Skip to main content

Umsetzung

Die Vorschläge der Kommission wurden in vier Phasen (Hartz I bis IV) umgesetzt:


Hartz I mit Wirkung ab 1. Januar 2003


Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt1



Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wurde durch Hartz I in wesentlichen Punkten geändert: Das besondere Befristungsverbot, das Synchronisationsverbot, das Wiedereinstellungsverbot und die Beschränkung der Überlassungsdauer auf höchstens zwei Jahre wurden aufgehoben. Zu Gunsten der Leiharbeitnehmer wurde der so genannte Gleichstellungsgrundsatz im Gesetz verankert. Dieser besagt, dass Leiharbeitnehmer zu denselben Bedingungen beschäftigt werden müssen wie die Stammarbeitnehmer des entleihenden Unternehmens: Gleiche Arbeitszeit, gleiches Arbeitsentgelt, gleiche Urlaubsansprüche (sog. equal pay und equal treatment). Ein Tarifvertrag kann jedoch abweichende Regelungen zulassen, wovon bereits Gebrauch gemacht worden ist, zum Beispiel durch die Tarifverträge des Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) mit der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA oder durch die Tarifverträge der DGB-Gewerkschaften mit dem Bundesverband Zeitarbeit (BZA) oder dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ). Verfassungsbeschwerden von Arbeitgeberverbänden und Verleihunternehmen gegen den Gleichstellungsgrundsatz blieben erfolglos.2


Mit diesen Änderungen wollte der Gesetzgeber die Qualität und die gesellschaftliche Akzeptanz der Leiharbeit erhöhen. Sie traten zum 1. Januar 2004 in Kraft.


1BGBl. I 2002 S.4607 (PDF; 97 kB)

2BVerfG, Beschluss vom 29. Dezember 2004,1 BvR 2283/03



Hartz II mit Wirkung ab 1. Januar 2003


Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt1


Das Gesetz enthält Bestimmungen, die teilweise erst später in Kraft traten.


  • Regelung der Beschäftigungsarten geringfügiger Beschäftigung (Minijob und Midijob) mit Wirkung ab 1. April 2003.​
    1. Als geringfügig Beschäftigter gilt, wer monatlich bis zu 400 Euro verdient, zuvor waren es 325 Euro.​
    2. Als geringfügig Beschäftigte können auch Beschäftigte mit mehr als 15 Wochenstunden gelten.​
    3. Der pauschale Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung wird von 10 % auf 11 % des Bruttolohnes erhöht.​
    4. Der Arbeitgeber zahlt eine pauschale Steuer in Höhe von 2 % des Bruttolohnes.​


1BGBl. I 2002 S.4621 (PDF; 95 kB)

3BVerfG, Beschluss vom 29. Dezember 2004,1 BvR 2283/03
BGBl. I 2002 S.4621 (PDF; 95 kB)


Hartz III mit Wirkung ab 1. Januar 2004


Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt1


  • Restrukturierung und der Umbau der Bundesanstalt für Arbeit (Arbeitsamt) in die Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit)​


1BGBl. I 2003 S.2848 (PDF; 525 kB), Druckfähige Version
Hartz IV mit Wirkung ab 1. Januar 2005

Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt1

1BGBl. I 2003 S.2954 (PDF; 394 kB)

  • Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt) für Erwerbsfähige zum Arbeitslosengeld II (ALG II) zum Teil auf ein Niveau unterhalb der bisherigen Sozialhilfe. Die laufenden Leistungen der alten Sozialhilfe waren zwar nominell niedriger als die Regelleistung des neu eingeführten ALG II, wurden aber im Bedarfsfall durch diverse Einmalleistungen ggf. auch über den Satz des entsprechenden ALG II aufgestockt. Der monatliche Regelsatz der Sozialhilfe für einen Alleinstehenden hatte vor der Einführung des ALG II in den westlichen Bundesländern bis Ende 2004 zwischen 287 € und 297 €, in den östlichen Ländern zwischen 282 € bis 285 € gelegen, während die Regelleistung des ALG II ab 1. Januar 2005 345,00 € im Westen und 331 € im Osten1 betrug. Die neben dem Regelsatz der Sozialhilfe im Bedarfsfall gewährten einmaligen Beihilfen2 wurden beim ALG II nunmehr weitgehend in die Regelleistung einberechnet, so dass daneben insoweit keine einmalige Beihilfen mehr beansprucht werden konnten.3 Die ursprünglich vorgesehene Höhe der Regelleistung des ALG II lag laut Aussage von Peter Hartz bei 511 Euro monatlich und damit weit über dem Sozialhilfesatz.4Anfangs wurde für Hilfebedürftige, deren Arbeitslosengeldanspruch erschöpft war, ein Zuschlag gezahlt, der im ersten Jahr des ALG-II Bezugs bis 160 €, im zweiten Jahr bis 80 € betrug5. Dieser Zuschlag wurde zum 1. Januar 2011 ersatzlos abgeschafft.6
  • Beide Sozialleistungen sollen bei erwerbsfähigen Arbeitslosen direkt bei der Agentur für Arbeit verwaltet werden. Allerdings erhalten 69 Kreise und Gemeinden die Möglichkeit, die Betreuung von Langzeitarbeitslosen eigenverantwortlich zu übernehmen (so genannte kommunale Option oder Optionsmodell).​

1§ 19 Abs. 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S.2954, 2961
2§ 21 BSHG: Einmalige Beihilfen für die Instandsetzung von Bekleidung, Wäsche und Schuhen in nicht kleinem Umfang und deren Beschaffung von nicht geringem Anschaffungspreis, die Beschaffung von Brennstoffen für Einzelheizungen, die Beschaffung von besonderen Lernmitteln für Schüler, die Instandsetzung von Hausrat in nicht kleinem Umfang, die Instandhaltung der Wohnung, die Beschaffung von Gebrauchsgütern von längerer Gebrauchsdauer und von höherem Anschaffungswert sowie für besondere Anlässe
3Rudolf Martens: Expertise. Der Vorschlag des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes für einen sozial gerechten Regelsatz als sozialpolitische Grundgröße. Neue Regelsatzberechnung 2006 (PDF; 555 kB), neue überarbeitete Auflage. Der Paritätische Wohlfahrtsverband, Berlin 2006. (Darin u. a.: „Der Regelbedarf und der Inhalt der Regelsätze werden in § 28 SGB XII bestimmt. Der Aufbau der neuen Regelsätze unterscheidet sich gegenüber dem bis 2005 geltenden Bundessozialhilfegesetz – gemäß § 22 (BSHG) – in folgenden Punkten: Im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise werden jetzt die meisten bisherigen einmaligen Leistungen in den Regelsatz integriert. Darüber hinaus werden nur in drei Fällen nicht pauschalierbare einmalige Leistungen weiterhin gewährt; gemäß § 31 SGB XII wären dies Erstausstattungen für Wohnungen, Erstausstattungen für Kleidung und mehrtägige Klassenfahrten (§ 37 SGB XII). Bei sonstigen einmaligen Leistungen, wie beispielsweise dem Austausch eines defekten Kühlschranks, muss dies der Bezieher jetzt von seinem künftigen Sozialgeld– bzw. Arbeitslosengeld II bzw. aus seinem Ersparten bezahlen oder ein Darlehen bei der leistungsauszahlenden Stelle beantragen (§ 37 SGB XII).“)
4TV-Dokumentation „Auf der Suche nach Peter Hartz“, 14. November 2011, ARD (0:28 min)
5§ 24 SGB II in der Fassung des vierten Gesetzes für moderen Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2957, 2962 f
6Artikel 15 Nr. 4 Haushaltsbegleitgesetz 2011 vom 9. Dezember 2010, BGBl. I S. 1885, 1896
7§ 19 Abs. 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S.2954, 2961
8§ 21 BSHG: Einmalige Beihilfen für die Instandsetzung von Bekleidung, Wäsche und Schuhen in nicht kleinem Umfang und deren Beschaffung von nicht geringem Anschaffungspreis, die Beschaffung von Brennstoffen für Einzelheizungen, die Beschaffung von besonderen Lernmitteln für Schüler, die Instandsetzung von Hausrat in nicht kleinem Umfang, die Instandhaltung der Wohnung, die Beschaffung von Gebrauchsgütern von längerer Gebrauchsdauer und von höherem Anschaffungswert sowie für besondere Anlässe
9Rudolf Martens: Expertise. Der Vorschlag des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes für einen sozial gerechten Regelsatz als sozialpolitische Grundgröße. Neue Regelsatzberechnung 2006 (PDF; 555 kB), neue überarbeitete Auflage. Der Paritätische Wohlfahrtsverband, Berlin 2006. (Darin u. a.: „Der Regelbedarf und der Inhalt der Regelsätze werden in § 28 SGB XII bestimmt. Der Aufbau der neuen Regelsätze unterscheidet sich gegenüber dem bis 2005 geltenden Bundessozialhilfegesetz – gemäß § 22 (BSHG) – in folgenden Punkten: Im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise werden jetzt die meisten bisherigen einmaligen Leistungen in den Regelsatz integriert. Darüber hinaus werden nur in drei Fällen nicht pauschalierbare einmalige Leistungen weiterhin gewährt; gemäß § 31 SGB XII wären dies Erstausstattungen für Wohnungen, Erstausstattungen für Kleidung und mehrtägige Klassenfahrten (§ 37 SGB XII). Bei sonstigen einmaligen Leistungen, wie beispielsweise dem Austausch eines defekten Kühlschranks, muss dies der Bezieher jetzt von seinem künftigen Sozialgeld– bzw. Arbeitslosengeld II bzw. aus seinem Ersparten bezahlen oder ein Darlehen bei der leistungsauszahlenden Stelle beantragen (§ 37 SGB XII).“)
10TV-Dokumentation „Auf der Suche nach Peter Hartz“, 14. November 2011, ARD (0:28 min)
11§ 24 SGB II in der Fassung des vierten Gesetzes für moderen Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2957, 2962 f
12Artikel 15 Nr. 4 Haushaltsbegleitgesetz 2011 vom 9. Dezember 2010, BGBl. I S. 1885, 1896

  • Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes aus der Arbeitslosenversicherung wird ab 1. Februar 2006 auf maximal 18 Monate reduziert. Nach einem Beschluss der Großen Koalition von 2007 sollen über 58-jährige 24 Monate lang Arbeitslosengeld erhalten, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Wer keine Ansprüche (mehr) auf Arbeitslosengeld I hat, erhält dann Arbeitslosengeld II, wobei die Bewilligung von Arbeitslosengeld II die Vermögens- und Einkommenslage des Antragstellers und bestimmter Angehöriger berücksichtigt.​
  • Ab 2005 wurde der Regelsatz von Kindern zwischen sieben und dreizehn Jahren in Hartz-IV-Familien auf 60 % (zuvor: 65 %) des Regelsatzes eines alleinstehenden Erwachsenen festgelegt, für Jugendliche zwischen 14 und 17 ab 2005 auf 80 % (zuvor seit 1955 90 %) des Regelsatzes eines alleinstehenden Erwachsenen. Jugendliche zwischen 14 und 17 erhalten somit ebenso viel wie erwachsene Haushaltsangehörige; zuvor erhielten sie 12,5 % mehr als diese, da ihnen als Heranwachsende ein höherer Bedarf („Wachstumsbedarf“) anerkannt wurde als erwachsenen Haushaltsangehörigen.1

1gew-hessen.de