Arnoldus de Villa Nova – Flos Florum
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Flos Florum.
Das allervollkommeneste Magisterium,
und die hertzliche Freude Magistri,
Arnaldi de Villa Nova,
an den
Großmächtigen König Arragoniæ
geschrieben:
Welches dann eine Blume aller Blumen /
ein Schatz aller Schätze /
und eine edle Perle ist:
Darinnen des wahren Elixirs Composition,
oder Zusammensetzung / beijdes zum Weissen und
zum Rothen / nemlich auff Gold und Silber /
kürtzlich verfasset / unnd in guter Erklärung zu
befinden.
Flos Florvm, Arnaldi.
Du mein Allerliebster sollst wissen / daß in einem jeglichen Dinge / so unter dem Himmel ist / die vier Elementen erschaffen seijnd / nicht zwar nach dem äusserlichen Gesichte / sondern nach der innerlichen Krafft und Wirckung. Daher haben die Philosophen diese Kunst unter dem Deckel der Erkäntniß der Elementen verborgen und beschrieben. Die jenigen so es nun allein nach dem Buchstaben / und sonst nichts verstehen / arbeiten im Blute / in Haaren / Eijern / Urin / und sonst vielen andern Dingen / auß denselbigen haben sie erstlich die vier Elementen extrahiret und außgezogen / daß sie darauß ihr Werck verfertigen möchten also daß sie zum ersten auß bemeldten Dingen / durch die Distillation das Wasser geschieden / darnach das Oel / so etlicher masen Citrinfarbig / welches nach ihrem Bedüncken das Feuer und die Lufft in sich halten solle / die schwartze Erde aber bleibet im Grunde. Nachmals waschen sie die Erden ab / und machen sie weiß / indem sie solche mit dem Wasser imbibiren und so lange kochen / biß daß sie in einer Weisse erscheinet. Darnach bringen sie das Oel wider über das Feuer / zu distilliren / so lang / biß die gemeldte Erde alles in sich ziehe / nemlich das Wasser / Oel und Tinctur. Dieselbige Erde oder Asche projiciren oder tragen sie auff einen Cörper / im Fluße / nemlich auff Kupffer oder ein anders / und finden nichts / da sie es doch mit aller Arbeit machen / nachdem die Philosophen ihre Wort in ihren Büchern gesetzt haben / fallen also in einen Irrthum / daß sie nicht einst den Anfang treffen. Es kommt aber solcher Irrthum von ihnen selbst her / sintemal es eigendlich gewiß ist / daß aus einem Menschen / nichts anders als ein Mensch / auß einem Pferd nichts als ein Pferd / und also auch von allen andern Thieren / nichts anders als ihres gleichen geboren wird. Dieweil jene Dinge der metallischen Natur gäntzlich zuwider / so ists auch unmüglich / daß aus ihnen eine metallische Fortzucht herkommen kan: Dann die Metallen werden aus nichts anders / als aus ihrem eigenen Saamen geboren: So ist aber nun das Argentum vivum der Metallen Saame und ihr Ursprung / wie alle Philosophen sprechen / darzu auch solches die Erfahrung / sammt den vernünfftigen Ursachen bezeuget / und ich darvon hernacher eine Erklärung thun wil. Die obgemeldte Ding aber / als nemlich / Blut / Haar / Eijer / und andere Vegetabilien seijnd kein Argentum vivum: Derentwegen ist auch unmüglich / daß aus ihnen einige metallische Gebärung oder Verwandelung herkommen kan / darum sie dann auch nit unser Stein seijnd / ob sie schon bißweilen Gleichnuß-weise zum Exempel angezogen werden. Ferner seijnd andere / welche sich der Vier Geister gebrauchen / nemlich / des Arseniks / des Schwefels / des Quecksilbers / und des Salmiacs: Welche dann darum Geister genennet werden / daß sie aus dem Feuer und im Rauch hinweg fliegen. Und solche nehmen sie an stat der Vier Elementen / indem sie darauff sehen / daß die Philosophen in ihren Büchern setzen / daß die Kunst in den Geistern stehe / dieselbige sublimiren sie / auff daß sie lüfftiger Natur seijn / oder werden solle ? Nachmals figiren sie solche durch die Calcination, damit sie irdischer Natur seijn solle: Darauff solviren sie dieselbige / auff daß die irdische Natur in die wässerige verwandelt werde: Distilliren solche / damit sie feurige
Natur annehmen sollen. Alsdann componiren sie / oder setzen dieselbige zusammen / nachdem sie es in den Büchern beschrieben finden / und glauben anders nicht / als daß sie nun die Wissenschafft der Elementen gantz und gar hinweg haben / so setzen sie dieselben ferner zu / wider alle Vernunfft / und finden nichts / sondern seijnd dardurch gleichwie die ersten in Irrthum gerathen. Dieses ihres Irrthums Ursachen seijnd mancherleij / deren ich nur zwo anher zu setzen / vor genugsam achte. Als zum ersten / dieweil zuvor gesagt / daß die Metallen aus nichts anders / als aus ihrem eigenen Saamen geboren werden. Solche bemeldte Dinge aber seijnd nicht der vollkommenen Metallen Saamen / außgenommen das Argentum vivum. Derentwegen ist auch unmüglich / daß auch ihnen einige metallische Gebärung oder Verwandelung herkomme. Also auch / dieweil der Schwefel und Arsenik gar leichtlich im Feuer verbrennen / und dadurch zu Kohlen und nichtiger Aschen werden / wie kan dann davon etwas gutes zu gewarten seijn ? Deßgleichen was so bald verbrennet und zu Kohlen wird / wie soll dasselbige wol des Wassers erwarten ? Daß also ein jeder / so es mit guter Vernunfft ansiehet / darauß klärlich zu vernehmen / daß solche Dinge / weder vor sich selbst / noch wann sie mit den Oelen / so aus Eijern / Blut / Haaren / Urin / oder andern Vegetabilien extrahiret und außgezogen / oder unter einander selbst vermischet werden / unser Stein oder unsere Medicin seijn können. Und solches oberzehlter Ursachen wegen / dann zu der Geburt eines Menschen / Thiers / oder Krautes / kommt keines einigen Dinges Vermischung / als nur allein ihre eigene Saamen. Derenthalben bedarff unser Magisterium keines einigen fremden Dinges Vermischung. Etliche meijnen / sie wollen die Kunst in den Saltzen oder Alaunen finden / solviren / calciniren / giessen und præpariren dieselbigen: Etliche projiciren auch wol solche nur vor sich auff die unvollkommene Cörper. Aber andere vermischen sie zugleich mit den Spiritibus oder Geistern / wie davon neulich gemeldet. Sie præpariren oder bereiten sie aber mit gleichfalls præparirten und zubereiteten Cörpern / und finden doch nichts. Die Ursache dessen ihres Irrthums ist den vorgehenden gleich. Etliche gedencken nur allein aus den Cörpern eine Medicin zu ziehen / und præpariren dieselbige durch calciniren / solviren und congeliren / wann sie dann solche auff einen Cörper projiciren und aufftragen / so befinden sie sich betrogen / derer ihr Irrthum fleusset daher / daß sie im Anfang nicht den Saamen des Cörpers / wie er in seiner Natur ist / genommen haben. So ist derowegen auß bißher erzehlten Ursachen offenbar / daß unsere Kunst weder im Blut / Eijern / Haaren / noch in den vegetabilien / deßgleichen auch nicht in den obgenannten Spiritibus oder Geistern / vor sich allein / noch in den Saltzen / Atramenten / noch dergleichen einigerleij / zusuchen noch zu finden. Etliche / die es ein wenig mit schärpffern Augen angesehen / haben betrachtet / daß das Argentum der Anfang der Metallen seij / und daß ihr Ursprung in der Wärme des Schwefels gefunden werde. Darum haben sie das Argentum vivum vor sich gekochet / dasselbe figiret und præpariret / und haben nichts gefunden. Die Ursach aber desselbigen ihres Irrthums ist: Dieweil der Saame des Manns nichts nützet / auch keine Frucht bringet / wofern er nicht in die weibliche Mutter geworffen wird: Also auch der Mercurius, dieweil er der Saame ist / kan nichts nützen / er werde dann in die Mutter der Cörper projiciret und geworffen / damit sie ihn zeitigen. Etliche haben ihn mit einem Cörper amalgamiret und vermischet / und ihn mit süssem Wasser so lange gewaschen / biß daß er
ihnen nach ihrem Wolgefallen erschienen / sintemal er nun zu einem reinen Cörper worden: Denselbigen haben sie gekochet biß zum Ende / und gemeijnet / daß sich das Argentum vivum mit solchem Cörper vermischen solle: Sie haben aber nichts funden / als nur einen unreinen Cörper / und das Argentum vivum ist verschwunden / der Cörper aber ist nachmals reiner worden / als er zuvor gewesen. Die Ursach dieses ihres Irrthums ist: Dann der Saame vereiniget sich nicht mit dem Cörper / als nur allein vermittelst der Luna, sintemal die Seel das Mittel ist / zwischen dem Geist und dem Cörper / so sie mit einander vereiniget und verbindet. Die Seel aber ist das Ferment: Dann gleichwie die Seel des Menschen Leib lebendig machet / also machet auch das Ferment den Cörper / welcher in seiner Natur gäntzlich verändert / lebendig. Daher behält die Seel die Oberhand / und gebrauchet sich ihrer Kräfften: Darum soll auch / was das Ferment seije / nachmals gesagt werden. Etliche vermischen die unvollkommene Cörper mit den vollkommenen / setzen sie auff die Proba, und gedencken / daß das jenige was an den unvollkommenen Cörpern gut und rein ist / beij den vollkommenen bleibe / das überige gehe davon hinweg. Wann sie aber solches nicht befinden / so haben sie sich selbst betrogen / und überkommen schwermüthige Gedancken. Die Ursach aber dessen ihres Irrthums ist / dieweil das jenige / so die unvollkommene Cörper corrumpiret und zerstöret / dieselbige verhindert / daß sie zur Vollkommenheit nicht kommen können. Und mercke / daß man allhier eine zweijfache Krafft haben müsse / welche die schwefelichte verbrennliche Erde von dem vermischten absondere / und welche die nunmehr davon geschiedene in ihre Natur verwandele. Eine solche Krafft und Wirckung aber vermag ein grober Cörper nicht zu haben. Dieses alles haben die jenigen versuchet / welche nach dem gemeinen Gebrauch arbeiten / inmasen ich mich dann auch selbst ehemals daran versuchet habe / sie seijnd aber alle darüber bestürtzet worden / und gleichsam an der Kunst verzaget / also daß sie aus Mangel ihres Verstandes / das Magisterium fahren lassen. Hierauff solt du nun wissen / daß die Materia aller Metallen und derselbigen Saame ein gekochter und dick gemachter Mercurius, in dem Bauche der Erden ist / welchen die schwefelichte Wärme also kochet / und nach dem Unterscheid und Mannichfaltigkeit desselbigen Schwefels werden auch unterschiedene Metallen in der Erden geboren: Jedoch ist ihrer aller Materia, nach ihrem Wesen nur ein einige / ohne allein daß sie in zufälligen Dingen unterschieden seijnd / nemlich in einer grössern oder kleinern / verbrennlichen oder unverbrennlichen Decoction oder Kochung / oder daß dadurch eines gegen das andere gehalten werde. Und in diesem stimmen alle Philosophen mit einander überein. Dieses wil ich dir / mein lieber Sohn / noch etwas deutlicher erklären. Es ist allerdings gewiß / daß ein jedes Ding auß oder von dem her ist / in welches es resolviret und widerum auffgelöset wird. Dessen wil ich dir dieses scheinbare Exempel setzen: Das Eijß oder der Schnee / wird vermittelst der Wärme in ein Wasser verwandelt / derentwegen ist es ehe Wasser gewesen / als es zum Eijse oder Schnee worden ist: Nun werden aber alle Metallen in ein Argentum vivum verwandelt / darum müssen sie ja auch zuvor ein Argentum vivum gewesen seijn. Die Art und Weise aber / wie man sie in ein Argentum vivum verwandele / wil ich dich hernach berichten. Wann aber nun dieses zum Grund gesetzet / daß ein Metall in ein Argentum vivum resolviret und wiederum auffgelöset werden kan / so wird dadurch der jenigen ihr falscher Wahn hintertrieben / welche sprechen: Daß die Spiritus oder Geister / sammt andern Materien nicht in die Elementen und Natur der Metallen verwandelt werden können: Dann solches / wie sie fürgeben / ist nicht der Warheit gemäß / es seij dann / daß sie in ihre primam Materiam reduciret oder wieder gebracht werden. Nun ist aber die Reduction in die erste Materiam an den Metallen leicht und müglich. Und hierbeneben gebe ich dir auch zu verstehen / daß die Multiplication oder Vermehrung in den Metallen gleichfalls müglich ist. Dann ein jedes Ding / welches entweder wächset oder geboren wird / kan vermehret werden / wie man solches an den Kräutern und Bäumen siehet / daß nemlich aus einem Körnlein viel tausend Körner gezeuget werden / aus einem Baum wachsen unzähliche Zweiglein / darauß fortan viel unterschiedliche und unzähliche Bäume erwachsen / und auff solche Weise ihre Anzahl vermehren. Die Metallen aber werden in der Erden geboren und wachsen auch / derentwegen ist auch wol müglich / daß sie biß gar unendlich augmentiret und vermehret werden können. Hiemit habe ich dir / du lieber Sohn der Weißheit / wofern du das so ich bißher erzehlet / recht verstanden / klärlich aller Arbeiter gebräuchliche und gemeiniglich vorlauffende Irrthum / zusammt ihren wolgegründeten Ursachen entdecket / und darneben beweißlich dargethan / daß sich solches in der Warheit also befinde: Nun wollen wir mit GOttes Hülffe auch zur Practic schreiten. Darauff sage ich dir / mein lieber Sohn / daß man die Cörper vor allen Dingen in ihre primam Materiam reduciren und wiederbringen muß / und solches darum / auf daß dadurch die Gebärung und Vermehrung in ihnen erwecket werde. Mercke derowegen mit allem Fleiß darauff / was dir allhie beschrieben wird: Nimm ein Pfund Kupffer / feile dasselbe gantz reinlich / und vermische es mit vier Pfunden Mercurii, reibe solches mit einem wenig Saltz und Essig / biß daß sichs mit einander amalgamiret. Wann sich dann das Kupffer auffs beste vereiniget hat / so setze es in eine gute Quantität des Aquæ vitæ, das ist / wann das Amalgama ein Pfund wieget / so soll des Wassers vom Weinstock zwölff Theile seijn / und setze es alles mit einander in einem Urinal in die Aschen / und mache gar ein gelindes Feuer darunter / einen naturlichen Tag: Alsdann lasse es wiederum erkalten / und wann es kalt genugsam / so seige dein Wasser mit allem dem so darinn ist / durch ein Leinentuch / biß daß alles was sich von dem Cörper resolviret und auffgelöset hat / zugleich mit dem Wasser durch das Tuch / nicht aber durch ein Filtz gehe / dann die Resolution des Cörpers würde nicht mit durch den Filtz können / das Theil aber so hindurch kan / setze beijseits. Darnach nimm das so im Tuche dahinden blieben / und setze es mit neuem gebenedeijten Wasser in dem vorgemeldten Gefäß wiederum übers Feur / einen Tag und Nacht / wie zuvor: Alsdann seige es wiederum auff jetzt beschriebene Weise / und setze das andere Wasser mit dem ersten beijseits / wie zuvor. Solches wiederhole so offt / biß das gantze Werck in ein Wasser / das ist / in seine erste Materiam, welche dann der Mercurius ist / gebracht werde. Wann solches geschehen / so nimm das alles mit einander / und setze es in einem gläsern Gefäß über ein gelindes Feuer / so lang / biß daß du oben auff der Materia eine Schwärtze erscheinen siehest / dieselbige nimm davon herab / auff das allersubtilste / als du immer kanst / und auff solche Weise wiederhole es mit kochen / und die Schwärtze oben abzunehmen / biß nichts mehr von der Schwärtze zu ersehen / und das Wasser klar bleibe: So hast du nun das Wasser und die Erde / nemlich die zweij vornehmste Element. Darnach nimm dieselbige Erde und Schwärtze so du gesammlest hast / thue sie in ein gläsern Gefäß / und geuß von dem obgedachten gebenedeijten Wasser darauff / so viel daß es darüber hergehe / und koche es mit einem gelinden Feuer / vier Tag lang: Alsdann setze das Wasser hin / und koche es / und also fortan / biß daß die Erde weiß und klar wird. Und solches ist das / so die Philosophen gesagt: Diese Erde fäulet und wird gereiniget mit dem Wasser / dann wann dieselbige gereiniget ist / so wird durch Gottes Hülffe / das gantze Magisterium richtig von statten gehen. Wann nun solche gereiniget / klar und weiß worden / vermittelst des Wassers / welches mit sammt der benennten Erden / durch der Wärme Wirckung / coaguliret und dicke worden ist / so koche dieselbige coagulirte / und mit ihrem Wasser dick gemachte Erde / ohne einiges andere Wasser / durch ein starckes Feuer / in einem gläsern Cucurbit oder Kolben / darauff auch ein gläserner Helm stehe / so lang / biß daß alles was allda vom Wasser vorhanden / hinauff in den Helm steige / und die Erde herunter calciniret ligen bleibe. Alsdann nimm des Ferments, von welchem du wilst / den vierten Theil seines / das ist / so des vollkommenen Cörpers ein Pfund wäre / nimm des Ferments dreij Untzen. Das Ferment aber ist entweder Gold oder Silber: Und dasselbige Ferment wird mit der Erden fermentiret / also daß es dermasen solviret und auffgelöset werde / gleichwie mit der Erden geschehen ist: Und wann es in solcher Mase mit der Erden præpariret ist / so füge sie zusammen / und wasche sie mit vorgedachtem Wasser ab / und koche es dreij Tage lang oder länger. Alsdann befeuchte sie wiederum mit ihrem Wasser / und koche sie wie zuvor: Solches wiederhole so offt / biß daß solche beijde gäntzlich zusammen in eins gebracht werden: Dasselbige kanst du darauß abnehmen / wann du siehest / daß sich die Farbe nicht mehr an ihnen verändert: Dann geuß des vorbennenten Wassers einen Theil nach dem andern gantz gemachsam darauff / biß daß es desselbigen in sich ziehe / so viel es kan / und geuß allezeit neu Wasser hernach. Dann in solcher Vereinigung des Geistes und des Cörpers wird zugleich die Seele mit ihnen vermischet / werden zusammen eins / und die Cörper werden in ihre Natur verwandelt / also daß der grünende Sprosse mit ihren vorgemeldten gereinigten Cörpern vereinbaret wird / dann zuvor konte er / von wegen jener Unreinigkeit und Gröbe nicht darzu kommen / nunmehr aber vereiniget er sich mit ihnen / wächset und vermehret sich in ihnen. Nun wil ich / mein lieber Sohn / wiederum zu meinen vorigen Reden wenden / und derselben jegliche insonderheit auff der alten Philosophen Sprüche / welche sie in tunckelen Gleichnüssen gesetzet / appliciren / und damit beweisen / daß du darauß vernehmen mögest / daß ich mit meinen Worten auff der Philosophen Sprüche gewiesen / und dieselbige dadurch verstanden haben wil / sintemal du selbst wirst bekennen müssen / daß ich mich ihrer eigenen Wort gebrauchet habe. Das erste Wort ist / daß die Cörper in ein Argentum vivum sollen reduciret und gebracht werden: Und solches ist das / so die Philosophen eine Reduction oder Wiederbringung genennet haben / welche der Kunst Fundament und Grund ist. Davon lauten des Philosophen Wort also: Wofern ihr die Cörper nicht solviret oder aufflöset / so werdet ihr umsonst arbeiten. Von welchem dann auch Parmenides im Buch der Turbæ gehandelt hat / da er gesaget: Wann sie dieses Buch gelesen und verstanden hätten / so würden sie ohne Zweiffel wissen / daß es ein bleibend und beständig Wasser seije / welches ohne seinen Cörper / mit welchem es dann vereiniget und zusammen ein bleibliches worden / nicht seijn könne. So ist derowegen das Wasser der Philosophischen Cörper / nicht ein solches Wasser / wie aus den Wolcken treuffet / sondern sie werden in das Wasser verwandelt / darauß sie anfänglich erschaffen seijnd / nemlich in ein Argentum vivum, gleichwie ein Eijß in ein klar Wasser verwandelt wird / darauß es erstlich herkommen ist. Siehe / also hast du durch Gottes Gnad / das eine Element / welches das Wasser ist. Das ander Wort ist: Daß es zu einer Erden werden solle. Dasselbige ist dieses / so die Philosophen gesagt haben: daß aus der Gröbe des Wassers eine Erde geboren werde. Dann die Philosophen haben die Fæces, welche am Boden des Gefäßes ligen bleiben / eine Erden genennet. Also hast du derhalben auch das andere Element / welches die Erde ist. Das dritte Wort ist: Die Reinigung der Erden / von solcher Reinigung saget Morienus der Philosophus: Diese Erde faulet / und wird gereiniget mit dem Wasser / und wann solche gereiniget ist / so wird durch Gottes Hülffe das gantze Magisterium ein gute Endschafft erreichen. Von denselbigen hat Pythen im Buch der Turbæ gesagt: Füge das Trockene mit dem Feuchten zusammen / nemlich die Erde zu dem Wasser. Siehe / also hast du nun beijde / das Wasser vor sich / und dann auch die Erde / welche mit dem Wasser weiß gemacht ist. Das vierte Wort ist: Das Wasser welches durch die Distillation evaporiren oder auffriechen kan / durch welche Sublimation oder Auffsteigung die Erde gantz lüfftig wird / da sonst zuvor alles mit sammt der Erden dick und coagulirt war. So hast du dergestalt die Erden / das Wasser / und die Lufft. Und darvon hat Philotis im
Buch der Turbæ gesagt: Das weiß gemachte Trockene verbrennet mit dem Feuer / biß daß aus ihm der Geist herauß gehe / welcher in ihm gefunden / und die Asche Hermetis genennet wird. Also auch der Philosophus Mirêris: Es bleibet die calcinirte Erde am Boden des Gefäßes / welche Feuriger Natur ist. Und auff solche Weise haben wir in den vorgemeldten Bereitung die vier Elementen: Ist derhalben die calcinirte Erde diese / von welcher der Philosophus Mirêris also saget: Du solt die Asche nicht gering achten / welche am untersten Ort des Gefäßes ist. Dann in derselbigen ist die Krone des Hertzens / welche dahinden bleibet. Die Asche ist nachmals beij vorgemeldter Erden. Das Ferment wird darfür gesetzt / darum daß die Philosophen die Seele ein Ferment nennen: Und solches darum / dann gleichwie ein menschlicher Leib ohne sein Ferment, oder ohn seine Seele / nichts taugt / also ist es auch mit gegenwärtigen Dingen. Dann das Ferment ist ein Cörper / wie gesagt ist / solcher verwandelt die andern in seine Natur. Hierneben solt du wissen / daß kein ander Ferment ist / als Sol und Luna, das ist / Gold und Silber / welche denselbigen Planeten zugeeignet seijnd / der Ursach wegen / daß gleichwie Sol und Luna über die andern Planeten herrschen / also haben auch solche beijde Cörper Gewalt über die andern / und verwandeln solche in ihre Natur / darum werden sie von den meisten Philosophen ein Ferment genennet. Derentwegen muß man das Ferment in die Cörper einführen / dann es ist ihre Seele. Und dieses ist / welches Morienus gesagt hat: Wofern du nicht den unsaubern Cörper reinigen / und ihn weiß machen / und die Seele darein führen wirst / so hast du von diesem Magisterio noch nichts verfertiget. Darum geschicht die Zusammenfügung des Ferments, mit dem gereinigten Cörper / und alsdann / wann ihnen auch der Geist zugefüget wird / so erfreuet er sich mit ihnen / dann sie seijnd nunmehr von ihrer groben Natur gereiniget / und gantz subtil worden. Welches dann das ist / so Ascanius in der Turba saget: Der Geist vereiniget sich nit mit den Cörpern / es seij dann / daß er vollkommentlich von seiner Unsauberkeit gereiniget seij. In der Stunde der Zusammenfügung erscheinen die allergrösseste Wunder. Dann alle die Farben so in der Welt erdacht werden mögen / lassen sich in dem Werck sehen / und der unvollkommene Cörper wird mit einer beständigen Farbe / vermittelst des Ferments, gefärbet / welches Ferment die Seele ist: Derselbige Geist wird vermittelst der Seelen / mit dem Cörper vereiniget und verbunden / also auch zugleich mit ihm in die Farbe des Ferments verwandelt / und wird eins mit ihnen. Wer nun diesem bißher erzehlten scharpffsinnig nach zudencken weiß / der wird darauß befinden / daß die Philosophen in ihren Worten / so dunckel sie dieselbige auch immer gesetzt / die Warheit verfasset. Dann die Philosophen schreiben in ihren Büchern / daß unser Stein aus den vier Elementen seije / dann sie haben ihn den Elementen verglichen. Es ist aber im Anfang dargethan worden / welcher masen es die vier Elementen sind. Uber das haben sie auch gesagt / daß unser Stein aus einem Cörper / einer Seele / und einem Geiste componiret und zusammen gesetzet seije / und sie haben wahr daran geredet. Dann sie haben den unvollkommenen Cörper darum einem Cörper verglichen / dann er ist schwach und gebrechlich. Von dem Wasser haben sie gesagt / es seij ein Geist / und es ist auch warhafftig ein Geist. Deßgleichen haben sie das Ferment die Seele genennet / dann / wie droben gedacht / es gibt dem unvolkommenen Cörper ein vollkommenes Leben / welches er zuvor nicht hatte / und eignet ihm eine bessere Form zu.
Es haben auch etliche Philosophen gesagt: Wofern ihr die Cörper nicht dahin bringet / daß sie keine Cörper mehr seijnd / so habet ihr die Regeln / nach welcher ihr die Cörper arbeiten sollet / noch nicht gefunden / und sie reden wahr daran. Dann erstlich wirds ein Wasser / das ist ein Argentum vivum, und also wirds unleiblich. Darnach durch die Vereinigung des Geistes / nemlich des Wassers / wird es zu einem Cörper. Darum ihrer etliche gesagt: Verwandele die Naturen / so wirstu finden / das du suchest / und solches ist auch der Warheit gemäß. Dann in unserm Magisterio machen wir erstlich aus einem Groben ein Geschmeidiges / das ist / aus einem Cörper ein Wasser / und nachmals aus demselbigen ein Trockenes / das ist / aus dem Wasser / welches feucht ist / eine Erden / das ist / ein Trockenes / und auff solche Weise verwandeln wir die Naturen / und machen aus einem Cörperlichen / ein Geistliches / und aus einem Geistlichen ein Cörperliches / wie gemeldet. Deßgleichen machen wir / daß das / so das öberste seij / gleichwie das / so das unterste ist / und das / so das unterste ist / dem gleich seij / welches das öberste ist / das ist / den Geist zu einem Cörper / und den Cörper zu einem Geist / inmasen dann solches im Anfang des Wercks / nemlich in der Solution oder Aufflösung / geschicht: Das so das unterste / ist gleichwie das / so das öberste ist / und wird endlich alles in eine Erde verwandelt. So ist nun aus jetzgemeldtem klärlich zu ermessen / daß unser Stein die vier Elementen seijnd / und solche seijnd die Seel / der Leib / und der Geist. Und unser Stein / wie etliche Philosophen sagen / wird nur aus einem einigen Ding mit einem gemachet / und sie reden warlich die Warheit daran. Dann fürwar unser gantzes Magisterium, wird nur allein mit unserm Wasser / und aus demselben / und durch dasselbe gemachet. Sintemal dasselbige / wie obgedacht / die Cörper solviret und aufflöset / nicht zwar durch eine solche Solution, wie die Unwissenden meijnen / daß es in ein solches Wasser verwandelt werde / wie aus den Wolcken träufft / sondern durch eine wahre Philosophische Solution, nemlich / in das erste Wasser / darvon sie anfänglich herkommen seijnd. Dann dasselbige Wasser calciniret die Cörper / und machet sie wieder zu einer Erden: Eben dasselbige Wasser verändert die Cörper auch in eine Aschen / erweichet / weisset / und reiniget sie / nach den Worten Morienes, welcher spricht: Daß der Azoch und das Feuer den Latonem abwaschen / reinigen / und alle Dunckelheit gäntzlich von ihm hinweg nehmen. Lato aber / ist der unreine Cörper: Azoch ist das Argentum vivum, und solches / wann es vorbeschriebener masen præpariret worden / füget die unterschiedlichen Cörper zusammen / durch eine solche Vereinigung / welches keines Feuers Gewalt noch einigerleij Proba wiederum zu scheiden vermag: Es beschirmet sie vor der Verbrennung / und führet eins in das andere / es sublimiret die Cörper / nicht durch eine gemeine Sublimation, deren sich die Idioten zu gebrauchen pflegen / und meijnen / daß sublimiren heisse / durch das Feuer hinauff in die Höhe treiben. Und darum nehmen sie die calcinirte Cörper / und vermischen sie mit den sublimirten Geistern / nemlich mit dem Mercurio, Arsenik und Saltze / treiben die Cörper mit sammt den Geistern / durch ein starckes und geschwindes Feuer empor / und sprechen / daß alsdann die Cörper sublimiret seijnd / sie werden aber dardurch betrogen / dann sie finden solchen nachmals viel unreiner / als sie zuvor gewesen seijnd. Du aber / mein lieber Sohn / sollt wissen / daß unser sublimiren nit heisset / in die Höhe hinauff steigen / sondern der Philosophen sublimiren ist / aus einem geringen und verachteten Dinge ein hohes / grosses und köstliches machen / das ist / ein reines: Gleichwie wir sagen: Iste homo sublimatus est, das ist / der Mensch ist zu grossen Dignitäten und Würden kommen: Also pflegen wir auch zu sprechen / die Cörper seijnd sublimiret / das ist / in eine zarte Subtiligkeit / und in eine andere Natur verwandelt: Daß also beij den Philosophen sublimiren eben so viel ist / als subtil machen und säubern / welches alles unser gebenedeijtes Wasser thut. So verstehe du derowegen unsere Sublimation auch also / dann ihrer seijnd sonsten viel in dem betrogen worden. Unser Wasser tödtet auch / und machet lebendig / und verursachet daß erstlich in der Tödtung des Cörpers ein schwartze Farbe erscheinet / indem derselbige in eine Erde verwandelt wird: Darnach eräugen sich viel und mancherleij Farben vor der Weissen / deren aller Endung die weisse Farbe ist. In der Zusammenfügung aber des præparirten und fermentirten Cörpers erscheinen gar unzähliche Farben / und auch deren so viel / als von einem Menschen immer erdacht werden mögen. Und auff solche Weise ist zu befinden / daß unser Magisterium ist in Einem / und mit Einem gemacht wird / und auch aus Vieren / wie gemeldet / deßgleichen auch aus Dreijen / wie droben erzehlet ist. Darum / mein lieber Sohn / soltu wissen / daß die Philosophen die Namen unsers Steins darum vermehret und überhäuffet haben / auff daß sie ihn desto tieffer verbergen möchten / und haben gesaget / daß unser Stein beijdes leiblich und geistlich seije: Und in Warheit / sie haben daran nicht unrecht geredet / inmasen solches weise Leute wol verstehen können. Dann daselbst ist ein Cörper und ein Geist / und der Cörper ist geistlich worden / in der Solution oder Aufflösung / wie gesaget: Hergegen ist der Geist corporalisch oder leiblich worden / indem er mit dem vollkommenen Cörper und dem Ferment zusammen gefüget worden. So nennen ihn auch etliche Philosophen ein Ertz (gleichwie Eximenus im Buch der Turbæ) und sprechen: Alle die ihr dieser Kunst nachforschet / sollet wissen / daß keine wahre Tinctur seije / als nur allein mit unserm Ertze: Und sonst unzählich viel Namen haben sie ihm zugeleget / damit von den Unweisen solches in keinerleij Weise noch Wege verstanden werden möchte / wie sie ihn nenneten: Jedoch aber so ists nicht mehr / als ein einiger Stein / und ein Werck. Darum spricht Morienus, daß die Bereitung und Verfertigung unsers Magisterii, der ordentlichen Formirung und Erschaffung des Menschen verglichen werde. Dann zum ersten geschicht die fleischliche Vermischung / darnach die Empfängnuß / darauff folget die Schwängerung / zum vierten die Geburt / endlich und zum letzten / folget das Nutriment oder die Erneuerung. Dieser Wort Verstand wil ich dir öffnen / wann du ein fleissiges Auffmercken haben wirst. Als nemlich: unser Saame / welcher das Argentum vivum ist / wird mit der Erden / als dem unvollkommenen Cörper / zusammen gefüget / welche unsere Erde genennet wird / darum / daß die Erde aller Elementen Mutter ist: Und alsdann wird solches nach den Philosophen / Coitus, oder die eheliche Vermischung genennet. Wann aber die Erde anfähet etwas von dem Argento vivo beij sich zu behalten / so heisset man es die Empfängnuß / und alsdann wircket der Mann in das Weib / das ist / das Argentum vivum, in die Erden. Und solches ist das / davon die Philosophen sagen / daß unser Magisterium anders nichts seij / als Mann und Weib / und derselben Zusammenfügung. Das Wasser herrschet über das Argentum vivum, und die Erde wächset und vermehret sich. Was sich aber begibt zu der Zeit / wann die Erde weiß wird / solches wird alsdann die Schwängerung genennet / dann die Erde ist nunmehr geschwängert. Darauff wird das Ferment mit dem unvollkommenen præparirten Cörper zusammen gefüget / wie gesagt ist / biß so lang sie in der Farb und Ansehen eins seijnd / und alsdann wird es die Geburt genennet: Sintemal zu der Zeit unser Stein geboren ist / welcher Neugeborne von den Philosophen ein König genennet wird. Inmassen dann ein Philosophus im Buch der Turbæ spricht: Ehret euren König / welcher aus dem Feuer kommt / und mit einer herrlichen Königlichen Krone gezieret ist / und ernehret ihn / biß daß er sein vollkommenes Alter erreiche. Dessen Vatter ist Sol, seine Mutter aber Luna. Sie nehmen aber die Lunam für den unvollkommenen / und Solem für den vollkommenen Cörper. Endlich folget das Nutriment, oder die Nahrung / biß daß er durch eine grosse Vermehrung vermehret werde. Es soll ihme aber sein Nutriment von seiner Milch / und von dem Saamen / daher er ursprünglich gewesen / dargeboten / das ist mit dem Argento vivo öfftern mals imbibiret oder eingeträncket werden / biß er seine volle Gnüge empfahe / das ist / biß zu seiner Vollkommenheit / welches dann das Ende unsers gantzen Wercks ist. Mein lieber Sohn / durch dieses bißher erzehlte / kanst du gar leichtlich alle tunckele und verblümte Worte der Philosophen verstehen / und wirst darauß klärlich erkennen / daß sie eben in dem alle mit einander einstimmig seijnd. Und unser Magisterium ist nichts anders / als das / so ich dir in diesem meinem Schreiben erzehlet hab. Also hastu nun hierdurch / mein lieber Sohn / die Solution und Aufflösung des Cörpers / und seine selbst Reduction und Wiederbringung in die erste Materiam. Darnach hast du auch desselbigen seine Verwandlung in die Erden. Nachmals seine Weißmachung und Erhebung in die Lufft / sintemal er alsdann / wann die Feuchtigkeit / so in ihm zu befinden / distilliret wird / gantz lüfftig wird. Was sich hernieder sencket / und wie eine calcinirte Erde ligen bleibet / solches ist alsdann einer feurigen Natur. So hast du auch wie sie mit einander vereiniget werden / deßgleichen die Vermischung der Seelen und des Cörpers: Und also auch wie zugleich die Seele / der Leib und der Geist mit einander vereinbaret / und eins in das andere verwandelt wird: Und dann endlich die Augmentation oder Vermehrung darneben / deren Nutzbarkeit viel grösser ist / als sie mit der Vernunfft / oder einigem Verstand erreichet werden kan / oder mag.
Ende
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