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§ 14 – Kirchenämter

  • Die allgemeinen Normen des CIC über Kirchenämter stehen in cc. 145-196.



A. Definition und Beispiele

  • Im kirchlichen und theologischen Sprachgebrauch wird der Ausdruck „Amt“ in vielen verschiedenen Bedeutungen verwendet (z. B. Hochamt, Priesteramt, geistliches Amt, drei Ämter Christi, Pfarramt). Im folgenden geht es demgegenüber allein um das „Kirchenamt“
    (officium ecclesiasticum) im Sinne des CIC.
  • Definition in c. 145:
    ○ ein „Dienst“ (munus)
    ○ dauerhaft eingerichtet,
    ○ und zwar durch göttliche oder kirchliche Anordnung
    ○ zu einem geistlichen Zweck
  • Zum Kirchenamt gehört also nicht notwendigerweise
    ○ eine Beteiligung an der Kirchengewalt, sei es Weihe- oder Leitungsgewalt
    ○ die Ausübung durch einen Kleriker
    ○ die hauptamtliche Ausübung; Kirchenämter können auch neben- oder ehrenamtlich ausgeübt werden.
  • Ein und dieselbe Person kann mehrere Ämter innehaben, vorausgesetzt, dass die betreffenden Ämter nicht inkompatibel sind.
  • In einem gewissen Maß müssen die Vorschriften über Ämter auch auf Personenmehrheiten angewandt werden.
    ○ Das ergibt sich aus folgender Überlegung: Innerhalb der Leitungsgewalt wird zwischen „ordentlicher“ und „delegierter“ Gewalt unterschieden, je nachdem, ob die Gewalt an ein Amt gebunden ist oder nicht (c. 131 § 1). Nun handelt es sich aber etwa bei der Leitungsgewalt des Bischofskollegiums sicherlich nicht um delegierte, sondern umordentliche Gewalt.
  • Der Grund für die Einrichtung von Kirchenämtern liegt darin, dass bestimmte Dienste immerwieder zu verrichten sind. Das legt nahe, die betreffenden Dienste auf Dauer rechtlich zufixieren. Das Amt wird dadurch zu einer rechtlichen Institution. Das Amt erhält so eine objektiveBeständigkeit, die vom Wechsel der einzelnen Personen, die es innehaben, unabhängig ist.
  • Kraft göttlicher Anordnung eingerichtete Kirchenämter sind
    ○ das Papstamt
    ○ das Amt des Bischofskollegiums
    ○ das Amt des Diözesanbischofs
  • Das Amt des Diözesanbischofs bedarf allerdings einer näheren Bestimmung durch dieKirche (Abgrenzung einer Diözese).
  • Die kirchliche Einrichtung eines Amtes kann auf verschiedene Weise erfolgen
    ○ durch die verschiedenen Autoritäten (Papst, Bischof, Kapitel einer Ordensgemeinschaft,öffentlicher Verein …)
    ○ durch Gesetz, Gewohnheitsrecht, Verwaltungsakt …
  • Durch kirchliche Anordnung eingerichtete Kirchenämter sind z. B.
    ○ (im CIC erwähnt die Behörden der Römischen Kurie und ihre einzelnen Ämter, die päpstlichen Gesandten, die Bischofskonferenz, Metropolit, Auxiliarbischof, Bischofskoadjutor, General- und Bischofsvikar, Diözesanökonom, Pfarrer, Pfarrvikar, Kirchenrektor, Regens des Seminars, Provinzoberer einer Ordensprovinz, Hausoberer, Vorsitzender öffentlicher Vereine
    ○ (im CIC nicht erwähnt, sondern z. B. von einzelnen Diözesanbischöfen eingerichtet): Dekanatsjugendseelsorger, Dezernenten im Ordinariat, Pastoralreferent/in, Gemeindereferent/in
  • Nicht als Kirchenämter gelten z. B.:
    ○ wegen fehlender dauerhafter Einrichtung: das Konzil, die Diözesansynode
    ○ weil nicht als munus im Sinne von c. 145 aufgefasst:
  • der Stand der Bischöfe, Priester und Diakone
  • obgleich im Deutschen gerade der Weihestand häufig als kirchliches „Amt“ bezeichnet wird
  • Ein Priester kann z. B. das Kirchenamt „Pfarrer“ innehaben; es gibt aber auch Priester, die kein Kirchenamt innehaben (z. B. ein gerade geweihter Priester, dem noch nicht ein Amt übertragen wurde; oder ein emeritierter Pfarrer).
    ○ die Kardinalswürde (dignitas; vgl. c. 351 § 3)
    ○ Ehrentitel
  • päpstliche Ehrentitel (in aufsteigender Rangfolge), z. B. Päpstlicher Ehrenkaplan =Kaplan Seiner Heiligkeit („Monsignore“)
  • diözesane Ehrentitel
  • in Deutschland z. B. „Ehrendomherr“, „Geistlicher Rat“
    ○ Träger von Medaillen und Orden
  • z. B. Georgsplakette des Bistums Limburg
  • weil der verfolgte Zweck nicht als „geistlicher“ Zweck angesehen wird ○ Das ist für alle Ämter anzunehmen, die nicht „im Namen der Kirche“ ausgeübt werden
  • z. B. Ämter in einem privaten Verein
  • Ob es sich bei einer bestimmten Aufgabe um ein Kirchenamt handelt oder nicht, ist nichtimmer leicht zu entscheiden. Es hat allerdings auch nur wenige rechtliche Folgen.



B. Die Übertragung eines Kirchenamtes

1. Grundsätzliches

  • Grundsatz: Ein Kirchenamt kann nur durch kanonische Übertragung (provisio canonica) gültig eingenommen werden (c. 146).
  • Formen
    ○ gemäß c. 147
  • freie Amtsverleihung
  • d. h.: der Verleihende ist nicht daran gebunden, bei der Auswahl des künftigen Amtsträgers andere Personen zu beteiligen
  • Die übrigen Formen bezeichnet man auch als „gebundene Amtsverleihung“.
  • Einsetzung (institutio) einer Person aufgrund eines rechtsverbindlichen Vorschlags (= „Präsentation“)
  • Bestätigung (confirmatio) eines Gewählten
  • Zulassung (admissio) eines Postulierten, d. h. eines Gewählten, an dem ein kanonisches Hindernis haftet, von dem eine Dispens erbeten wird
  • nicht bestätigungsbedürftige Wahl
    ○ C. 147 nennt zwar die wichtigsten Formen der Amtsübertragung; die Aufzählung ist aber nicht vollständig.
  • Unter anderem fehlt die von Rechts wegen eintretende Amtsinhaberschaft.
  • Z. B. wird der Bischofskoadjutor, sobald der bisherige Diözesanbischof sein Amt verliert oder stirbt, von Rechts wegen neuer Diözesanbischof (c. 409 § 1).
  • einzelne Schritte im Zusammenhang mit einer Amtsübertragung:
    ○ vorbereitende Schritte:
  • Überlegungen darüber, wem das Amt verliehen werden soll (Erkundigungen, Personaldebatten …)
  • Schaffen der nötigen Voraussetzungen (Erlaubnisse, Zustimmungen, Anhörungen usw.); einige Beispiele dafür:
  • Bevor der Diözesanbischof den Diözesanökonom ernennt, muss er das
    Konsultorenkollegium und den Vermögensverwaltungsrat anhören (c. 494 § 1).
  • Vor der Ernennung von Theologieprofessoren ist das nihil obstat des Heiligen Stuhls einzuholen (AK Veritatis gaudium, art. 27 § 1).
  • vor der Ernennung eines Diözesanbischofs ist in Deutschland bei der
    Landesregierung anzufragen, ob gegen den Kandidaten Bedenken allgemein politischer Art bestehen (sogenannte „politische Klausel“).
    ○ die Auswahl der Person
    ○ die eigentliche Amtsübertragung
    ○ falls nicht schon vorher geschehen, die Annahme der Amtsübertragung seitens der betreffenden Person
  • z. B. Annahme einer Wahl
    ○ der Amtsantritt
  • z. B. eine „Amtseinführung“, „Investitur“ oder „Besitzergreifung“
  • Verhältnis: Auswahl der Person / Amtsübertragung Auswahl der
Auswahl der Person Amtsübertragung
(Auswahl durch den Verleihenden) freie Amtsverleihung
Präsentation Einsetzung
bestätigungsbedürftige Wahl Bestätigung
Postulation Zulassung
nicht bestätigungsbedürftige Wahl (Amtsübertragung erfolgt von Rechts wegen
mit Wahl und Annahme.)
  • Soweit es nicht um ein Amt geht, das unmittelbar von Gott übertragen wird, ist bei allenFormen der Amtsübertragung eine kirchliche Autorität beteiligt.
    ○ Im Falle der nicht bestätigungsbedürftigen Wahl beschränkt sich die Beteiligung derkirchlichen Autorität allerdings auf die einmal getroffene rechtliche Festlegung, dass derGewählte, sobald er die Wahl annimmt, von Rechts wegen das Amt erhält.
  • Welche kirchliche Autorität ein Amt überträgt, hängt davon ab, um welches Amt es geht. Esgibt dafür ein paar Grundsätze, von denen es aber auch Ausnahmen gibt.
    ○ 1. Grundsatz: Zuständig ist jene Autorität, die das Amt auch errichtet hat (c. 148).
  • Z. B. errichtet der Diözesanbischof die Pfarreien (c. 515 § 2) und damit das Amt desPfarrers. Er ist auch für die Ernennung zuständig (c. 523).
  • Ausnahme: Z. B. werden Domkapitel vom Apostolischen Stuhl errichtet (c. 504). Die Domkapitulare werden aber vom Diözesanbischof ernannt (c. 509 § 1).
    ○ 2. Grundsatz: Ämter in der Diözese werden vom Diözesanbischof verliehen (c. 157).
  • Beispiele: die Pfarrer, die Amtsträger der Diözesankurie
  • Ausnahme: Das Amt des Kaplans (im Sinne des CIC, d. h. cappellanus) wird gemäß c. 567 vom „Ortsordinarius“ verliehen, kann also auch vom General- oder Bischofsvikar verliehen werden.
  • Gemäß c. 156 muss die Amtsübertragung schriftlich erfolgen.
    ○ Die Schriftform ist allerdings nicht zur Gültigkeit erforderlich.



2. Die einzelnen Formen der Amtsübertragung

a) Die freie Amtsverleihung (c. 157)

  • Beispiele:
    ○ meistens die Ernennung der Pfarrer durch den Diözesanbischof
    ○ die Ernennung der Amtsträger der Diözesankurie durch den Diözesanbischof
    ○ die Ernennung der Amtsträger der Römischen Kurie durch den Papst
    ○ Ernennung eines Provinzials oder Hausoberen in der Gesellschaft Jesu durch den zuständigen übergeordneten Oberen
    b) Präsentation und Einsetzung (cc. 158-163)
  • Bei der Präsentation geht es um ein rechtsverbindliches Vorschlagsrecht. Falls die Präsentation rechtmäßig vorgenommen wurde und der Präsentierte die kanonischen Eigenschaften besitzt, ist die zuständige Autorität verpflichtet, ihn einzusetzen (c. 163).
  • Beispiele:
    ○ Präsentation des Pfarrers einer Klosterkirche durch den zuständigen Ordensoberen
    ○ Präsentation eines Pfarrers oder Kirchenrektors aufgrund eines Patronatsrechts

c) Bestätigungsbedürftige Wahl und Bestätigung (cc. 164-179)

  • Das Wahlrecht des CIC (cc. 164-179) hat nach c. 164 subsidiären Charakter: Es gilt nur für solche Wahlen, für die nicht etwas anderes rechtlich festgelegt ist.
  • Wer durch eine bestätigungsbedürftige Wahl gewählt wurde (und die Wahl angenommen hat), hat einen Rechtsanspruch auf das Amt. Falls die Wahl rechtmäßig vorgenommen wurde und der Gewählte die vom Recht verlangten Eigenschaften besitzt, ist die zuständige Autorität
    verpflichtet, die Bestätigung vorzunehmen (c. 179 § 2).
  • Beispiele:
    ○ in Deutschland (außerhalb Bayern und des Bistums Speyer): Wahl des Diözesanbischofs durch das Domkapitel; Bestätigung durch den Papst
    ○ Wahl von Ordensoberen (unterhalb des obersten Leiters; c. 625 § 3); Bestätigung durch den zuständigen übergeordneten Oberen



d) Postulation und Zulassung (cc. 180-183)

  • Bei der Postulation geht es um die Wahl einer Person, die mit einem kanonischen Hindernis behaftet ist (c. 180 § 1).
  • Um eine Postulation vorzunehmen, ist im Wahlgremium eine Zweidrittelmehrheit erforderlich (c. 181 § 1)
  • Die Zulassung der Postulation ist ein Gnadenakt. Darauf besteht also kein Rechtsanspruch. Wenn die zuständige Autorität die Zulassung ablehnt, muss das Wahlgremium jemand anderen wählen.
  • In der Praxis begegnet die Postulation vor allem, wenn Ordensfrauen ihre jetzige Oberin für eine weitere Amtszeit wählen wollen, obwohl das Eigenrecht der betreffenden Gemeinschaft eine weitere Amtszeit nicht mehr zulässt.


e) Nicht bestätigungsbedürftige Wahl (cc. 164-178)

  • Beispiele:
    ○ Wahl des Papstes durch die Kardinäle
    ○ Wahl des Generaloberen der Gesellschaft Jesu durch die Generalkongregation des Ordens
    ○ Wahl des Diözesanadministrators (cc. 421 § 1, 427 § 2)



3. Der Amtsantritt

  • Für bestimmte Ämter legt der CIC die Form des Amtsantritts näher fest. In diesen Fällen ist der Amtsträger vor seinem Amtsantritt nicht berechtigt, das Amt auszuüben, obwohl er das Amt an sich schon innehat. Das gilt für
    ○ den Diözesanbischof, Auxiliarbischof und Bischofskoadjutor (Notwendigkeit einer „Besitzergreifung“, cc. 382, 404)
    ○ den Pfarrer (Notwendigkeit einer „Amtseinführung“, c. 527 § 2).
  • Bei bestimmten Ämtern ist im Zusammenhang mit dem Amtsantritt das Ablegen des Glaubensbekenntnisses und des Treueides erforderlich.
    ○ Siehe cc. 380, 833 sowie die im Jahre 1989 erlassenen Normen der Glaubenskongregation über den Treueid



C. Amtserledigung

  • Gemäß c. 184 kann ein Amt verloren gehen durch:
    ○ Zeitablauf
    ○ Erreichen der Altersgrenze
    ○ Verzicht (= „Rücktritt“)
    ○ Versetzung
    ○ Amtsenthebung
    ○ Absetzung
  • Zeitlablauf und Altersgrenze
    ○ Zeitablauf: Z. B. werden Diözesanrichter grundsätzlich nur auf Zeit ernannt (c. 1422).
    ○ Altersgrenze:
  • keine Beispiele im CIC
  • Zwar müssen z. B. Bischöfe (c. 401 § 1) und Pfarrer (c. 538 § 3) im Alter von 75 Jahren ihren Amtsverzicht anbieten; der Amtsverlust erfolgt dann aber nicht einfach durch Erreichen der Altersgrenze, sondern durch Annahme des Amtsverzichts.
    ○ Der Amtsverlust wegen Zeitablaufs oder Erreichens der Altergrenze kommt erst zustande, wenn die zuständige Autorität den Amtsverlust schriftlich mitteilt (c. 186).
  • Verzicht (renuntiatio, cc. 187-189)
    ○ Je nach Rechtslage ist ein Verzicht annahmebedürftig oder nicht.
  • Der annahmebedürftige Verzicht ist die Regel.
  • Nicht annahmebedürftig ist z. B. der Verzicht des Papstes (c. 332 § 2) und des Diözesanadministrators (c. 430 § 2).
  • Auch wenn ein Amtsverzicht nicht annahmebedürftig ist, muss er natürlich der zuständigen Autorität mitgeteilt werden.
  • Im Hinblick auf den Amtsverzicht des Papstes besteht aber keinerlei
    Zuständigkeitsregelung darüber, wem der Verzicht mitzuteilen ist.
    ○ Bestimmte Amtsträger sind bei Erreichen einer Altergrenze verpflichtet, ihren Amtsverzicht anzubieten (siehe oben unter „Altersgrenze“).
  • Versetzung (cc. 190-191)
    ○ Falls eine Versetzung gegen den Willen des Amtsinhabers geschehen soll, ist dafür ein „schwerwiegender Grund“ erforderlich (c. 190 § 2).
    ○ Im Falle von Pfarrern gibt es dafür genaue Verfahrensnormen in cc. 1748-1752.
  • Amtsenthebung (amotio, cc. 192-195)
    ○ erfordert normalerweise einen „schwerwiegenden Grund“ (c. 193 §§ 1 und 2)
    ○ Im Falle von Pfarrern gibt es genaue Verfahrensnormen in cc. 1740-1747.
    ○ In bestimmten Fällen tritt die Amtsenthebung von Rechts wegen ein, nämlich
  • wenn der Amtsträger öffentlich vom katholischen Glauben oder von der Gemeinschaft der Kirche abfällt (c. 194 § 1, 2°)
  • wenn ein Kleriker den Klerikerstand verliert oder zu heiraten versucht (c. 194 § 1, 1° und 3°)
  • Im letzteren Fall besteht allerdings die Möglichkeit einer Dispens, z. B. für einen verwitweten ständigen Diakon.
  • bei bestimmten Stellvertreterämtern dann, wenn derjenige, der das betreffende Grundamt innehat, sein Amt verliert
  • Z. B. verlieren bei Vakanz des bischöflichen Stuhls der Generalvikar und die Bischofsvikare automatisch ihr Amt (c. 481 § 1).
  • Absetzung (privatio, c. 196)
    ○ ist bei bestimmten Straftaten möglich und erfolgt dann gemäß den strafrechtlichen Normen in Buch VI