Skip to main content

Peter Hartz

Einzelnachweise
Normdaten (Person): GND: 118570528 | LCCN: n86112439 | VIAF: 90641496
Peter Hartz (* 9. August 1941 in St. Ingbert) ist ein ehemaliger deutscher Manager. Er war bis Juli 2005 der Personalvorstand und Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG. Nach ihm wurden die als Hartz-Konzept bekannten Arbeitsmarkt-Reformen der frühen 2000er Jahre benannt. Peter Hartz ist Mitglied der SPD und der IG Metall. Er wurde am 25. Januar 2007 wegen Untreue und Begünstigung zu einer hohen Geldstrafe verurteilt, weil er als VW-Manager dem früheren Betriebsratschef Klaus Volkert unter der Hand Sonderboni zukommem ließ.128 Zu den Arbeitsmarktreformen äußert er sich nicht mehr.
Leben
Peter Hartz wuchs als jüngster von drei Söhnen eines Hüttenarbeiters im saarländischen Niederwürzbach auf. Nach seiner mittleren Reife 1955 machte er eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Th. Jansen-Armaturen GmbH in St. Ingbert. Nach dem Wehrdienst (heute ist er Hauptmann d.R.) und seinem Zweiten Bildungsweg folgte 1965 ein dreijähriges Studium der Betriebswirtschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW) in Saarbrücken. Er schloss das Studium als Diplom- Betriebswirt (FH) ab. Peter Hartz lebt heute noch im Saarland, ist verheiratet und hat einen Sohn.
Hartz ist Stifter und Kuratoriumsmitglied der SHS-Foundation, einer Stiftung mit dem Ziel, alle Saarländer rund um die Welt zu vernetzen. Sein Bruder Kurt Hartz (* 1935) war von 1980 bis 1999 Abgeordneter im saarländischen Landtag für die SPD. Sein zweiter Bruder Rudi Hartz ist mittelständischer Unternehmer und war von 1983 bis 1999 Manager beim Handballverein TV Niederwürzbach.
Von der Universität Trier erhielt Hartz 1994 die Ehrendoktorwürde. 2004 wurde ihm vom saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller der Titel Professor h.c. verliehen.
2002 wurde Peter Hartz mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet. Dieses hat er, wie sein Anwalt berichtete, Ende August 2007 nach vorheriger Abstimmung mit dem Bundespräsidialamt freiwillig zurückgegeben und seinen Verzicht erklärt.129


128http://www.stern.de/wirtschaft/news/unternehmen/kommentar-zum-hartz-urteil-gnadeund-
recht-581194.html
129http://www.sueddeutsche.de/politik/bundesverdienstkreuz-peter-hartz-gibtbundesverdienstkreuz-
zurueck-1.232706
Hartz führte mehrere saarländische, aber auch internationale Unternehmen. Er war Personalchef der Dillinger Hütte. Parallel initiierte er gemeinnützige Projekte und sicherte so Beschäftigten den Arbeitsplatz bzw. sorgte er für einen sozialverträglichen Personalabbau in der Stahlindustrie. So gilt er auch als Initiator der deutschen Stahlstiftung.
Ab 1993 war Hartz Personalvorstand bei der Volkswagen AG in Wolfsburg. Hier erarbeitete er Projekte wie die Vier-Tage-Woche oder 5000 × 5000. Das Projekt 5000 × 5000 bedeutete, dass Volkswagen 5000 neue Arbeitnehmer einstellte, die allerdings nicht nach dem geltenden Haustarifvertrag bezahlt wurden, sondern brutto jeweils 5000 DM pro Monat verdienten.
Karriere
Zu größerer Bekanntheit kam Hartz Anfang 2002, als er von der Bundesregierung mit der Entwicklung von Reformen am Arbeitsmarkt beauftragt wurde. Dies tat er zusammen mit der nach ihm benannten Hartz- Kommission, die unter seiner Leitung das ebenfalls nach ihm benannte Hartz- Konzept erarbeitet hat. Einige der von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen wurden allerdings nicht umgesetzt
Vom VW-Aufsichtsrat wurde er 2003 im Vorstand mit der koordinierenden Zuständigkeit für Südamerika und Südafrika betraut.130
Seit März 2010 ist er Leiter des von ihm initiierten Projektes Minipreneure.131
Er gilt als Freund des früheren Škoda-Managers Helmuth Schuster, gegen den seit Juli 2005 wegen Untreue und Betrugs im Rahmen der VWKorruptionsaffäre ermittelt wurde. Am 8. Juli 2005 bot er seinen Rücktritt an, nachdem in der Presse immer wieder über eine Mitwisserschaft Hartz‘ spekuliert worden war. Am 13. Juli 2005 empfahl das vierköpfige Präsidium des VW-Aufsichtsrates einstimmig, das Rücktrittsangebot von Peter Hartz als Personalvorstand anzunehmen. Hartz wurde jedoch keine Abfindung gewährt. Seit seinem Ausscheiden aus dem Vorstand bezieht er eine altersbedingte Rente. Dem Präsidium gehörten zu diesem Zeitpunkt der Vorsitzende des Aufsichtsrates Ferdinand Piëch, der ehemalige Ministerpräsident des Landes Niedersachsen Christian Wulff, der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Metall Jürgen Peters sowie der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates der Volkswagen AG Bernd Osterloh an.
Veruntreuung von Firmengeldern
Am 7. Oktober 2005 gab die Staatsanwaltschaft Braunschweig an, ein Ermittlungsverfahren gegen Hartz wegen Verdachts der Untreue einzuleiten


130fazfinance.net Berichterstattung vom 30. Juni 2003 (abgerufen am 23. Januar 2010)
131Interview zum Projekt Minipreneure, Süddeutsche Zeitung, 14. April 2010 (abgerufen am
30. März 2012)

Am 9. Oktober 2006 soll Peter Hartz gegenüber der Braunschweiger Oberstaatsanwältin Hildegard Wolff zugegeben haben, dass er ein Jahrzehnt lang den einstigen Betriebsratsvorsitzenden Klaus Volkert „begünstigt“ hat. Angeblich ohne Wissen des damaligen Vorstandschefs Ferdinand Piëch und anderer Top-Manager des VW-Konzerns zahlte Hartz an Volkert zwischen 1995 und 2005 Jahr für Jahr einen „Sonderbonus“ von 200.000 Euro – insgesamt somit zwei Millionen Euro. Zu dem System der Vergünstigungen soll auch gehört haben, dass Hartz der brasilianischen Geliebten von Volkert, Adriana Barros, ein Zusatzeinkommen verschaffte. Lange Zeit soll sie 7.600 Euro pro Monat erhalten haben – insgesamt 399.000 Euro.
Am 15. November 2006 wurde bekannt, dass gegen Peter Hartz in Braunschweig ein Strafverfahren wegen Untreue als VW-Vorstand in 44 Fällen eröffnet wurde. Ihm drohte für jede dieser 44 Taten eine Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren und damit als Gesamtstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren.
Am 17. Januar 2007 gestand Hartz in der auf lediglich zwei Verhandlungstage angesetzten Gerichtsverhandlung alle 44 Klagepunkte ein. Der Gesamtschaden dieser Schmiergeld-Affäre beträgt 2,6 Millionen Euro, wovon Hartz fast zwei Millionen Euro an den damaligen Chef des Betriebsrats Klaus Volkert gezahlt hatte. Das Landgericht Braunschweig folgte dem Antrag von Staatsanwaltschaft und Verteidiger und verhängte am 25. Januar 2007 wegen Untreue und Begünstigung des VW-Betriebsratschefs eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen a 1600 € (insgesamt also 576.000 €). Er gilt damit als vorbestraft. Im Rahmen der Strafzumessung wurde das volle Geständnis strafmildernd berücksichtigt. Auf die Vernehmung einer Reihe von Zeugen konnte, aufgrund des vollumfänglichen Geständnisses, verzichtet werden.
Dieser „kurze“ Prozess wurde in Zeitungskommentaren kritisiert. Nach der Sächsischen Zeitung vom 18. Januar 2007 sei es „instinktlos, ‚Urteilsabsprachen‘ schon bei Prozessbeginn zu treffen“. Schon das Wort zeuge von mangelndem Gefühl für die gesellschaftliche Bedeutung dieses Prozesses
Unklar ist noch, ob Volkswagen die 2,6 Millionen Euro zurückfordern wird.
Als Autor
•Jeder Arbeitsplatz hat ein Gesicht. Campus-Verlag, Frankfurt/Main 1994, ISBN 3-89843-071-5.
•Das atmende Unternehmen. Campus-Verlag, Frankfurt/Main 1996, ISBN 3-593-35542-6.
•Job-Revolution. Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt/Main 2001, ISBN 3-593-35110-2.
Literatur
•Macht und Ohnmacht: Ein Gespräch mit Inge Klöpfer. Hoffmann und Campe: Hamburg 2007. ISBN 978-3-455-50028-8
Filme
•Auf der Suche nach Peter Hartz, Dokumentation, Deutschland 2011 (von Lutz Hachmeister, produziert von ECO Media TV in Zusammenarbeit mit HMR Produktion im Auftrag des SWR, WDR und 3sat)132
Weblinks
•Literatur von und über Peter Hartz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
•Stern: VW-Affäre – Staatsanwalt ermittelt gegen Hartz. 7. Oktober 2005.
•Süddeutsche Zeitung: Polizei durchsucht VW-Büro von Hartz. 7. Oktober 2005.
•Ulrich Enzensberger: Genosse Mustermann; in: Der Freitag, 14. Mai 2009.
•Frigga Haug: „Schaffen wir einen neuen Menschentyp.“ Von Henry Ford zu Peter Hartz. (PDF; 137 kB); in: Das Argument 252, 2003.
•Hartz I. Reportage von Julia Friedrichs über Peter Hartz. In: Die Zeit. 41/2011. 6. Oktober 2011.
Einzelnachweise
Normdaten (Person): GND: 132964511 | LCCN: n95049194 | VIAF: 8562288 |
Arbeitsmarktpolitik
Arbeitsmarktpolitik ist ein Teilbereich der Arbeitspolitik und umfasst alle Maßnahmen der öffentlichen Hand, die eine regulierende Funktion auf das Zusammenspiel von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage in einer Volkswirtschaft haben. Der Einsatz von arbeitsmarktpolitischen Instrumenten resultiert aus der politischen Auffassung, dass ein freier bzw. unregulierter Arbeitsmarkt Phänomene zeitigt, die gesellschaftlich nicht wünschenswert sind. Arbeitsmarktpolitik kann insofern sowohl explizit Gegenstand einer politischen Programmatik, wie etwa in einer sozialen Marktwirtschaft sein oder auch implizit aus pragmatischem Handeln in liberalen Wirtschaftssystemen resultieren.


132HMR-Produktion: Auf der Suche nach Peter Hartz
Formen der Arbeitsmarktpolitik
Grundsätzlich lässt sich Arbeitsmarktpolitik in „passive“ und „aktive“ Arbeitsmarktpolitik unterteilen. Während passive Arbeitsmarktpolitik primär darauf ausgerichtet ist, die materiellen Schäden bei den von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen und ihren Angehörigen für eine gewisse Zeitdauer abzumildern, zielt die aktive Arbeitsmarktpolitik darauf ab, arbeitslosen Personen insbesondere nicht-materielle Unterstützung zur (Wieder-) Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu geben. Darüber hinaus wird von „proaktiver“ Arbeitsmarktpolitik gesprochen, wenn von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer bereits im Vorfeld von Arbeitslosigkeit Unterstützungsleistungen zur Abwendung von Arbeitslosigkeit erhalten.
Rechtliche Grundlagen, Institutionen und Akteure der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland
Für Deutschland definiert § 3 Abs. 3 SGB III die aktive Arbeitsförderung als alle Leistungen der Arbeitsförderung mit Ausnahme von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II bei Arbeitslosigkeit, Teilarbeitslosengeld und Insolvenzgeld. Dazu gehören alle Maßnahmen, die die Bundesagentur für Arbeit oder Gemeinden unternehmen, um Menschen wieder in Arbeit zu bringen wie z.B. Beratung und Vermittlung, Aktivierung und berufliche Eingliederung, Weiterbildungsmaßnahmen (FbW), etc.
Aktive Arbeitsmarktpolitik
Unter aktiver Arbeitsmarktpolitik versteht man alle sozialpolitischen Maßnahmen, die das Ziel haben, die Funktionsweise des Arbeitsmarktes zu verbessern und die reguläre Beschäftigung zu steigern.133 Prinzipiell kann Aktive Arbeitsmarktpolitik drei Ziele verfolgen:
1. Prophylaktische Maßnahmen zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit
2. Reduzierung der Arbeitslosigkeit
3. Sozialer Ausgleich


133Martin Kröger, Ulrich van Suntum: Mit aktiver Arbeitsmarktpolitik aus der Beschäftigungsmisere?, S. 9
Während bei 1. Maßnahmen gegen drohende Entlassungen (z.B. in Form von Kurzarbeit) und bei 2. die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze im Vordergrund steht, ist es bei 3. die Reintegration von „Problemgruppen“ wie Langzeitarbeitslosen und jungen bzw. alten Arbeitsuchenden. Die Ziele können, müssen aber nicht zusammenfallen. So kann eine Maßnahme auch dann einen sozialen Ausgleich erreichen, wenn Arbeitslosigkeit lediglich anders verteilt wird, Verdrängungseffekte also in Kauf genommen werden. Teilhabe am gesellschaftlichen Arbeitsprozess ist Teil der grundgesetzlichen Menschenwürde. Insoweit kann das Problem Arbeitslosigkeit nicht allein dem Markt überlassen werden, noch ist es als unveränderliches Schicksal hinzunehmen.
Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik
Zur (Wieder-)Eingliederung von Arbeitslosen in den Arbeitsprozess (insb. Eingliederung von Problemgruppen) gibt es folgende Instrumente:
•Beratung und Vermittlung
•Aktivierung und berufliche Eingliederung
•Unterstützung bei Berufswahl und Berufsausbildung
•Berufliche Weiterbildung
•Förderung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
Leistungen zum Verbleib in Beschäftigung
•Forderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben
Geschichte der aktiven Arbeitsmarktpolitik
Der Einsatz von Arbeitskräften durch den Staat zur Abwendung sozialer Unruhen ist ähnlich alt wie das Problem der Arbeitslosigkeit selbst. Im großen Stil wurde Aktive Arbeitsmarktpolitik im 20. Jahrhundert eingesetzt. Insbesondere nach der großen Weltwirtschaftskrise in den 1920er Jahren wurde versucht, der Arbeitslosigkeit durch großangelegte ABM-Projekte entgegenzusteuern. So wurden im Rahmen des New Deal in den USA zahlreiche Staudämme und Straßen errichtet.
Auch in Deutschland und Österreich startete die Regierung mehrere ABM. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurden in Deutschland nahezu flächendeckend große Projekte zur Arbeitsbeschaffung gestartet, beispielsweise der ersten (ebenfalls bereits während der Weimarer Republik geplanten) Autobahnen. Dabei war der Einsatz von Maschinen anfangs verboten, um möglichst viel Personal beschäftigen zu können. Viele Betroffene beschreiben die Situation auf den Baustellen aber als schlecht mit langen Arbeitszeiten und einem Lohn auf Sozialhilfe-Niveau.
Aktive Arbeitsmarktpolitik seit den 1960er Jahren
In dem Maße, wie sich die Arbeitslosigkeit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend verfestigte, versuchten insbesondere die europäischen Regierungen, Arbeitslose in staatlich subventionierten Beschäftigungsprogrammen (sog. Zweiter Arbeitsmarkt) unterzubringen; in Deutschland vor allem in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Ziel dieser Programme war es in erster Linie, insbesondere Langzeitarbeitslose wieder ins Erwerbsleben zurückzuführen (z. B. an einen Achtstundentag zu gewöhnen), ihnen zu vermitteln, dass sie eine sinnvolle Arbeit ausführen und ihnen auch Qualifikationen zu vermitteln.
Letzteres haben auch Qualifizierungsmaßnahmen zum Ziel. Allerdings wurden diese Maßnahmen, vor allem in den neuen Bundesländern, häufig zu einer reinen Beschäftigungstherapie, während die Chancen der Arbeitslosen kaum verbessert wurden.
Strategiewechsel im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik
Aufgrund dieser Erfahrungen versucht die Politik heute, Arbeitslosigkeit dadurch zu bekämpfen, dass sie zum einen Rigiditäten auf dem Arbeitsmarkt abbaut, zum anderen durch eine Wachstumspolitik das Entstehen neuer Arbeitsplätze fördert, und drittens Arbeitslose stärker in die Pflicht nimmt, sich um Arbeit zu bemühen (Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung).
Aktive Arbeitsmarktpolitik gilt daher heute in erster Linie nur noch für die Integration besonderer Personenkreise als wichtig. Beispielsweise bei der Weiterbildung von Arbeitslosen ohne oder mit wenig gefragter Qualifikation oder bei Langzeitarbeitslosen und Älteren. Dort sollen vor allem Lohnkostenzuschüsse eine Integration möglich machen. Ein bekanntes Beispiel ist das Hamburger Modell zu Integration von Langzeitarbeitslosen
Ältere Arbeitslose, die es auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer haben, werden je nach Alter unterschiedlich behandelt. Wenn sie ein Alter von 60 Jahren erreicht haben und noch Arbeitslosengeld 2 empfangen, müssen sie zukünftig in Rente gehen, da die Rente als Einkommen zählt und Vorrang hat. Sie erhalten dann weder Qualifizierungsmaßnahmen noch Unterstützung bei der Arbeitssuche. Für Empfänger von Arbeitslosengeld 1 werden zur Zeit Veränderungen geplant, die im Notfall einen längeren Bezug von Arbeitslosengeld 1 und zugleich eine längere Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme schaffen sollen und damit die soziale Sicherheit erhöht. CDU und SPD haben dafür leicht unterschiedliche Modelle.
Nachdem am 1. Januar 2004 in § 1 Abs. 3 SGB III die Möglichkeit geschaffen wurde, dass Bundesregierung und Bundesagentur für Arbeit nunmehr beschäftigungspolitische Zielvereinbarungen treffen können, führte dies zu einer Reduzierung des an eine staatliche Arbeitsmarktpolitik zu richtenden Anspruchs. So wurden Ansprüche im Bereich der aktiven Arbeitsförderung in Ermessensleistungen umgewandelt, der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe wurde zum 31. Dezember 2004 gestrichen.134
Passive Arbeitsmarktpolitik
Die „passive“ Arbeitsmarktpolitik regelt die kompensatorischen Leistungen für Einkommensausfälle infolge von Arbeitslosigkeit. Die „aktive“ Arbeitsmarktpolitik die – nach sozialen Gruppen, Regionen, Betrieben oder Industrien differenzierten – Maßnahmen zur Beeinflussung der Beziehungen zwischen dem Angebot und der Nachfrage auf und zwischen über- und innerbetrieblichen Arbeitsmärkten. Arbeitsmarktpolitik im weiteren Sinn ist darauf ausgerichtet, das Arbeitskräfteangebot und die Arbeitskraftnachfrage sowie die Beziehungen zwischen beiden Größen gesamtwirtschaftlich zu steuern, also ohne gezielte Differenzierung z.B. nach Betrieb, Industriezweig oder Region.
Instrumente der passiven Arbeitsmarktpolitik
•Lohnersatzleistungen bei kurz- und mittelfristiger Arbeitslosigkeit (in Deutschland Arbeitslosengeld)
•Hilfe zum Lebensunterhalt bei Langzeitarbeitslosigkeit oder fehlendem Anspruch auf Lohnersatzleistungen (in Deutschland Arbeitslosengeld II)
•Insolvenzgeld als Lohnersatzleistung bei Entgeltausfall durch Insolvenz des Arbeitgebers
Zahlung von Kurzarbeitergeld als Lohnersatzleistung für den Einkommensausfall bei vom Arbeitgeber angeordneter, vorübergehender Verringerung der Arbeitszeit (z.B. bei schlechter Auftragslage)
Schweiz: mäßige Regulierung
Neben einigen sozialpolitisch motivierten Maßnahmen wird in der Schweizer Arbeitsmarktpolitik traditionell ebenso viel Wert auf flexible Regelungen gelegt. Beispielsweise bestehen vergleichsweise zu Deutschland geringe Kündigungsschutz-Schranken.
Siehe auch
•Öffentlich geförderter Beschäftigungssektor (ÖBS)


134Sozialrecht, von Raimund Waltermann, 7. Auflage 2008, S.189f, 194
Quellen
•Gerhard Bäcker u.a.: Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland – Band 1: Grundlagen, Arbeit, Einkommen und Finanzierung, 4. Aufl., VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008
•Matthias Knuth, Achim Vanselow: Über den Sozialplan hinaus – Neue Beschäftigungsperspektiven bei Personalabbau. Expertise des Instituts Arbeit und Technik. Berlin: Schriftenreihe der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen, Band 17, 1995
•Hans-Walter Schmuhl: Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsverwaltung in Deutschland 1871-2002 – Zwischen Fürsorge, Hoheit und Markt. Nürnberg 2003: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (BeitrAB 270)
•Martin Kröger, Ulrich van Suntum: Mit aktiver Arbeitsmarktpolitik aus der Beschäftigungsmisere?, Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh 1999
Weblinks
•Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB, Nürnberg
1. Arbeitsmarktpolitisches Informationssystem des IAB mit Chronik, Pressemeldungen und Linksammlungen
2. IABInfoPool zum Thema „Evaluation der Arbeitsmarktpolitik“ mit Veröffentlichungen, Forschungsprojekten, Institutionen und weiter führenden Links
•Institut Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen (UDE)
•Datensammlung (aktuelle Info-Grafiken) zur Arbeitsmarktpolitik
•Artikel über Arbeitsmarktpolitik in Dänemark: Christine Kunzmann: Vom
Ausland lernen – Vorbild Dänemark?
•Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik auf dem Informationsportal zur politischen Bildung
•Bundeszentrale für politische Bildung: Dossier Arbeitsmarktpolitik
•Arbeitsmarkt/Arbeitsmarktpolitik im Politiklexikon für junge Leute
(Österreich)