KOLLEKTIVES LERNEN
Die Entstehung der Sprache unterschied den Homo sapiens von anderen Arten: Mit der Sprache kam die Fähigkeit, Informationen über Generationen hinweg auszutauschen und zu speichern. Dies stellte sicher, dass neue Generationen mehr wissen konnten als die letzten und somit in der Welt effektiver sein konnten.
Die Praxis des Teilens und Speicherns von Informationen wird als „kollektives Lernen" bezeichnet. Im einfachsten Fall bedeutet dies, dass wir das Rad nur einmal erfinden müssen, denn dann kann dieses Wissen gespeichert und öffentlich geteilt werden. Die Alternative besteht darin, sich uns als eine Gruppe vernetzter Computer vorzustellen. Wie könnte sich die Menschheitsgeschichte ohne das Netzwerk – ohne Konnektivität – entwickeln?
KOOPERATIVES ÜBERLEBEN
Menschen scheinen weitaus stärker als andere Tiere dazu veranlagt zu sein, zusammenzuarbeiten. Die Wurzeln dieser Tendenz liegen bei Primaten, von denen die meisten in sozialen Gruppen mit starken Verwandtschaftsbeziehungen und Freundschaften leben. Allerdings leben Menschen in ungewöhnlich vielfältigen Gesellschaften und unser hohes Maß an Zusammenarbeit ist ein verbindendes Merkmal. Jäger-Sammler-Gruppen zum Beispiel bestehen in der Regel aus 25 bis 50 Individuen, sind aber in der Regel Teil ausgedehnter sozialer Netzwerke, die aus Blutsverwandten und anderen Arten von Verwandtschaft bestehen. Innerhalb und zwischen diesen Gruppen werden Nahrung, Arbeit und Kinderbetreuung geteilt – ebenso wie wichtige Informationen über Wasser, Raubtiere und die Verfügbarkeit von Nahrung. Die Entwicklung dieser Fähigkeit zur Zusammenarbeit lässt sich in den archäologischen Aufzeichnungen beobachten. Vor etwa 200.000 Jahren begann man, Steinwerkzeuge über immer größere Distanzen zu transportieren, was auf eine Ausweitung der sozialen Netzwerke hindeutet. Zu diesem Zeitpunkt wurden wahrscheinlich gemeinsam mehrteilige Werkzeuge wie Speere hergestellt. Später kamen spektakulärere Beispiele wie Atlatls und Bögen hinzu, und nach 40.000 Jahren wurden viele davon aufwendig verziert. Der Mas d'Azil-Atlatl beispielsweise ist eines von fünf nahezu identischen Objekten, die an verschiedenen Orten in den Pyrenäen gefunden wurden. Jedes ist in der Form eines Steinbocks geschnitzt, was auf eine gemeinsame künstlerische Tradition und wahrscheinlich auf ein gewisses Maß an Ausbildung hinweist. Darüber hinaus ist ein Atlatl, wie ein Bogen, ein „Werkzeug zur Verwendung eines Werkzeugs" – in diesem Fall ein Werkzeug zum Antreiben von Speeren –, was eine völlig neue Komplexität aufweist. Es zeigt, dass wir uns vor 17.000 Jahren immer geschickter an unsere Umwelt angepasst haben – als einziger aller Lebewesen durch kulturelle und nicht durch genetische Veränderungen. Dank kollektivem Lernen konnte die Geschichte der Menschheit beginnen.
▶ Informationsaustausch Heute machen die San in der Kalahari Feuer und nutzen dabei das Wissen, das ihre Vorfahren über Zehntausende von Jahren weitergegeben haben.
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▲ Mas d'Azil-Atlatl Dieses exquisite Atlatl aus Rentiergeweih wurde in der Mas d'Azil-Höhle in den Pyrenäen in Frankreich gefunden und ist ein frühes Beispiel für Massenkunst. Seine geheimnisvolle Symbolik war in der Region kurzzeitig weit verbreitet und ein Beweis für gemeinsame Erzähltechniken.
▶ Wurfkraft Ein Atlatl oder Speerwerfer ist ein Gerät, das Hebelwirkung nutzt, um die Wurfkraft zu verstärken. Der Speer wird durch einen Haken an der Rückseite des Atlatls festgehalten, und dieser gewinnt an Energie, wenn der Jäger den Speer wirft.
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