§ 3 – Der Codex Iuris Canonici von 1983
A. Entstehung und Quellen
- Literatur zur Entstehung des CIC/1983:
○ die Praefatio zum CIC/1983
○ die Übersicht in: Communicationes 36 (2004) 183-235 - Die Entstehungsgeschichte des CIC/1983 beginnt am 25.1.1959, als Papst Johannes XXIII. zusammen mit der Ankündigung des Zweiten Vatikanischen Konzils die Überarbeitung des Codex des kanonischen Rechts ankündigte.
○ Die Durchführung dieses Projekts wurde aber im Wesentlichen auf die Zeit nach Abschluss des Konzils vertagt. - Erarbeitung des neuen CIC in vier Phasen:
○ 1. Phase (1965-1977): bis zur Erstellung von Einzelschemata - Einberufung der Reformkommission, die aus Kardinälen und Bischöfen bestand, und Ernennung der zugeordneten Experten und Berater
- Insgesamt waren als Kommissionsmitglieder, Konsultoren und andere Mitarbeiter beteiligt: 105 Kardinäle, 77 Erzbischöfe und Bischöfe, 73 Weltpriester, 47 Ordenspriester, 3 Ordensfrauen und 12 Laien aus fünf Kontinenten und 31 Nationen.
- Einholen von Vorschlägen seitens der Bischöfe der gesamten Kirche
- Bischofssynode von 1967: Gutheißung von zehn Leitprinzipien der Reform (zu diesen Leitprinzipien siehe die Praefatio des CIC/1983)4
- Einsetzung von 12 Studiengruppen für die einzelnen Teile, jeweils mit 8 bis 14
Konsultoren als Mitgliedern - Erarbeitung von zehn Entwürfen („Schemata“) für die einzelnen Teile:
- 1972: Verwaltungsverfahren
- 1973: Strafrecht
- 1975: Sakramentenrecht
- 1976: Prozessrecht
4 Siehe auch: Communicationes 1 (1969) 77-85.
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- 1977:
- Ordensrecht
- Allgemeine Normen
- Das Volk Gottes
- Verkündigungsdienst
- Heilige Orte und Zeiten
- Vermögensrecht
- Hinzu kommen die Entwürfe für ein grundlegendes Dokument unter dem Titel „Lex Ecclesiae Fundamentalis“ (LEF)
- Die Idee einer LEF kam während des Zweiten Vatikanums auf; im Laufe der Zeit gab es 5 Entwürfe.
- Die LEF sollte sowohl für die Lateinische Kirche gelten als auch für die katholischen Ostkirchen.
- Sie sollte dem CIC und dem CCEO übergeordnet sein.
- Sie hätte die in rechtlich-struktureller Hinsicht bestehende Einheit der Kirche als ganzer deutlich gemacht.
- Von ihrer Funktion her wäre sie den staatlichen Verfassungen ähnlich gewesen.
- Das Projekt wurde aber letztlich (ohne Angabe von Gründen) aufgegeben; ein Teil der die LEF vorgesehenen Normen wurde in den CIC (und ebenso in den CCEO) aufgenommen.
○ 2. Phase (1972-1980): Reaktionen der Weltkirche - Diese Phase überschneidet sich zeitlich mit der ersten Phase, weil die ersten Schemata schon weltweit versandt wurden, während andere Schemata noch erarbeitet wurden.
- Prüfung der Schemata durch die Bischofskonferenzen, die Dikasterien der Römischen Kurie, die Universitäten und die Ordensgemeinschaften
- Besprechung der Vorschläge durch die Arbeitsgruppen
- Zusammenstellung eines Gesamtschemas (SchemaCIC/1980)
○ 3. Phase (1980-1982): Beratungen der Reformkommission - Sammlung von Verbesserungsvorschlägen zum SchemaCIC/1980 seitens der Kommissionsmitglieder; die Kommission wurde dazu um 74 zusätzliche Mitglieder ergänzt
- August 1981 Antwort des Sekretariats auf die Vorschläge („Relatio complectens synthesim animadversionum“, auch abgedruckt in: Communicationes 14-16 [1982-1984])
- 20.-28. Oktober 1981: Vollversammlung der Kommission
- einstimmige Befürwortung des Schemas
- ausführliche Erörterung von sechs Fragen von größerer Bedeutung
- außerdem Erörterung einer Reihe weiterer Fragen
- Die Dokumente der Vollversammlung sind veröffentlicht: Congregatio plenaria diebus 20–29 octobris 1981 habita (Acta et documenta Pontificiae Commissionis Codici Iuris Canonici recognoscendo). Hrsg. vom Pontificium consilium de legum textibus interpretandis, Città del Vaticano 1991.
- Veröffentlichung eines überarbeiteten Schemas (SchemaCIC/1982; auch „Schema Novissimum“ genannt)
- In dieses Schema wurde auch der bis dahin eigenständige Entwurf einer „Lex Ecclesiae Fundamentalis“ eingearbeitet.
○ 4. Phase (1982-1983): Päpstliche Schlussredaktion - abschließende Überarbeitung durch den Papst persönlich, zusammen mit einer kleinen Expertengruppe und einer kleinen Gruppe von Bischöfen
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○ Die Reformarbeiten werden dokumentiert in der Zeitschrift „Communicationes“.
Die Dokumentation ist immer noch im Gang; es wird noch einige Jahre dauern, bis alle Dokumente veröffentlicht sind.
Die Reihenfolge, in der die einzelnen Sitzungsprotokolle veröffentlicht werden, ist ziemlich durcheinander, so dass es nicht leicht ist, die Entstehungsgeschichte der einzelnen canones nachzuverfolgen.
Über das bis zum Jahr 2004 veröffentlichte Material gibt es eine Übersicht in:
Communicationes 36 (2004) 183-235
Daraus geht hervor, dass die Akten über die Entstehung der Bücher I bis IV zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig veröffentlicht waren.
Eine Gesamtübersicht ist zugänglich unter der Adresse:
https:// www.iuscangreg.it/cic_preparazione.php?lang=DE
Inhaltlich hat sich im Jahre 1983 nicht mehr viel verändert. Vielmehr hat der CIC/1983 zusammengefasst, was auch schon vorher gegolten hatte, insbesondere aufgrund der Gesetzgebung in der Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil.
B. Aufbau
Der CIC ist in sieben Bücher aufgeteilt.
○ Buch I: Allgemeine Normen
Bestimmungen mit eher formalem Charakter, die sich nicht nur auf einzelne, sondern auf verschiedene Rechtsgebiete beziehen
○ Buch II: Volk Gottes
enthält das kirchliche Verfassungsrecht (→ Struktur der Kirche) und das kirchliche Vereinigungsrecht (→ Strukturen in der Kirche, die auf dem freien Vereinigungswillen von Gläubigen beruhen)
○ Buch III: Verkündigungsdienst der Kirche
handelt über Predigt, Mission, Erziehung und Bildung, Bücher und Medien
○ Buch IV: Heiligungsdienst der Kirche
handelt über Sakramente, andere gottesdienstliche Handlungen, heilige Orte und Zeiten
○ Buch V: Kirchenvermögen
○ Buch VI: Strafbestimmungen der Kirche
○ Buch VII: Prozesse
Die Überschriften von Buch III und IV nehmen Bezug auf die dreifache Sendung der Kirche, die dem dreifachen Amt Christi entspricht:
Hirtenamt → munus regendi
Prophetenamt → munus docendi → Buch III
Priesteramt → munus sanctificandi → Buch IV
○ Vorschriften für die Ausübung des munus regendi finden sich vor allem in Buch II, aber nicht nur dort, und erst recht ist Buch II nicht darauf beschränkt. Eine strenge Gliederung nach den drei munera schien den Vätern der Codexreform weder sinnvoll noch möglich.
Die einzelnen Bücher (libri) sind in unterschiedlicher Weise weiter unterteilt in
○ Teile (partes)
○ Sektionen (sectiones)
○ Titel (tituli)
○ Kapitel (capita)
○ Artikel (articula)
Die durchgehende Zählung der Vorschriften bezieht sich auf die „canones“.
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○ abgekürzt „c.“, Plural „cc.“ oder „can.“, Plural „cann.“
○ Die einzelnen canones sind zum Teil weiter unterteilt in Paragraphen, Nummern oder beides.
Wo es um vollständige Sätze geht, wurde in Paragraphen unterteilt.
Wo es um Satzteile geht, wurde in Nummern unterteilt.
Die Nummern sind in der lateinischen Ausgabe durch eine Zahl mit einem hochgestellten ° gekennzeichnet; in der Literatur findet man statt dessen auch ein kleines „n.“.
○ In der kanonistischen Literatur ist es teilweise üblich, die Abkürzungen „c.“ bzw. „cc.“ nur für das geltende Recht zu verwenden, die Abkürzungen „can.“ bzw. „cann.“ nur für früheres Recht (z. B. den CIC/1917).
C. Rechtliche Geltung
1. Inkraftsetzung
- Die rechtliche Geltung des CIC rührt daher, dass Papst Johannes Paul II. ihn am 25.1.1983 als kirchliches Gesetzbuch erlassen hat.
○ Das geschah mit der AK Sacrae disciplinae leges, die am Anfang der verschiedenen
Ausgaben des CIC mit abgedruckt ist.
○ Dabei hat der Papst bestimmt, dass der CIC/1983 mit dem Beginn des nachfolgenden Kirchenjahres, d. h. zum 27.11.1983 in Kraft treten sollte.
○ Es gab also eine Zwischenzeit zwischen Promulgation und In-Kraft-Treten. Das ist bei neuen Gesetzen üblich. Es dient dazu, dass die Adressaten sich mit dem Gesetz vertraut machen können, bevor es in Kraft tritt. Diese Zwischenzeit wird als vacatio legis oder „Gesetzesschwebe“ bezeichnet. - Rechtliche Geltung hat allein die lateinische Fassung.
○ Es gibt aber eine im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz herausgegebene lateinisch-deutsche Ausgabe.
2. Geltungsbereich (cc. 1 und 11)
- c. 1: Geltung nur für die Lateinische Kirche
○ also nicht für die katholischen Ostkirchen
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Die katholischen Ostkirchen (Zahlenangaben nach “Oriente cattolico” 20175
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○ Es gibt 23 katholische Ostkirchen (Ecclesiae catholicae orientales).
Statistische Daten dazu: siehe im Annuario Pontificio
○ Die Ostkirchen gehören fünf verschiedenen Traditionen an (vgl. c. 28 § 2 CCEO): der alexandrinischen (= koptischen), der antiochenischen (= westsyrischen), der armenischen, der chaldäischen (= ostsyrischen) und der konstantinopolitanischen (= byzantinischen) Tradition.
○ Von der Organisationsform her kann man dabei unterscheiden zwischen Patriarchatskirchen (6), großerzbischöflichen Kirchen (4), Metropolitankirchen (3) und anderen (kleineren) Arten von Kirchen (10).
○ Die Originalfassung des CIC verwendete für die verschiedenen Ostkirchen den Ausdruck Ecclesiae rituales oder Ecclesiae rituales sui iuris (c. 111). Dieser Ausdruck hob vor allem einen besonderen Aspekt hervor, nämlich den liturgischen Ritus. Tatsächlich unterscheiden sich die katholischen Ostkirchen aber auch auf anderen Gebieten (und umgekehrt haben nicht alle Kirchen jeweils einen spezifischen liturgischen Ritus). Seit der Veröffentlichung des CCEO hat sich angesichts dessen der Ausdruck Ecclesia sui iuris (Kirche sui iuris) durchgesetzt. Durch das MP De concordia inter Codices (2016) wurde dieser Sprachgebrauch auch in den CIC eingeführt.
○ Mit Ausnahme der Maroniten entsprechen alle katholischen Ostkirchen einer nichtkatholischen Ostkirche, die in derselben liturgischen, geistlichen und rechtlichen Tradition steht.
Dabei entsprechen die katholischen Ostkirchen der byzantinischen Tradition den „orthodoxen“ Kirchen.
Umgekehrt gibt es zu allen einigermaßen bedeutenden nichtkatholischen Kirchen des Ostens eine katholische Parallele.
○ Die katholischen Ostkirchen werden herkömmlich auch als „unierte Kirchen“ bezeichnet. Dieser Ausdruck beschreibt sie aber nur unter einer bestimmten Rücksicht, nämlich unter der Rücksicht ihres Verhältnisses zur Lateinischen Kirche bzw. zum Papst. Es ist besser, diesen Ausdruck zu vermeiden.
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○ Der Ausdruck „Ostkirchen“ ist von der historischen Herkunft der betreffenden Kirchen her zu verstehen.
Heutzutage sind die katholischen Ostkirchen nicht auf bestimmte „östliche“ Länder beschränkt, sondern weltweit verbreitet (insbesondere in den USA, Kanada, Brasilien, Argentinien, Mexiko, Australien).
Ebenso gibt es auch in den Gebieten, in denen die Ostkirchen entstanden sind, zugleich eine Hierarchie der Lateinischen Kirche.
Die Zugehörigkeit des einzelnen zur Lateinischen Kirche bzw. zu einer katholischen Ostkirche bestimmt sich nicht nach territorialen, sondern nach personalen Kriterien. Im Allgemeinen übernimmt man die Zugehörigkeit von den Eltern (vgl. c. 111 § 1). ○ Den katholischen Ostkirchen gehören ca. 17 Millionen Gläubige an, also zwischen einem und zwei Prozent aller Katholiken. Der CIC gilt also für über 98 Prozent der Katholiken.
○ Für die katholischen Ostkirchen gibt es seit 1990 ein eigenes Gesetzbuch, den Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium.
○ Die „Lateinische Kirche“ untersteht dem Papst nicht nur als Oberhaupt der gesamten katholischen Kirche, sondern auch als Oberhaupt der Lateinischen Kirche.
○ In der Lateinischen Kirche gibt es verschiedene liturgische Riten, vor allem den römischen Ritus, aber z. B. auch den ambrosianischen Ritus (in der Diözese Mailand). Das berechtigt aber nicht dazu, innerhalb der Lateinischen Kirche verschiedene Ecclesiae sui iuris zu unterscheiden. Vielmehr steht die Lateinische Kirche mit den verschiedenen katholischen Ostkirchen auf einer Stufe.
○ Einige canones des CIC behandeln „interekklesiale Fragen“, d. h. Angelegenheiten, bei denen Gläubige der Lateinischen Kirche mit Gläubigen der katholischen Ostkirchen in Beziehung treten, etwa im Bereich der Sakramente.
Eine weitere wichtige Aussage über den Geltungsbereich des CIC ergibt sich aus c. 11. Demnach gelten rein kirchliche Gesetze – also auch die rein kirchlichen Gesetze des CIC – nur für diejenigen, die in der katholischen Kirche getauft oder zur katholischen Kirche konvertiert sind.
3. Verhältnis des CIC zum früheren Recht (cc. 2-5)
- Cc. 2-5 beschreiben das Verhältnis des CIC zum vorausgehenden Recht. Demnach bleiben in Geltung:
○ die rechtlich bindenden Bestimmungen der liturgischen Bücher, soweit der CIC daran nichts geändert hat (c. 2)
○ die Verträge zwischen Kirche und Staat (c. 3)
○ wohlerworbene Rechte und Privilegien (c. 4)
○ unter bestimmten Bedingungen auch Gewohnheitsrecht (c. 5)
○ Gesetze über eine Materie, die vom Codex nicht umfassend neu geordnet wird (c. 6).
D. Fortschreibung des CIC
1. Eingriffe in den Wortlaut des CIC
- Seit 1983 wurde der Wortlaut des CIC wurde sechsmal geändert, jeweils durch ein Motu proprio:
- 1998 MP Ad tuendam fidem
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○ Die Änderungen betreffen c. 750 und c. 1371, 1°.
○ Darin geht es um die verschiedenen Stufen des authentischen (d. h. verbindlichen) Lehrens in der Kirche. Die ursprüngliche Fassung des CIC hatte nur zwischen zwei Stufen unterschieden, nämlich den vom kirchlichen Lehramt vorgelegten Inhalten der göttlichen Offenbarung (c. 750 alt) und dem „authentischen Lehramt“, das Lehren verbindlich vorträgt, ohne sie als definitiv verpflichtend zu verkünden (c. 752). Durch die Änderung wurde eine mittlere Stufe hinzugefügt: Lehren, die als endgültig anzunehmen sind, ohne unmittelbar Gegenstand der göttlichen Offenbarung zu sein.
2009 MP Omnium in mentem
○ In den einleitenden Canones über das Weihesakrament (cc. 1008 und 1109) wurden Änderungen vorgenommen, um die Formel „in der Person Christi des Hauptes handeln“ (in persona Christi Capitis agere), die in der ursprünglichen Fassung des CIC ohne Unterscheidung nach Weihestufe auf alle Kleriker angewandt worden war, auf die Bischöfe und Priester zu beschränken, so dass sie nicht mehr auf Diakone angewandt wurde. Dabei handelt es sich um eine Anpassung an die herkömmliche Lehre der Kirche, insbesondere auch an den Katechismus der Katholischen Kirche. Die ursprüngliche Fassung des CIC/1983 war in dieser Hinsicht wohl zu wenig sorgfältig formuliert.
○ Im Bereich des Eherechts gab es im CIC/1983 drei Bestimmungen, die diejenigen aus ihrem Adressatenkreis ausnahmen, die durch formalen Akt vom katholischen Glauben abfielen (cc. 1086 § 1, 1117 und 1124). Diese sogenannten „Defektionsklauseln“ wurden durch das MP Omnium in mentem gestrichen.
Näheres dazu in der Vorlesung über das kirchliche Eherecht.
2015 MP Mitis Iudex Dominus Iesus
○ Dadurch wurden cc. 1671-1691 neu gefasst, um den Ehenichtigkeitsprozess zu vereinfachen.
2016 MP De concordia inter Codices
○ Dadurch wurden elf Canones des CIC geändert, um eine größere Übereinstimmung mit dem CCEO herzustellen.
2017 MP Magnum principium
○ C. 838 wurde geändert, um die Stellung der Bischofskonferenz bei der Herausgaben von Übersetzungen der liturgischen Bücher zu stärken.
2019 MP Communis vita
○ Cc. 694, 729 wurden geändert, um die Entlassung von Ordensleuten, die sich von ihrer Gemeinschaft getrennt haben und nicht mehr auffindbar sind, zu vereinfachen.
Geplant ist außerdem eine vollständige Überarbeitung von Buch VI des Codex, d. h. eine Überarbeitung des Strafrechts. Im Jahre 2011 wurde dafür ein Entwurf verschickt. Ob und wann es tatsächlich zu dieser Reform kommen wird, ist derzeit nicht absehbar.
2. Sonstige Änderungen
- Wenngleich es bislang keine weiteren Änderungen am Wortlaut des CIC gegeben hat, wurden 1einige seiner Normen doch von ihrem Inhalt her geändert:
○ Cc. 360 und 361 sprechen über die Römische Kurie und zählen dabei einzelne Kurienbehörden auf. Die Struktur der Römischen Kurie hat sich allerdings seitdem geändert, denn der in cc. 360 und 361 erwähnte „Rat für die öffentlichen Angelegenheiten der Kirche“ wurde im Jahre 1988 durch die AK Pastor Bonus in die Zweite Sektion des Staatssekretariats umgewandelt. Unter dieser Rücksicht sind cc. 360 und 361 veraltet.
5 Siehe dazu die Übersicht unter: https://www.iuscangreg.it/cic_modifiche.php?lang=DE
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○ In den Jahren 2016 und 2018 wurden die bisherigen Normen über Nonnen (d. h. Ordensschwestern, die sich dem kontemplativen Leben widmen) geändert. Dadurch kam es der Sache nach zu Änderungen an den cc. 628 § 2, 1°; 638 § 4; 667 § 4; 686 § 2;
○ C. 874 § 1, 3° verlangt, dass Taufpaten katholisch sein müssen. Demgegenüber ist nach dem Ökumenischen Direktorium von 1993 (Nr. 98 b) auch ein orthodoxer Taufpate zulässig, wenn zugleich ein katholischer Taufpate vorhanden ist.
○ C. 948 verbietet dem Priester, für eine Messe mehrere Intentionen anzunehmen. Durch ein Dekret der Kleruskongregation vom 22.2.1991 (siehe: AAS 83 [1991] 443-446) wurden davon Ausnahmen zugelassen.
Im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz wurde diese Ausnahmemöglichkeit jedoch nicht eingeführt.6
○ C. 1037 spricht über das Zölibatsversprechen vor der Diakonenweihe. Die Bestimmung wurde – im päpstlichen Auftrag – durch ein Dekret der Gottesdienstkongregation vom 29.6.1989 geändert (= Dekret zur Approbation des Pontifikale Romanum [= des liturgischen Buches, das u. a. die Feier des Weihesakraments beschreibt]; auch abgedruckt in: AAS 82 [1990] 826 f., Nr. 5). Nach diesem Dekret
ist das Zölibatsversprechen in der Liturgie der Diakonenweihe abzulegen (c. 1037 hatte den Zeitpunkt offengelassen);
muss das Zölibatsversprechen – entgegen c. 1037 – auch von Ordensleuten abgelegt werden.
Hintergrund: Ordenskleriker bleiben auch nach ihrem Austritt bzw. ihrer Entlassung aus dem Orden zum Zölibat verpflichtet. So gesehen ist der Zölibat nicht einfach im Gelübde der Keuschheit, das die Ordensleute ablegen, eingeschlossen.
○ In Abweichung von dem in c. 1342 § 2 formulierten Grundsatz, wonach die Verhängung von Strafen für immer nur auf dem Gerichtsweg möglich ist, wurden mehren Dikasterien der Römischen Kurie Vollmachten erteilt, durch die straffällig gewordene Kleriker unter bestimmten Umständen auf dem Verwaltungsweg aus dem Klerikerstand entlassen werden können.
○ C. 1395 § 2 stellt (unter anderem) Sexualdelikte von Klerikern an Minderjährigen unter 16 Jahren unter Strafe. Durch das MP Sacramentorum Sanctitatis tutela vom 30.4.2001 (in Verbindung mit den dadurch in Kraft gesetzten Normae substantiales7, Art. 4 § 1) wurde diese Altersgrenze auf 18 Jahre angehoben.
○ Cc. 1709-1710 setzen voraus, dass die Zuständigkeit für Weihnichtigkeitsverfahren bei einer Kongregation der Römischen Kurie liegt. Durch das MP Quaerit semper (2011) wurde sie einem Amt bei der Römischen Rota übertragen.
Außerdem ist zum Thema „Fortschreibung des CIC“ auch auf die authentischen Interpretationen des Päpstlichen Rates für Gesetzestexte hinzuweisen.
E. Hilfsmittel für die Auslegung des CIC
mit Quellen versehene Ausgabe:
○ Codex Iuris Canonici, fontium annotatione auctus, hrsg. von der Pontificia Commissio Codici Iuris Canonici authentice interpretando
Konkordanzen:
○ Ochoa, Javier: Index verborum ac locutionum Codicis Iuris Canonici, 2. Aufl., Roma 1984
○ Zapp, Hartmut: Codex iuris canonici : Lemmata
6 Siehe MK zu c. 948, Rn. 3 (Juli 2004).
7 AfkKR 171 (2002) 458-466.
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○ Da der CIC in digitaler Form verfügbar ist, sind diese Konkordanzen inzwischen nicht mehr so wichtig.
Synopsen CIC – CCEO:
○ Canones-Synopse, von Carl Gerold Fürst
○ Synopsis Corporis Iuris Canonici, von J. Budin und G. Ludwig
Diese Synopse vergleicht nicht nur den CIC/1983 und den CCEO, sondern auch den CIC/1917 und die vier zwischen 1949 und 1957 veröffentlichten Motu Proprio des Ostkirchenrechts.
Der traditionelle Ausdruck Corpus Iuris Canonici wird hier in einem modernen Sinn uminterpretiert – das ist wohl eher verwirrend als hilfreich.
○ Solche Synopsen sind vor allem deshalb von Bedeutung, weil sich in manchen Fällen aus einem Vergleich mit dem CCEO wichtige Aspekte für die Auslegung des CIC ergeben.
Kommentare
○ Münsterischer Kommentar zum CIC, hrsg. von Klaus Lüdicke
Loseblattsammlung in sechs Ordnern
Seit der 34. Ergänzungslieferung (November 2000) ist der Kommentar vollständig; er wird aber weiter überarbeitet.
Wegen der fortlaufenden Überarbeitung ist es erforderlich, bei Zitaten aus dem MK jeweils anzugeben, auf welche Erg.-Lfg. Bezug genommen wird.
○ Comentario exegético al Código de Derecho Canónico, 5 Bände, drei davon in jeweils zwei Teilbände unterteilt, Pamplona, 3. Aufl. 2002
dem Opus Dei nahestehend
Davon gibt es auch eine englische Übersetzung.
○ und viele andere kleinere Kommentare
Lexika
○ Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht (3 Bände, 2000-2004)
○ wird nach und nach ersetzt durch: Lexikon des Kirchen- und Religionsrechts (auf 4 Bände angelegt; seit 2018)
○ Lexikon des Kirchenrechts, 2004 (= im wesentlichen eine Zusammenstellung der kirchenrechtlichen Artikel der 3. Aufl. des LThK)
○ Diccionario General de Derecho Canónico, 7 Bände, 2012.
○ Nuovo Dizionario di Diritto Canonico, 1993
Hand- und Lehrbücher
○ Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 3. Aufl. 2015
○ Aymans – Mörsdorf, Kanonisches Recht, 4 Bände (Bd. 4 unter Mitarbeit von L. Müller), 1991–2013.
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