»Die Deutschen wollen keine Reformen«
Von dem Moment, in dem sich das Bild des reformscheuen, ängstlichen Deutschen in der Union (und mittelbar auch in anderen Parteien) vollends verfestigte, gibt es ein Foto. Aufgenommen hat es die Berliner Fotografin Laurence Chaperon, aber es wäre wohl nie gedruckt worden, wenn es nach ihrer guten Bekannten, der späteren Kanzlerin, gegangen wäre. Es zeigt nämlich Angela Merkel kurz nach 18.00 Uhr am 18. September 2005 in der Vorstandsetage der CDU-Zentrale in Berlin. Vor einer Batterie von TV- Geräten, die von der Decke hängen, steht Merkel. Den Kopf zurückgelegt, das Gesicht versteinert. Was sie auf den Schirmen verfolgt, ist das desaströs schwache Abschneiden von CDU und CSU, ihr politischer Beinahe- Untergang. Diese ersten Hochrechnungen und Ergebnisse der Bundestagswahl sind die Quittung eines (vermeintlich) reformmüden Wahlvolkes für Merkels reformfreudigen Wahlkampf. Und auf ihrem Gesicht kann man in diesen Minuten schon lesen, was der damalige CDU- Generalssekretär Ronald Pofalla wenig später im kleinen Kreis mehr knurren als laut aussprechen wird: »Nie wieder! Diese Deutschen wollen keine Reformen.« Die einen, etwa bei der Linkspartei oder bei der CSU, haben das schon immer so gesehen, weil es ihnen schon immer recht war: Sie sind strukturkonservativ und an Reformen fürchten sie naturgemäß die Infragestellung des Bestehenden. Davor wollen sie ihre Wähler bewahren, weil sie glauben, dass maximale Fürsorge maximale Zustimmung sichert.
Auf sie trifft das Wort von der »Tyrannei der Besitzstände« zu, der sie sich fröhlich unterwerfen. Den anderen, bei SPD, CDU, FDP und Grünen, ist es dagegen nicht unbedingt recht, dass Reformen ganz generell in Misskredit stehen. Hinter vorgehaltener Hand erzählen Vertreter dieser Parteien gern, was man alles ändern müsste in Deutschland, von Grund auf, radikal, wenn »man nur könnte und nicht gleich abgestraft würde«.
Manche Politiker hadern sehr ernsthaft damit, andere kokettieren nur, aber weitgehend abgefunden haben sie sich alle. »Reformer« möchte sich in Deutschland kaum ein namhafter Politiker mehr nennen lassen, von Friedrich Merz und einigen wirklich hart gesottenen Liberalen vielleicht
abgesehen. Merz landete nach besagtem Wahlabend 2005 mitsamt seiner »Bierdeckel-Steuerreform« im politischen Schmollwinkel. Jürgen Rüttgers, ehemaliger »Arbeiterführer« in der CDU, ist auch nach seiner Wahlniederlage überzeugt, dass die Bürger unter »Reformen« nur noch »Kürzung oder Einschnitte« verstehen, wie er im kleinen Kreis gern dozierte. Und die schwarz-gelbe Bundesregierung hat bis heute beinahe alles unterlassen, was als Wende weg vom allzuständigen Fürsorgestaat verstanden werden könnte. Im Gegenteil: Als ob sie den Titel »Reform- Koalition« fürchten würden, erhöhten Union und FDP gleich zu Beginn der Amtszeit das Kindergeld; im weiteren machten sie früh schon erhebliche Abstriche bei ihrer geplanten Gesundheitsreform, und ob die Steuerreform irgendwann einmal ihren Namen wirklich verdienen wird, steht in den Sternen. Erst im »Herbst der Entscheidungen« (Angela Merkel) begann Schwarz-Gelb zaghaft, sich von Schwarz-Rot zu unterscheiden. FDP-Chef Guido Westerwelle wird gewusst haben, warum er Außenminister wurde und nicht Reformminister für Wirtschaft, Freiheit und Zukunft. SPD und Grüne wiederum haben von der Reformagenda 2010 die Nase gründlich voll, und die Sozialdemokraten sind inzwischen auch von der größten Reformtat der großen Koalition abgerückt, von der Rente mit 67.
Kurzum: Reform ist ein verbranntes Wort in Deutschland, meinen zumindest die allermeisten Politiker. Stellvertretend sei der erfahrenste aller Bundesminister zitiert, Wolfgang Schäuble: »Das hat die Politik zu respektieren. Wenn es konkret wird, wollen die Leute eher mehr als weniger öffentliche Leistungen.« Auf den ersten Blick spricht in der Tat erdrückend viel demoskopisches und statistisches Material dafür, dass die große Mehrheit der Bürger reformverdrossen und träge ist. Und wie zahllose andere Untersuchungen kommt auch eine aufwändige Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zu dem Schluss: »Reform wird heute gleich gesetzt mit dem Griff ins Portemonnaie.« 57 Prozent der Bürger sind reformskeptisch, 35 Prozent wollen eine Reformpause und 22 Prozent fordern eine Rücknahme von Reformen der vergangenen Jahre. Unter SPD- und Linke-Wählern sind die Zahlen naturgemäß noch wesentlich höher. Einen wichtigen Hintergrund dafür liefert das so genannte sozioökonomische Panel (SOEP). Es untersucht regelmäßig seit 1984, welche Spuren die Arbeitslosigkeit im kollektiven wie im individuellen Gemütszustand der Deutschen hinterlässt, und kommt zu dem Ergebnis: Selbst wenn ein von Arbeitslosigkeit
Betroffener später wieder einen Job findet, erreicht er nie mehr jenes Maß an persönlicher Zufriedenheit, das er vor seiner Arbeitslosigkeit hatte.
Heißt: Das Gefühl von grundlegender Verunsicherung steckt den Leuten auch im Aufschwung noch in den Knochen.
Dieser Umstand führe, so die SOEP-Forscher, zu einer »Ungleichheitsaversion der Deutschen« — und das ist der springende Punkt: Ob es die Politiker nur zugelassen oder es mit allzu viel Reform- und Anti-Staat-Gerassel von der Talkshow-Sesselkante in den 90er Jahren selbst herbeigeführt haben: Reformen gelten in Deutschland als Motor, der Ungleichheit antreibt; als wahrer Grund, warum die Schere zwischen Oben und Unten auseinander geht. So wird Reform zum Gegenteil von Gerechtigkeit. Gegen diese Vorstellung müsste die Politik erst einmal anarbeiten.
Aber sie will es gar nicht mehr. Beispiel große Steuerreform: Erfahrene Finanzpolitiker können in einem Satz erklären, warum sie immer scheitern oder Schulden bringen. O-Ton: »Eine aufkommensneutrale Steuerreform geht nicht, außer man will politischen Selbstmord begehen. Denn die dabei netto Belasteten kritisieren das Vorhaben wesentlich lauter und nachhaltiger als die netto Entlasteten.« Oder, wie es CSU-Urgestein und Ex- Wirtschaftsminister Michel Glos launig formuliert: »Auch wenn der Wähler nichts hat, Bedenken hat er immer.« Nach der Wirtschaftskrise fehlt nun erst recht der Spielraum, um die große Mehrheit zu entlasten. Selbst sinnvolle Steuervereinfachungen kommen so auf die lange Bank.
Das führt zur grundsätzlichen Frage: Wann überhaupt könnte es in Deutschland noch (freiheitliche) Reformen geben, die offen angekündigt werden und den Namen auch verdienen? Nicht in der Krise, weil die Menschen in solchen Phasen »nicht weiter verunsichert werden dürfen«, wie in allen Parteien mehr oder minder deutlich zu hören ist. Aber, leider, leider, im Aufschwung auch nicht. Dann nämlich gilt der Satz, den Kurt Beck in seiner Zeit als SPD-Vorsitzender prägte: »Immer langsam mit de Leut'.« Kanzlerin Merkel und große Teile der CDU sehen es ähnlich. Im Aufschwung rieten die Ordnungspolitiker zwar zu Reformen, sagt Angela Merkel. Aber das sei grundfalsch. »Die Leute wollen auch mal ihre Ruhe.« Vor allem aber wollen sie Sicherheit. Wenn längst nicht mehr die Mehrheit der Deutschen auch nur an die Möglichkeit von Aufstieg durch Leistung glaubt, wenn sich im unteren Drittel also »Statusfatalismus« (Renate Köcher, Allensbach) breit macht, dann rangiert die Angst vor sozialem
Abstieg folgerichtig ganz oben auf der Sorgenliste der Deutschen. Das »Gefühl von Sicherheit« ist für 64 Prozent der Deutschen das wichtigste Motiv, warum sie sparen und auf Konsum verzichten. Mehr denn je gilt das im immer noch spürbaren Nachbeben der Agenda 2010. Ex-Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) ist sich sicher, dass die Menschen an Hartz IV nicht so sehr das niedrige Leistungsniveau, ausgedrückt in Euro pro Monat, fürchteten. Vielmehr habe der ansonsten wenig beachtete »Wegfall des Berufsschutzes« im Gesetz eine enorm verunsichernde Wirkung, weil er die Betroffenen zwinge, Arbeit auch unterhalb ihrer eigentlichen Qualifikation anzunehmen. Scholz: »Das lässt auch Millionen Leute zittern, die aller Wahrscheinlichkeit nach nie in Kontakt mit Hartz IV kommen werden.« Denn Arbeit, der Arbeitsplatz, ist in Deutschland nun einmal gleichbedeutend mit Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Schon bei Schiller heißt es: »Arbeit ist des Bürgers Zierde. Segen ist der Mühe Preis.« So entstand eine »nervöse Gesellschaft«. Und die Antwort der ebenso nervösen Parteien darauf heißt mehr denn je: »Wir bieten Sicherheit. Wir sind Mitte.« Weil »Mitte« nicht spalten kann. Weil »Mitte« Vernunft suggeriert, Zusammenhalt, Augenmaß und vor allem eben: Sicherheit. SPD- Chef Sigmar Gabriel sagt: »Die Menschen sind zutiefst verunsichert und sehnen sich nach dem Ort, wo sich nichts ändert. (…) Selbst das, was schlecht ist, soll so bleiben, wie es ist.« Sogar die Grünen sind auf ihrer Suche nach der Mitte. Robert Habeck, Fraktionschef in Schleswig Holstein, sagte jüngst: »Die Gesellschaft hat sich hin zu den Grünen verschoben. Mit unseren Themen und Methoden befinden wir uns deshalb mittlerweile im Zentrum der Gesellschaft. « Neu ist dieses Streben nach Mitte nicht. Man kann sogar (wie der Historiker Eckart Conze) die gesamte Geschichte der Bundesrepublik als eine einzige »Suche nach Sicherheit« lesen und beschreiben. Nicht umsonst war der Begriff seit jeher gesetzt auf den großen Plakaten der Bundestagswahlkämpfe. Konrad Adenauer, Willy Brandt, Helmut Kohl und Gerhard Schröder – sie sind alle unter dieser Flagge gesegelt. Das heißt nicht, dass sich alle Parteien in der Sache und ihren Konzepten unweigerlich immer ähnlicher werden, wohl aber im Sound, in der Grundmelodie, auf der sie ihre unterschiedlichen Akzente setzen. Sie alle eint die Angst vor den Ängstlichen. Und die werden in einer alternden Gesellschaft bestimmt nicht weniger.
Der Politiker, der davon ausgeht, dass die Deutschen diesem Bild entsprechen, wird von »durchregieren« nicht mehr laut reden. Deshalb ist es vielleicht ein Zufall, aber ein bezeichnender, dass der erste Beschluss der schwarz-gelben Koalition eine Änderung bei Hartz IV war: Schonvermögen rauf. Das betraf zwar lediglich 0,2 Prozent aller Hartz-Fälle, aber verhieß dennoch ein großes Plus an Sicherheit für jene Millionen Mittelschichtswähler, die sich vor Jobverlust und Sozialabstieg fürchten, konkret: vor Verlust ihrer Kapitallebensversicherungen und vor Zwangsverkauf ihres längst nicht abbezahlten Eigenheims.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich, selbst Verhandler für die CDU bei Wirtschaft und Arbeitsmarkt, wunderte sich über die Koalitionsgespräche: »Kündigungsschutz, betriebliche Bündnisse, Mitbestimmung — alles, was die FDP an Reformen wollte, hat sie in den Verhandlungen angetippt und dann beim ersten Anzeichen von Widerstand aufgegeben. « Sollte heißen: Auch die anfangs so selbstbewusst sich gebende FDP kuschte vor einem Bürger, dem sie unterstellte, er hege tatsächlich jenes Misstrauen gegen Schwarz-Gelb, das die Sozialdemokraten im Wahlkampf herbeizureden versucht hatten. Dabei hatten die Liberalen (und mit ihnen die Union) offenbar ihren eigenen Wahlsieg vergessen, der ja überraschend deutlich bewies, dass sich die Mehrheit dieses Misstrauen eben nicht hatte einreden lassen. Kurzum: Noch nicht einmal aus einer Position der Stärke heraus trauten sich die Schwarz- Gelben, Reformen anzukündigen geschweige denn entschlossen anzugehen.
Dass sich daran in den Jahren 2011/12 noch einmal grundsätzlich etwas ändert, ist angesichts der vielen Landtagswahlen nicht wirklich wahrscheinlich. Außer der (überfälligen) Aussetzung der Wehrpflicht und der Verlängerung der Atomlaufzeiten ist der schwarz-gelben Regierung an Strukturreformen nicht viel gelungen. So kann man Politik auch beerdigen.
Denn eine Frage wird ja gar nicht mehr gestellt: Stimmt es wirklich, dass die Deutschen in ihrer breiten Mehrheit Reformfeinde sind und Freiheitsverächter dazu? Stimmt, was wie viele andere auch der Publizist Wolfgang Herles schreibt: »Freiheit, die nicht missbraucht werden kann, ist keine Freiheit. Dieser Utopie aber hängen die Deutschen nach. Im Zweifel verzichten sie.« Dabei gehört zum ganzen Bild auch diese Wahrheit: Dafür, dass die Deutschen gemeinhin als reformfeige gelten, haben sie schon eine ganze Menge Reformen mitgemacht. Die im Osten vor 20 Jahren zum Beispiel die
Totalreform ihres Lebens, ganz gleich an welcher Stelle sie gerade standen, ganz gleich, welchen Alters sie waren, als die Mauer fiel. Auch die Westdeutschen haben große Reformen hinter sich: das Ende des heimeligen rheinischen Kapitalismus in der gesichtslos kalten Globalisierung; die deutsche Wiedervereinigung mit einer Neuzentrierung der Republik auf Berlin, was die Provinz nun tatsächlich zu Provinz machte; den Euro und mit ihm den Abschied vom nationalen Aufstiegsstolz auf die D-Mark; das gar nicht so schleichende Ende der gesetzlichen Rente als auskömmliche Altersversorgung mit dem einhergehenden Zwang zur privaten Vorsorge; eine ganze Reihe mittlerer Reformen bei Arbeitsmarkt und Unternehmen, die Deutschlands Wirtschaft vom EU-Schlusslicht wieder zur Wachstumslokomotive gemacht haben. Dazu die Agenda 2010: Die vielleicht größte einzelne Sozialreform der Nachkriegsgeschichte hat die Beschäftigungsverhältnisse durcheinander gewirbelt, einen Niedriglohnsektor (wie in den USA) geschaffen und so auch dazu beigetragen, dass heute jeder zweite Deutsche nicht in dem Beruf arbeitet, den er ursprünglich erlernt hat.
Und eines ist auch klar: Bei der einzigen Wahl des Jahres 2010 zahlte sich Reformvermeidung nicht aus. Die schwarz-gelbe Koalition in Berlin hatte es für weise gehalten, von Herbst 2009 bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Frühjahr 2010 möglichst wenig Streitbares zu unternehmen — und überzeugte die Wähler damit auch nicht. »Der zaghafte, stolpernde Anfang war unser größter Fehler«, sagen nicht nur viele FDP-Abgeordnete heute. »Wir haben die Leute unterschätzt.« All' das erlaubt mindestens folgende Frage: Sind die Deutschen in Sachen Reformen vielleicht doch besser als ihr Ruf? Oder, wie Titanic titeln würde: »Schlimmer Verdacht: Wähler doch nicht blöd?!« Wie nun weiter? Mit den allerbesten Absichten weiter schleifen an den Hartz-Gesetzen, bis aus Fördern und Fordern (wieder) Freibier für alle wird? Nie wieder richtige Reformen, nie wieder Anpassung Deutschlands an eine Welt, die sich beständig, vielleicht sogar immer schneller, verändert? Nein. Was immer Regierung und Opposition über die Deutschen denken mögen: Über Wohl und Wehe der zweiten Kanzlerschaft Angela Merkels wird nach Ende des Krisenmanagements eben doch entscheiden, ob sie Reformen durchsetzt — Bundesrat hin oder her. Bei Gesundheit, Steuern, Arbeit, Integration: Das Feld ist weit. Die Blaupause, wie es geht, hat die Kanzlerin bereits: die Modernisierung ihrer eigenen Partei. Die
CDU ist in hochsensiblen Bereichen heute eine komplett andere als noch vor fünf Jahren, besonders bei Familien- und Integrationspolitik. Reform hat das die Chefin nicht genannt, geglückt ist es trotzdem. Die Veränderung verlief nämlich weitgehend lautlos, ohne aufreibende Debatten, nicht von unten nach oben, sondern von oben nach unten. In einem der klügsten CDU-Bücher der letzten Jahre kommt Autorin Mariam Lau zum Schluss: »Zur CDU gehörte von Anfang an die Bereitschaft, auch die radikalsten Innovationen noch als Tradition umzudeuten.« Diese Strategie hält die Kanzlerin auch fürs Regieren geeignet. »Die Leute wollen nicht das Hin und Her über die Wege verfolgen«, glauben Angela Merkel und ihre wichtigsten Strateginnen. »Selbst von einer Revolution wollen die Deutschen am liebsten erst im Nachhinein benachrichtigt werden. « Diese Denke reicht zurück bis zum ersten Reichskanzler Otto von Bismarck und dessen Wort: »Je weniger die Leute wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie.« Gestützt wird die Einschätzung durch die Analyse der Fehler, die beim öffentlichen Vermitteln der Reformagenda 2010 gemacht wurden.
Bezeichnenderweise soll der damalige SPD-Parteichef Franz Müntefering die Studie der CDU-Chefin Angela Merkel mit den Worten überreicht haben: »Das geht euch auch an.« Der Politologe Otto Neugebauer zieht aus der Studie einige Lehren, die wichtigste: »Die Erläuterung von Reformdetails führt nicht zu mehr Akzeptanz, sondern verstärkt eher die gegebenenfalls vorhandene Ablehnung. « Je mehr die Politik sperrige Details zu erklären versuche, umso mehr entstehe bei den Bürgern der Eindruck: »Das ist derart kompliziert, das kriegen die nie hin.« Das viel beschworene »Mitnehmen der Menschen« wäre demnach doch nicht das allein seligmachende Verfahren. Hieße, und banaler geht es kaum: Die Deutschen sind offen für Reformen, solange man ihre notorisch skeptische Phantasie, ihre Bangigkeit nicht mit donnernden Ankündigungen weckt — solange Reformen nicht Reformen heißen.
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