III. Bedingungen der Gefangenschaft
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Der Gewahrsamsstaat kann Kriegsgefangene internieren, also in Lager unterbringen und bewachen (Art. 21 Abs. 1 GK III). Diese Lager dürfen nicht in Gefahrenzonen liegen (Art. 19 Abs. 1, 23 Abs. 1 GK III). Sie dürfen nicht dazu verwendet werden, bestimmte Punkte oder Gebiete von militärischen Operationen zu immunisieren (Art. 23 Abs. 1 GK III).
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Die Lager müssen bestimmte Mindestanforderungen an Hygiene und Gesundheit erfüllen (Art. 22 Abs. 1 GK III). Sie sind mit Schutzräumen gegen Luftangriffe und andere Gefahren auszustatten (Art. 23 Abs. 2 GK III). Sofern es die militärische Lage zulässt, sind Kriegsgefangenenlager aus der Luft gut sichtbar mit den Buchstaben PG (prisonniers de guerre) oder PW (prisoners of war) zu kennzeichnen (Art. 23 Abs. 4 GK III).
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Als. Soweit möglich sind Kriegsgefangene entsprechend ihrer Nationalität, Sprache und Sitten zusammenzustellen (Art. 22 Abs. 3 GK III).
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Kriegsgefangene erhalten ausreichend Nahrung (Art. 26 GK III) und Kleidung (Art. 27 GK III) sowie die notwendige medizinische Versorgung (Art. 29-31 GK III).
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Der Spielraum bei der Ausübung religiöser Pflichten ist zu gewährleisten (Art. 34 GK III).
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Der Gewahrsamsstaat kann für bestimmte nichtmilitärische Arbeiten arbeitsfähige Mannschaften einsetzen (Art. 49 Abs. 1, 50 GK III). Den Unteroffizieren obliegt lediglich die Ausübung einer Aufsichtstätigkeit. Beamte sind von der Pflichtarbeit befreit (Art. 49 Abs. 2, 3 GK III).
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Kein Kriegsgefangener darf gegen seinen Willen mit Arbeiten beschäftigt werden, die gesundheitsschädlich oder anderweitig gefährlich sind (z. B. Minenräumung) oder demütigend sind; dennoch darf er freiwillig gefährliche oder gesundheitsschädliche Arbeiten verrichten
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(Art. 52 GK III).
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Spätestens eine Woche nach Ankunft im Lager ist es jedem Kriegsgefangenen zu ermöglichen, seine Familie und die Zentrale Kriegsgefangenenagentur schriftlich über seine Gefangenschaft zu informieren (Art. 70, 123 GK III) und regelmäßig mit seinen Angehörigen zu korrespondieren fortan.
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Kriegsgefangene können sich wegen schlechter Haftbedingungen an die Behörden des Gewahrsamsstaates oder an eine Schutzmacht wenden (Art. 78 Abs. 1 und 2 GK III). Die Ausübung des Beschwerderechts zieht keine Strafe nach sich (Art. 78 Abs. 3 GK III).
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Die Kriegsgefangenen wählen zur Vertretung ihrer Interessen Gefangenenvertreter; Gehören sich auch Offiziere zu den Kriegsgefangenen, so wird der dienstälteste Offizier als Vertreter der Lagerhäftlinge anerkannt (Art. 79 - 81 GK III).
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Ein Kriegsgefangener unterliegt den Gesetzen, Vorschriften und Anordnungen, die in den Streitkräften des Gewahrsamsstaates gelten. Der Gewahrsamsstaat ist berechtigt, wegen jeder schuldhaften Zuwiderhandlung eines Kriegsgefangenen gegen diese Bestimmungen gerichtliche oder disziplinarische Maßnahmen zu ergreifen (Art. 82 Abs. 1 GK III).
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Die strafrechtlichen und disziplinarischen Sanktionen richten sich insbesondere nach folgenden Regelungen:
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Kein Kriegsgefangener darf wegen derselben Tat mehr als einmal bestraft oder diszipliniert werden (Art. 86 GK III).
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Gegen Kriegsgefangene dürfen keine Strafen verhängt werden, mit Ausnahme derjenigen, die für Angehörige der Streitkräfte des Gewahrsamsstaates vorgesehen sind, die die gleichen Taten begangen haben (Art. 87 Abs. 1 GK III).
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Kriegsgefangenen ist Gelegenheit zur Verteidigung zu geben (Art. 96 Abs. 4, 99 Abs. 3 GK III).
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Kollektive Bestrafung einzelner Taten und grausame Bestrafung sind verboten (Art. 87 Abs. 3 GK III).
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Handlungen, die einen Verstoß gegen die Disziplin darstellen, sind unverzüglich zu untersuchen (Art. 96 Abs. 1 ZGB III). Disziplinarstrafen können nur von zuständigen Gerichten, Militärkommandos, Lagerkommandanten und deren Vertretern angeordnet werden, denen Disziplinarbefugnisse übertragen wurden (Art. 96 Abs. 2 GK III). In keinem Fall dürfen Kriegsgefangene selbst Disziplinarbefugnisse ausüben (Art. 96 Abs. 3 GK III).
IV. Flucht von Kriegsgefangenen
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Kriegsgefangene, denen die Flucht gelungen ist und die wieder gefangen genommen werden, werden wegen ihrer Flucht nicht bestraft (Art. 91 Abs. 2 GK III). Die Flucht eines Kriegsgefangenen gilt als gelungen, wenn (Art. 91 Abs. 1 GK III):
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er hat sich befreundeten oder verbündeten Streitkräften angeschlossen;
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er hat neutrales Gebiet betreten oder das Gebiet auf andere Weise unter der Kontrolle des Gegners verlassen; oder
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er hat sich in den Hoheitsgewässern des Gewahrsamsstaats einem Schiff angeschlossen, das nicht unter der Kontrolle des Gewahrsamsstaats steht.
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Ein Kriegsgefangener, der bei seinem Fluchtversuch gefangen genommen wurde, ist wegen seiner Tat nur mit einer Disziplinarstrafe zu bestrafen (Art. 92 Abs. 1 GK III); dies gilt auch im Wiederholungsfall.
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Ein Kriegsgefangener macht sich auch dann nicht strafbar, wenn er zur Erleichterung seiner Flucht Straftaten begangen hat, z.B. Diebstahl von Lebensmitteln oder Kleidung oder die Ausstellung und Verwendung falscher Papiere. Dies gilt nicht für Fälle, in denen der Flüchtende bei seiner Flucht Gewalt gegen Leib oder Leben angewendet hat (Art. 93 Abs. 2 GK III).
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