§ 15 – Rechtsprechung
A. Einführung
- Nach den Abschnitten dieser Vorlesung über die Gesetzgebung (§ 8) und das Verwaltungshandeln (§ 12) scheint auch ein Überblick über die kirchliche Rechtsprechung angebracht. Anders als Gesetzgebung und Verwaltung wird die kirchliche Rechtsprechung in Buch I des CIC nicht detailliert, sondern nur ganz beiläufig erwähnt (c. 135 §§ 1 und 3). Die näheren Vorschriften darüber finden sich in Buch VII.
- Kennzeichen der Rechtsprechung:
○ Sie erfolgt nur auf die Klage eines anderen hin („Wo kein Kläger, da kein Richter“).
○ Im Falle einer rechtmäßigen Klage ist der Richter verpflichtet, ein Urteil zu fällen.
○ Er hat dabei in der Regel keinen Ermessensspielraum, sondern hat so zu urteilen, wie es Recht und Gesetz verlangen.
○ Die Rechtsprechung unterliegt detaillierten Verfahrensnormen (vor allem in Buch VII des CIC). - Inhaber richterlicher Gewalt:
○ Wer in vollem Umfang über kirchliche Leitungsgewalt verfügt – d. h. der Papst, das Bischofskollegium und die Diözesanbischöfe (cc. 391 § 1, 1419 § 1) sowie die ihnen Gleichgestellten – verfügt damit auch über richterliche Gewalt. - Üblicherweise machen diese Autoritäten von ihrer richterlichen Gewalt aber nicht persönlich Gebrauch.
- Die richterliche Gewalt des Papstes wird durch die Gerichtshöfe der Römischen Kurie ausgeübt, die richterliche Gewalt des Diözesanbischofs durch das Diözesangericht (c. 391 § 2).
○ Amtsträger, die bloß über richterliche Gewalt verfügen, sind die Richter und Richterkollegien. - Sie können ihre Gewalt gemäß c. 135 § 3 nicht an andere delegieren.
B. Gerichte in der katholischen Kirche
1. Ordentliche Gerichtsbarkeit
- Die nachstehend genannten ordentlichen Gerichte sind für alle Arten von Klagen zuständig,
○ für die der Gerichtsweg nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist
○ und für die nicht besondere Gerichte eingerichtet sind. - erste Instanz: Normalerweise soll jede Diözese ihr eigenes Diözesangericht haben (cc. 1420-
1421). Es ist das Gericht erster Instanz. In besonderen Fällen können mehrere Diözesanbischöfe zusammen ein interdiözesanes Gericht errichten (c. 1423 § 1).
○ Das Diözesangericht trägt in Deutschland meistens den Namen „Offizialat“. In einigendeutschen Diözesen (München, Augsburg, Regensburg, Passau, Berlin) heißt es hingegen„Konsistorium“.
○ Die meisten deutschen Diözesen haben jeweils ihr eigenes Gericht. Insgesamt gibt es für die 27 deutschen Diözesen aber nur 22 Gerichte, denn - Osnabrück und Hamburg haben ein gemeinsames Diözesangericht, ebenso Köln und Essen.
- Für alle ostdeutschen Bistümer mit Ausnahme von Berlin ist die 1. Instanz in Erfurt.
- Die zweite Instanz ist normalerweise im jeweiligen Metropolitanbistum (Erzbistum) angesiedelt (c. 1438, 1°). Für Verfahren, die in erster Instanz vor dem Gericht des Metropolitanbistums verhandelt wurden, liegt die zweite Instanz bei einem anderen Gericht, das der Metropolit mit Genehmigung des Apostolischen Stuhls für dauernd bestimmt hat (c. 1438, 2°). ○ Z. B. ist die zweite Instanz für Limburg in Köln; die zweite Instanz für Köln ist Münster.
○ Für Osnabrück/Hamburg ist die zweite Instanz in Hildesheim (und umgekehrt). - Die dritte und weitere Instanzen liegen normalerweise bei der Römischen Rota (c. 1444 § 1, 2°).
○ Im Falle von Ländern, deren Sprachen an der Rota weniger bekannt sind, wird aber von den Klägern häufig eine dritte Instanz im eigenen Land beantragt. Das ist bei Verfahren aus Deutschland normalerweise der Fall. Welches Gericht dann jeweils die dritte Instanz übernimmt, legt die Apostolische Signatur von Fall zu Fall fest. Meist wird ein anderes Erzbistum ausgewählt (z. B. 1. Instanz Limburg, 2. Instanz Köln, 3. Instanz Freiburg). - Bestimmte Lebensgemeinschaften der evangelischen Räte können für interne Streitigkeiten eigene Gerichte errichten (vgl. cc. 1427, 1438, 3°), Auch das Opus Dei hat ein eigenes Gericht.26
2. Gerichte des Apostolischen Stuhls
- Sie sind alle in demselben Gebäude angesiedelt sind, dem „Palazzo della Cancelleria“:
- die Römische Rota (c. 1444):
○ Bei ihr liegen in erster Linie die dritte und weitere Instanzen in ordentlichen Gerichtsverfahren (c. 1444 § 1, 2°).
○ Bestimmte Sachen gehen allerdings gleich in erster Instanz an die Rota; das gilt unter anderem für Verfahren von Staatsoberhäuptern, Kardinälen und päpstlichen Gesandten sowie für Strafsachen von Bischöfen (c. 1405 § 1).
○ Die Rota-Entscheidungen werden einige Jahre später größtenteils veröffentlicht. Die Namen der Parteien sind dabei anonymisiert (Rotae Romanae Tribunal, Decisiones seu sententiae). - die Apostolische Signatur (c. 1445): Sie hat mehrere Sektionen:
○ Die Signatur fungiert als eine Art Kassationshof für die Römische Rota. Sie behandelt also Klagen, die sich in irgendeiner Weise gegen die Römische Rota richten (z. B. Nichtigkeitsbeschwerde gegen Rota-Urteile, Befangenheitsbeschwerden gegen Rota-Richter usw.)
○ Außerdem fungiert sie als Verwaltungsgericht, an das man sich wenden kann, um gegen Verwaltungsakte von Behörden der Römischen Kurie zu klagen. Eine solche Klage kann sich richten: - gegen Verwaltungsakte, die von den Kurienbehörden selbst ausgingen,
3. Besondere Gerichte für bestimmte Angelegenheiten
- Auch wenn der CIC diese Möglichkeit nicht erwähnt, ist es doch zulässig, für bestimmte Angelegenheiten besondere Gerichte einzurichten, so dass solche Angelegenheiten der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte entzogen sind.
- in Deutschland:
○ in einem Teil der Bistümer: Disziplinargerichte für Kirchenbeamte - Es erscheint allerdings fraglich, ob es sich dabei tatsächlich um Gerichte im Sinne des Kirchenrechts handelt.
○ für ganz Deutschland: eine kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit für Streitigkeiten aus dem Bereich des kollektiven kirchlichen Arbeitsrechts (KODA- und MAVO-Angelegenheiten) - siehe dazu: DBK, Kirchliche Arbeitsgerichtsordnung (KAGO), von 2010
- 1. Instanz: Kirchliches Arbeitsgericht für das jeweilige Bistum oder für mehrere Bistümer zusammen
- 2. Instanz: Kirchlicher Arbeitsgerichtshof (mit Sitz in Bonn)
○ für ganz Deutschland: eine kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit - Sowohl das Gericht 1. Instanz als auch das Gericht 2. Instanz befinden sich in Bonn.
- beim Apostolischen Stuhl:
○ Neben der Rota und der Apostolischen Signatur hat auch die Glaubenskongregation bestimmte gerichtliche Kompetenzen, nämlich für bestimmte Strafsachen - Siehe dazu das MP Sacramentorum sanctitatis tutela, von 2001, einschließlich der zugehörigen Normen der Glaubenskongregation (2010).
4. Schlichtungsstellen
- Eine gewisse Verwandtschaft mit dem Gerichtswesen haben die in der Kirche eingerichteten Schlichtungsstellen.
○ In Deutschland gibt es Schlichtungsstellen vor allem auf dem Gebiet des Arbeitsrechts.
○ Es gibt aber auch Schlichtungsstellen für Auseinandersetzungen auf dem Gebiet der Pastoral.
C. Zusammensetzung der Diözesangerichte
- (behandelt in cc. 1420-1421, 1430-1437)
- Der Leiter des Diözesangerichts heißt „Gerichtsvikar“ oder „Offizial“.
- Daneben können ein oder mehrere „stellvertretende Gerichtsvikare“ oder „Vizeoffiziale“ bestellt werden.
○ Offizial und Vizeoffiziale müssen Priester sein. - Außerdem gibt es eine Reihe von Diözesanrichtern. Üblicherweise sind einige hauptamtlich bestellt; das sind meistens eher Laien (oder ständige Diakone); andere sind nebenbei als Diözesanrichter tätig; das ist normalerweise eher bei Priestern der Fall.
○ Die Voraussetzung, um Diözesanrichter zu werden, ist das Lizentiat im kanonischen Recht. - Ggf. werden auch eigene Vernehmungsrichter bestellt.
- Für Eheverfahren (und auch für Weihenichtigkeitsverfahren) gibt es den „(Ehe-)Bandverteidiger“ (defensor vinculi). Im Ehenichtigkeitsverfahren ist es seine Aufgabe, diejenigen Argumente vorzubringen, die für die Gültigkeit der Ehe sprechen.
- Für Angelegenheiten, die das öffentliche Wohl der Kirche betreffen, und für Strafsachen gibt es einen „Kirchenanwalt“ (promotor iustitiae), den man in gewisser Weise mit dem Staatsanwalt
vergleichen kann. - Außerdem gibt es eine Reihe von Notaren, die die Schriftstücke ausfertigen und beglaubigen.
D. Verfahrensarten
- Welche Angelegenheiten in einem gerichtlichen Verfahren behandelt werden können bzw. müssen, kann man nicht einfach aus ihrer Natur ableiten. Vielmehr ist es der Kirche im Prinzip freigestellt, in welchen Angelegenheiten Gerichte tätig werden können und in welchen nicht.
Die Entscheidung darüber ist eine Ermessensfrage des kirchlichen Gesetzgebers.
○ Die gerichtliche Vorgehensweise bietet einen höheren Schutz für die Verwirklichung der Gerechtigkeit. Sie ist aber vergleichsweise umständlich und zeitraubend.
○ Das Vorgehen auf dem Verwaltungsweg ist demgegenüber mehr an einem reibungslosen Funktionieren in der Praxis orientiert; die Verwirklichung der Gerechtigkeit tritt demgegenüber bis zu einem gewissen Grad zurück. - Die grundlegenden Aussagen über die Frage, was Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sein kann, finden sich in cc. 1400-1401:
○ Das Tätigwerden eines kirchlichen Gerichts setzt zunächst einmal voraus, dass es sich um eine in irgendeinem Sinn „kirchliche Angelegenheit“ handelt, nicht um eine rein weltliche Angelegenheit (c. 1401).
○ Die einzelnen möglichen Gegenstände von Gerichtsverfahren sind in c. 1400 aufgezählt. - Demnach können Rechtsansprüche im Prinzip vor kirchlichen Gerichten geltend gemacht werden.
- Eine Ausnahme davon sind aber Maßnahmen der ausführenden Gewalt, für die kein Verwaltungsgericht vorhanden ist (d. h. zurzeit konkret: alle Maßnahmen der ausführenden Gewalt, die nicht von Behörden der Römischen Kurie getroffen werden). Solche Maßnahmen sind daher nur auf dem Verwaltungsweg anfechtbar.
○ Die Gewährung von Gnadenerweisen (z. B. Dispensen usw.) kann man natürlich nicht auf dem Rechtsweg erzwingen. - Andererseits kann der kirchliche Gesetzgeber bestimmen, dass bestimmte Angelegenheiten nur auf dem Gerichtsweg entschieden werden können.
○ Das wichtigste Beispiel dafür: Die Nichtigkeit einer Ehe, die – zumindest dem Anscheinnach – unter Beachtung der geltenden Formvorschriften eingegangen wurde, kann nur aufdem Gerichtsweg festgestellt werden (vgl. cc. 1085 § 2, 1684 § 1). - Im einzelnen nennt der CIC sechs verschiedene Arten von Gerichtsverfahren:
○ das „ordentliche Streitverfahren“ (cc. 1501-1655)
○ das mündliche Streitverfahren, das für Angelegenheiten von weniger großer Bedeutung Anwendung finden kann (cc. 1656-1670)
○ das Ehenichtigkeitsverfahren (cc. 1671-1691, erneuert durch das MP Mitis Iudex [2015]) - nähere Bestimmungen darüber in der Instruktion „Dignitas connubii“ aus dem Jahre 2005
○ das Verfahren zur Trennung der Ehegatten (cc. 1692-1696)
○ das Weihenichtigkeitsverfahren (cc. 1708-1712)
○ den Strafprozess (cc. 1717-1731) - Weitere Arten von Gerichtsverfahren können partikularrechtlich vorgesehen sein.
○ So gibt es in Deutschland Vorschriften für - Disziplinarverfahren gegen Kirchenbeamte,
- die kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit,
- die kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit.
- Faktisch sind die von den ordentlichen Diözesangerichten durchgeführten Gerichtsverfahren zu 99 % Ehenichtigkeitsverfahren.
- Daneben kümmern sich die Diözesangerichte auch um Eheverfahren auf dem Verwaltungsweg, nämlich
○ Verfahren zur Auflösung nicht vollzogener Ehen
○ Verfahren zur Auflösung nicht sakramentaler Ehen
In diesen Fällen wird durch die Mitarbeiter der Diözesangerichte nur die Beweiserhebung durchgeführt. Anschließend werden die Unterlagen zur Entscheidung nach Rom gesandt.
E. Ablauf eines Gerichtsverfahrens am Beispiel des Ehenichtigkeitsverfahrens
- Motive der Antragsteller in Ehenichtigkeits- bzw. Eheauflösungsverfahren:
○ Meistens werden solche Verfahren begonnen in der Absicht, eine zweite Ehe einzugehen bzw. eine bereits staatlich geschlossene Zweitehe zu sanieren.
○ Es kommen aber auch andere Motive vor (z. B. gewünschter Ordenseintritt; oder einfach der Wunsch, moralisch nicht mehr an den anderen Partner gebunden zu sein).
○ Manchmal geht es darum, ein kirchliches Arbeitsverhältnis nicht durch das Eingehen einer nach kirchlichem Recht unzulässigen Ehe zu gefährden. - Konfession der Antragsteller:
○ Die Mehrzahl der Antragsteller ist katholisch.
○ Es kommt aber auch relativ häufig vor, dass sich geschiedene nichtkatholische Christen an das katholische Gericht wenden, um eine zweite Ehe mit einem katholischen Partner eingehen zu können.
○ Geschiedene Ungetaufte, die einen katholischen Partner heiraten wollen, gehen meistens nicht den Weg eines Nichtigkeitsverfahrens, sondern erbitten eher eine Auflösung ihrer ersten (nicht sakramentalen) Ehe in favorem fidei. - Damit jemand einen Antrag auf Nichtigerklärung seiner Ehe stellen kann, braucht er in der Regel kompetente Beratung.
○ Die deutschen Diözesangerichte bieten eine solche Beratung kostenlos an. - Man kann sich dazu auch einen kirchlichen Anwalt nehmen, den man allerdings bezahlen muss. Faktisch wird von dieser Möglichkeit nur relativ selten Gebrauch gemacht.
- Die Beratung führt ggf. zur Abfassung der Klageschrift, in der man insbesondere anzugeben hat
○ aus welchem Grund man seine Ehe für nichtig hält
○ wie man das Vorliegen dieses Grundes zu beweisen gedenkt; im allgemeinen werden dafür mindestens zwei Zeugen benannt; häufig sind das nahe Verwandte, z. B. Eltern oder Geschwister - Die Klageschrift ist an das zuständige Diözesangericht zu leiten. Zuständig ist nach c. 1672 in erster Linie
○ das Gericht des Eheschließungsortes oder
○ das Gericht des Wohnsitzes oder Quasi-Wohnsitzes einer der Ehepartner. - Wenn die Klage eingegangen ist, beginnt das eigentliche Verfahren. Es ist nicht öffentlich, d. h., nur die beiden Ehepartner haben Einsicht in die Akten. Eine Begegnung der Ehepartner ist nicht vorgesehen.
- Man kann das Verfahren in vier Phasen aufteilen:
○ 1) die Einleitungsphase: - Bestellung des Gerichtshofes
- Für Ehenichtigkeitsverfahren muss ein Kollegialgericht von drei Richtern eingesetzt werden; zwei davon müssen Kleriker sein; einer kann Laie sein.
- Entscheidung über Annahme oder Ablehnung der Klageschrift
- Festlegung des zu überprüfenden Nichtigkeitsgrundes (bzw. der zu überprüfenden Nichtigkeitsgründe)
○ 2) die Beweisaufnahme: - Vernehmung des Antragstellers
- soweit möglich, Vernehmung des anderen Ehepartners
- Vernehmung der Zeugen
○ 3) die Diskussionsphase - Die Diskussion erfolgt schriftlich.
- Dabei muss auch der Ehebandverteidiger beteiligt werden.
○ 4) die Entscheidungsphase - Zunächst fertigen die Richter jeweils unabhängig voneinander ein schriftliches Gutachten an.
- Dann treffen sie sich zur Urteilssitzung und fällen – wenn nötig durch
Mehrheitsentscheid – das Urteil. - Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Urteilsanfechtung
○ für gültige Urteile: die Berufung (appellatio)
○ für ungültige Urteile: die Nichtigkeitsklage (querela nullitatis)
○ für offenkundig ungerechte Urteile, die nicht mehr in anderer Weise angefochten werden können (das kommt allerdings bei Ehenichtigkeitssachen nicht in Betracht): die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (restitutio in integrum) - übliche Verfahrensdauer: ca. 1 Jahr
○ Manchmal ziehen sich die Verfahren aber auch über viele Jahre hin, z. B. wenn der Antragsteller zwischendurch sein Interesse verliert.
○ Durch das MP Mitis iudex (2015) wurde auch die Möglichkeit eines kürzeren Eheverfahrens (processus brevior) eingeführt für Fälle, in denen die Nichtigkeit offenkundig ist und beide Verfahren mit dem kürzen Verfahren einverstanden sind. In Deutschland wird von dieser
Möglichkeit allerdings praktisch kein Gebrauch gemacht. - Gebühren (in Deutschland):
○ im Regelfall: 200 € für die 1. Instanz
○ Zusätzliche Kosten entstehen, wenn es um Fälle von Eheschließungs- oderEheführungsunfähigkeit aus psychischen Gründen geht und für deren Nachweis ein psychologisches Gutachten eingeholt werden muss. - Erfolgsaussichten:
○ hängen sehr von der „Vorsortierung“ ab, d. h. davon, ob Leute, deren Sache aussichtslos ist, überhaupt einen Antrag stellen oder nicht; das wiederum hängt von der Qualität der Beratung ab.
F. Einführung einer Diözesanen Verwaltungsgerichtsbarkeit?
- In den Entwürfen zum CIC war die Möglichkeit vorgesehen, eine Verwaltungsgerichtsbarkeit auf der Ebene der Bischofskonferenz einzurichten. In der promulgierten Fassung des CIC sind die betreffenden Canones aber – offenbar auf päpstliche Anweisung hin – weggelassen. Die Motive für diese in der letzten Phase vorgenommene Änderung wurden nicht veröffentlicht.
- Das heißt aber nicht notwendigerweise, dass lokale Verwaltungsgerichte unzulässig wären. Es wird diskutiert, ob nicht die einzelnen Diözesanbischöfe oder Bischofskonferenzen, ohne vom
CIC dazu verpflichtet zu sein, solche Gerichte einrichten könnten.
○ Einige Diözesen habe das schon versucht. Die Apostolische Signatur hat aber erklärt, dass die Errichtung lokaler Verwaltungsgerichte nicht ohne ihr Einverständnis möglich ist. - Argumente für und gegen eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit:
○ pro - Der Schutz der Rechte der Gläubigen ist besser gewährleistet. Die Möglichkeit einer gerichtlichen Klage stellt besser die Unparteilichkeit bei der Entscheidung sicher.
- Es wäre wünschenswert, dass die Rechtskultur der Kirche mindestens so hoch ist wie die des Staates. Im staatlichen Bereich gibt es aber schon seit längerer Zeit Verwaltungsgerichte.
○ contra - Es ist unangemessen, Entscheidungen des Diözesanbischofs der Kontrolle einer anderen Autorität unterhalb des Apostolischen Stuhls zu unterwerfen.
- Solche Gerichte würden zu einer übertriebenen „Verrechtlichung“ der Kirche führen.
- In Gegenden, in denen die Leute sehr gern prozessieren, wären viele Verfahren zu erwarten, die im Grunde unnötig und für die Gemeinschaft der Kirche schädlich wären.
Die kirchliche Verwaltung stünde in Gefahr, in ihrer Tätigkeit durch Klagen über die Maßen behindert zu werden. - Für den Aufbau von Verwaltungsgerichten fehlt sowohl das nötige Personal als auch das nötige Geld. Viele Diözesen haben schon jetzt Schwierigkeiten, eine funktionierende ordentliche Gerichtsbarkeit aufrechtzuerhalten.
- Die Struktur der Kirche ist nicht einfach mit der eines Staates zu vergleichen. Es ist nicht nötig, dass das Gerichtswesen der Kirche in jeder Hinsicht dem des Staates entspricht.
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