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Der Nutzen der Bücherrevision

Die Bücherrevision bringt zwar keinen Gewinn in klingender Münze, wirkt nicht werterzeugend und vermehrt nicht die Um¬sätze. Aber der mittelbare Nutzen ist ein großer, die wirt¬schaftliche Bedeutung eine eminente, denn die Umsätze allein sind es nicht, die Gewinne bringen, sondern es gibt der Fälle genug, wo durch die Umsätze Verluste entstehen. Damit die Umsätze Gewinn bringen, ist es notwendig, daß das Räderwerk des Betriebs richtig ineinandergreift, daß die Ware richtig auskal- * kuliert wird, daß die Belastungsbuchungen richtig vor sich io
gehen und daß die nötige Vorsicht bei Einräumung von Kre¬diten obwaltet Das kaufmännische Leben im aktiengesellschaft- Jichen Betrieb hat sich in den letzten Jahren so sehr verändert so sehr sich aus kleinen Verhältnissen zu gewaltigen Betriebs¬formen emporgearbeitet daß es den leitenden Organen kaum noch möglich ist sich der innerdienstlichen Entwicklung in ge¬nügendem Maße zu widmen. Hier setzt die Tätigkeit des Re¬visors ein, deren Wert nicht .bloß auf dem Gebiete der Kon¬trolle, sondern vielmehr noch auf dem der sachverständigen Mitarbeit liegt    . .
Die bestehenden Einrichtungen im aktiengesellschaftlichen Rechnungs- und Buchführungswesen würden bei der schnellen Vorwärtsbewegung des Räderwerks im heutigen Wirtschafts¬betrieb versagen, wenn sie nicht ergänzt ausgebaut und ver¬vollkommnet werden würden. Hier mit ihrem sachverständigen Rate an die Hand zu gehen, ist neben der technischen und juristischen Revisionstätigkeit just die Aufgabe der Revisoren. Und diese Tätigkeit sollte so ganz unproduktiv sein? Wäre J sie das, so müßte auch die Arbeit des Betriebsleiters, der In- / genieure, des Personals und der Reisenden eine sterile oder^ doch keine gewinnbringende sein, denn auch die Leistungen 1 dieser Arbeitsfaktoren bringen keinen unmittelbaren Gewinn zustande. Was sie tun, ist nichts als eine mittelbare Förderung der Umsätze, mit denen aber, wie gesagt, nicht immer Gewinn verknüpft ist oder verknüpft sein muß.
Wer den Nutzen der Revision verkennt, der verkennt auch den Wert der Buchführung. Und leider muß es gesagt werden, daß in der Tat mehr, als man gemeiniglich glaubt, es Kauf¬leute, ja Geschäftsleiter gibt, die in der Buchführung etwas Lästiges, von dem Gesetz Aufgezwungenes, ein „papiernes Übel“ oder bestenfalls ein „Dekorationsstück“ erblicken. Die also denken, haben keine Ahnung von der wirtschaftlichen Erkennt¬nis, die die Buchführung ermöglicht und von den Gefahren, die das Fehlen einer genauen Verrechnung in sich trägt Sie haben kein Verständnis für den modernen Wirtschaftsbetrieb, ihnen sind die klaren Bahnen, die die Buchführung schafft, nicht sympatisch, oder sie haben keine Kenntnis von der Ver¬rechnungswissenschaft und eben darum kein Interesse für die Sache.    . 
Daß der produktive Wert der Buchführung ein eminenter ist, haben bereits die Griechen, besonders die Römer erkannt, die schon ein klar ausgebildetes Buchführungswesen kannten« Ihr Libellus, ihr Codex accepti et expensi und ihre Kalendarium¬buchführung waren logisch und buchtechnisch fein durchdachte und streng durchgeführte Einrichtungen1). Der berühmte ita¬lienische Professor Vincenz Gitti äußert sich in seinem am i. April 1884 zu Turin gehaltenen Vortrag über das Wesen und die Aufgabe der Buchführung wie folgt:
„ . . . . Die Buchhaltung spielt im Leben der Verwaltungen dieselbe Rolle, wie die Weltgeschichte im Leben der Völker. Diese entrollt uns ein Lebensbild der Nationen im Lauf der Jahrhunderte, und hierdurch wird die Vergangenheit unsere Lehrmeisterin für die Zukunft. Jene hingegen zeigt uns die geschäftlichen (wirtschaftlichen) Begebenheiten, die erzielten Erfolge und ihre Ursachen, sowie die Wege, die zum wirtschaft-lichen Erfolge führen . . . Mit andern Worten: die Buchführung ist der Spiegel der Vergangenheit, die Führerin für die Zu¬kunft, die Geschichte und Statistik des Unternehmens . . und es ist undenkbar, daß ohne sie ein Unternehmen für die Dauer auch nur bestehen, geschweige denn prosperieren kann."
Und daß zur Buchführung Geist, viel Geist gehört, bestätigt unser Altmeister Goethe in „Wilhelm Meisters Lehrjahre“, in¬dem er sagt: „Die doppelte Buchhaltung ist eine der schönsten Erfindungen des menschlichen Geistes, und jeder gute Haus¬halter. sollte sie in seiner Wirtschaft einführen.“
Was von der Buchführung, gilt auch von der Bücherrevision: sie stellt fest, ob die vom Buchhalter ermittelten Resultate formell und materiell richtig sind, ob der Buchhaltung etwa technische Mängel anhaften, und ob ihre Organisation eine solche ist, daß sie eine rasche und klare Übersicht gewähren kann. Laufend ausgeübt, wirkt sie sowohl im „detektiven“ wie im „vorbeugenden“ Sinne. Wie die Buchführung selbst, so hat übrigens auch die Revision ihre weit zurückliegende Vergangen¬heit, und in England muß schon frühzeitig eine solche Meinung von der Bedeutung der Buchführungsrevision bestanden haben,
//    *) Näheres hierüber bei R. Beigel, „Rechnungswesen und Buchführung der
// Römer“. Karlsruhe 1904.    .
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denn nach einer gesetzlichen Bestimmung aus dem Jahre 1285 konnten säumige und nachlässige Buchhalter auf Grund eines vom Revisor ausgestellten Zeugnisses ohne weiteres in Haft ge¬nommen und dem nächsten Bezirksgefängnis zugeführt werden ).
Aus diesen Gründen wohnt dem planmäßigen Zusammen¬wirken von Buchführung und Revision nicht bloß eine mate¬rielle, sondern zugleich auch eine hohe moralische Bedeutung bet