Der Heilige Geist
Die Hauptrichtung des Christentums lehrt, dass Gott in drei Personen ein Einziger ist: Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist. Gemeinsam werden sie als Dreifaltigkeit bezeichnet. Alle drei sind gleich und haben die gleiche „Essenz“, aber jede spielt eine besondere Rolle. In der modernen Pfingstbewegung ist der Geist das herausragende Element der Dreifaltigkeit, und den „Gaben des Geistes“ schreibt man die Fähigkeit zu, ein Leben umzugestalten. Für viele Christen bleibt der Heilige Geist jedoch ein schwer fassbarer Begriff.
In der Heiligen Schrift wird die Dreifaltigkeit nicht ausdrücklich erwähnt. Die Lehre bildete sich erst in der Frühzeit der Kirche allmählich heraus, und im dritten Jahrhundert u. Z. war man sich einig, dass Vater, Sohn und Heiliger Geist nicht nur verbunden oder verwandt sind, sondern das gleiche Wesen darstellen. Im nizänischen Glaubensbekenntnis, das im vierten Jahrhundert formuliert wurde und viele christliche Richtungen verbindet, wird die genaue Beziehung zwischen den Elementen der Dreifaltigkeit dargelegt. In der Version, die noch heute in der katholischen Messe gesprochen wird, heißt es beispielsweise: „Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird.“
Ketzerei und Streitigkeiten Die Formel der Dreifaltigkeit war in der Kirchengeschichte umstritten. Der Priester Arius aus Alexandria lehrte im vierten Jahrhundert, Jesus sei übernatürlich gewesen, aber nicht dem Gottvater gleich. Die daraus erwachsene „Arianische Häresie“ spaltete die Kirche. Im neunten Jahrhundert entschieden sich die Christen im Osten, die Worte „und dem Sohn“ (lateinisch filioque) aus dem Bekenntnis zu streichen und darauf zu beharren, dass der Geist ausschließlich vom Vater käme. Diese Haltung trug 1054 zur Spaltung zwischen Ostund Westkirche bei. In jüngerer Zeit lehnen manche christliche Gruppen, beispiels-
3. Jahrhundert u. Z. Entstehung der Dreifaltigkeitslehre 4. Jahrhundert u. Z. Arianischer Streit
| Pfingsten Nach dem Johannesevangelium trat Jesus am Abend des Tages, an dem er von den Toten auferstanden war, unter seine Jünger, die sich seit seiner Kreuzigung versteckt hielten, und sagte zu ihnen: „Nehmt hin den Heiligen Geist.Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“ Ein ähnliches Ereignis beschreibt die Apostelgeschichte, die im Neuen Testament im Anschluss an die Evangelien über die ersten Jahre der christlichen Kirche berichtet: Nachdem Jesus gen Himmel aufgefahren war, versammelten sich die Apostel in einem Zimmer; „Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer …“ Sie wurden vom Heiligen Geist erfüllt und konnten nun Sprachen sprechen, die sie nie gelernt hatten. Dieses Ereignis wird von Christen jedes Jahr sieben Wochen nach dem Ostersonntag als Pfingsten gefeiert und gab der Pfingstbewegung ihren Namen: deren Anhänger glauben, dass alle Gläubigen die gleichen Gaben des Geistes erlangen können. Der Pfingstsonntag gilt manchmal als der Geburtstag der Kirche. |
weise die Mormonen, die Dreifaltigkeit völlig ab und sehen in Vater, Sohn und Geist drei getrennte Personen, die sich in ihrem Zweck einig sind, nicht aber in ihrem Wesen. Im Aramäischen – der Sprache, die Jesus sprach – und auch im Hebräischen ist das Wort für „Geist“ weiblich. Deshalb hielten viele christliche Denker im Laufe der Geschichte den Heiligen Geist für den weiblichen Aspekt der Gottheit.
Feuerzungen In der christlichen Kunst wurde der Heilige Geist auf unterschiedliche Weise dargestellt. Glaubt man den biblischen Berichten über die Taufe Jesu im Jordan durch seinen Vetter Johannes, so fuhr der Geist als Taube auf ihn herab. Das gleiche Symbol taucht auch in Darstellungen auf, in denen Maria von dem Engel erfährt, dass sie mit Gottes Sohn schwanger sei. In der Apostelgeschichte zeigt sich der Geist den Aposteln als Wind oder als Feuerzungen, die von den Künstlern häufig als Flammen dargestellt werden.
1054 Abspaltung der Ostkirche ca. 1900 Entstehung der Pfingstbewegung
| Zungenreden Zu den Gaben des Heiligen Geistes, von denen das Neue Testament berichtet, gehört auch die „Zungenrede“ oder Glossolalie. Wer diese Gabe hat, kann in einer Sprache sprechen, die für die Zuhörer unverständlich ist. Darin spiegelt sich nach der christlichen Lehre das Erlebnis der Apostel wider, als der Geist über sie kam. Eine viel kleinere Zahl von Gläubigen, so heißt es weiter, erhalte vom Geist noch eine zweite Gabe: diese Gläubigen könnten die Äußerungen deuten. Das Zungenreden gilt bei Christen der Pfingstbewegung, die im 20. Jahrhundert ihren Aufschwung erlebte, als authentisches Kennzeichen für die Taufe im Geiste. Die Anhänger der Pfingstbewegung beschreiben die Äußerungen derer, die in der Lage sind, in Zungen zu reden, als Himmelssprache, Sprache der Engel oder Sprache des Heiligen Geistes. Wissenschaftliche Bemühungen, sie zu entschlüsseln, lieferten bisher kaum Ergebnisse; in Studien wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Betroffenen sich dabei in einem emotional erregten Zustand befänden. In früheren Jahrhunderten war das Zungenreden in der christlichen Kirche kaum bekannt: Augustinus vermutete, die Gabe beschränke sich auf die ursprünglichen Apostel. Manche christlichen Heiligen und Mystiker jedoch – beispielsweise Patrick, der Schutzheilige Irlands, der im vierten Jahrhundert lebte – beschrieben, dass sie ihr Zwiegespräch mit dem Geist in einer Sprache geführt hätten, die sie verstehen konnten, während sie für andere Zuhörer unverständlich gewesen sei. |
Book of Common Prayer, 1662 ‘
Billy Graham, geb. 1918 ‘
Die Gaben des Heiligen Geistes In der Hauptrichtung des Christentums ist man weiterhin überzeugt, dass der Heilige Geist auf einzigartige Weise dazu beiträgt, Menschen zu bekehren, die heiligen Schriften zu prägen (daher der Bezug auf die Propheten im Glaubensbekenntnis) und den Gläubigen zu helfen, anderen mit den richtigen Worten von ihrem Glauben zu berichten. Nach der katholischen Lehre greift der Heilige Geist vor allem in das Leben der Kirche ein, um ihre Entscheidungen zu beeinflussen. Wenn sich beispielsweise die Kardinäle zur Wahl eines neuen Papstes versammeln, geben sie ihre Stimme angeblich unter der Führung des Heiligen Geistes ab. Auch im Protestantismus hat der Heilige Geist eine Funktion für die Institutionen, hier glaubt man aber eher an seine unmittelbare Beziehung zu den einzelnen Gläubigen. Im ersten Korintherbrief, der ungefähr im Jahr 50 u. Z. entstand, beschreibt Paulus die Gaben, die der Heilige Geist dem einzelnen verleiht: „Dem einen wird durch den Geist gegeben, von der Weisheit zu reden; dem andern wird gegeben, von der Erkenntnis zu reden, nach demselben Geist; einem andern Glaube, in demselben Geist; … einem andern die Kraft,Wunder zu tun; … einem andern mancherlei Zungenrede; einem andern die Gabe, sie auszulegen. Dies alles aber wirkt derselbe eine Geist und teilt einem jedem das Seine zu, wie er will.“
Worum es geht Gott ist drei einem
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