen zwischen verschiedenen Jatis zwar gestattet sind, aber mit Unmut betrachtet werden. Die „Unberührbarkeit“ hingegen wurde gesetzlich abgeschafft. |
Yoga Das Leben eines Hindu gliedert sich in vier Stadien oder Ashramas: 1. Brahmacharya, das Stadium des Schülers, in dem rituelles Grundwissen im Zölibat mit kontrollierter Meditation unter Leitung eines Guru erlangt wird; 2. Grihastha, das Stadium des Haushälters mit Eheschließung, Elternschaft und der Einrichtung eines Zuhauses; 3. Vanaprastha, das Stadium des Ruhestandes, in dem man materielle Wünsche aufgibt und mehr Zeit für Gebet und Meditation aufwendet; und 4. Sannyasa, das Stadium der Vorbereitung auf den Tod. Der Tradition zufolge gibt es mehrere Wege oder Yogas zur Orientierung in diesen vier Stadien. Im Westen bringt man den Begriff mit körperlichen Übungen in Verbindung, im Hinduismus bezeichnet er jedoch eine Fülle körperlicher, mentaler und spiritueller Disziplinen, die in verschiedenen heiligen Texten beschrieben werden. Man kennt bis zu 18 verschiedene Yogas, von denen vier besonders wichtig
| Pilgerreisen Hindus werden insbesondere in ihrem dritten Lebensstadium (Vanaprashta) aufgefordert, Pilgerreisen zu unternehmen, um so Mokscha zu erreichen. Neben verschiedenen heiligen Städten und Tempeln gibt es das große Pilgerfest Kumbha Mela, das alle vier Jahre abwechselnd in den Städten Allahabad, Haridwar, Nashik und Ujjain stattfindet. Alle vier liegen an den Ufern heiliger Flüsse. Die Entstehung des Festes lässt sich auf die vedischen Texte zurückführen, in denen die Götter ihre Kraft zurückgewinnen, indem sie einen Ozean aus Milch auffüllen. Die Pilger vollziehen im Rahmen des Festes ein rituelles Bad. Bekanntermaßen reisen bis zu 70 Millionen Menschen in einem einzigen Jahr zur Kumbha Mela. |
sind: Bhakti Yoga – der Weg der Liebe und Hingabe; KarmaYoga – der Weg des richtigen Handelns; Raja Yoga – der Weg der Meditation; und JnanaYoga – der Weg von Weisheit und Wissen. Alle vier überschneiden sich, und wenn man einen Weg einschlägt, muss man die anderen nicht verlassen.
Feste Der wichtigste hinduistische Feiertag ist das Lichterfest Diwali, das je nach dem Datum des Neumondes Ende Oktober oder Anfang November gefeiert wird. Wie alle hinduistischen Zeremonien ist es ein farbenprächtiges Fest, mit Feuerwerk und Straßenfesten. Alle Wohnungen werden mit Diyas erleuchtet, kleinen Tontöpfen voller Senföl, in denen ein Baumwollfaden als Docht angebracht ist. Die Lichter sollen der Göttin Lakshmi den Weg in die Wohnungen weisen, wo sie ihren Segen verteilt. Durch ihre Gegenwart angeregt, gründen manche Hindus gerade zu dieser Jahreszeit neue Unternehmen. Andere nutzen eine weitere alte, ehrwürdige religiöse Tradition, die zu Diwali das Glücksspiel gestattet.
Worum geht es In der Induistischen Praxis vermischen sich Religon und Kultur
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