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a) Die Regelungen über die Staatennachfolge

223 Bei der Vereinigung stellte sich zunächst die Frage, welche Nachfolgeregelungen für die völker-rechtlichen Verträge gelten sollten. Da die Inkorporation in der Wiener Konvention über die Nachfolge in Verträge v 1978 nicht erwähnt wird, kam sowohl Art 15, der den Übergang eines Teils des Territoriums regelt, als auch Art 31, der im Fall einer Fusion die Weitergeltung der völ-kerrechtlichen Verträge für das jeweilige Gebiet vorsieht, in Betracht.
224 Praktisch gelöst wurde diese Frage in Art 11 und Art 12 EV. Diese Bestimmungen sehen vor, dass das vereinte Deutschland seine Haltung über die Fortgeltung völkerrechtlicher Verträge festlegt. Das Einverständnis der Vertragspartner wurde dadurch herbeigeführt, dass die Bestim-mungen des EV allen Staaten, mit denen Deutschland diplomatische Beziehungen unterhält, sowie allen I. O., in denen Deutschland Mitglied ist, notifiziert wurden, und diese gegen eine solche Vorgehensweise nicht protestierten.
225 Die von der BR Deutschland abgeschlossenen Verträge gelten nach Art 11 EV mit Ausnah¬me des Abkommens im Zusammenhang mit Stationierung und Aufenthalt ausländischer Trup¬pen auf deutschem Boden grundsätzlich für das gesamte Staatsgebiet des vereinten Deutsch¬lands fort. Gleiches gilt nach dem Grundsatz der beweglichen Vertragsgrenzen auch für das europäische
Gemeinschaftsrecht, wobei hier jedoch Ausnahmen und Übergangsfristen für nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbares Recht im Beitrittsgebiet vorgesehen sind.
Verpflichtungen aus mehrseitigen Verträgen, bei denen nur die DDR, nicht aber die BR 226 Deutschland Vertragspartner war, erlöschen nach Art 12 Abs 3 EV. Ein Eintritt auf Initiative der deutschen Regierung im Einvernehmen mit den jeweiligen Vertragspartnern und der EG war jedoch, in Abweichung zum allgemeinen Völkerrecht, das nur die Fortgeltung oder das Erlö¬schen kennt, möglich. Grenzverträge waren von einem Vorgehen nach Art 12 EV ausgenommen.
Die Regelungen des EV über das Staatsvermögen und die Nachfolge in Verbindlichkeiten 227 entsprechen im Wesentlichen Völkergewohnheitsrecht, gehen aber in einigen Punkten darüber hinaus (zB bei Schulden inländischer Gläubiger: kein Ausschluss des Übergangs der odious debts).
Der Übergang des DDR-Vermögens, auch des Finanzvermögens, auf Bund, Länder und 228 Kommunen oder sonstige Träger öffentlicher Verwaltung ist Gegenstand von Art 21f EV. Die Durchführung der Privatisierung oblag der Treuhandanstalt (Art 25 Abs 1 EV). Die Verwal¬tungs- und Finanzschulden der DDR wurden gemäß Art 23 EV von einem nicht rechtsfähigen Sondervermögen des Bundes übernommen.