3.Problematiken
3.1. Problematiken der Gesetzgebung
Wie in der strafrechtlichen Begutachtung aufgeführt, gibt es drei Paragrafen, mit denen sich diese Ausarbeitung im Bezug zum Thema des „Videografierens" und „Aufnehmen von Polizeibeamten" befasst. Diese Straftatbestände sollen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die darin verankerten Schutzbereiche des Wortes und des Bildes „repräsentieren" und deren Schutzbereich strafrechtliche ausformen. Ob sie das erreichen, und einen wirklichen Schutz für Polizeibeamte bieten, ist fraglich, da besonders, da das Kunsturhebergesetz schon veraltet scheint und mit den heutigen sich rasch entwickelten technischen Standards kaum noch mithalten kann. Allein ein Verweis auf die technische Entwicklung 1907 wirft Fragen auf. Zu dieser Zeit wurden weder Bilder in der heutigen Größenordnung geschossen, noch hatten alle Personen überhaupt Zugriff auf eine solche Technik. Ein Hochladen der Bilder im Internet, heutzutage die größte Problematik in Bezug auf das Kunsturhebergesetz, war ebenfalls undenkbar. Durch das Hochladen und den kaum überschaubaren Empfängerkreis, der die Datei weiter verbreiten könnte, ist ein Rückschluss auf den eigentlichen Ersteller des Bildnisses hoffnungslos und die Schutzwirkung entfällt. Wie dargestellt, ist ausschließlich die generelle Verbreitung eines Bildnisses unrechtmäßig, was schon sehr schwierig festzustellen ist und dem Gegenüber erst einmal nachgewiesen werden muss. Weiter gibt es so viele Ausnahmetatbestände, die für den Polizeiberuf zutreffen, dass der Schutzbereich in den meisten Fällen entfällt. Zu den Rechtfertigungsgründen in § 23 KUG ist weiter mehr als fraglich, ob das Geschehen der Zeitgeschichte, das sich auf eine Definition aus dem Jahre 1929 durch ein Reichgericht stützt, immer noch in der Art definiert werden kann. „Erscheinungen, […] die von der Öffentlichkeit beachtet werden, bei ihr Aufmerksamkeit finden."118 Das trifft in den Zeiten der sozialen Medien, wo jeder Zugang zu den neuesten Informationen hat, auf so gut wie jedes Ereignis zu. Es sollten wirklich wichtige Ereignisse davon inbegriffen sein, die wirklich Bedeutung für die politische und/oder gesellschaftliche Situation haben. Eine Bewertung und Abgrenzung wann ein Geschehen zur Zeitgeschichte gehört und wann nicht stellt sich im Einsatzgeschehen sehr schwierig dar Weiter müsste der einschreitende Beamte umfassende Kenntnisse über das Kunsturhebergesetz besitzen. Dieses ist aber nicht Inhalt des strafrechtlichen Studiums eines Polizisten, sodass Kenntnisse in Eigenregie oder in speziellen Fortbildungen erfolgen müssten.
Mittlerweile bietet auch das polizeiinterne Intranet aufklärende Flyer und Aufsätze an.119 Die §§ 201 und 201a StGB sind zwar besser an die Zeit angepasst und können in speziellen Fällen auch angewendet werden, jedoch ist der Schutzbereich, insbesondere der des § 201a StGB, sehr begrenzt und es kann nur in Ausnahmesituationen auf ihn zurückgegriffen werden. Der § 201 StGB ist im Hinblick auf den Schutzfaktor der effektivste und am besten durchsetzbare, da vor allem Videos das Aufsehen der Öffentlichkeit erregt, und der Paragraph am einfachsten aufgebaut ist und klare Strukturen und Grenzen aufweist. Eine Problematik in Bezug auf den § 201 StGB entsteht ausschließlich in der Bewertung des Tatbestandsmerkmales des „nicht-öffentlich gesprochenen Wortes". Eine solche Regelung wäre für den § 201a StGB ebenfalls wünschenswert, da dieser ursprünglich auch auf der Grundlage von § 201 StGB geplant war. Wie schon angemerkt, wurde eine Angleichung aufgrund des tiefen Eingriffs in die Pressefreiheit abgelehnt. Hier ist im Hinblick auf die Polizei im speziellen die Verhältnismäßigkeit in Frage zu stellen. Bilder oder Videos von Beamten verbreiten sich aufgrund des gesellschaftlichen Interesses und des gesellschaftlichen Zwiespalts zwischen Sympathien und Abneigung gegenüber der Berufsgruppe wesentlich schneller als bei einer Privatperson.
Eine Anpassung des Schutzbereiches der Strafvorschriften auf die Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes mit Berücksichtigung der Digitalisierung ist anzustreben. Die momentane strafrechtliche Lage schützt nur einen Bruchteil des Schutzbereiches des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes, was zur Folge hat, dass Bildnisse, Videomitschnitte und Einsatzlagen massenhaft in den sozialen Medien verbreitet werden. Es sollte gewährleistet sein, dass Polizeibeamte ihren Dienst ausüben können ohne dabei im Internet dargestellt und verschmäht zu werden oder sich und ihre Familien in Gefahr zu bringen. Natürlich ist die Pressefreiheit ein Grundrecht welches grundlegend für die Stabilität und Funktionsfähigkeit einer Demokratie ist, aber sie wird nicht dadurch gewährleistet, das Polizisten in ihren alltäglichen Einsätzen gefilmt werden dürfen. So sehe ich die Ausnahmen des § 23 KUG als sinnvoll und gerechtfertigt an, da es sich bei solchen Aufnahme um wirklich relevante Themen handelt, die in einer Demokratie für die Öffentlichkeit von Bedeutung sind. Diese Ausnahmen sollten jedoch in klare Schranken gewiesen werden.
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