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GESETZ 38 DENKE, WAS DU WILLST, ABER VERHALTE DICH WIE DIE ANDEREN

WAS HEISST DAS?

Wenn Sie sich deutlich gegen den Strom der Zeit stellen und mit unkonventionellen Ideen und unorthodoxen Verhaltensweisen protzen, dann glauben die Menschen, dass Sie um Aufmerksamkeit buhlen - und dass Sie auf sie herabblicken. Sie werden Sie dafür bestrafen, dass sie sich Ihnen unterlegen fühlen. Es ist viel sicherer, sich den Anschein der Normalität zu geben. Offenbaren Sie Ihre Originalität nur gegenüber toleranten Freunden und Menschen, denen Ihre Einzigartigkeit mit Sicherheit willkommen ist.

Wir alle lügen und verbergen unsere wahren Gefühle, denn sich völlig unverstellt auszudrücken ist eine soziale Unmöglichkeit. Von klein auf lernen wir, unsere Gedanken zu verbergen, den Unsicheren und Heiklen zu erzählen, was sie hören wollen, und sorgfältig darauf zu achten, dass wir sie nicht beleidigen. Für die meisten von uns ist das ganz natürlich - es gibt Vorstellungen und Werte, die von der Mehrheit akzeptiert sind, und es hat keinen Zweck, dagegen zu argumentieren. Wir glauben, was wir wollen, doch nach außen hin tragen wir eine Maske.
Es gibt jedoch Menschen, die solche Zurückhaltung als unerträgliche Beeinträchtigung ihrer Freiheit betrachten und ständig das Bedürfnis haben, die Überlegenheit ihrer Überzeugungen und Werte beweisen zu müssen. Am Ende jedoch überzeugen ihre Argumente nur wenige und stoßen viel, viel mehr vor den Kopf. Der Grund, warum Argumente fruchtlos sind, liegt darin, dass die meisten Menschen an ihren Vorstellungen und Werten festhalten, ohne darüber nachzudenken. Ihren Überzeugungen haftet ein starkes emotionales Moment an: Sie haben einfach keine Lust, ihre eingefahrenen Denkbahnen umzugestalten, und wenn Sie sie dazu auffordern - sei es direkt mit Argumenten oder indirekt durch Ihr Verhalten -, dann reagieren sie feindselig.
DER EINHEIMISCHE UND DER REISENDE
»Schauen Sie sich um«, sagte der Einheimische. »Dies ist der größte Markt der Welt.« »Oh, bestimmt nicht«, sagte der Reisende. »Nun, vielleicht nicht der größte«, sagte der Einheimische, »aber gewiss der beste.« »Damit haben Sie ganz sicher Unrecht«, sagte der Reisende. »Ich kann Ihnen sagen...« Sie begruben den Fremden bei Anbruch der Nacht.
FABLES VON ROBERT LOUIS STEVENSON, 1850-1894
Kluge und weise Menschen lernen schon bald, dass sie ein konventionelles Verhalten zur Schau stellen und konventionelle Ideen im Munde führen können, ohne davon überzeugt zu sein. Sie ziehen Macht daraus, in der Masse aufzugehen, denn so werden sie in Ruhe gelassen und können die Gedanken verfolgen, die ihnen genehm sind und die sie nur denen gegenüber zum Ausdruck bringen, die sie hören sollen, ohne dass sie unter

Isolation oder Verfolgung leiden müssen. Wenn sie sich erst einmal eine Machtposition verschafft haben, können sie versuchen, einen größeren Kreis von der Richtigkeit ihrer Ideen zu überzeugen - vielleicht indem sie indirekt arbeiten.

Hätte Machiavell einen Prinzen als Schüler gehabt, er hätte ihm als erstes empfohlen, gegen ihn zu schreiben.

VOLTAIRE, 1694-1778

Verfallen Sie nicht dem Irrglauben, dass in unserer Zeit alte Orthodoxien nichts mehr gelten. Jonas Salk beispielsweise meinte, die Naturwissenschaften hätten Politik und Protokoll überwunden. Und so verstieß er bei seiner Suche nach einem Polio-Impfstoff gegen alle Regeln. Er ging mit einer Entdeckung an die Öffentlichkeit, ehe er sie in Wissenschaftlerkreisen vorgestellt hatte, er strich den Ruhm für den Impfstoff ein, ohne die Arbeit von Kollegen anzuerkennen, die ihm den Weg bereitet hatten, er machte sich zum Star. Die Öffentlichkeit liebte ihn dafür vielleicht, aber die Wissenschaftler gingen ihm aus dem Weg. Mit seiner Missachtung der wissenschaftlichen Gepflogenheiten isolierte er sich, und er verschwendete Jahre darauf, den Bruch wieder zu kitten, Forschungsgelder aufzutreiben und die Zusammenarbeit mit anderen wiederherzustellen.

Die Mächtigen hüten sich nicht nur vor den Fehlern eines Salk, sie lernen auch, den schlauen Fuchs zu spielen und sich den Anstrich des gemeinen Mannes zu geben. Seit vielen Jahrhunderten ist das die List von Politikern und Trickbetrügern gleichermaßen. Führungspersönlichkeiten wie Julius Cäsar oder Franklin D. Roosevelt konnten ihre angeborene aristokratische Haltung ablegen und eine gewisse Vertrautheit mit dem Mann auf der Straße herstellen. Diese Vertrautheit brachten sie in kleinen, oft symbolischen Gesten zum Ausdruck und zeigten den Menschen damit, dass ihre Führer trotz ihrer herausgehobenen gesellschaftlichen Stellung die gemeinsamen Werte aller teilten.

Die logische Ausweitung dieser Taktik ist die unschätzbare Fähigkeit, allen Menschen immer als das zu erscheinen, was sie sehen wollen. Wenn Sie sich in Gesellschaft begeben, dann lassen Sie Ihre eigenen Vorstellungen und Werte hinter sich, legen Sie die Maske an, die der Gruppe, in die Sie sich begeben, am angemessensten ist. Bismarck verfolgte diese Taktik über Jahre hinweg mit großem Erfolg - es gab zwar Menschen, die halbwegs durchschauten, was er vorhatte, aber nicht deutlich genug, dass es etwas ausgemacht hätte. Die meisten aber schlucken den Köder, weil es ihnen ein gutes Gefühl gibt, daran zu glauben, dass Sie ihre Vorstellungen teilen. Sie werden Sie nicht als Heuchler entlarven, wenn Sie vorsichtig zu Werke gehen - denn wie könnten sie Sie der Scheinheiligkeit anklagen, wenn Sie einfach nicht klar zu erkennen geben, wofür Sie einstehen? Und zugleich können sie Ihnen auch nicht vorwerfen, dass es Ihnen an Überzeugungen und Werten mangelt. Denn selbstverständlich haben Sie Überzeugungen und Werte - genau die, die Sie mit ihnen teilen, solange Sie in ihrer Gesellschaft sind.

Symbol: das schwarze Schaf. Die Herde hält sich vom schwarzen Schaf lieber fern, denn sie ist unsicher, ob es zu ihr gehört oder nicht. Also trottet es hinterher, oder es entfernt sich von der Herde, wo es dann von Wölfen in die Enge getrieben und prompt gefressen wird. Gehen Sie mit der Herde - die große Zahl bietet Schutz. Bewahren Sie sich Ihre Andersartigkeit im Kopf, aber demonstrieren Sie sie nicht als in der Wolle gefärbt.

Garant: Gebt das Heilige nicht den Hunden, und werft eure Perlen nicht den Schweinen vor, denn sie könnten sie mit ihren Füßen zertreten und sich umwenden und euch zerreißen. (Jesus Christus in Matthäus 7,6)