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Die gesetzlichen Ordnungsregeln der Buchführung

Die Ordnungsmäßigkeit der Bücher ) ist in buchtechnischer Beziehung zunächst an die hierfür gesetzlich bestehenden, so¬dann an die allgemeinen Grundsätze gebunden, nach denen schriftliche Darstellungen, insbesondere solche von einem ge¬wissen dokumentären Wert, in die Erscheinung zu treten pflegen. Die in dieser Beziehung gesetzlich vorgeschriebenen Grund¬sätze sind ganz allgemeiner Natur und bezwecken, da die Handelsbücher Urkunden im Sinne des Reichsstrafgesetz¬buchs sind, für deren Qualität wenigstens allgemeine Merkmale festzusetzen2). Inwieweit Zuwiderhandlungen den Wert der Bücher als Beweismittel zu schmälern oder ganz aufzuheben 
geeignet sind, ist nur im Einzelfalle zu beurteilen. Das Gesetz (§ 43 H.-G.-B.) stellt an die kaufmännische Buchführung folgende Anforderungen:
„Bei der Führung der Handelsbücher und bei den sonst er-forderlichen Aufzeichnungen hat sich der Kaufmann einer leben¬den Sprache und der Schriftzeichen einer solchen zu bedienen.
Die Bücher sollen gebunden und Blatt für Blatt oder Seite für Seite mit fortlaufenden Zahlen versehen sein.
An Stellen, die der Regel nach zu beschreiben sind, dürfen keine leeren Zwischenräume gelassen werden. Der ursprüng¬liche Inhalt einer Eintragung darf nicht mittels Durchstreichens oder auf andere Weise unleserlich gemacht, es darf nicht radiert, auch dürfen solche Veränderungen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiß läßt, ob sie bei der ursprünglichen Eintragung oder erst später gemacht worden sind.“
Die Vorschrift, die Bücher in einer lebenden Sprache, auch wenn diese in keinem deutschen Landesteil Volkssprache ist, und in den Schriftzeichen einer solchen führen zu dürfen, ist erlassen, um die Niederlassung ausländischer Kaufleute in Deutschland zu erleichtern1). Von den lebenden Sprachen aus¬geschlossen ist die lateinische und hebräische Sprache1), und wenn besonders die letztere in manchen Ländern, so in Galizien und im Orient, auch noch da und dort gesprochen wird und auch die Schriftzeichen dieser Sprache noch in jenen Gegenden verschiedentlich in Anwendung sind, so ist damit doch noch lange nicht der Fall einer lebenden Sprache gegeben8).
In Stenographie die Bucheinträge auszuführen, ist ver¬boten, weil es sich bei dieser um keine lebende Sprache und C um keine Schriftzeichen einer solchen handelt. Die Steno¬graphie besteht außerdem nur aus Schriftzeichen; und Schrift- ) Zeichen, hinter denen keine lebende Sprache steht, sind unstatt- , haft Auch aus Zweckmäßigkeitsgründen wäre die Stenographie, so sehr diese auch sonst, besonders in der Korrespondenz, am Platze ist, in der Buchführung zu verwerfen. Denn in größeren Betrieben werden die Bücher bald von diesen, bald von jenen
9 Protokolle S. 48; Mot. z. preufi. Entw. S. 22; Makower S. 83.
s) Düringer S. 161.
,    •) VergL Schindler in der Allgem. Osten*. Gerichtsztg. XIV, Nr. 44. 
Beamten eingesehen, benutzt und die Einträge weiter verar¬beitet Wie soll das aber geschehen, wenn alles stenographiert ist? Und man kann doch füglich nicht verlangen, daß das ge¬samte Bureaupersonal eines Betriebes stenographisch geschult sein soll. Sodann müßte jedesmal, wenn es auf den Beweis durch Handelsbücher ankäme, dieser Beweis erst durch Zu¬ziehung stenographisch gebildeter Sachverständiger möglich gemacht werden1).
Die Forderung gebundener und sodann seitenweise num¬merierter oder blattweise foliierter Bücher*) soll gewährleisten, daß die Schriftstücke nicht nachträglich durch wahrheitswidrige ersetzt werden ). Aus einem gleichen Gesichtspunkte ist in Frankreich (Art io c. c.) die Paraphierung des Journals und des Inventarbuches, und in Ungarn (Art 25 H.-G.-B. v. 16. Mai 1875) eine Schnur vorgeschrieben, mit der die Bücher         ) durchzogen sein müssen. Alle diese Maßregeln haben als Schutzmittel nur nebensächlichen Wert, weil sie, wie die Erfahrung lehrt, gegen Missetaten nicht zu schützen vermögen. Dahingegen bilden sie ein wesentliches Merkmal für die Ordnungsmäßigkeit der Bücher. Aus diesem Grunde sind denn auch lose Bogen oder Zettel, in welche Buchungen eingetragen sind, ebenso wie die sog. fliegenden Konti der Buchhändler, auch wenn diese Mate¬rialien gesammelt werden, keine Handelsbücher8).
Zur Ordnungsmäßigkeit einer Buchführung gehört, daß die Eintragungen fortlaufend, d. h. nach der Zeitfolge und, soweit tunlich, sofort, nachdem die einzutragenden Tatsachen einge¬treten sind, vorgenommen werden   ). Leere Zwischenräume, wie solche beim Transportieren oder Abschließen (Saldieren) der Konti dann vorkommen, wenn die eine Seite mit Buchungen gefüllt ist und die andere nicht, müssen durchstrichen werden, was gewöhnlich mittels schräg durch die Seite gehender Linien 
geschieht Der Zweck auch dieser Anordnung ist ein Schutz¬mittel oder soll doch ein solches sein. Und zwar soll damit verhütet werden, daß nachträglich in solche Zwischenräume Einträge gemacht werden.
Rasuren sind überhaupt vom Gesetz nicht gestattet, wenn schon dieselben eigentlich nur dann Bedenken an sich tragen, wenn sie sich an Zahlen oder an sonstigen, wesentlichen Be¬standteilen einer Buchung befinden. Es gibt aber Rasuren, die an ganz unwesentlichen Stellen ausgeführt werden und folglich durchaus harmloser Natur sind. Diese dürften wohl kaum geeignet sein, etwas von dem Beweiswert der sonst ord¬nungsmäßig geführten Bücher zu nehmen.
Sind Buchungen zu Unrecht in ein Buch gekommen, so muß die Berichtigung in der gesetzlich zulässigen Form ge¬schehen. Die Berichtigung kann unmittelbar oder durch Storno- posten vorgenommen werden.
a)    Erlaubte und unerlaubte Berichtigungen. Er¬laubt ist eine Berichtigung, wenn aus ihr klar hervorgeht, daß es sich um die Richtigstellung eines begangenen Irrtums oder eines einfachen Schreibfehlers handelt Diese Ersichtlichmachung ist nur möglich, wenn das irrtümlich Hingeschriebene so durch¬gestrichen wird, daß dasselbe durch die Durchstreichung nicht unleserlich wird. Die unmittelbare Berichtigung, d. h. die Durch¬streichung der irrtümlichen Eintragung geschieht gewöhnlich nur in Büchern, die nicht kontomäßig angelegt und geführt sind, während Irrtümer in den Konti durch sog. Stornoposten (siehe unten) berichtigt zu werden pflegen.
Unerlaubt ist eine Berichtigung, wenn infolge der Vor¬nahme derselben nicht mehr erkennbar ist, was vor der Be¬richtigung dastand. Solche Berichtigungen sind dann auch geeignet, die Ordnungsmäßigkeit der Bücher zu beeinträchtigen und unter Umständen den Beweiswert der Bücher aufzuheben, eventuell, d. h. im Konkursfalle, Strafen nach sich zu ziehen.
b)    Stornoposten. Unter „Stornoposten“1) versteht man „Gegenposten“, das sind Posten, die eine irrtümlich erfolgte Buchung ungültig machen oder aufheben. Die Aufhebung des
s)    Aus dem ital. atomare = wörtlich: zum Weichen bringen, merkant. stornare partite — unrichtige Posten stornieren oder gegenbuchen. 
Irrtums geschieht, indem der irrtümlich belastete Betrag auf die entgegengesetzte Seite eingetragen, also umgekehrt gfe- bucht de h. gutgeschrieben, und der irrtümlich gutgeschriebene Betrag belastet wird. Hierbei ist anzugeben, daß es sich um die Beseitigung eines Irrtums handelt, z. B. „Storno des Postens vom 18. d. Mts.“. Ist der Irrtum durch den Stomoposten oder die Gegenbuchung beseitigt, so wird hierauf richtig gebucht.
Erlaubt ist eine Gegenbuchung, wenn durch sie nur die Richtigstellung einer Veränderung der Kapitalsform oder eines Schuldverhältnisses buchmäßig zum Ausdruck gebracht wird. Ebenso gibt der mit dem Betrieb zusammenhängende Ver¬schleiß an Waren, Maschinen, Mobilien usw. Anlaß zu richtig’“ stellenden Gegenbuchungen des Buchbestandes gegenüber der Wirklichkeit Unerlaubt ist die Gegenbuchung, wenn mit ihrer Hilfe „scheinbar“ derselbe Zweck erreicht, in Wirklich¬keit aber nur das Betriebsergebnis willkürlich beeinflußt werden soll. Wenn Buchungen vorgenommen werden, um den Status zu verschlechtern oder zu verbessern, oder auf den Bestands¬konti unter dem Titel von „Berichtigungen“ Summen gebucht werden, die nur auf einer Fiktion beruhen, so sind das uner¬laubte Gegenbuchungen, dazu geeignet, die Bilanz, welche die Wahrheit sagen soll, schönfärberisch oder pessimistisch zu be¬einflussen. Der Effekt solcher unerlaubten Gegenposten kann sein, daß im Einzelbetrieb und bei der offenen Handelsgesell-schaft ein zu hoher Gewinn dem Kapitalkonto zugeschrieben wird und daß bei der Aktiengesellschaft eine zu hohe Divi¬dende, also kein Gewinn, sondern Aktienkapital zur Verteilung- kommt