2.3.2.2. Sicherstellung des Mobiltelefons § 94 StPO
Zusätzlich muss eine Sicherstellung oder Beschlagnahme des Mobiltelefons oder des Aufnahmegerätes geprüft werden. Diese Gegenstände sind von Bedeutung, da sie das Gespräch/Bild aufgenommen haben. Somit ist davon auszugehen, dass sich die Dateien noch auf den Geräten befinden. Falls die Dateien schon verbreitet wurden, im Falle des § 22 KUG, könnte nachvollzogen werden, an wen sie gesendet wurden und wie viele Personen nun im Besitz der Datei sind.
Gemäß § 94 Abs. 1 StPO dürfen Gegenstände, die als Beweismittel in Frage kommen, in Verwahrung genommen werden. Hierzu zählen ebenfalls Datenträger und digital gespeicherte Informationen. „Beweismittel [im Sinne von Abs. 1] sind alle beweglichen und unbeweglichen Sachen, […] die unmittelbar oder mittelbar für die Tat
oder die Umstände ihrer Begehung Beweis erbringen."111 Ein Smartphone, mit dem Aufnahmen von Polizeibeamten gefertigt und verbreitet wurden oder Gespräche von Polizeibeamten aufgenommen wurden, kann den Beweis erbringen, wem das Smartphone gehört, was genau aufgenommen wurde und an wen die Datei verbreitet wurde. Somit ist das Smartphone ein Beweisstück im Sinne des § 94 I StPO und kann rein rechtlich in Verwahrung genommen werden, wenn der Gegenstand freiwillig herausgegeben wird. 112 Weigert sich das polizeiliche Gegenüber gegen die Herausgabe, so ist eine Beschlagnahme nach § 98 StPO zu prüfen. Eine Beschlagnahme ist nur durch das Gericht zu erlauben. Besteht Gefahr in Verzug darf auch die Staatanwaltschaft und deren Ermittlungspersonen also ebenfalls Polizeibeamte eine Beschlagnahme vollziehen. Dann ist jedoch innerhalb von drei Tagen eine gerichtliche Bestätigung einzufordern.113 „Nach Sicherung des Beweiswertes ist das Mobiltelefon an den Betroffenen zurückzugeben, wenn es für die Untersuchung nicht mehr erforderlich ist."114 Es sei denn, der Gegenstand wird durch die Polizisten als Einziehungsgegenstand im Sinne eines Tatmittels eingezogen. Hier sind dann die §§ 74 StGB und 111b StPO zu prüfen.
Weiterhin könnten sich Probleme aufgrund der Verhältnismäßigkeit ergeben. Diese wurden besonders im Urteil des LG Kassel thematisiert, worin auf die „extrem hohe Bedeutung des Smartphones im täglichen Leben" hingewiesen wird. 115Die Bedeutung wurde bereits in der gefahrenabwehrenden Sicherstellung dargestellt. Dagegen anzuführen ist, dass das Smartphone im Verfahren des LG Kassel als Hauptbeweismittel fungiert und eine verhältnismäßig große Beweiskraft besitzt. Weiter führt das Landesgericht an, dass es sich bei der Straftat um eine aus dem „unteren Kriminalitätsspektrum" handelt. Was das Landgericht für die Unrechtmäßigkeit der fortlaufenden Beschlagnahme ansieht, ist die Dauer der Beschlagnahme. Im Fall des LG Kassel waren es zwei Monate. Also ist die Beschlagnahme im ersten Angriff nicht unverhältnismäßig, wenn abzusehen ist, dass eine zeitnahe Bearbeitung des Sachverhaltes und der Auswertung der Beweiskraft erfolgt. 116 Die Durchsicht des Smartphones vor Ort, um festzustellen, ob sich darauf Aufnahmen der Polizeibeamten befinden und ob das Smartphone somit als Beweismittel sichergestellt werden muss, würde sich nach § 110 StPO richten. Diese Durchsicht muss jedoch durch die Staatsanwaltschaft autorisiert werden und ist somit schwer im Einsatzgeschehen zu realisieren.
Darüber hinaus müsste das polizeiliche Gegenüber den Entsperrcode den Beamten mitteilen, da sie sonst keine Möglichkeit haben, die Durchsicht vor Ort durchzuführen. Wenn das polizeilich Gegenüber den Code preisgibt, könnte weitergehend ihre Einwilligung erfolgen das Smartphone durchzusehen, sodass die Staatsanwaltschaft nicht mehr kontaktiert werden müsste. In den Fällen, in denen polizeiliche Gegenüber nicht kooperiert und eine Durchsicht verhindert, wäre das Smartphone unter Berücksichtigung des § 94 StPO sicherzustellen und nach § 110 StPO in einem versiegelten Umschlag an die Staatsanwaltschaft zu senden
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