IV. Die Entstehungszeit der dtr Bundestheologie
Die vergleichende Forschung hat von Anfang an versucht, das Alter der Bundestheologie auch anhand der altorientalischen Parallelen zu bestimmen. Prominentester Vertreter aus jüngerer Zeit ist E. Otto, der seine These einer direkten Übertragung einzelner EST-Paragraphen in Dtn 13* und 28* als Neubegründung der de Wette'schen These versteht, nach der das Urdeuteronomium als Grundlage der in 2Kön 22f beschriebenen Joschijanischen Reform in die spätvorexilische Zeit zu datieren sei.[1] Dabei ersetzt Otto die inzwischen als dtr Programmtext bezüglich ihres Quellenwertes in Verruf geratene Joschija-Perikope[2] durch die external evidence des EST.[3] Da dieser ade-Text nach Otto ein Vertreter der zeitlich exakt eingrenzbaren Sondergattung des Loyalitätseides bei nicht regulärer Thronfolge sei,[4] sei er dazu geeignet, der alttestamentlichen Literaturgeschichte den vielfach gesuchten Archimedischen Punkt zurückzubringen, insofern Dtn 13* und 28* den Kern des Urdeuteronomiums bildeten. Doch einmal abgesehen davon, dass die These einer direkten Übertragung einzelner EST-Paragraphen in Dtn 13* und 28* m.E. nicht aufrecht zu erhalten ist, sind Datierungen aufgrund altorientalischer Parallelen prinzipiell problematisch, da die Vergleichstexte in aller Regel auch später eingewirkt haben können und folglich bloß für die Bestimmung eines terminus a quo geeignet erscheinen.[5] Dies gilt selbst dann, wenn die Treueidgattung mit Otto tatsächlich auf die neuassyrische Zeit beschränkt gewesen sein sollte.[6]
[HR=3][/HR]
[1] Vgl. insbesondere Otto, Archimedischer Punkt, 321, mit dem sprechenden Titel „Das Deuteronomium als Archimedischer Punkt der Pentateuchkritik. Auf dem Wege zu einer Neubegründung der De Wette'schen Hypothese".
[2] Vgl. zu 2Kön 22f u. S. 305-308.
[3] Vgl. Otto, Deuteronomium, 14: „Löst man sich von den Voraussetzungen der de Wette'schen Hypothese, so wird sie eindrücklich bestätigt." (im Original kursiv)
[4] Otto, Deuteronomium, 69: „Diese Datierung wird durch die bislang nicht ausreichend berücksichtigte Tatsache gestützt, dass die neuassyrische Gattung der Loyalitätseide ihre Funktion in der Sukzessionssicherung bei irregulärer Thronfolge hat und derartige Loyalitätseide in spätbabylonischer und persischer Zeit unbekannt sind."
[5] Kratz, Komposition, 137, gibt in diesem Zusammenhang zu Recht zu bedenken: „Ginge man nur nach den altorientalischen Parallelen, müsste man Ps 104, Spr 22,17-23,11 oder die Hiob- dichtung gegen Ende des 2. Jts. v. Chr. datieren."
[6] Vgl. die Kritik an der These einer zeitlich begrenzten Sondergattung „Nachfolgeeid" in der vorliegenden Arbeit S. 85-87.
Überzeugender ist es demgegenüber, die biblischen Texte zunächst nach textimmanenten Gesichtspunkten zu datieren. Im Hinblick auf Dtn 13 und 28 macht die literarische Analyse eine Datierung schon der Kapitelkerne in die Exilszeit wahrscheinlich. Ausschlaggebend für eine solche Verortung sind in erster Linie kompositionskritische Argumente: Dtn 13* beinhaltet drei Bestimmungen zum Umgang mit Menschen, die zum Dienst anderer Götter auffordern. Die singularische Grundschicht des Kapitels erweist sich durch ihre dtr Diktion sowie ihre deplatzierte Lage zwischen den Zentralisationsgeboten in Kap. 12.14-16 als Nachtrag zum ältesten Deuteronomium. Darüber hinaus setzt Dtn 13* das Erste Gebot im Wortlaut von Dtn 5,6f.9a voraus; das Erste Gebot wird aber gemeinhin einer exilisch-dtr Redaktion des Deuteronomiums zugerechnet. Weniger eindeutig liegen die Dinge bei Dtn 28, dem in mehreren Stufen gewachsenen Segen- und Fluch-Kapitel. Hier sprechen aber - neben Anspielungen auf das Exil - nicht zuletzt die Einleitungssätze in V. 1f*.15 sowie der Landnahmesatz in V. 21, die die dtr Fiktion einer am Vorabend der Landnahme ergangenen Verkündigung der deuteronomischen Gesetze erfordern, für eine entsprechende Datierung des Kapitels. Da die aufgeführten Argumente jedoch ein bestimmtes Bild von der Entstehung des Deuteronomiums als Voraussetzung haben, das sich zwar auf einen recht breiten Forschungskonsens stützen kann, aber gleichwohl hypothetisch bleibt, sollen im Folgenden zwei weitere Gründe beigebracht werden, die - unabhängig von der Deuteronomiumsexegese - die Datierung der Bundestheologie nach der Katastrophe von 587 auf ein festeres Fundament stellen. Das erste Argument, das ebenfalls redaktionsgeschichtlicher Natur ist, folgt aus der Beobachtung, dass das von L. Perlitt betonte „Bundesschweigen" der Prophetie des 8. Jh. streng genommen für die gesamte vorexilische Prophetie gilt. Gewichtiger, weil von redaktionsgeschichtlichen Prämissen unabhängig, ist aber ein zweites inhaltliches Argument, das sich aus einem Vergleich der dtr mit der „politischen"[1] Vertragskonzeption ergibt, wie sie in altorientalischen Quellen des 1. Jt. vorausgesetzt ist.
Das „Bundesschweigen" der vorexilischen Prophetie
Perlitt sicherte seine Spätdatierung der Bundestheologie in das 7. Jh. mit dem berühmten „Bundesschweigen" bei den Propheten des 8. Jh. ab. Weder Amos, Micha und Jesaja noch der Prophet Hosea kennen die Vorstellung, Jhwh habe mit seinem Volk einen „Bund" geschlossen. Die acht verstreuten Belege des Begriffs bryt in diesem Textbereich haben entweder zwischenmenschliche Verhältnisse im
[HR=3][/HR]
[1] Die im Folgenden gebrauchte Kennzeichnung des altorientalischen Vertragswesens mit dem adjektiv „politisch" ist eine mehr als gekünstelte Notlösung, die der altorientalischen Realität keinesfalls gerecht wird; denn auch die „politische" bzw. „profane" königliche Vereidigungspraxis ist nach altorientalischem Verständnis - wie die Person des Königs selbst - Teil des religiösen Symbolsystems und lässt sich deshalb nicht sicher vom eher „religiösen" Gebrauch vertragsrechtlicher Vorstellungen und Sprachformen im Deuteronomismus abgrenzen. Um diesen Bedenken Rechnung zu tragen, sollen die Adjektive „politisch" und „religiös" nachfolgend in Anführungszeichen gesetzt werden.
Blick (Am 1,9; Hos 6,7; 10,4; 12,2), sind nachträglich eingetragen (Hos 8,1) oder aber sachlich anders gelagert (Hos 2,20; Jes 28,15.18).[1] Die Beweiskraft dieses argumentum e silentio ist in der folgenden Forschung weitgehend anerkannt worden. Weniger Aufmerksamkeit hat ein nur wenige Jahre nach Perlitts „Bundestheologie" erschienener Aufsatz von W. Thiel erfahren, in dem er den hebräischen Terminus bryt „Bund" in den Prophetenbüchern untersucht. Thiel kommt zu dem Ergebnis, dass sich das „Bundesschweigen" bei den Propheten des 7. Jh. fortsetzt: „In den Büchern Zephanja, Nahum, Habakuk findet sich weder der Begriff berit noch sonst eine bundestheologische Assoziation."[2] Dabei sei noch einmal betont, dass es hier nicht allgemein um den Nachweis von dem altorientalischen Vertragsrecht entlehnten Vorstellungen oder Sprachformen geht, die in der Schriftprophetie von Anfang an zu finden sind,[3] sondern um die konkrete Vorstellung, Jhwh habe mit seinem Volk einen „Bund" geschlossen.
Besonders interessant sind Thiels Ergebnisse zum Jeremiabuch.[4] Abgesehen von den bryt-Belegen in Jer 34,8.10.18, die auf eine von Zidkija vollzogene eidliche Verpflichtung von Jerusalemer Bürgern zur Sklavenfreilassung zu beziehen sind, ist keiner der 24 bryt-Belege (3,16; 11,2.3.6.8.10; 14,21; 22,9; 31,31-33; 32,40; 33,20.21.25; 34,8.10.13.15.18; 50,5) Teil der vor- exilischen Jeremiaüberlieferung. Nach Thiel wird die Bundestheologie vielmehr erst „durch die dtr. Redaktion an die Botschaft Jeremias herangetragen", wobei „Probleme und Anliegen der Exilszeit leitend"[5] sind: „Es geht den Deuteronomisten um die theologische Deutung der Katastrophe und der heillosen Gegenwart."[6] Auch wenn Thiels pauschale Zuweisung der bundestheologischen Aussagen an die dtr Redaktion heute insofern zu präzisieren ist, als verschiedene Stellen nicht als dtr, sondern bereits als nach-dtr zu beurteilen sind,[7] soistdochseine grundsätzlicheThese, dass sichdas„Bundesschweigen" der Propheten bei Jeremia fortsetzt, weiterhin gültig.[8] Thiel kommt auch im Hinblick auf das Ezechielbuch zu dem ernüchternden Ergebnis, dass die Bundestheologie wenigstens im Grundbestand „keine Rolle" spielt,[9] und zwar unbeschadet der Tatsache, dass der Prophet in Kap. 17 Zidkijas Bruch des Vasallenvertrags mit Nebukadnezar scharf verurteilt, wobei er - altorientalischen Gepflogenheiten folgend - Jhwh als geschädigte und zu Sanktionen herausgeforderte Partei
[HR=3][/HR]
[1] Vgl. Perlitt, Bundestheologie, 129-155; vgl. dazu Thiel, Rede, 12f, mit der präzisierenden Einschätzung der Tier-bryt in Hos 2,20, die sicherlich nicht auf den Propheten des 8. Jh. zurückgeht.
[2] A.a.O., 13.
[3] Vgl. dazu S. 270f.
[4] Vgl. Thiel, Rede, 13-19.
[5] A.a.O., 18 (kursiv im Original).
[6] Ebd.
[7] Prominentestes Beispiel ist Jer 31,31-34; vgl. dazu Groß, Zukunft, 134-152.
[8] Vgl. zum deuterojeremianischen Charakter der Belege auch Stipp, Konkordanz, 30f.
[9] Thiel, Rede, 22.
betrachtet.[1] Interessant ist die Beobachtung, dass dort, wo in jüngeren Redaktionsschichten der Begriff bryt auftaucht, dieser ausweislich der Formel bryt 'wlm „ewiger Bund" wahrscheinlich schon vom priesterschriftlichen Strang der Bundestheologie beeinflusst ist, die den Bund im Unterschied zum dtr Konzept als reine Selbstverpflichtung Jhwhs versteht.[2] Nach Thiel liegt somit die „erste sichere Bezeugung bundestheologischer Aussagen in der prophetischen Verkündigung" bei Deuterojesaja vor.[3] Thiel, der grundsätzlich an der Entstehung der Bundestheologie im 7. Jh. festhält, erklärt sich das „Bundesschweigen" der Prophetie des 7. und beginnenden 6. Jh. damit, „dass sie noch relativ jung war und anderen, nichtprophetischen Wurzeln entstammte".[4] Wenn aber die „nichtprophetischen Wurzeln", mit denen Thiel wohl auf die dtn/dtr Literatur anspielt, selbst den Eindruck erwecken, frühestens exilischen Ursprungs zu sein, so fügt sich die in der Prophetie anscheinend erst spätexilisch entwickelte Vorliebe für die Bundestheologie gut in das vorgezeichnete Entstehungsbild. Natürlich kann das „Bundesschweigen" der vorexilischen Literatur nicht die Beweislast für eine exilische Datierung von Dtn 13* und 28* tragen; aber immerhin macht der Befund deutlich, dass eine vorexilische Bundestheologie im Deuteronomium auf weiter Flur allein stünde. Ist es aber wahrscheinlich, dass eine joschijazeitliche Bundestheologie im Deuteronomium erst spätexilisch in der Prophetie rezipiert worden ist?
Das Spezifikum der dtr Bundestheologie:
Der abwesende König
Kennzeichnend für die dtr Bundestheologie ist die Vorstellung, Jhwh habe mit seinem Volk „Israel" am Horeb einen Bund (bryt) geschlossen (Dtn 5,2). Gelegentlich wird in der Forschung die These vertreten, die Idee einer Bundesbeziehung zwischen Gott und Mensch sei ein Spezifikum der alttestamentlichen Bundestheologie, das diese von allen anderen im Alten Orient belegten Vertragskonzepten unterscheide.[5] Doch bei näherem Hinsehen ist das Exzeptionelle der dtr Bundestheologie nicht die Anwesenheit Jhwhs, sondern die Abwesenheit des judäischen Königs - ganz unabhängig davon, ob ein Juda auferlegter Vasallenvertrag oder ein judäischer Treueid als konzeptionelles Vorbild gedient hat.
Um diese These zu belegen, soll im Folgenden die Rolle der Götter und der Könige im „politischen" bzw. „profanen" altorientalischen Vertragsrecht näher beleuchtet werden. Welche Rolle spielten die Götter in der Welt der Verträge? Aus den Quellen geht zunächst eindeutig hervor, dass Götter als Zeugen des
[HR=3][/HR]
[1] Vgl. a.a.O., 19.
[2] Vgl. a.a.O., 20f. Zur Unterscheidung der beiden Bundeskonzepte vgl. Groß, Zukunft, 46.
[3] Thiel, Rede, 23.
[4] A.a.O., 26.
[5] Vertreter dieser These nennt Lewis, Identity, 405, Anm. 21.
Vertragsschlusses vorgesehen sind, weshalb Verträge in der Regel eine entsprechende Liste enthalten, die Götter möglichst beider Parteien aufführt, vor denen der Eid zu leisten ist. Vertragsschlüsse werden daher auch räumlich „vor" (aram. qdm/akk. ina pane)[1] den Göttern bzw. deren Bildern vollzogen. Sodann ergibt sich aus den Fluchformeln, dass Götter als Garanten der Vertragsinhalte galten, indem sie den Vertragsbrüchigen - mittels ihrer irdischen Stellvertreter - mit einer empfindlichen Strafe belegten. Abgesehen von dieser eher dienenden Doppelrolle der Götter als Zeugen und Garanten der Eide ist strittig, ob die Götter in den „politischen" Verträgen - wie im Alten Testament - auch als Vertragspartner in Erscheinung traten.[2]
[HR=3][/HR]
[1] Vgl. dazu S. 59.
Zevit, Inscription, 111f), das einen „ewigen Bund" (}lt (lm) zwischen verschiedenen Göttern und deren Verehrern bezeugt, so ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Schriftträger, der seine apotropäische Schutzfunktion wahrscheinlich an einer Tür eines Privathauses versah (vgl. Gibson, Textbook, 78), offenbar um ein Zeugnis der Volks- bzw. Privatfrömmigkeit handelt. Eine aussagekräftige Parallele zu den bundestheologischen Vorstellungen im Alten Testament ist damit eher nicht gewonnen (vgl. a.a.O., 79). Wenn Otto (Gottes Recht, 161) das Gipstäfelchen im Übrigen ohne weitere Begründung der assyrischen Tradition zuschlägt, so ordnet er den Text m.E. nicht hinreichend präzise ein. Neben dem assyrischen Reichsgott Assur, der an der Spitze der Götter genannt wird, werden mit der Erwähnung der Naturgottheiten „Himmel und Erde" sowie dem Gott Ba'al als „Herrn der Erde" auch westliche religiöse Vorstellungen greifbar, denen die spezifisch westliche Vertragsschlussformel krt (lh „einen Vertrag schneiden" an die Seite gestellt werden kann.
In der neuassyrischen Epoche, die allein Gegenstand der folgenden Überlegungen sein soll, haben die theologischen Implikationen der ade - Texte eine wesentliche Voraussetzung in der assyrischen Königsideologie, die ihrerseits auf die levantinischen Klientelkönigreiche ausgestrahlt haben dürfte, da sie in abgespeckter Form auch bei den Aramäerkönigen und den Königen Moabs, Edoms, Israels und Judas begegnet. Für den nachfolgenden Argumentationsgang seien deshalb einige Anmerkungen zur assyrischen Königsideologie vorausgeschickt.[1]
Grundlegend für die assyrische Königsideologie ist die Mittlerrolle des irdischen Königs, der die Aufgabe versah, „die Menschenwelt und die Götterwelt in Einklang zu bringen und zu halten".[2] Er war ebenso Repräsentant der Menschen vor den Göttern wie umgekehrt Statthalter der Götter vor den Menschen. Eine assyrische Formel, die das Verhältnis zwischen Reichsgott und irdischem König auf den Punkt bringt, lautet: „Der Gott Assur ist König, NN ist der Stellvertreter Assurs."[3] Aus der Statthalterschaft des irdischen Königs folgt als weiteres entscheidendes Merkmal der Königsideologie die Handlungseinheit zwischen König und Reichsgott: Gott und König agieren - insbesondere im Kriegsfall[4] - in einer Art „sozial-mythischem Parallelismus".[5] So machen terminologische Anspielungen in Königsinschriften deutlich, dass der assyrische Großkönig seine Feldzüge als „Reaktualisierung des mythischen Kampfes" der Götter begriff (vgl. z.B. die Formel abüb[an]is sapanu „wie eine Flut nieder- walzen").[6]
Die Königsideologie hat Folgen für die Vertragsvorstellung. Nach Ausweis der aus verschiedenen Gebieten und Epochen des Vorderen Orients überlieferten internen und externen Verträge waren Vereidigungen ein königliches Privileg: Der König war - in Vasallenverträgen und Treueiden - Vertragsherr oder - in paritätischen Verträgen - gleichberechtigter Vertragspartner.[7] Ist aber auf dem Hintergrund der Königsideologie der irdische König Repräsentant des Reichsgottes, so steht hinter dem König als Vertragsherrn letztlich immer auch der Reichsgott selbst.[8] Diese basale Vorstellung wird in den Vertragstexten selbst nur selten thematisiert; dennoch gibt es eine Reihe von Textbelegen, insbesondere in assyrischen Königsinschriften, die diesen Nachweis erbringen, weil
[HR=3][/HR]
[1] Vgl. zum assyrischen König Maul, König; vgl. auch Röllig, Königtum, 121-124.
[2] Maul, König, 70.
[3] Vgl. Cancik-Kirschbaum, Assyrer, 102.
[4] Vgl. dazu Maul, König, 74f.
[5] Der Ausdruck dient bei Theissen/Merz, Jesus, 472, der Beschreibung der frühjüdischapokalyptischen Völkerengelvorstellung. - Lohfink, Begriff, 50ff, spricht von einem „Entsprechungsdenken". Vgl. zur Vorstellung weiterhin Oded, War, 166-168.
[6] Maul, König, 74.
[7] Vgl. für das neuassyrische Korpus Radner, Vorbild, 358. Nicht zufällig bezeichnet der akkadische Terminus ade nie ein privates Abkommen (vgl. Watanabe, ade-Vereidigung, 24).
[8] Vgl. Maul, König, bes. 76f.
sie - dem Repräsentationsdenken entsprechend - den Reichsgott Assur dort nennen, wo an anderer Stelle promiscue der assyrische König steht, z.B. in der verbreiteten Formel ade sa sarri „Vertrag des Königs", die gelegentlich in Gestalt von ade sa Assur „Vertrag Assurs" erscheint.[1]
(1.) Eine Empörung gegen den assyrischen Großkönig kann dem Entsprechungsdenken gemäß als „Sünde" gegen die „ade Assurs" bezeichnet werden.[2]
(2.) Auch der Tribut, der die „materielle Form der Vertragserfüllung"[3] darstellt, gehört letztlich dem assyrischen Reichsgott. Eine häufig vorgebrachte Anklage gegenüber abhängigen Vasallenkönigen geht deshalb dahin, dass diese den Tribut für Assur (biltu maddattu ana Assur) verweigert hätten.[4]
(3.) Während neuassyrische Könige sich häufig rühmen, dem unterworfenen Herrscher ihr Joch auferlegt zu haben, kann das Vasallenverhältnis auch als „Joch Assurs" (nir Assur) bezeichnet werden.[5]
(4.) Dass der Reichsgott Assur es ist, der für den assyrischen König andere Länder unterjocht, geht z.B. aus einem Feldzugsbericht Assurbanipals hervor, in welchem dieser einem Araberscheich den Vorwurf macht, er habe sich gegen die mit ihm abgeschlossenen Verträge verfehlt und das Joch seiner Herrschaft abgeworfen, „das Assur ihm auferlegt hatte, so dass er mein Joch ziehen sollte".[6]
Auch im EST gibt es einige Indizien dafür, dass der Reichsgott Assur in Handlungseinheit mit dem assyrischen König der eigentliche Vertragsherr ist:
(1.) Die EST-Tafeln sind ausweislich der Überschrift mit Gottessiegeln gesiegelt
[HR=3][/HR]
[1] Bildlich konnte die Idee, dass hinter dem Großkönig als Vertragsherrn letztlich der assyrische Königsgott steht, umgesetzt werden, indem auf Stelen, die in unterworfenen Gebieten aufgestellt wurden, neben dem Bild des Königs auch die Symbole der großen Götter eingezeichnet waren. „Durch die Errichtung einer solchen Stele soll der Vasall gemahnt werden, dass der mit dem Gott Assur in Person des Königs geschlossene Vertrag wie ein göttliches Gebot einzuhalten sei." (Mayer, Politik, 481)
[2] Götterbrief TCL 3 Z. 309f (vgl. Mayer, Feldzug, 98f). Vgl. dazu auch Mayer, Politik, 224: „Als assyrischer Reichsgott ist in diesem Falle Assur der Vertragsschließende'. Wird der Vertrag nun durch einen Vasallen gebrochen, so ist Assur auch derjenige, der davon unmittelbar betroffen ist." - Dass der irdische König als Statthalter des eigentlichen göttlichen Vertragsherrn freilich selbst an den Vertrag gebunden ist und bei Vertragsbruch mit einer Strafe belegt wird, geht aus dem Propagandatext „Sin of Sargon" hervor, in welchem dem assyrischen König vorgeworfen wird, gegen die ade des Königs der Götter (ade sar ilani) gesündigt zu haben (SAA III 33: 19).
[3] Bär, Tribut, 240.
[4] Vgl. für Belege der stereotyp formulierten Anklage Oded, War, 98.
[5] Vgl. für zahlreiche Belege in neuassyrischen Königsinschriften a.a.O., 97f.
[6] Streck, Assurbanipal, 65 (Z. 87f); vgl. dazu auch Oded, War, 98.
worden.[1] Die Überschrift lautet (i-iv):[2]
„Siegel des Gottes Assur, des Königs der Götter, des Herrn der Länder, das nicht geändert werden darf. Siegel des großen Fürsten, des Vaters der Götter, das nicht vindiziert werden darf."
Dass der Reichsgott in seiner Funktion als „König der Götter" im EST an Stelle des irdischen Königs siegelt, lässt sich leicht erklären, wenn Assur der eigentliche Vertragsherr ist.[3]
(2.) In einer der Bestimmungen werden die Nachkommen der Vereidigten nicht nur zur Loyalität gegenüber dem künftigen König Assurbanipal, sondern auch und zuerst gegenüber dem Gott Assur verpflichtet. Die Bestimmung lautet (EST § 34: 393-396):[4]
„... Assur, euren Gott, 394und Assurbanipal, den Großprinzen des Nachfolgehauses, euren Herrn, 395mögen eure Söhne und eure Enkel 396... respektieren (liplu'ü)"42
(3.) Weil Assur der eigentliche Vertragsherr ist, eignet auch der materiellen Grundlage der Vereidigung göttliche Qualität; EST § 35: 406-409 lauten ent- sprechend:[5] [6]
„Bei Gott (summa), ihr sollt diese ade-Tafel, 407die mit dem Siegel des Gottes Assur, des Königs der Götter, 408gesiegelt und vor euch niedergelegt ist, 409wie euren Gott (ki ilikunu) bewahren."
Die vorgestellte Königsideologie ist keinesfalls auf die mesopotamischen Großkönige beschränkt. Sie findet sich, auf die bescheideneren Verhältnisse übertragen, ebenso bei den aramäischen Klientelkönigen.[7] Die Quellenlage ist in der Levante eine andere als in Mesopotamien. Dennoch gibt es auch aramäische
[HR=3][/HR]
[1] Vgl. zu den Gottessiegeln auf den EST-Tafeln Maul, König, 76. Vgl. auch Watanabe, Siegelung; auch hethitische Verträge konnten mit Gottessiegeln versehen sein, vgl. Watanabe, Gottessiegel.
[2] Watanabe, ade-Vereidigung, 145.
[3] Vgl. zu dieser Interpretation Maul, König, 76. Überzeugend ist auch die ebd. erwogene Deutung der dreifachen Siegelung mit je einem alt-, einem mittel- und einem neuassyrischen Siegel: „Dies sollte - während die irdischen Könige Assyriens und Stellvertreter des Gottes sterblich waren - die ewige Herrschaft Assurs symbolisieren." - Allerdings ist die mittelassyrische Herleitung des Siegels der Abrollung C nicht über jeden Zweifel erhaben. Moortgat- Correns, Abrollung, spricht sich etwa für eine Umdatierung in die Zeit Tiglatpilesars III. aus.
[4] Die eigene Übersetzung basiert auf der Umschrift von Watanabe, ade-Vereidigung, 162.
[5] Die Bestimmung widerspricht nicht der von Cogan, Imperialism, 55-61, vertretenen These, nach der die Assyrer von ihren Vasallen keine Verehrung assyrischer Götter forderten, vgl. auch Cogan, Judah, bes. 409. Vgl. zu palähu als Ausdruck der Vertragstreue und des Gebotsgehorsams CAD P, 45-47 (palähu 5, bes. g). - Anders Spieckermann, Juda, 332-338, dem insofern entgegenzukommen ist, als Passagen wie EST Z. 393-396 von den (judäischen) Rezipienten möglicherweise als eine Aufforderung, Assur zu verehren, (miss)verstanden werden konnten.
[6] Die eigene Übersetzung basiert auf der Umschrift von Watanabe, ade-Vereidigung, 162.
[7] Vgl. zur aramäischen Königsideologie Lipinski, Aramaeans, 498-500. Das Entsprechungsdenken kommt schön in einer Inschrift Hasaels von Damaskus zum Ausdruck, in der es heißt: „Hadad made me king and Hadad went in front of me." (zitiert nach Lipinski, a.a.O., 498)
Belege für die prominente Rolle der Götter beim Vertragsabschluss. So treten die in der Götterliste der aramäischen Sfire-Inschriften aufgeführten Gottheiten nicht allein als Zeugen (vgl. Sf I A: 7ff und speziell I A: 12f) und Garanten der Vertragsinhalte (vgl. I A: 21ff sowie die Repressionsformeln in I B: 23, 33; III: 4, 14, 16f, 23), sondern auch als am Vertragsschluss beteiligte Parteien in Erscheinung: In Sf I B: 5f heißt es, nachdem gesagt worden ist, dass es sich bei der vorliegenden Inschrift um einen Vertrag zwischen den Königen von Ktk und Arpad handelt:
„Und der Vertrag der Götter von ktk (w'dy 'lhy ktk) mit dem Vertrag der Götter von Arpad (m 'dy 1 [Ihy Tpd])."[1]
Und der nächste Satz macht deutlich, dass die Götter die Urheber und eigentlichen Handlungsträger des Vertragsschlusses sind (Sf I B: 6):
„Ein Vertrag der Götter ist es (rdy 'Ihn hm), welchen die Götter gesetzt haben (zy smw 'Ihn)."
Die Vorstellung, dass der irdische König als Repräsentant Jhwhs fungiert und Gott und König in Handlungseinheit agieren, war in abgemilderter Form auch in den Kleinstaaten Israel und Juda lebendig.[2] [3] [4] Dementsprechend teilte man dort auch die Idee, dass letztlich der Reichsgott hinter einem
[HR=3][/HR]
[1] Einen ikonographischen Beleg für die hierin zum Ausdruck kommende Vorstellung findet Mayer, Politik, 481, Anm. 5, auf einer Stele des Aramäerkönigs Kulamuwa von Sam'al, die Mayer zufolge den König darstelle, wie er auf die Symbole des assyrischen Reichsgottes, seines Familiengottes sowie des Sonnen- und des Mondgottes weise. „Dies heißt, dass Assur mit dem Gott des Herrschers von Sam'al einen Vertrag geschlossen hat, dessen Einhaltung vom Sonnengott und von dem für die Aramäer in gleicher Funktion als Wahrer des Rechts ebenso wichtigen Mondgott überwacht wird." Allerdings ist weder Mayers Interpretation des Zeigegestus (vgl. für andere Interpretationen Magen, Königsdarstellungen, 53) noch seine Identifizierung der Hörnerkrone mit Assur gesichert, die z.B. von Tropper, Inschriften, 27, mit Hadad identifiziert wird.
[2] Vgl. Niemann, Königtum, 1596: „Elemente der Königsideologie Ägyptens, wo der Pharao absoluter Monarch und, als König agierend, Gott(essohn) ist, und Mesopotamiens, wo der König Stellvertreter Gottes (in Handlungseinheit, nicht Wesenseinheit), Krieger, Hirte, Segensmittler ist, finden sich dem Anspruch nach auch in Israel/Juda [...]"; vgl. auch Janowski, Königtum, 517f. - Im Alten Testament spiegeln sich klassische Topoi der altorientalischen Königsideologie hauptsächlich in den so genannten Königspsalmen: So propagiert etwa Ps 18 die Entsprechung von kämpfendem Gott und kämpfendem König (vgl. Adam, Held, passim); Ps 72 zeichnet den judäischen König als Repräsentanten Jhwhs, der in Gesellschaft und Natur Gottes Heil vermittelt (vgl. dazu Janowski, Frucht); und Ps 2 spricht den König in Übereinstimmung insbesondere mit der ägyptischen Königsideologie als „Sohn" Gottes an (vgl. dazu Koch, König) - Auch auf der moabitischen Mesa-Stele agieren König Mesa und sein Gott Kamos im Kampf gegen Israel in Handlungseinheit (eine Übersetzung der Inschrift bietet Müller, TUAT I, 646-650). Vgl. zum Königtum in Edom, wo ebenfalls ägyptische und assyrische Einflüsse zu Ansätzen einer religiösen Herrschaftslegitimation geführt haben, Bosshard-Nepustil/Morenz, Königtum, 145-187.
[3] Vgl. Jeremias, Hosea, 93.
[4] Vgl. Wanke, Jeremia 2, 320-324.
internationalen Vertrag steht, der mit Sanktionen reagiert, wenn ein Eid gebrochen wird. Stellen wie Hos 6,747, Jer 34,8-22*48 und insbesondere Ez 17,11ff prangern ganz offensichtlich die Übertretung von „politischen" Verträgen an, die in Übereinstimmung mit der altorientalischen Umwelt als ein Affront gegenüber Jhwh verstanden wird. Es ist zu betonen, dass diese Stellen - im Gegensatz etwa zu dem dtr Nachtrag in Hos 8,1[1] - die spätere dtr Bundestheologie noch nicht zu kennen scheinen, da die in ihnen greifbaren theologischen Implikationen völlig im „politischen" Vertragsdenken aufgehen. Ez 17[2] enthält in V. 1-10 eine allegorische Bildrede vom Geschick des Zedernwipfels und des undankbaren Weinstocks, die in V. 11-24 eine Deutung erfährt. Die hier in erster Linie relevante Deutung der Allegorie berichtet, wie der König von Babel nach Jerusalem kam, den König von Juda und seine Oberen deportierte und einem seiner Nachkommen (gemeint ist wohl Zidkija) einen (Vasallen-)Vertrag (bryt bzw. 'lh) auferlegte. Obgleich das Land mit Absicht geschwächt worden war, empörte sich der neue König von Juda gegen seinen Oberherrn, indem er mit Ägypten gemeinsame Sache machte. Dem vertragsbrüchigen König wird daraufhin von
Jhwh sein Tod in Babel angekündigt. Interessant ist nun vor allem V. 19, in dem - den assyrischen und aramäischen Gepflogenheiten folgend - Jhwh als Vertragspartner und mithin als geschädigte Partei in Erscheinung tritt, die sich zu entsprechenden Sanktionen provoziert sieht:[3]
„Darum, so spricht [der Herr] Jahwe, so wahr ich lebe, meine Verfluchung ('lty), die er missachtet hat, und meinen Bund (bryty), den er gebrochen hat, das gebe ich auf seinen Kopf."
Selbst wenn Ez 17 nicht die judäische, sondern die babylonische Vereidigungspraxis reflektieren sollte, wie D. S. Vanderhooft annimmt,[4] so zeigen immerhin die ähnlich gelagerten Belege in Hos 6,7 und Jer 34,8-22* sowie die aramäischen Sfire-Inschriften, dass die Vorstellung von der Beteiligung der Götter am Vertrag nicht auf Mesopotamien zu beschränken ist, sondern eine auch in der Levante bezeugte Anschauung spiegelt.
Die besprochenen assyrischen, aramäischen und biblischen Beispiele machen deutlich, dass die - auf der Königsideologie basierende - Idee einer göttlichen Urheberschaft der Verträge im 1. Jt. das gedanklich Normale war. Hierin scheint demnach nicht das Spezifikum der alttestamentlichen Bundestheologie zu liegen. Der Unterschied besteht vielmehr darin, dass die göttliche
[HR=3][/HR]
[1] Vgl. Jeremias, Hosea, 104.
[2] Vgl. dazu Lang, Aufstand, 54-60.
[3] Pohlmann, Hesekiel, 237.
[4] Nach Vanderhooft, Empire, 166, spiegeln die in Ez 17 verwendeten Begriffe „concrete Babylonian imperial administrative ideas and procedures". Vanderhooft betont ferner, dass die hier erkennbar werdende babylonische Vorgehensweise „appears not unlike the Assyrian" (ebd.). Dies hat auch schon Tsevat, Vassal Oaths, 201, richtig gesehen.
Urheberschaft im „politischen" Vertragsdenken ausnahmslos königlich vermittelt gedacht ist. Die Vereidigung, die den Kern der internen und externen Verträge bildet, war im Alten Orient, wie gesagt, ein königliches Privileg. Doch genau diese Regel wird in der dtr Bundestheologie, in der kein irdischer König zwischen Gott und Volk tritt, übergangen.[1] Dass damit ein tiefgreifender Wandel im religiösen Symbolsystem einhergeht, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass der judäische König einen festen Platz nicht allein in der rezipierten „politischen" Vertragskonzeption innehatte, sondern darüber hinaus in vorexilischer Zeit die zentrale Gestalt des religiösen Symbolsystems war; denn gemäß diesem „vermittelte der König Israel nicht nur Jahwes politisch-geschichtliches Handeln in der Völkerwelt, sein segnendes Handeln in Natur und Gesellschaft, sondern auch Jahwes gottesdienstliche Nähe; d.h. alle wesentlichen Aspekte der Gottesbeziehung der Großgruppe, der kreatürliche, der politische und der kultische, sollten nach dieser Anschauung über den König laufen und in seiner Person ihre Einheit finden."[2] J. Assmann versucht die Tragweite der Rezeption der „politischen" Vertragsvorstellung im Alten Testament zu verdeutlichen, indem er den Transfer als „Umbuchungsprozess" beschreibt:[3]
„Die Beziehung des Vasallen zu seinem Oberherrn wird nicht verglichen mit der des Volkes zu Gott, sondern sie wird dem Konto politischer Beziehungen abgezogen und dem Konto religiöser Beziehungen gutgeschrieben."
Allerdings liegt streng genommen nicht eine „Umbuchung" von der politischen in die religiöse Sphäre als zwei getrennten Teilsystemen vor, sondern vielmehr ein Wandel innerhalb des religiösen Symbolsystems selbst, wobei die königlich-staatliche Vermittlung zugunsten einer direkten Gott-Volk-Beziehung aufgegeben wird.[4] Die Abwesenheit des judäischen Königs als differentia specifica der dtr Bundestheologie im Gegensatz zu den im Alten Orient belegten „politischen"
[HR=3][/HR]
[1] Allenfalls könnte man meinen, dass Mose in der dtr Bundeskonzeption die Rolle des Königs übernommen habe. - So oder so ist die - vom judäischen Königtum losgelöste - dtr Bundestheologie ein weiterer Beleg dafür, dass sich das ehemalige Königreich Juda in exilischer Zeit „von der sonst im antiken Israel geteilten Vorstellungswelt der altorientalischen Königsideologie grundsätzlich verabschiedet hat" (so Gertz, Gewalt, 322, in Bezug auf das in dieser Hinsicht ähnlich gelagerte nachstaatliche Königsgesetz Dtn 17,14-20).
[2] Albertz, Religionsgeschichte 1, 184.
[3] Assmann, Herrschaft, 51 (kursiv im Original). Assmann verbindet seine These mit der m.E. richtigen Einsicht, dass „m Zeichen des gesetzgebenden Gottes [...] der irdische Herrscher diese Position zu räumen [hat]" (a.a.O., 52); und man sollte ergänzen: Er hatte sie wahrscheinlich schon geräumt!
[4] Dass das judäische Spezifikum, das in der Gott-Volk-Unmittelbarkeit besteht, allerdings eine „Revolte gegen die assyrische Herrschafts- und Königsideologie" (so Otto, Gottes Recht, 166 [im Original kursiv]) darstellt, ist damit noch nicht gesagt; mit gleichem Recht könnte man eine Revolte gegen die eigene, judäische Königsideologie postulieren, die sich in dieser Hinsicht eben kaum von der assyrischen unterschieden hat. Wahrscheinlicher ist aber, dass der König übergangen wird, weil es schlicht und ergreifend kein Königtum mehr gab, als die Bundestheologie in Juda konzipiert worden ist; vgl. auch Aurelius, Ursprung, 16, Anm. 51.
Vertragskonzeptionen gilt dabei unabhängig davon, ob ein interner oder ein externer Vertrag das konzeptionelle Vorbild war: Sollte ein (judäischer) Treueid der dtr Bundestheologie Pate gestanden haben, dann läge die Besonderheit darin, dass der judäische König als Repräsentant Jhwhs und Mittler zwischen Gott und Volk übergangen worden wäre. Sollte ein (aramäischer, assyrischer oder babylonischer) Vasallenvertrag das konzeptionelle Vorbild abgegeben haben, wäre befremdend, dass der Bund nicht - wie in den Vasallenverträgen üblich - mit dem Vasallenkönig stellvertretend für dessen Untertanen, sondern direkt mit den Untertanen geschlossen wird. Auch in diesem Fall wäre die Abwesenheit des judäischen Königs auffallend. Es stellt sich somit die Frage, ob dieser Vorgang zu Lebzeiten eines amtierenden judäischen Königs möglich erscheint. Oder sollte diese signifikante „Nullstelle" die erfahrene politische Wirklichkeit nach 587 spiegeln, als es in Juda keinen irdischen König mehr gab, wohl aber noch den Königsgott Jhwh, dessen Geschichtsmächtigkeit aber nach der staatlichen Katastrophe auf eine harte Probe gestellt und neu zu begründen war. Das folgende Schema veranschaulicht den frappanten Unterschied bezüglich der Rolle des Königs in den „politischen" Vertragskonzeptionen und der dtr Bundestheologie.
|
Treueide
|
Vasallenvertäge
|
dtr Bundestheologie
|
|
Reichsgott König
|
Reichsgott Großkönig
|
Jhwh
- |
|
.
|
.
|
|
|
Untertanen
|
Vasallenkönig Untertanen
|
- „Israel"
|
Exkurs: Die nationale Katastrophe Israels 722 als geschichtstheologische Lektion für das exilische Juda
Die Ausbildung der dtr Bundestheologie mit ihrem programmatischen Verzicht auf die Mittlerrolle des judäischen Königtums ist sicher nicht im Jahre 587 plötzlich „vom Himmel gefallen"; sie hat mit einiger Sicherheit ideengeschichtliche Vorbilder im Nordreich Israel, auf die zurückgegriffen werden konnte. Es gehört zu den Eigentümlichkeiten des antiken Israel und Juda, dass beide Staaten - zeitversetzt - ein ähnliches militärisch-politisches Geschick erlitten haben: Nachdem das Königtum im Nordreich Israel 722 an den Expansionsbestrebungen der assyrischen Großkönige gescheitert war, überlebte der israelitische Reichs- und Dynastiegott Jhwh die nationale Katastrophe nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass der Reichsgott des Südreichs Juda ebenfalls Jhwh hieß, mit dem er in der Folge identifiziert werden konnte (vgl. Dtn 6,4). Als Juda zwischen 597 und 587 mit der Deportation bzw. Ermordung der letzten
Vertreter der davidischen Königsdynastie ebenfalls seiner zentralen Identifikationsfigur beraubt worden war, konnte man bereits auf die analogen Erfahrungen des Nordreichs zurückgreifen. Als ein entscheidender Versuch, den Verlust der Monarchie im Nordreich Israel nach 722 narrativ zu verarbeiten, kann die vor-priesterschriftliche Moseerzählung angesehen werden.[1] In ihr wird aus der zeit- bzw. erfahrungsgeschichtlichen Not eine geschichtstheologische Tugend gemacht, indem die nachstaatlichen Erfahrungen nach dem Fall Samarias 722 in die vorstaatliche Mosezeit rückprojiziert werden. Von den verschiedenen Aspekten, die nach 722 eine grundlegende Transformation der altisraelitischen (Staats-)Religion herbeiführen, sei in diesem Zusammenhang nur die Neubestimmung der Gotteskonzeption, wie sie in der Moseerzählung greifbar wird, angesprochen: Während in der staatlichen Epoche Israels vor 722 das Verhältnis zwischen dem Reichs- und Dynastiegott Jhwh und seinem (Staats-)Volk Israel genauso königlich vermittelt war wie in den benachbarten Königreichen Ammon, Moab und Edom das zwischen Milkom, Kamos und Qaus und ihrem jeweiligen (Staats-)Volk, ist in der Moseerzählung der naturgegebene Zusammenhang in diesem entscheidenden Punkt aufgegeben.[2]
„Für die Moseerzählung steht Israel [...] in keinem naturgewachsenen Gottesverhältnis zu einem ihm längst bekannten Gott, der inmitten seines Volkes residiert. Es ist vielmehr das Verhältnis zu einer Wahlgottheit, gegründet allein in der anfänglichen Rettungstat des Exodus selbst, die einer Gottheit zugeschrieben wird, die Mose bis dahin unbekannt gewesen ist."
Die Loslösung der Religion aus den Fesseln von Staat und Königtum in der nachstaatlichen Epoche des Nordreichs Israel war dann aller Wahrscheinlichkeit nach präfigurierend für die geschichtstheologische Deutung der nationalen Katastrophe des judäischen Staatswesens ca. 150 Jahre später, als mit der rechtlichen Metapher des Vertrags (bryt) die u.a. in der Moseerzählung beschriebene Gotteskonzeption auf den Begriff gebracht worden ist.[3] Die Präambel des Dekalogs Dtn 5,6 sowie die Exodusformel in Dtn 13,11 legen offen, dass schon die ältesten bundestheologischen Texte eine „stabile Ehe"[4] mit dem ideengeschichtlich vorausgesetzten Exodus-Credo eingegangen sind.
Die oben dargestellte Überführung einer ehedem „politischen" Institution in die „religiöse" Sphäre, gebunden an das Ende der Eigenstaatlichkeit in Juda, hat eine Analogie in zwei weiteren primär dem Königtum vorbehaltenen Sprachformen bzw. Metaphern im Alten Testament: Erstens dem deutero- jesajanischen Heilsorakel und zweitens der priesterschriftlichen Imago Dei- Metapher. Beide Beispiele verdienen auch deshalb besondere Aufmerksamkeit, weil sie sich im
[HR=3][/HR]
[1] Vgl. zu ihrer Rekonstruktion zusammenfassend Gertz, Mose, 7-11.
[2] A.a.O., 12; vgl. auch a.a.O., 11-16, und zu den ideengeschichtlichen Wurzeln der Moseerzählung in der Prophetie des 8. Jh. a.a.O., 17-19.
[3] Vgl. auch a.a.O., 16.
[4] Becker, Exodus-Credo, 93.
Gegensatz zur Bundestheologie aufgrund ihres Vorkommens in literaturgeschichtlich recht exakt bestimmbaren Textbereichen in die exilisch- nachexilische Zeit datieren lassen.
(1.) Das deuterojesajanische Heilsorakel für „Israel" hat seine nächste Parallele in den nach Gattung und Inhalt in der Regel ebenfalls als Heilsorakel einhergehenden altorientalischen Königsorakeln, wie sie vor allem in der neuassyrischen Prophetie des 7. Jh.s breit belegt sind, aber vereinzelt auch schon in aramäischen und biblischen Texten des 8. Jh.begegnen. Während Deutero- jesaja die typischen Formelemente Ermutigungsformel, Selbstvorstellung und -prädikation sowie spezifische Inhalte mit den altorientalischen Parallelen teilt,[1] geht er im Hinblick auf die Adressaten der Orakel eigene Wege, indem er nicht dem eigenen (judäischen) König, sondern dem Volk „Israel" Jhwhs Beistand und Schutz zusagt. Nach M. Weippert bedeutet dies, „dass das deuterojesaja- nische Heilsorakel auf einer Neuinterpretation des traditionellen Königsorakels beruht, bei der der judäische König durch das ,Volk' (d.h. die nach Babylonien deportierten Judäer und ihre Nachkommen) ersetzt worden ist."[2] Die Frage nach den traditionsgeschichtlichen Wurzeln der deuterojesajanischen Heilsorakel ist in der Forschung strittig. Eine Abhängigkeit ausgerechnet von den neuassyrischen Prophetien ist jedenfalls nicht zwingend. Weippert macht in diesem Zusammenhang zu Recht auf ein Königsorakel aus Nordsyrien aus dem 8. Jh. aufmerksam, das sich auf der Zakkur-Stele[3] befindet und an den gleichnamigen aramäischen König von Hamat adressiert ist. Während einige Forscher die aramäischen Belege zum Anlass nehmen, die recht späten neuassyrischen Königsorakel mit der so genannten Aramaisierung Assyriens zu erklären,[4] rechnet Weippert nicht zuletzt aufgrund von Anspielungen auf judäische Königsorakel im Alten Testament (1 Kön 11,31-39*; 2 Sam 7) damit, „dass es eine gemeinaltorientalische - oder wenigstens syrisch-mesopotamische - prophetische Sprache gab, an der sowohl die assyrischen Prophet(inn)en als auch Deuterojesaja partizipierten".[5] Nimmt man die mutmaßlichen Primärstadien von Jes 7 und 8 hinzu, die auf (authentisch-?)jesajanische Heilsorakel an den judäischen KönigAhas angesichts der militärischen Bedrohung durch Israel und Aram-Damaskus anspielen,[6] so scheint das prophetische Königsorakel ungeachtet der Frage nach der traditionsgeschichtlichen Herkunft (aramäisch oder gemeinaltorientalisch?) schon im 8. Jh. in Juda beheimatet gewesen zu sein, und zwar in Übereinstimmung mit der altorientalischen Umwelt im Bereich der judäischen Herrscherlegitimation. Die
[HR=3][/HR]
[1] Vgl. zu den Gemeinsamkeiten Weippert, Deuterojesaja, 37-55.
[2] A.a.O., 51.
[3] Vgl. zum Text der Inschrift Schwiderski, Inschriften, 422.
[4] Vgl. Tadmor, Aramaization, 458, sowie Podella, Notzeit-Mythologem, 437, Anm. 35.
[5] Weippert, Deuterojesaja, 58.
[6] Vgl. zu Jes 8,1-4 z.B. Becker, Jesaja, 94-102, und zu Jes 7 z.B. Barthel, Prophetenwort, 118-183; vgl. auch Kratz, Propheten, 59.
auf das Volk „Israel" umadressierten deuterojesajanischen Heilsorakel aus exilischer Zeit sind dann in jedem Fall ein schönes Beispiel dafür, dass nach dem Ende des Königtums in Juda der Person des Königs vorbehaltene Sprachformen einem neuen Verwendungszweck zugeführt werden konnten. Dass damit zugleich eine „verspätete" Rezeption der ursprünglich notwendigerweise aus der Königszeit stammenden königlichen Heilsorakel einhergeht, sei an dieser Stelle ausdrücklich angemerkt.
(2.) Das andere Beispiel ist die priesterschriftliche Vorstellung von der Gottebenbildlichkeit des Menschen in Gen 1,26-28, nach der der bslm 'Ihym geschaffene Mensch als „lebendige Statue Gottes"[1] verantwortlich über seine Mitwelt herrschen soll. Auch in diesem Fall ist offensichtlich, dass die Imago Dei-Metapher ihren Erfahrungshintergrund in der altorientalischen Königsideologie besitzt.[2] Dabei dürften die traditionsgeschichtlichen Wurzeln der Metapher ausweislich des umfangreichen Vergleichmaterials am ehesten in Ägypten liegen, wo der Herrscher häufig als „Gottesbild" prädiziert wird.[3] An Plausibilität gewinnt diese Annahme noch durch die Tatsache, dass in Palästina/ Israel Siegelamulette des Neuen Reiches zu Tage gefördert worden sind, die neben den Namen der Könige auch die Beischrift „Bild des Amun/Re" (tjt R'; tjt Jmn; tjt Jmn R') bezeugen.[4] Was den Überlieferungsweg der Imago Dei- Metapher angeht, so ist erstens möglich, dass ihr Vorkommen in der Priesterschrift auf der direkten (d.h. mit P zeitgleich erfolgten) Rezeption einer ägyptischen Herrscherprädikation beruht.[5] Die zweite, m.E. wahrscheinlichere Möglichkeit geht dahin, dass die Metapher vor ihrer Rezeption in der Priesterschrift - ungeachtet weitgehend fehlender traditionsgeschichtlicher Zwischen- glieder[6] (vgl. aber Ps 2[7]) - zuerst im Rahmen der judäischen
[HR=3][/HR]
[1] Janowski, Statue, 183.
[2] Vgl. dazu ausführlich Neumann-Gorsolke, Schöpfung, 173-185.
[3] Vgl. Kaiser, Theologie 2, 305-309; Keel/Schroer, Schöpfung, 178f; Neumann-Gorsolke, Schöpfung, 177-181. - Anders Otto, Gottes Recht, 180, der assyrische Einflüsse geltend macht: „Wird in der politischen Theologie Assyriens der König als Repräsentant' (salmu) des Königsgottes Assur verherrlicht, so wird [...] dieses Motiv im priesterschriftlichen Schöpfungsbericht der Genesis in Gen 1,26-28 [.] demokratisiert und damit die Menschheit insgesamt mit der Königsfunktion beauftragt [.]" Rüterswörden, Rezension, 659, erkennt in Ottos These einer priesterschriftlichen Rezeption einer assyrischen Metapher zu Recht einen Widerspruch zu der von diesem andernorts mit Nachdruck vertretenen Gleichzeitigkeit von assyrischem Prätext und biblischer Rezeption: „Wer damit rechnet, dass noch P in Gen 1,26-28 die assyrische Königsideologie im Blick hat, hat es nicht leicht, gegen die lange Virulenz assyrischer Vertragskonzeptionen zu argumentieren."
[4] Vgl. Keel/Schroer, Schöpfung, 178.
[5] Als „wichtiges traditionsgeschichtliches Link zu Gen 1,26" führt Neumann-Gorsolke, Schöpfung, 180, einen perserzeitlichen Beleg auf einer ägyptischen Hieroglypheninschrift Darius' I. an, der in geographischer und vor allem zeitlicher Nähe zu P liegt.
[6] Vgl. dazu Janowski, Statue, 193, Anm. 39.
[7] Die in Ps 2,7 gebrauchte Metapher vom „Sohn" könnte ein Indiz dafür sein, dass der judäische König auch als slm }lhym prädiziert worden ist, denn beide Metaphern werden in ägyptischen Quellen in einem Atemzug genannt. In einer Inschrift auf einer Stele Amenophis' III. heißt es: „[D]u bist mein geliebter Sohn, der aus meinem Leibe hervorgegangen ist, mein Abbild, das ich auf Erden gestellt habe." (zitiert nach Neumann-Gorsolke, Schöpfung, 178)
Königsideologie „politisch" gebraucht worden ist, bevor sie anschließend, nach dem Ende des Königtums in Juda, auf den Menschen schlechthin übertragen und damit „universalisiert"[1] werden konnte. Wie schon beim deuterojesajanischen Heilsorakel läge auch in diesem Fall ein alttestamentlicher Beleg für eine „verspätete" Rezeption vor. Wie immer man sich entscheidet: Die priesterschriftliche Rede von der Gottebenbildlichkeit des Menschen ist in jedem Fall ein eindrückliches Beispiel für eine Überführung einer dem Königtum vorbehaltenen Metapher in die Anthropologie in einer Zeit, als es keinen judäischen König mehr gab, auf den die Metapher (länger) hätte angewendet werden können.
In beiden Fällen, dem deuterojesajanischen Heilsorakel sowie der priesterschriftlichen Imago Dei-Metapher ist somit die Annahme möglich, dass ein Element der altorientalischen Königsideologie zuerst in der judäischen Königsideologie beheimatet war, bevor sie dann - sekundär - in exilisch-nachexilischer Zeit in das (inzwischen der zentralen Gestalt des Königs beraubte) religiöse Symbolsystem integriert wurde - ein Gedanke, der auch im Hinblick auf die allem Anschein nach „verspätete" Rezeption des Vertragsrechts im Deuteronomium im Auge zu behalten ist. Entscheidend ist aber in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass beide Beispiele einer Transformation ehedem königsideologischer Sprachformen im Alten Testament eindeutig in die nachstaatliche Zeit gehören.[2] Dies legt eine entsprechende Datierung der dtr Bundestheologie nahe, bei der ja ein ganz analoger Übertragungsprozess aufgezeigt werden konnte.
Ertrag
Das von Perlitt wieder ins Bewusstsein gehobene „Bundesschweigen" der Prophetie des 8. Jh. gilt streng genommen für die gesamte vorexilische Prophetie. Insbesondere im Jeremiabuch gehören sämtliche Belege für die Vorstellung, Jhwh habe mit „Israel" einen Bund geschlossen, erst der deuterojeremianischen
[HR=3][/HR]
[1] Der beliebte Ausdruck „Demokratisierung" (vgl. z.B. Otto, Gottes Recht, 180) wird zu Recht zunehmend kritisch betrachtet, vgl. Spieckermann, Heilsgegenwart, 234 mit Anm. 23, der im Hinblick auf Ps 8 den treffenden Titel „der königliche Mensch" gewählt hat (a.a.O., 227). Auch Janowski stellt richtig fest: „Sie [sc. die Imago Dei-Vorstellung] ist aber kaum das Ergebnis einer innerisraelitischen ,Demokratisierung' des Königsbildes, sondern - nach dem Ende des judäischen Königtums - vielmehr das Resultat einer Universalisierung der Herrschaftsvorstellung, in die durch die Priesterschrift offenbar absichtsvoll königsideologische Metaphern eingebaut wurden (,Royalisierung' des Menschenbildes, vgl. Ps 8,6f.)." (Janowski, Statue, 193 [kursiv im Original])
[2] Vgl. für Dtjes Schmid, Propheten, 331, und für P Gertz, Tora, 236f.
Redaktion an, die die dtr Bundestheologie bereits voraussetzt. Die erst spät- exilische Rezeption der Metapher vom Bund Jhwhs mit „Israel" in der Prophetie spricht gegen eine joschijazeitliche Entstehung der Bundestheologie.
Dem redaktionsgeschichtlichen Argument ist ein weit gewichtigeres inhaltliches Argument an die Seite zu stellen. Im Vergleich mit der Konzeption der „politischen" Vasallenverträge und Treueide im Alten Orient liegt das Spezifikum der dtr Vertragskonzeption darin, dass der judäische König als Repräsentant Jhwhs keinerlei Rolle mehr spielt: Der Bund besteht zwischen Jhwh und „Israel". Aller Wahrscheinlichkeit nach gab es in Juda keinen König mehr, der eine dem „politischen" Vertragsdenken entsprechende Aufgabe hätte wahrnehmen können. Der Vorgang, dass eine dem König vorbehaltene Konzeption nach dem Ende des judäischen Königtums auf eine andere Größe übertragen worden ist, ist im Alten Testament nicht analogielos. Das deutero- jesajanische Heilsorakel sowie die priesterschriftliche Imago Dei-Metapher spiegeln jeweils eine ursprünglich dem König vorbehaltene Sprachform bzw. Metapher, die in nachstaatlicher Zeit auf „Israel" bzw. den Menschen schlechthin übertragen worden ist.
Das „Bundesschweigen" der vorexilischen Prophetie, vor allem aber die spezifische Konzeption der dtr Bundestheologie, die sich von der in den altorientalischen Quellen belegten „politischen" Vertragskonzeption durch die Abwesenheit des irdischen Königs unterscheidet, bekräftigen noch einmal die in Kap. III im Zusammenhang der literarischen Analysen von Dtn 13 und 28 vorgeschlagene nachstaatliche Entstehung der beiden Deuteronomiumskapitel.
No Comments