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IX. Fortsetzung der Enteignungen deutschen Eigentums unter Missachtung der Minderheitenerklärung.

(Februar 1938 – Februar 1939.)

Nr. 156.​

Der deutsche Botschafter in Warschau im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Telegramm.
Warschau, 16. Februar 1938.
Die für die Agrarreform* erstellte Nominativliste zeigt, dass nach unserem bisherigen Kenntnisstand und den vorliegenden Unterlagen in diesem Jahr 22.800 ha deutschen Eigentums enteignet werden, im Vergleich zu 21.100 ha im Vorjahr. Die Enteignungen polnischen Eigentums belaufen sich zwar auf 13.500 ha und sind höher als im letzten Jahr, als sie nur 6.100 ha ausmachten, so dass sich der deutsche Anteil in diesem Jahr von 75 % im Jahr 1937 auf etwa 64 % verbesserte, er bleibt aber bestehen deutlich höher, nämlich rund 30 Prozent, als der deutsche Agrarreformanteil. Daher ist es bedauerlich, dass die Minderheitenerklärung, die Gleichberechtigung im Landbesitz gewährleistete, auch keine Auswirkungen auf die Umsetzung der Agrarreform hatte, obwohl wir unsererseits damals ausdrücklich auf diesen Sachverhalt hingewiesen haben* *.

Moltke.
Nr. 157.​

Der Generalkonsul von Deutschland in Posen im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.
Posen, 22. Februar 1938.
Nachdem das deutsche Eigentum bereits im vergangenen Jahr im Gegensatz zum polnischen Eigentum übermäßig stark von der Agrarreform betroffen war, hegten interessierte deutsche Kreise die Hoffnung, dass ihr Landvermögen in diesem Jahr verschont bleiben würde. Sie fühlten sich umso mehr zur Hoffnung berechtigt, als sie glaubten, dass die Erklärung über die Minderheiten vom 5. November 1937 endlich Früchte tragen würde. Die nun veröffentlichten Namenslisten haben jedoch alle Hoffnungen zunichte gemacht. Auf Antrag von Senator Hasbach an den Präsidenten des Polnischen Rates ist an der gesamten Fläche der Woiwodschaften Posen und Pommern, die der Zwangsteilung unterliegt, 22.254 ha deutsches Eigentum beteiligt
Polnisches Grundstück für 13.145 ha
zu diesen Grundstücken.
Seit Bestehen des Gesetzes über die Agrarreform sind insgesamt Zwangszerkleinerungen erforderlich. von den Deutschen 109.912 ha – 66 %;
der Polen 55.714 ha = 34 Prozent
Im Jahr 1925, als das Bodenreformgesetz in Kraft trat, wurde das gesamte von der gesamten Bodenreform erfasste Eigentum lokalisiert
in polnischer Hand 729.750 ha;
in deutscher Hand 513.770 ha.
Von dieser Gesamtfläche befanden sich 411.810 ha als Landreserven*** in polnischer Hand;
261.260 ha in deutscher Hand.
Das prozentuale Verhältnis für diese Bereiche betrug somit 62:38.
Eine gerechte Anwendung der Agrarreform hätte daher für die Zwangsaufteilung nach diesem prozentualen Verhältnis zwischen Deutschen und Polen nur den privaten Landbesitz heranziehen müssen. Andererseits wurden die Polen nur für 55.714 ha in die Nominativlisten aufgenommen, während die Deutschen für 109.912 ha aufgeführt waren. Diese Zahlen zeigen genau den umgekehrten Zusammenhang
Die Nominativliste der von der Grundstücksübertragung betroffenen Grundstücke wird jedes Jahr am 15. Februar veröffentlicht. Vgl. zur Liste von 1934 Nr. 42, von 1935 Nr. 55, von 1936 Nr. 64, von 1937 Nr. 74.
* Vgl. N08 94, 95 und 104.
** Das heißt alle Flächen, die nach dem Agrarreformgesetz der Zersplitterung unterliegen, also abzüglich der übrigen Flächen, Wälder und Gewässer, die nicht der Teilung unterliegen.
im Verhältnis zur Fläche der Grundstücke. Für die Zwangsteilung wurden statt 62 Prozent nur 39 Prozent des polnischen Eigentums gefordert. vs. und andererseits 61 S. vs. aus deutschem Besitz in Höhe von 38 p. vs.
Senator Hasbach weist zudem auf ein weiteres großes Anliegen der deutschen Minderheit hin. Obwohl die deutschen Grundbesitzer in höchst ungerechtfertigtem Umfang zur Mitwirkung an der Agrarreform herangezogen wurden und dadurch der Lebensraum der deutschen Minderheit enorm eingeschränkt wurde, wurde auf die deutsche Minderheit sozusagen keine Rücksicht genommen bevölkern Sie die neu gegründeten Bauernbetriebe. Den vorliegenden Daten zufolge profitierte die deutsche Minderheit nicht einmal von 1 % der Bevölkerung. vs. Die Agrarkommissare in den Woiwodschaften Ppsen und Pommern lehnten die Ansiedlung von Angehörigen der deutschen Minderheit nahezu strikt ab.
Die von Senator Hasbach angeführten Fakten machen die Bestürzung und Verzweiflung der Deutschen deutlich. Aus der Haltung der Polen geht die Absicht hervor, die wir keineswegs verheimlichen wollen, dass die Minderheitenvereinbarungen für sie keine Gültigkeit haben und dass sie trotz aller Versprechungen und aller Versprechungen rücksichtslos ihre Idee der Vernichtung des deutschen Elements verfolgen alle Zusicherungen. Rechnet man zu dieser Agrarreform noch die Auseinandersetzungen um das Grenzgebietsrecht und die Verweigerung von Aufenthaltsgenehmigungen in jüngster Zeit hinzu, kann man gut nachvollziehen, dass die Deutschen jede Hoffnung aufgeben mussten, ihre Situation hier erträglich zu regeln.
Walther.

• Nr. 158.​

Der Staatssekretär des Außenministeriums
an den deutschen Botschafter in Warschau.

Telegramm.​

Berlin, 22. Februar 1938.
Die Nominativliste vom 15. Februar sorgte hier für die größte Überraschung, denn in den Woiwodschaften Posen und Pommern wurde erneut deutsches Eigentum in einem im Verhältnis zum polnischen Eigentum unverhältnismäßigen Maß zur Beteiligung an der Zwangsteilung herangezogen.
Ich bitte Sie daher, dem Außenminister unser tiefstes Erstaunen über diese neuen Maßnahmen zum Ausdruck zu bringen, die nicht im Einklang mit der deutsch-polnischen Minderheitenerklärung stehen. Die Bundesregierung ist über den Verstoß gegen die Minderheitenerklärung besonders überrascht, weil Sie in Ihren Gesprächen mit dem polnischen Außenminister über den Inhalt und die Bedeutung dieser Erklärung mehrfach und ohne Erwähnung ausdrücklich betont haben. Das wäre so gewesen Es wurde bestritten, dass die Anwendung einer Agrarreform mit dem Ziel der Entgermanisierung nicht mit der Erklärung vereinbar sei*.
Mackensen.
Nr. 159.
Der Generalkonsul von Deutschland in Thorn im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.

Bericht.​

Thorn, 25. Februar 1938.
Als schweres Unglück gilt die jüngste Veröffentlichung der Nominativliste, nach der erneut zahlreiche deutsche Immobilien enteignet wurden und die deutlich zeigt, dass deutsches Eigentum erneut stärker in Mitleidenschaft gezogen wurde als polnisches Eigentum. Die Stimmung unter den Deutschen ist daher niedergeschlagen und verzweifelt. Sie wissen nicht, was sie tun sollen, und sehen nirgendwo einen Hoffnungsschimmer. Die gezahlte Entschädigung dient nur dazu, die Beschlagnahme zu verschleiern. Für Grundstücke, deren Grundstücke gut und sogar von höchster Qualität sind und für die ein Durchschnittswert von 250 Zloty pro Acre berechnet würde, erhalten wir nur eine durchschnittliche Entschädigung von 60 Zloty pro Acre, also 25 Pence. vs. in runden Beträgen, und selbst dann wird diese Entschädigung nicht in bar, sondern größtenteils in Staatsanleihen gezahlt, die nur zu 50 % an der Börse notiert sind. vs. von ihrem Wert.
Unter diesen Umständen ist es nur allzu verständlich, dass die deutschen Landsleute, die sich unter dem Minderheitenabkommensregime eine bessere Zukunft erhofften und sich so schwer getroffen fühlen, in ihrer düsteren Verzweiflung nach Hilfe suchen. Sie sind enttäuscht, als sie es sehen
dass die deutsche Presse ihrem Leid keine Beachtung schenkt und ihre Situation nicht verstehen kann. Nirgendwo in den Zeitungen finden sie eine faire und offene Bewertung der Ereignisse. Es ist völlig unzureichend, dass auf ihr Schicksal eingegangen wird und dass wir uns zu all dem beispiellosen Vertragsbruch äußern. Die Deutschen erwarten ihren Verlust mit Angst und einem Gefühl völliger Verlassenheit.
von Kiichler.
Nr. 160.
Der deutsche Botschafter in Warschau im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.

Warschau, 8. März 1938.​

Wie ich bereits mitgeteilt habe, konnte ich die in Ihrer Depesche1 angeordneten Schritte zur Agrarreform erst am Abend des 4. dieses Monats, also unmittelbar vor der Abreise nach Rom, des Außenministers Herrn Beck unternehmen . Weisungsgemäß habe ich auf das Zahlenmaterial des Berichts des Generalkonsuls von Posen vom Februar 222 zurückgegriffen, der meiner Meinung nach unwiderlegbar die Benachteiligung der deutschen Minderheit beweist. Ich erklärte außerdem, dass deutsche Bauern sowohl in den neuen Kolonisationen als auch in den Flusskolonien systematisch ausgeschlossen werden und dass die Art und Weise, wie die Grenzzonenverordnung angewendet wird, einer Entdeutschung gleichkommt, da wir sie fast regelmäßig ablehnen die für jeden Eigentumswechsel erforderliche Genehmigung, auch wenn es sich um eine Erbübertragung vom Vater auf den Sohn handelt. Schließlich übermittelte ich Herrn Beck in Fortsetzung eines früheren Interviews Daten über die Arbeitslosigkeit in Oberschlesien, um zu beweisen, dass das deutsche Element überall und in jeder Hinsicht wirtschaftlich benachteiligt ist.
Herr Beck bestritt, dass in irgendeinem Bereich eine ablehnende Haltung gegenüber der deutschen Minderheit bestehe und verwies erneut auf angeblich diesbezügliche Anordnungen des Ratspräsidenten. Zu dem von mir vorgelegten Zahlenmaterial zur Agrarreform sagte Herr Beck Folgendes: „Ziel des Agrarreformgesetzes wäre es in erster Linie, einerseits den gesamten landwirtschaftlichen Großbesitz in Polen auf die vorgesehene Fläche zu reduzieren Gesetz. Dieses Ziel würde fortan schneller als bisher verfolgt werden, so dass es vermutlich schon in wenigen Jahren endgültig erreicht sein dürfte. Die Frage nach der Reihenfolge dieser Maßnahmen spielte daher keine große Rolle mehr, da in kürzester Zeit ohnehin alle Grundbesitzer, ob polnische oder deutsche, von der Agrarreform betroffen sein würden. Herr Beck unterstrich zweitens die freiwillige Zersplitterung, die von den polnischen Eigentümern weitgehend vorgenommen wurde, während es auf deutscher Seite so gut wie keine gegeben habe. Abschließend argumentierte Herr Beck, dass das große Grundstück 30 p. vs. in deutscher Hand, während der Anteil der deutschen Bevölkerung in den betreffenden Provinzen deutlich geringer war. Nachdem er Herrn Beck dann darauf hingewiesen hatte, dass er in die Frage der Agrarreform ein rein politisches Element einbringe, sagte er mir, dass es sich nicht um ein politisches, sondern um ein rein soziales Element handele Die Reform hatte vor allem die Aufgabe, übermäßig großen Besitz zu zerstückeln und ihn in die Hände der Bauern zu überführen. Allerdings befanden sich gerade die größten landwirtschaftlichen Betriebe in deutscher Hand, so dass die stärkere Betroffenheit des deutschen Landbesitzes durchaus mit den gesetzlichen Vorgaben und dem Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit vereinbar war.
Die Argumente von Herrn Beck – und ich habe es nicht versäumt, dies zu betonen – sind in keiner Weise plausibel. Was zunächst die Behauptung angeht, dass die Agrarreform in einigen Jahren abgeschlossen sein wird, so wird zu diesem Zweck ein ziemlich langer Zeitraum erforderlich sein, schon allein aus finanziellen Gründen, und selbst wenn es notwendig wäre, entsprechend dem Wunsch des Landwirtschaftsministers , Herr Poniatowski, das Tempo seiner Anwendung deutlich beschleunigen. Darüber hinaus ist es nicht einmal sicher, ob die Fragmentierung angesichts des wachsenden Widerstands gegen die Landreform überhaupt zu Ende geführt werden kann. Für deutsche Eigentümer gibt es jedenfalls nicht den geringsten Grund, in den Vordergrund zu treten. Was die freiwillige Zersplitterung betrifft, so zeigen uns die Zahlen, die uns vorliegen, dass sie nicht aussagekräftig genug sind, um den für die deutsche Minderheit ungünstigen Aspekt ändern zu können. Es ist auch völlig falsch, dass die größten landwirtschaftlichen Betriebe gerade in deutscher Hand sind. Im Gegenteil, große deutsche Grundstücke wurden schon lange enteignet und in allen Größenklassen überwiegen inzwischen polnische Grundbesitztümer.

Herr Beck, der seine Zahlen nicht zur Hand hatte, schlug mir schließlich vor, dieses Gespräch nach seiner Rückkehr aus Rom noch einmal fortzusetzen, da es in seinem Interesse sei, dass kein Missverständnis bestehen bleibe. Ich habe zugestimmt und werde mir erlauben, nach dem neuen Interview einen neuen Bericht zu diesem Thema zu verfassen1.

von Moltke.
Nr. 161.
Der Staatssekretär des Außenministeriums beim deutschen Botschafter in Warschau.​

Ministerialerlass.

Berlin, le 9 novembre 1938.​

Wie der Botschaft bekannt ist, sind die zuständigen polnischen Behörden seit einiger Zeit mit den Vorbereitungsarbeiten für die Erstellung der Jahres- und Nominativliste zur weiteren Anwendung der Agrarreform beschäftigt, die im Februar nächsten Jahres erscheinen wird. Um möglichst zu verhindern, dass durch diese neuen Listen der Grundbesitz der deutschen Volksgruppe im Westen Polens, wie die bisherigen, durch die Zersplitterung weitaus stärker geschädigt wird als das polnische Eigentum halte ich es für dringend erforderlich, der polnischen Regierung jetzt unsere feste Hoffnung zum Ausdruck zu bringen, dass durch die neue Liste der Landbesitz der deutschen Volksgruppe in den Provinzen Westpolens nicht beeinträchtigt wird, was bisher geschehen ist, nur nach dem Anteil des Eigentums in deutscher Hand am gesamten Grundbesitz, der durch die Agrarreform der Landübertragung unterliegt.
Ich bitte Sie, möglichst unverzüglich einen entsprechenden Antrag an das Außenministerium in Warschau zu stellen und dabei insbesondere auf Nummer 5 der Minderheitenerklärung vom 5. November 1937 zu verweisen, die uns gerade davor schützen sollte eine Ungleichbehandlung zum Nachteil des deutschen Volkstums bei der Agrarreform (wie sie gegenüber der polnischen Regierung bei den Verhandlungen über diese Erklärung mehrfach und unwidersprochen zum Ausdruck gebracht wurde (vgl. Depesche vom 26. August 19371). ). Ich bitte Sie außerdem um die Feststellung, dass die deutsche Regierung fest davon ausgeht, dass die polnische Regierung bei der Aufstellung der Nominativliste für 1939 die Tatsache berücksichtigen wird, dass das Eigentum der deutschen Volksgruppe bisher weitaus stärker in Mitleidenschaft gezogen wurde stärker durch die Bodenreform als polnisches Eigentum.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie einen Bericht über die Anordnung und die Ergebnisse Ihres Vorgehens vorlegen könnten.

Weizsäcker.​
Nr. 162.​

Der deutsche Botschafter in Warschau im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.

Warschau, 22. November 1938.​

Die mir befohlene Kontaktaufnahme bezüglich der späteren Umsetzung der Agrarreform richtete sich an den Ministerialdirektor, Graf Lubienski, Stabschef des Außenministers. Bereits im März dieses Jahres, nach der Veröffentlichung der letzten Nominierungsliste, war dieser Fragenkomplex Gegenstand eines Interviews mit Graf Lubienski, der sich bereit erklärte, mit dem polnischen Landwirtschaftsminister über die Frage der verursachten Beeinträchtigungen zu sprechen Deutscher Grundbesitz. Graf Lubienski sagte mir noch einmal, dass die Umsetzung der Reform

Die Agrarpolitik zielte keineswegs darauf ab, die deutschen Grundbesitzer zu benachteiligen. Die Listen wurden ohne Rücksicht auf die Nationalität der Eigentümer und nur nach objektiven Gesichtspunkten erstellt.
Wir antworteten Graf Lubienski, dass die bisherige Umsetzung der Agrarreform in Polen auf deutscher Seite den berechtigten Eindruck erweckt habe, dass es sich in erster Linie um eine weitreichende Entgermanisierungspolitik handele. Ausschlaggebend für ein solches Urteil war vor allem die Tatsache, dass das deutsche Eigentum durch die Agrarreform doppelt so stark geschädigt wurde wie das polnische Eigentum. Die Veröffentlichung der Nominativliste im Februar dieses Jahres löste in der deutschen Öffentlichkeit eine Empörung aus, die umso größer war, als nach der Minderheitenerklärung eine gerechtere Anwendung zu erwarten gewesen wäre. Wenn der Landwirtschaftsminister kein Verständnis für unseren Standpunkt zeigt und seine Politik der Entdeutschung fortsetzt, müssen wir mit sehr erheblichen Auswirkungen auf die öffentliche Meinung in Deutschland rechnen.

von Moltke.
Nr. 163.​

Mitteilung eines Beamten der politischen Abteilung des Ministeriums
Auswärtige Angelegenheiten.
Berlin, 15. Februar 1939.
Nach einer telefonischen Mitteilung der deutschen Botschaft in Warschau wurde im Amtsblatt der polnischen Gesetze vom heutigen Tag die Liste (Nominativliste) der Grundstücke veröffentlicht, die 1939 nach der Agrarreform zwangsweise aufgeteilt werden sollten. Laut dieser Liste
In der Woiwodschaft Posen sind 12.142 ha in deutscher Hand, von insgesamt 20.275 ha, betroffen;
In der Woiwodschaft Pommern sind 12.538 ha in deutscher Hand, von insgesamt 14.437 ha, betroffen.
In der Woiwodschaft Oberschlesien sind 6.813 ha in deutscher Hand, von insgesamt 7.438 ha, betroffen.
Diese Maßnahmen stehen in eklatantem Widerspruch zur deutsch-polnischen Minderheitenerklärung vom 5. November 1937 sowie zu den wiederholten Zusicherungen der polnischen Regierung, keine diskriminierenden Maßnahmen zum Nachteil der Angehörigen der deutschen Volksgruppe in der Reformlandwirtschaft zu ergreifen . Die deutschen Landreserven* in Posen und Pommern machen nur etwa ein Drittel des gesamten Grundbesitzes aus, der der Bodenreform unterliegt.
। Schliep.

Nr. 164.​

Der Generalkonsul von Deutschland in Thorn im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Telegramm.
Thorn, 16. Februar 1939.
Die neue Nominativlisten-Agrarreform machte hier in deutschen Volkskreisen einen zutiefst beunruhigenden Eindruck, zumal nach einem Besuch des Herrn Reichsaußenministers in Warschau allgemein ein weitaus günstigeres Ergebnis erwartet wurde.
Insgesamt wurden in Pommern 12.600 ha deutschen Grundbesitzes enteignet, im Vergleich zu 8.600 ha im Vorjahr. Der deutsche Anteil liegt in diesem Jahr bei rund 65 Pence. c., also sogar höher als im Vorjahr. In diesem Jahr fällt vor allem auf, dass die Mittelschicht stärker betroffen ist und dass verschiedene Eigentümer mehrfach zur Trennung gezwungen wurden.

Küchler.​

* Vgl. Nr. 157, rem.
Nr. 165.
Der Staatssekretär des Außenministeriums
an den deutschen Botschafter in Warschau.

Telegramm.​
Berlin, 16. Februar 1939.​

Ich bitte Sie, dem Außenminister, oder im Falle seiner Verhinderung seinem Vertreter, unverzüglich Ihr Erstaunen darüber zum Ausdruck zu bringen, dass die letzte Namensliste entgegen der Minderheitenerklärung und späteren Zusicherungen* der polnischen Regierung auf Deutsch steht Eigentum in Posen und Pommern in einem beispiellosen Nachteil.
Telegraphenbericht.
Weizsäcker.

Nr. 166.​

Der deutsche Botschafter in Warschau im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Telegramm.
Warschau, 17. Februar 1939.
Da Herr Beck krank war und Graf Szembek abwesend war, habe ich den Befehl zur Agrarreform beim Unterstaatssekretär Arciszewski erlassen, der übrigens von Herrn Beck speziell mit dieser Frage betraut ist.
Herr Arciszewski erklärte, dass der für uns positive Standpunkt des Außenministeriums auf großen Widerstand im Ministerrat gestoßen sei, der der Meinung sei, dass man die Frage eines gleichen Beitrags der polnischen und polnischen Seite nicht beurteilen könne Deutsche Liegenschaften im Rahmen des jeweiligen Bundeslandes, jedoch im gesamten Staatsgebiet. Angesichts dieser Schwierigkeiten verzichtete das Außenministerium auf den Versuch, die für Pommern erstellte Liste zu ändern, da die Agrarreform in dieser Provinz fast abgeschlossen ist, und beschränkte sich darauf, auch für die Zukunft die 50 zu fordern von 50 Grundsätzen für die Woiwodschaft Posen. In diesem Punkt hat das Außenministerium seinen Fall gewonnen.
Ich antwortete, dass wir den polnischen Standpunkt in Bezug auf Pomerelia als unhaltbare Diskriminierung betrachten sollten. Bei Posnania lag der Anteil deutscher Eigentümer deutlich über 50 Prozent. c., nach unseren sehr genauen Angaben. Auf den Anteil von 50 zu 50 konnten wir uns jedenfalls nicht einigen, da die deutschen Eigentümer nur 30 Prozent ausmachen. vs. etwa der Gesamtfläche aus und wurde darüber hinaus in den vergangenen Jahren übermäßig stark genutzt. Arciszewski hat mich gebeten, unsere Zahlen vorzulegen. Zu diesem Zweck habe ich beim Generalkonsulat Posen** genaue Daten angefordert.
Moltke.
Nr. 167.
Der Generalkonsul Deutschlands in Kattowitz im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.

Kattowitz, 21. Februar 1939.​

Nach den inzwischen vorliegenden genauen Feststellungen des Verbandes der Grundbesitzer Ostoberschlesiens befinden sich von den in der Nominativliste aufgeführten Flächen (7.438 ha) lediglich 100 ha in polnischem Besitz. Deutsches Eigentum wird daher mit 97,7 Pence als Beitrag herangezogen. vs. obwohl polnisches Eigentum bedeutender ist. Die deutschen „Landreserven" wurden damit fast vollständig beschlagnahmt.
Eine Nudel.
♦ Vgl. Nr. 162.
„* Vgl. auch N06 170, 171, 172. Nachfolgende Gespräche mit dem polnischen Außenministerium blieben ebenfalls ergebnislos.
Vgl. Nr. 157, S. 100, rem. *.

Nr. 168.​

Der Generalkonsul von Deutschland in Thorn im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.
Thorn, 21. Februar 1939.
Die vergangene Woche stand fast ausschließlich im Zeichen neuerlicher Enteignungen deutscher Immobilien. Die Veröffentlichung der Nominativliste wirkte wie eine Bombe nach dem Besuch des Reichsaußenministers vor wenigen Wochen in Warschau1, bei dem sich die deutsche Volksgruppe überall eine starke Verbesserung der deutsch-polnischen Beziehungen versprach. Alle Hoffnung, dass sich die ungünstige Situation der deutschen Volksgruppe endlich ändern würde, war verloren.
Zu den Auswirkungen von Enteignungen nach der neuen Nominativliste folgt auch heute wieder ein Sonderbericht, der die katastrophale Lage einiger landwirtschaftlicher Betriebe aufzeigt. Insbesondere das Durchschnittseigentum ist stark betroffen, da mehrere seiner Bestände bis zu 60 % enteignet wurden. vs. weil sie sich in einem bestimmten Gebiet befinden und daher nicht mehr lebensfähig sind.
Eine Vergleichstabelle der deutschen und polnischen Grundstücke, die seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Durchführung der Agrarreform vom 28. Dezember 1925 bis einschließlich 1938 gemäß den Nominallisten enteignet wurden, gibt Aufschluss über den Grundbesitz in Pomerelia, dass das deutsche Eigentum bisher 56.214,00 ha Landfläche oder 72 Pence verloren hat. vs. aller gemäß den Nominativlisten enteigneten Flächen, während polnisches Eigentum in den bisher veröffentlichten Nominativlisten nur für 22.093,00 ha der Gesamtflächen bzw. 28 p. vs. Die Hoffnung, dass die diesjährige Nominierungsliste durch eine stärkere Beteiligung polnischer Eigentümer einen Ausgleich für den unverhältnismäßigen und ungerechtfertigten Beitrag deutscher Eigentümer schaffen würde, die dadurch benachteiligt sind, hat sich nicht erfüllt. Der Schaden für den deutschen Grundbesitz hat sich im Vergleich zu den Vorjahren vielmehr verschärft.
Es scheint, dass die polnischen Behörden versuchen, das deutsche Element hier schnell und vollständig zu vernichten, denn die bei ihnen in letzter Zeit allgemein zu beobachtende Haltung ist feindseliger denn je gegenüber dem deutschen Element.
Es versteht sich von selbst, dass unter diesen Umständen eine außerordentliche Verärgerung die deutsche Bevölkerung hier erfasst hat, weil sie in ihren berechtigten Hoffnungen und in ihrer ganzen Loyalität gegenüber dem polnischen Staat aufs bitterste enttäuscht wurde. Hier macht sich ein Gefühl der Unsicherheit breit, aber auch das Gefühl, aller Rechte beraubt zu sein, und es ist schwierig, dagegen anzukämpfen. Ich muss besonders betonen, dass die Tendenz zur Auswanderung daher stark ausgeprägt ist.

von Küchler.​


X. Weitere deutsche Versuche, die Lage der deutschen Minderheit durch deutsch-polnische Verhandlungen zu verbessern.
(November 1937 – März 1939.)
Nr. 169.

Mitteilung des stellvertretenden Direktors der politischen Abteilung des Außenministeriums.​
Berlin, le 25 novembre 1937.​

Der polnische Geschäftsträger hat mich heute wegen einer anderen Angelegenheit aufgesucht, und ich nutzte die Gelegenheit, um ihn daran zu erinnern, und verwies auf das Aide-mémoire1, das Herr Reichsminister dem polnischen Botschafter Anfang November während der deutschen Sitzung gegeben hatte - Polnische Minderheitenerklärung, dass von deutscher Seite in diesem Memorandum vorgeschlagen worden sei, in regelmäßigen Abständen Gespräche zwischen den Vertretern beider Staaten über die in der Minderheitenerklärung angesprochenen Themen zu führen. Auf diesen deutschen Vorschlag wurde bisher noch nicht reagiert. Ziel dieser Gespräche war es, die oben genannten Fragen von jeglicher Politik zu befreien und im gegenseitigen Einvernehmen eine zufriedenstellende Lösung herbeizuführen. Unsere heimischen Behörden erwogen sehr positive Maßnahmen gegenüber der polnischen Minderheit und sahen in den geplanten Gesprächen ein Instrument zur Fortführung der in der Minderheitenerklärung dargelegten Leitlinien. Es wäre daher sehr wünschenswert, dass wir bald eine positive Resonanz auf unseren Vorschlag erhalten, damit wir mit der Arbeit praktisch beginnen können. Der Geschäftsträger erklärte, dass er dies ebenfalls für wünschenswert halte und versprach, in Kürze eine Antwort zu geben2.
Fürst von Bismarck.

Nr. 170.​

Der deutsche Botschafter in Warschau im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.

Bericht.​
Warschau, den 30. 1938.​

Die Erwartung, dass die Lage der deutschen Minderheit in Polen durch die Gemeinsame Erklärung der deutschen und polnischen Regierung vom 5. November 1937 über die Behandlung der jeweiligen Minderheiten eine wesentliche Verbesserung erfahren würde, hat sich leider nicht erfüllt.
Im vergangenen halben Jahr wurde der deutschen Volksgruppe in Polen ihre wesentliche Existenzgrundlage, nämlich ihr Landbesitz, in noch gravierenderer Weise als in der Vergangenheit entzogen, und zwar infolge der Verpflichtung, stärkere Beiträge zu leisten Agrarreform sowie infolge der strengeren Anwendung des Gesetzes über die Grenzzone1 seit dem 1. Juli 1937. In der Praxis führen die Bestimmungen dieses Gesetzes dazu, dass im polnischen Oberschlesien, im größten Teil Pommerns und in einem bedeutenden Teil der ehemaligen Provinz Posen jeglicher Erwerb von Grundeigentum, auch auf dem Wege der Erbschaft, verhindert wird . Wir genehmigen nicht einmal Pacht- oder Nießbrauchsverträge, wenn die Landwirte oder Nießbraucher der deutschen Volksgruppe angehören. Dies läuft darauf hinaus, dass Landbesitz, der noch in deutscher Hand ist, solange er nicht bereits durch die Agrarreform erfasst wurde, spätestens mit dem Tod des jetzigen Eigentümers an das deutsche Element verloren gehen muss.
Nicht nur Angehörige der deutschen Volksgruppe werden von ihrem Land vertrieben, sondern auch deutsche Kaufleute und Unternehmer werden durch den Wirtschaftsboykott, der von der Westföderation unter dem Schutz der polnischen Regierung organisiert wird, um ihr Brot gebracht.
Deutsche Arbeiter, insbesondere in Oberschlesien, werden zunehmend von ihren Arbeitsplätzen vertrieben, gleichzeitig werden angesichts der guten Beschäftigungsbedingungen der Fabriken zunehmend Arbeiter aus der dominanten Bevölkerung eingestellt. In Ostoberschlesien, 70 S. vs. der deutschen Arbeitnehmer waren bereits im vergangenen Jahr ohne Existenzgrundlage, fast 100 Prozent. vs. der deutschen Jugendlichen stehen ohne Ausbildungsplatz da.
Im kulturellen Bereich manifestiert sich die Entdeutschungspolitik der polnischen Regierung in der Schließung von Schulen und im wirtschaftlichen Druck auf Eltern, die ihre Kinder auf deutsche Schulen schicken.
Ich habe mich weiterhin ständig bei der polnischen Regierung zu allen oben genannten, noch bestehenden Fragen gemeldet, da die polnische Regierung unseren Wünschen bisher nicht nachgekommen ist. Ich habe immer betont, dass uns das Schicksal der deutschen Volksgruppe in Polen mit Sorge erfüllt und dass die unterschiedliche Behandlung der deutschen Minderheit in Polen natürlich auch unsere guten nachbarschaftlichen Beziehungen belasten muss. Darüber hinaus habe ich weisungsgemäß argumentiert, dass die polnische Minderheit im Reich überall Arbeit fand und ihren Lebensunterhalt verdiente, während die Deutschen in Polen trotz des Wirtschaftswachstums, das wir dort beobachten, einfach deshalb ihrer wirtschaftlichen Basis beraubt werden gehören zum deutschen Element. Darüber hinaus war unser wiederholter Vorschlag an die polnische Regierung, von Zeit zu Zeit ein Treffen zwischen deutschen und polnischen Experten abzuhalten, der beste Beweis für unseren guten Willen, den Beschwerden im Bereich der Minderheiten ein Ende zu setzen Leider hat die polnische Regierung bisher nicht reagiert.
Gemäß den Anweisungen werde ich weiterhin eine Diskussion über Minderheitenfragen vorschlagen, würde mich jedoch freuen, wenn das Außenministerium auch in der Nähe der polnischen Botschaft in diese Richtung handeln würde.

von Moltke.
Nr. 171.​

Der Außenminister
an den deutschen Botschafter in Warschau.
Telegramm.
Berlin, 29. Juni 1938.
Wir halten es auch hier für angebracht, die Gelegenheit zu nutzen, die sich aus der Petition des Bundes der Polen vom 2. Juni sowie aus dem Wiederaufflammen der Spannungen, die sie im Bereich der Minderheiten hervorgerufen hat, ergibt, um dem erneut einen Antrag zu unterbreiten Verhandlungen der polnischen Regierung über die Beschwerden der jeweiligen Minderheiten. Bitte wenden Sie sich schnellstmöglich an Außenminister Beck und nennen Sie dabei folgende Standpunkte:
Die Petition des Bundes der Polen wurde von der Reichsregierung eingehend geprüft und ist bereit, den berechtigten Wünschen der polnischen Minderheit nachzukommen. Die versöhnliche Haltung der Reichsregierung kommt bereits in den Maßnahmen zur Beseitigung der Ursachen bestimmter Beschwerden sowie im Empfang von Delegierten der polnischen Minderheit durch den Reichsinnenminister zum Ausdruck. Es kann jedoch nicht erwartet werden, dass wir bei der weiteren Behandlung dieser Fragen die Situation der deutschen Minderheit in Polen außer Acht lassen, die unserer Meinung nach weitaus mehr Anlass zur Beanstandung bietet. Vertreter der polnischen Minderheit gaben gegenüber dem Reichsinnenminister zu, dass sie auf wirtschaftlichem Gebiet keinen Grund zur Klage hätten. Andererseits muss festgestellt werden, dass den Deutschen in Polen trotz des Wirtschaftswachstums, das wir auch dort beobachten, ihre wirtschaftliche Basis entzogen wird, einfach weil sie zum deutschen Element gehören. Insbesondere das negative Ergebnis der Verhandlungen der Botschaft zum Thema Agrarmaßnahmen gegen die deutsche Minderheit enttäuschte*, da die polnische Regierung bei dieser Gelegenheit den diskriminierenden Standpunkt der Westföderation übernommen hatte, wonach die Beteiligung der Deutschen Der Anteil der Grundbesitzer sollte nach dem Anteil der deutschen Bevölkerung berechnet werden.
Es ist auch unmöglich, die Frage der Rechtsanwendung im Grenzgebiet unberücksichtigt zu lassen, da bald mit Ausweisungen deutscher Eigentümer zu rechnen ist, denen vor einem Jahr die Erlaubnis zur Inbesitznahme geerbter Grundstücke verweigert wurde. Es ist zu befürchten, dass die bevorstehende Vertreibung dieser deutschen Volksgruppen aus ihrem Land äußerst ungünstige Auswirkungen auf die ohnehin schon gereizte Stimmung der deutschen Bevölkerung an der Grenze haben wird, was wiederum schwerwiegende Folgen für die Bevölkerung nach sich ziehen wird polnische Minderheit in Deutschland, wenn ihnen nicht rechtzeitig Abhilfe geschaffen wird.
♦ Vgl. Nr. 160, Anm.
Ein ständiger Anlass zur Sorge für die deutsche öffentliche Meinung sind darüber hinaus die unaufhörlichen Entlassungen deutscher Arbeiter in Ostoberschlesien sowie der vom Westbund organisierte Wirtschaftsboykott. Sie können auch darauf hinweisen, dass auf polnischer Seite der Gegenentwurf zur Genehmigung des polnischen Gymnasiums in Marienwerder* nicht durchgeführt wurde, sowie auf die rigorosen Maßnahmen der Schulbehörden gegenüber den deutschen Schulen Wolhynien, wo von 7.500 deutschen Kindern im schulpflichtigen Alter 5.800 keine oder nur unzureichende deutsche Bildung erhalten können.
Bitte bringen Sie Herrn Beck auch zum Ausdruck, dass sich die angespannte Lage in den westpolnischen Provinzen durch die Forderungen des Bundes der Polen und deren Bearbeitung durch die polnische Presse noch weiter verschärft hat. Die Bundesregierung verfolgt diese Entwicklung, die unsere ansonsten gutnachbarschaftlichen Beziehungen stören könnte, mit Sorge und hält es für dringend geboten, ihr mit einer offenen Erklärung entgegenzutreten, um die durch die Bundesregierung geschaffene Verständigung auf dem Gebiet der Minderheiten fortzuführen Erklärung zu Minderheiten. Er schlägt daher vor, die Ansprüche ethnischer Gruppen umgehend von Spezialisten beider Länder prüfen zu lassen, um diese Fragen so weit wie möglich zu klären.
Bitte informieren Sie uns telefonisch über die Begrüßung Ihres Anliegens.

Ribbentrop.​
N» 172.​

Der deutsche Botschafter in Warschau im Außenministerium.

Bericht.
Warschau, 9. Juli 1938.​

Gemäß den Weisungen vom 29. des letzten Monats** habe ich heute mit Herrn Beck über die Minderheitenfrage gesprochen. Ich habe dann insbesondere darauf hingewiesen, dass die Nichterfüllung der polnischen Bestimmungen in der Sondervereinbarung zu Marienwerder*** die Wirkung der Minderheitenerklärung vom 5. November stark in Frage gestellt habe. Dass bis zum heutigen Tag, also nach zehn Monaten, die Genehmigung zum Weiterbau in Bromberg noch nicht erteilt wurde, hat in Deutschland naturgemäß den Eindruck entstehen lassen, man verspüre auf polnischer Seite keine Bereitschaft zur Umsetzung die Grundsätze vom 5. November. Darüber hinaus habe ich festgestellt, dass die Verhandlungen über die Landreform zweifellos zu einer unterschiedlichen Behandlung der deutschen Minderheit geführt haben, und habe abschließend mit besonderem Nachdruck darauf hingewiesen, dass die Ansprüche der polnischen Minderheit in Deutschland und die Art und Weise, wie sie von der polnischen Minderheit behandelt wurden Presse verursachte in verschiedener Hinsicht außergewöhnlichen Schaden. Es ist genau das passiert, was wir mit der Vereinbarung vom 5. November verhindern wollten, nämlich dass die Minderheitenfrage zum Gegenstand politischer Diskussionen geworden ist und dass sich dadurch die Atmosphäre in Polen und insbesondere in den Minderheitenländern verschlechtert hat außerordentlich schlimmer.
Ich führte weiter aus, dass wir bei der weiteren Behandlung der Ansprüche der polnischen Minderheit nicht umhin konnten, die Situation der deutschen Minderheit in Polen zu berücksichtigen, und dass es uns angemessen erschien, statt uns gegenseitig öffentlich anzugreifen , um zu einer ehrlichen Erklärung des Problems zu gelangen. Unser Vorschlag war daher, dass sich die zuständigen Berichterstatter der beiden Innenministerien, unterstützt von jeweils einem Beamten der beiden Außenministerien, regelmäßig treffen, um die verschiedenen Probleme der Minderheiten in einer offenen Erläuterung und ungestört zu untersuchen die Presse. Wir waren der Meinung, dass, ebenso wie die regelmäßigen Gespräche über Wirtschafts- und Pressefragen ein positives Ergebnis erzielten, eine solche Vorgehensweise das Problem der Minderheiten voranbringen könnte.
Wir bitten daher die polnische Regierung, diesen Vorschlag zu prüfen, der, wie wir hoffen, dazu beitragen könnte, das in der Erklärung über Minderheiten geschaffene Verständnis voranzutreiben und gleichzeitig die politischen Beziehungen in einem wichtigen Punkt zu klären.
Herr Beck erklärte zunächst, dass er es sehr bedauere, dass die Einigung bezüglich Marienwerder auf polnischer Seite noch nicht vollständig erreicht sei. Er hatte nicht gewusst, wie er sofort das Notwendige tun sollte, damit diese Frage endgültig geklärt werden konnte. Darüber hinaus war auch er der Meinung, dass der Umgang mit
-* Siehe Nr. 111? 114, 115, 117 und 135.
** Vgl. Nr. 171.
**♦ Vgl. Mutter 111, 114, 115, 117 und 135.
f Vgl. Nr. 101.
ft Vgl. Nr. 160, rem. P. 103 Nr. 162 und Nr. 166, rem. P. 105.
t+t Wir sind noch nicht zu einer endgültigen Regelung dieser Angelegenheit gelangt.
Minderheitenthemen in der Presse waren eher schädlich als hilfreich. Als die Beschwerden der Minderheiten in Berlin hier zu einer gewissen Pressekampagne führten, intervenierte er sofort, gibt aber zu, dass es zu spät war, um ein wesentliches Ergebnis zu erzielen. Auch er ist ein Freund offener Erklärungen und glaubt, dass dies immer der beste Weg ist, bei schwierigen Themen voranzukommen. Daher steht er unserem Vorschlag sehr wohlwollend gegenüber. Natürlich ist er nicht in der Lage, mir sofort eine abschließende Antwort zu geben, da die Frage über seinen Zuständigkeitsbereich hinausgeht. Er wird es daher schnellstmöglich (er kann dazu leider noch nicht kommende Woche aufgrund seiner Reise nach Riga) an den Ratspräsidenten, der gleichzeitig Innenminister ist, weiterleiten, und das kann er Versprich mir, dass er ab heute unseren Vorschlag unterstützen wird. Er behält sich eine fristgerechte Rückgabe vor.
Wenn sich die bisherige ablehnende Haltung gegenüber der Idee einer Minderheitenkommission zu ändern scheint, liegt dies zweifellos daran, dass unsere Aktion dieses Mal zu einem besonders günstigen Zeitpunkt eingereicht wurde. Dass Polen auf die Frage des Gentlemen's Agreement 1 nicht reagierte, schien Herrn Beck durchaus unangenehm zu sein. Ebenso hatte auch er zweifellos das Gefühl, dass das durch die Beschwerden der polnischen Minderheit ausgelöste Vorgehen der Presse nicht den Absichten entsprach, die zu der Vereinbarung vom 5. November führten. Auch die Tatsache, dass Polen in der Frage der Agrarreform unwiderlegbar im Widerspruch zur Minderheitenerklärung gehandelt hat, wird dazu beigetragen haben, in Herrn Beck die Überzeugung zu erwecken, dass es in der Frage der Minderheiten nun notwendig ist, einen freundschaftlichen Dialog zu schließen Geste uns entgegen. Darüber hinaus ist es gut, sich keine allzu großen Illusionen über eine grundlegende Änderung der Minderheitenpolitik in Polen zu machen.

von Moltke.
Nr. 173.
Der deutsche Geschäftsträger in Warschau im Außenministerium.​

Bericht.
Warschau, 19. Juli 1938.
Der Stabschef des polnischen Außenministeriums, Graf Lubienski, hat mich gestern gebeten, ihn zu besuchen, und mir mitgeteilt, dass Herr Beck, der für eine Woche beurlaubt ist, ihn angewiesen hat, die Antwort auf den Vorschlag zu übermitteln des Botschafters von Moltke, betreffend die Sitzung einer Minderheitenkommission. Die Antwort, die mir Graf Lubienski beim Durchsehen seiner Notizen vorlas, lautet wie folgt: „Die polnische Regierung lehnt den Vorschlag für Kontakte zwischen Vertretern der Innenverwaltungen beider Länder im Rahmen des Vorschlags für Herrn von Molke grundsätzlich nicht ab." .
Wie aus dem Text der Antwort selbst hervorgeht, legt das polnische Außenministerium Wert darauf, in dieser Angelegenheit keine allzu große Eile an den Tag zu legen. Auf die Frage des Grafen Lubienski, wie er sich die weitere Entwicklung vorstelle, teilte er mir mit, dass Gespräche zweifellos im Herbst in Erwägung gezogen würden, dass er mir aber beim gegenwärtigen Stand der Frage noch keine genaueren Angaben machen könne1.

von Wiihlisch.
Nr. 174.​

Der deutsche Botschafter in Warschau im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Telegramm.
Warschau, 11. Februar 1939.
Gemäß den Anweisungen Ihres Telegramms vom 6. Februar haben wir den Polen mitgeteilt, dass wir davon ausgehen, dass für die Verhandlungen über Minderheiten der von den Polen selbst vorgeschlagene Termin des 13. Februar beibehalten wird, und dass wir erwarten, dass die Grundlage Der Verlauf der Verhandlungen würde nicht durch abgeschlossene Fakten gestört werden, insbesondere im Hinblick auf die Nominativliste für die Agrarreform. Schon der Empfang, der dieser Eröffnung zuteil wurde, ließ erkennen, dass dies im Gegensatz zu den gegebenen Zusicherungen der Fall war

— 111 —​

Was die Nominativliste* betrifft, werden die Wünsche, die wir der polnischen Regierung mitgeteilt haben, voraussichtlich nur in geringem Umfang berücksichtigt. Das polnische Außenministerium hat heute endlich bekannt gegeben, dass die polnischen Delegierten nicht vor dem 16. oder 17. Februar in Berlin sein können, und verfolgt damit eindeutig das Ziel, die Verhandlungen über Minderheiten erst nach dem gesetzlich festgelegten Datum aufzunehmen Aufstellung der Nominativliste (15. Februar). Wir haben dann das polnische Außenministerium erneut darüber informiert, dass wir es bitten sollten, uns in der Frage der Agrarreform nicht mit vollendeten Tatsachen zu konfrontieren, worauf der Berichterstatter eine ausweichende Antwort gab und sagte, dass er das Datum der Veröffentlichung nicht kenne die Liste der Namen, aber er bemüht sich, wie in der Vergangenheit, sicherzustellen, dass unsere Wünsche respektiert werden**.
Die Art und Weise, wie diese Frage behandelt wird, sowie andere Hinweise machen leider deutlich, dass die polnischen Behörden nur zögerlich in diese Verhandlungen über Minderheiten einsteigen.

Moltke.
Nr. 175.​

Mitteilung eines Beamten der politischen Abteilung des Ministeriums
Auswärtige Angelegenheiten.

Berlin, 28. Februar 1939.​

Bei den gestern Nachmittag begonnenen deutsch-polnischen Minderheitenverhandlungen wurde den Polen zunächst ein Arbeitsprogramm vorgelegt und angenommen. Heute haben wir begonnen, über die Punkte I (Grenzzonenfragen***) und II (Agrarreformfragen) zu beraten.
Die polnische Delegation zeigte in der Grenzgebietsfrage äußerst wenig Bereitschaft zu konkreten Ergebnissen. Die polnische Delegation erklärte, dass eine Beratung über die Landreform im Minderheitenausschuss nicht erforderlich sei, da in Warschau bereits Verhandlungen zu diesem Thema zwischen der deutschen Botschaft und dem Ministerium für Angelegenheiten liefen. Ausländer aus Polenff.
Die Verhandlungen werden morgen früh fortgesetzt. Auf polnischer Seite wurde die Absicht geäußert, morgen Abend (1. März 1939) nach Warschau zurückzukehren. Wir werden versuchen, die Polen zu einem längeren Bleiben zu ermutigen, da es unmöglich ist, in so kurzer Zeit das gesamte Programm ausführlich zu besprechen.

Bergmann.
Nr. 176.​

Der Staatssekretär des Außenministeriums
an den deutschen Botschafter in Warschau.
Telegramm.

Berlin, 4. März 1939.​

Von deutscher Seite wurde den polnischen Delegierten gestern Abend folgendes Abschlusskommuniqué vorgeschlagen: „Zwischen dem 27. Februar und dem 3. März fand in Berlin das erste Treffen zwischen Vertretern der deutschen und der polnischen Regierung zu Fragen der deutschen Volksgruppe statt Polen und die der polnischen Volksgruppe im Reich. Die Gespräche boten den Vertretern der deutschen und polnischen Innenverwaltung die Möglichkeit, direkt in Kontakt zu treten. Bei dieser Gelegenheit wurden grundsätzliche Fragen und bestimmte Wünsche aus allen ethnischen Gruppenbereichen eingehend erörtert. Es wurde vereinbart, dass diese Fragen und Wünsche von den jeweiligen Regierungen im gegenseitigen Wohlwollen geprüft werden, um den berechtigten Interessen der Volksgruppen Rechnung zu tragen.
Die Gespräche werden schnellstmöglich fortgesetzt. »
Vgl. Nr. 162.
* Am 15. Februar erschien eine Namensliste, die erneut im völligen Widerspruch zu den Zusicherungen der Minderheitenerklärung stand. Siehe Rn. 163 ff.
** Vgl. Nr. 88, Anhang, S. 65, Rem.
t Vgl. Nr. 156 ff.
ft Vgl. Nr. 166.
— 112 —
Die polnischen Delegierten erklärten sich mit den Inhalten des Kommuniqués einverstanden, mit Ausnahme des letzten Satzes, für den sie folgenden Wortlaut vorschlugen:
„Die Gespräche werden wieder aufgenommen. »
Botschafter Lipski schloss sich heute der Ansicht der polnischen Delegierten an, mit der Begründung, dass die deutsche Formulierung des letzten Satzes bei ethnischen Gruppen Anlass zur Sorge geben könnte.
Da die polnische Haltung bei den hier stattgefundenen Gesprächen deutlich den Eindruck erweckt, dass die Polen weitere Diskussionen über Minderheitenfragen im Ausschuss vermeiden wollen, bitten Sie Herrn Beck im Namen des Reichsaußenministers um eine Zustimmungserklärung Deutscher Text. Bitte erläutern Sie in diesem Zusammenhang, dass die von Lipski angeführte Begründung den Reichsaußenminister überrascht hat, da in Warschau bei der Entscheidung über diese Gespräche ausdrücklich vereinbart worden war, dass die Arbeit der Kommission so bald wie möglich wieder aufgenommen werden würde um positive und konkrete Ergebnisse zu erzielen.
Bitte melden Sie sich telegrafisch.

Weizsäcker.
Nr. 177.​

Der deutsche Botschafter in Warschau im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Telegramm.
Warschau, 10. März 1939.
Bezüglich des letzten Satzes des Kommuniqués zu den Minderheitengesprächen habe ich weisungsgemäß bei Herrn Beck interveniert. Herr Beck bestätigte den Inhalt des Treffens mit dem Reichsminister, ging jedoch nicht auf die Einzelheiten des Kommuniqués ein und versprach eine zeitnahe Antwort. Im Namen des Ministers legte Stabschef Lubienski heute folgenden Vorschlag vor:
1° Die Pressemitteilung wird mit dem letzten vom polnischen Delegierten vorgeschlagenen Satz veröffentlicht.
2° Der Generalstabschef gibt im Namen des Außenministers die Erklärung ab, dass die Gespräche unmittelbar nach Veröffentlichung der Ergebnisse der deutschen Volkszählung (also voraussichtlich Anfang Juni) wieder aufgenommen werden.
3° Sollte Berlin mit diesem Vorschlag nicht zufrieden sein, wäre Außenminister Beck auch bereit, die Frage noch einmal mit dem Präsidenten des Polnischen Rates zu besprechen. Graf Lubienski wies in seinem persönlichen Namen darauf hin, dass es im Innenministerium großen Widerstand gegen unsere Formulierung des letzten Satzes gebe, da noch kein endgültiges Urteil über die Zweckmäßigkeit von Gesprächen über Minderheiten gefällt worden sei.
Mir scheint, wenn wir darauf beharren würden, dass der Ratspräsident noch einmal angesprochen wird, würde es uns, natürlich nicht ohne Zeitverlust, gelingen, eine Formulierung des letzten Satzes durchzusetzen, die unseren Wünschen besser entspricht. An der polnischen Meinung zum Termin der nächsten Gespräche* würde sich dadurch jedoch nichts ändern.

Moltke.
N«> 178.
Der Reichsinnenminister im Außenministerium.​

Berlin, 4. März 1939.
Die Verhandlungen über Minderheitenfragen mit Vertretern der polnischen Regierung, die am 27. Februar unter meiner Führung begannen, endeten gestern. Ich werde Ihnen in Kürze einen ausführlichen Bericht über den Verlauf der Verhandlungen zukommen lassen.
Die Verhandlungen hatten leider ein absolut unbefriedigendes Ergebnis. Die Polen haben nicht vor, ihre Politik gegenüber der deutschen Volksgruppe in irgendeiner Weise zu ändern. In Angelegenheiten von geringerer Bedeutung sind sie zwar zu kleinen Zugeständnissen bereit, doch in Angelegenheiten, die die Existenz der deutschen Volksgruppe betreffen, streben sie mit größter Energie danach, ihre Entgermanisierungspolitik zu verfolgen.
P. O.:

Vollert.​

* Auf die Veröffentlichung einer Pressemitteilung musste schließlich verzichtet werden, da keine Einigung über die Fortsetzung der Verhandlungen erzielt werden konnte.

XI. Die Situation in Danzig.

' (1933 — 1939.)

Nr. 179.
Vereinbarung zwischen dem Senat der Freien Stadt Danzig
und die polnische Regierung. 5. August 1933*.​

Der Senat der Freien Stadt Danzig und die polnische Regierung, beseelt von dem Wunsch, zu einer einvernehmlichen Regelung der zwischen den beiden Regierungen strittigen Fragen zu gelangen, sind unter der Schirmherrschaft des Hohen Kommissars des Bundes von Danzig übereingekommen Nationen, der folgenden:
Der Senat der Freien Stadt Danzig und die polnische Regierung kommen überein, für die Dauer dieser Vereinbarung das laufende Verfahren vor den Behörden des Völkerbundes bezüglich der Frage der Nutzung des Hafens von Danzig aus auszusetzen.
Die polnische Regierung wird unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den Rückgang des Seeverkehrs (Import, Export und Transit), der derzeit über den Hafen von Danzig abgewickelt wird, unter Berücksichtigung der Menge und Qualität der Waren zu verhindern.
Die polnische Regierung wird künftig im Danziger Hafen im Rahmen ihrer Möglichkeiten für eine gleichberechtigte Beteiligung am Seeverkehr (Import, Export und Transit) unter Berücksichtigung der Menge und Qualität der Güter sorgen. Zu diesem Zweck verpflichten sich die Vertragsparteien, durch regelmäßige Treffen ständigen Kontakt zu pflegen.
Der Senat der Freien Stadt Danzig wird mit der polnischen Regierung bei der Entwicklung des direkten Seeverkehrs im Rahmen der finanziellen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Freien Stadt zusammenarbeiten.
Jede Vertragspartei behält sich das Recht vor, mit einer Frist von drei Monaten den Hohen Kommissar zu bitten, das bei ihm laufende Verfahren wieder aufzunehmen.

Nr. 180.​

Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.
Danzig, 9. Mai 1934.
Der Bund der Polen in der Freien Stadt Danzig hat in seiner Sitzung am 20. des vergangenen Monats ein Programm verabschiedet, das am 1. dieses Monats in seinem offiziellen Organ „Straz Gdanska" veröffentlicht wurde und das systematisch auf eine Polonisierung der Wirtschaft Danzigs abzielt und eine Einschränkung der Rechte der deutschgesinnten Bevölkerung in Danzig.
Auf folgende Bestimmungen weisen wir besonders hin:
In § 3 des Programms heißt es, dass der Verband der Polen danach strebt, den Staatsangehörigen ein polnisches Nationalgefühl zu vermitteln, damit sie bereit sind, für die nationale Sache und das Wohl der polnischen Gemeinschaft jedes Opfer zu bringen; Eine systematische Propaganda und eine Organisationskampagne zu diesem Zweck werden im Einzelnen angeordnet.
In § 7 heißt es, dass der Bund der Polen die Freie Stadt als „unverzichtbaren und unteilbaren Teil des Wirtschaftsorganismus Polens" betrachtet und „eine möglichst enge Verbindung Danzigs mit Polen sowie engste Zusammenarbeit" anstrebt der polnischen Dantzic-Bewohner in allen Bereichen des Wirtschaftslebens. § 9 fordert eine Vereinigung der Wirtschafts- und Berufsorganisationen Danzigs mit den Organisationen in Polen sowie die Anpassung der Wirtschafts- und Finanzgesetzgebung Danzigs an die polnische Gesetzgebung.
Schließlich heißt es in § 11, dass die Innenpolitik der Freien Stadt mit der Politik der polnischen Regierung in Einklang gebracht werden müsse. Der Bund der Polen betrachtet die Zusammenarbeit und das Verständnis mit den polnischen Behörden als Grundlage seiner Tätigkeit.

von Radowitz.​

* Am 5. August 1933 wurde – zusätzlich zu der oben wiedergegebenen und durch einen Abschlussbericht ergänzten Vereinbarung über die Nutzung des Danziger Hafens – eine Vereinbarung über die Behandlung polnischer Staatsangehöriger und anderer Personen polnischer Herkunft paraphiert Sprache auf dem Gebiet der Freien Stadt Danzig", was die Klarstellung dieser Vereinbarung durch einen Briefwechsel bedeutet. Ein weiterer polnisch-danziger Briefwechsel vom selben Tag befasste sich mit der Beilegung strittiger Fragen im Zusammenhang mit Ratifizierungsdokumenten, Pässen und der Erteilung des Exequaturs an die Konsuln in Danzig.
Die Initiative zu den Vereinbarungen vom 5. August 1933 geht auf den Besuch des Danziger Senats in Warschau am 3. Juli 1933 zurück, bei dem sowohl auf Danziger als auch auf polnischer Seite der Wunsch nach einer Öffnung geäußert wurde direkte Verhandlungen zwischen den Parteien über die zahlreichen Streitigkeiten, die zwischen Danzig und Polen entstanden sind. -

Nr. 181.
Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.
Danzig, 8. August 1934.
Die am 6. August in Danzig zwischen Danzig und Polen geschlossenen Abkommen über Wirtschaftsfragen bilden ein homogenes Ganzes. Ziel der Danziger Regierung war es, in den Wirtschaftsverhandlungen eine vertragliche Lösung zu erreichen, die alle bisherigen Hindernisse für den Warenaustausch zwischen Danzig und Polen beseitigte und die bisherige Wirtschaftskontrolle beendete. nun auf polnischer Seite und damit den Streitigkeiten ein Ende gesetzt, die seit Jahren die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen Danzig und Polen stark belasten. Dieses von der Regierung von Danzig vorgeschlagene Ziel wird im Wesentlichen erreicht, sofern die getroffenen Vereinbarungen von der Gegenpartei gewissenhaft erfüllt werden.
Im Hinblick auf die verschiedenen geschlossenen Vereinbarungen ist Folgendes hervorzuheben:
1° Die Vereinbarung über die Beteiligung Danzigs an den polnischen Importquoten beendet die jahrelangen Streitigkeiten über Quoten für den Eigenbedarf und die wirtschaftliche Kontrolle Danzigs.
Während der Laufzeit des Abkommens verzichtet Danzig vorübergehend darauf, sich auf Quoten für den Eigenbedarf zu berufen; Andererseits garantiert Polen Danzig einen Anteil an den polnischen Einfuhrkontingenten hinsichtlich der Einfuhr verbotener Waren.
Der Dantzig-Anteil wird für die einzelnen Posten nach einem Prozentsatz berechnet. Bei der Unterzeichnung dieses Abkommens erklärte der diplomatische Vertreter Polens, dass aufgrund der neuen Vorschriften die Wirtschaftskontrollen aufgehoben wurden. Die gleiche Bemerkung ist in einer offiziellen Pressemitteilung enthalten, deren Bedingungen bei der Unterzeichnung vereinbart wurden.
2° Das Abkommen über den Handel mit Nahrungsmitteln und lebenswichtigen Gütern zielte auch darauf ab, die alte Wirtschaftsgrenze zwischen Danzig und Polen zu beseitigen. Es ist sicher, dass der Verkehr dieser Artikel zwischen Danzig und Polen frei ist, ebenso gilt der Verkehr eines dieser Länder mit dem Ausland durch das andere Land als Transit. Von nun an wird es den Polen nicht mehr möglich sein, den Handel mit Margarine, Ölen, Fetten, Käse und Fisch zu verbieten, wie sie es in den letzten Monaten getan haben. Das Gegenstück zu diesem Abkommen besteht für Danzig darin, dass es sich bereit erklärt hat, die entsprechenden polnischen Gesetze und Verordnungen zu übernehmen.
3° Das Veterinärabkommen und das Pflanzenschutzabkommen enthalten Bestimmungen eher technischer Art. In diesen Bereichen ist die innere Autonomie beider Staaten gewährleistet.
4 „Das Abkommen über den Handel mit Agrar- und Fischereiprodukten regelt den Verkauf dieser Produkte polnischen Ursprungs auf dem Gebiet von Danzig, um zu verhindern, dass die Danziger Landwirtschaft durch den freien Zustrom polnischer Agrarprodukte auf dem Gebiet von Danzig ruiniert wird. Polnisch Die Einfuhren unterliegen Quoten, wobei die Polen gewährten Quoten im Allgemeinen dem entsprechen, was die Polen in den letzten Jahren tatsächlich in Danzig gewährt haben. Das Gegenstück für Danzig zu den von Polen gemachten Zugeständnissen besteht in der Tatsache, dass es diese bis auf bestimmte Ausnahmen gewährt hat Einschränkungen, Danziger Preise für polnische Produkte.
5° Das Abkommen über die Regelung verschiedener Zollfragen verursachte bei den Verhandlungen die größten Schwierigkeiten, so dass die Gespräche mehrmals fast scheiterten. Polen vermischte Zollfragen mit Wirtschaftsfragen, um in Zollangelegenheiten Druck auf Danzig ausüben zu können. Das politische Ziel, das Polen in dieser Angelegenheit verfolgte, bestand darin, das Recht Danzigs, die Zollverwaltung zu organisieren, abzuschaffen, den polnischen Zollinspektoren in Danzig einen Einfluss zu verschaffen, der es ihnen ermöglicht, die gesamte Zollverwaltung zu beherrschen, und praktisch alle Angestellten des Danziger Zollwesens zu unterstellen Kontrolle über Polen zu erlangen und Danzig zu zwingen, die Befehle des polnischen Finanzministers, unabhängig von ihrem rechtlichen Wert, auszuführen, bis Danzig eine vollstreckbare Entscheidung von den Behörden der Gesellschaft der Nationen erhalten hat. Diese polnischen Ziele wurden nicht erreicht. Um jedoch eine Einigung in wirtschaftlichen Fragen zu erzielen, musste Danzig erhebliche Zugeständnisse machen. In der Organisationsfrage sind diese Zugeständnisse von geringer Bedeutung. Insbesondere wurde das Recht Danzigs, die Zollverwaltung auf dem Gebiet Danzigs zu organisieren, nicht berührt. Auch in der Frage der Kontrolle durch polnische Zollkontrolleure hat sich die Rechtslage kaum zum Nachteil Danzigs verändert. Der Streit um die Danziger Zollbeamten war sehr ernst. Praktisch versuchte Polen, eine ähnliche Lösung wie die Eisenbahnen auf dem Gebiet von Danzig zu erreichen, und diese hätte die gleichen destruktiven Auswirkungen gehabt. Nach monatelangen Verhandlungen einigte man sich schließlich darauf, dass Polen unter bestimmten Voraussetzungen für die Besetzung des Postens des Direktors des Hauptzollamtes und einiger anderer wichtiger Positionen im Zollamt ein Überprüfungsrecht haben würde und könnte die Entlassung dieser Beamten fordern. Was die Nachfrage Polens betrifft, wonach
Danzig musste sich verpflichten, allen Anordnungen des Finanzministers Folge zu leisten, vorbehaltlich späterer Entscheidungen der Behörden des Völkerbundes sind die erlassenen Regelungen für Danzig noch relativ erträglich. Artikel 12 definiert hierzu im Wesentlichen, dass die Maßnahmen des polnischen Finanzministers für Danzig bindend sind, dass sie jedoch nicht auf den Bereich der in Artikel 12 genannten Sonderrechte Danzigs anwendbar sind. Anlage II, Zoll, des Warschauer Abkommens. Letztlich widersetzte sich Danzig erfolgreich der polnischen Forderung, die Danziger Zollbeamten auf die Belange des gemeinsamen Zollgebiets zu verpflichten.
Die verschiedenen Abkommen treten am 1. September in Kraft, mit Ausnahme des Landwirtschaftsabkommens, das bereits am 10. August in Kraft trat. Alle Verträge haben eine Laufzeit von zwei Jahren mit der Möglichkeit einer Verlängerung.

von Radowitz.​

Nr. 182.
Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.

Bericht.
Danzig, 9. Januar 1935.​

Anfang August 1934 wurde in Danzig ein Polnischer Sportausschuss (Rade Sportowa) gegründet, dessen Sitz die Militärabteilung der Diplomatischen Vertretung der Polnischen Republik in Danzig, Neugarten 27, unter der Leitung des Leiters dieser Militärabteilung ist , Oberstleutnant Antoni Rosner. Das Sportkomitee ist die zentrale Organisation aller in Danzig existierenden polnischen Gesellschaften militärischer Natur, die in Polen dem „Strzelec" (Schießverband) angeschlossen sind. In Danzig stellt der Sportausschuss nur eine Tarnung des Schützenbundes dar und hat zum Ziel, alle oben genannten Vereine zusammenzuführen und den Mitgliedern eine einheitliche militärische Ausbildung zu unterziehen. Dem Sportausschuss gehören derzeit folgende polnische Vereine an:
1" Verband der Reserveoffiziere;
2° Verband der Reserve-Unteroffiziere;
3° Verband ehemaliger Freiwilliger der polnischen Armee Danziger Nationalität;
4. Verband der Legionäre;
5° Veteranenverband;
6° Association des Sokols;
7° Pfadfinder;
8° Jugendunion;
9. Ordnungsdienst der Föderation der Polen;
10° Sportabteilung der militärischen Vorbereitung der Eisenbahner;
11° Militärische Vorbereitung von Beamten und Postangestellten;
12. Universitätsfliegerclub;
13. Hochschulsportverein;
14. Club Sportif de Gedania;
15° Ruderclub;
16° Yachtschib oder Club Maritim;
17. Flugabwehr- und Gasschutzliga.
Die genannten Vereine wurden vom Sportausschuss ermächtigt, die militärische Ausbildung ihrer Mitglieder selbständig durchzuführen, jedoch unter der Leitung von Offizieren des aktiven Heeres und unter deren ständiger Kontrolle. Diese Tätigkeit zielt vor allem darauf ab, junge Menschen, die noch keine militärische Ausbildung absolviert haben, für den Militärdienst fit zu machen und die militärischen Tugenden der gedienten Soldaten zu bewahren. Für die Mitglieder des Sportausschusses Danzig, Gdingen, Dirschau und Umgebung werden systematische Militärübungen wie Manöver, Felddienst und Schießen durchgeführt. Der theoretische Unterricht findet im Gebäude statt
Direktion der Polnischen Eisenbahnen in Danzig und im Gebäude der diplomatischen Vertretung der Polnischen Republik in Danzig.
Die militärische Ausbildung der Mitglieder erfolgt insbesondere durch die Hauptleute der Militärabteilung Szagon, Steranski, Krukierek, durch die Leutnants Kucharski, Kubalski, durch den Bataillonschef Eibel, durch die Zollkommissare Tamowiecki, Lipinski, Manczyk, Pesczkowski und durch den Hauptmann Wit-Wlosek vom Danziger Büro. Der Sportausschuss wird maßgeblich von der diplomatischen Vertretung der Republik Polen in Danzig unterstützt und unterstützt. Dadurch ist es ihr möglich, auf dem Gebiet der Freien Stadt Danzig eine starke Tätigkeit zu entfalten.

von Radowitz.
Nr. 183.​

Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.
Danzig, 7. Februar 1935.
Wie ich bereits am 7. Dezember mitteilte, war es vom Senat den Delegierten der deutschen Eisenbahner in Danzig, als mit ihm die durch die Massenentlassungen im Dezember letzten Jahres verursachte Situation besprochen wurde, gestattet worden, öffentliche Sitzungen einzuberufen eine Stellungnahme zu den Maßnahmen Polens. Eine solche Protestkundgebung fand erst am vergangenen Sonntag, dem 3. Februar 1935, um 10 Uhr in der Messehalle unter starker Beteiligung aller Danziger Gesellschaftsschichten statt.
Nach der Eröffnung der Sitzung durch den Abgeordneten des Volkstags, den Bezirksdirektor Kendzia, den Vorsitzenden des Bundes der Beamten und Fähnriche der Eisenbahn- und Hafenverwaltung für das Gebiet der Freien Stadt Danzig, übernahm der Volkstagsabgeordnete Nicklas das Wort, um die Behandlung von Danziger Eisenbahnarbeitern deutscher Abstammung durch die polnische Eisenbahnverwaltung seit der Verlegung der Danziger Eisenbahnverwaltung nach Polen detailliert darzustellen. Die Rede des Abgeordneten Nicklas zeigt unter Berufung auf sehr genaue Zahlen, wie die polnische Eisenbahnverwaltung in den letzten dreizehn Jahren systematisch den deutschen Teil aus dem Danziger Eisenbahnverkehr zugunsten des polnischen Teils und entgegen allen daraus resultierenden Verpflichtungen und Verpflichtungen verdrängt hat aus dem Völkerrecht. Die polnischen Methoden zur Bekämpfung dieses Teils des deutschen Elements in Danzig, die Nicklas in seinem Vortrag gezeigt hat, machen die teilweise äußerst heftigen Worte des Redners durchaus verständlich.
Die Tatsache, dass die polnische diplomatische Vertretung in Danzig, sobald die Plakate mit der Einberufung der Versammlung an den Plakatwänden in Danzig angebracht waren, den Danziger Senat unter Vorlage eines Aide-mémoire aufforderte, die Versammlung sofort zu verbieten, unter dem Vorwand, dass diese Demonstration dies verhindern würde eine ernsthafte Bewährungsprobe für die polnisch-danzigischen Beziehungen darstellen wird, zeigt deutlich, wie unangenehm diese Protestversammlung für die polnische Eisenbahnverwaltung war. Die polnische Regierung hätte den Wünschen der damaligen Danziger Regierung in vollem Umfang Rechnung getragen, indem sie eine bestimmte Anzahl entlassener Eisenbahner wieder eingestellt hätte. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Maßnahme der Polen gegen die Eisenbahner völlig unbegründet und ihre Empörung völlig verständlich war, antwortete der Senat der polnischen diplomatischen Vertretung, dass er keinen Grund habe, das geplante Treffen zu verbieten, insbesondere seit Danzig Die Verfassung garantierte den Danzigern die Versammlungsfreiheit, sofern Frieden, Sicherheit und öffentliche Ordnung nicht gefährdet wurden. Der Senat ist zuversichtlich, dass die Teilnehmer des Treffens trotz ihrer durchaus verständlichen Verärgerung den Frieden, die Sicherheit und die öffentliche Ordnung nicht gefährden werden. Darüber hinaus wurde die öffentliche Ordnung durch ausreichend Polizeikräfte gewährleistet.
Es scheint, dass die polnische diplomatische Vertretung nicht mehr auf diese Angelegenheit zurückkommen wird. Andererseits nutzt die inoffizielle „Gazetta Polska" in einem Artikel in Nr. 36 vom 5. Februar mit der Überschrift „Eine Aktion, die die Zusammenarbeit nicht erleichtert" diesen Protest zum Anlass, die aufgedeckten Details als demagogisch zu behandeln . von Deputy Nicklas, ohne jedoch die Einzelheiten dieser Behauptungen widerlegen zu können.
Ich möchte diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen, ohne ausdrücklich auf die Brutalität der polnischen Methoden hinzuweisen, die im Widerspruch zur deutsch-polnischen Verständigung stehen.

von Radowitz.​


Nr. 184.
Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.

Bericht.
Danzig, 15. April 1935.​

Die örtliche Geschäftsstelle der polnischen Eisenbahndirektion in Thorn hat erneut 20 bis 25 deutsche Eisenbahner zum frühestmöglichen Zeitpunkt beurlaubt. Die Mehrzahl der entlassenen Mitarbeiter war bereits länger als 12 Jahre im Dienst, manche sogar bereits 16, 19 und 22 Jahre. Die meisten haben kinderreiche Familien, daher stellt die plötzliche Kündigung des Dienstvertrags einen Akt besonderer wirtschaftlicher Strenge dar. Die polnische Seite hat keine rechtfertigenden Gründe für diese Entlassungen angegeben.
Gegen diese Entlassungen protestierte der Senat umgehend bei der polnischen diplomatischen Vertretung in Danzig und verlangte eine erneute gründliche Prüfung der Angelegenheit und eine Wiederbesetzung der Vertriebenen.

von Radowitz.
N<> 185.​

Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.

Bericht.
Danzig, 24. Juli 1935.​

Mit Beschluss vom 18. dieses Monats, der am 21. Juli in Kraft trat, hat die polnische Regierung, wie Ihnen bereits mitgeteilt wurde, beschlossen, dass die Zollämter im Zuständigkeitsbereich der Zolldirektion Danzig nur noch die Zollabfertigung durchführen für Waren aus dem Ausland, die zum Verbrauch in der Freien Stadt Danzig bestimmt sind. Bei der Zollabfertigung durch Zollämter im Zuständigkeitsbereich der Freistadt Danzig müssen Interessenten nachweisen, dass die Waren gemäß dieser Verordnung zum Verbrauch oder Gebrauch im Hoheitsgebiet des Freistaates bestimmt sind. Folgende Überlegungen zeigen die Bedeutung dieser polnischen Verordnung für das Wirtschaftsleben Danzigs: Der Importhandel, der bisher über Danzig abgewickelt wurde, wird durch diese Verordnung systematisch ausgeschlossen, da es ihm praktisch unmöglich ist, außerhalb des Ankunftshafens Zollabfertigungsmaßnahmen (und die damit verbundenen Formalitäten: Einfuhrgenehmigung, Ausstellung von Ursprungszeugnissen usw.). Tatsächlich hat die Warschauer Industrie- und Handelskammer bereits in einer Veröffentlichung vor Warenimporten über Danzig gewarnt. Aber indem wir so den Importhandel aus Danzig bewusst ausschließen, beeinflussen wir indirekt auch den gesamten Exporthandel, der bisher über Danzig abgewickelt wurde, denn angesichts der engen Beziehung zwischen Import und Export, wenn auch nur in Bezug auf die Verwendung von Tonnage für beide Zwecke, ist dies der Fall wird es unmöglich, den Danziger Hafen ausschließlich für den Export zu nutzen.
Damit trifft die Verordnung den Lebensnerv der Wirtschaft des Danziger Hafens und damit der Freien Stadt selbst.
Angesichts dieser Umstände forderte der Präsident des Senats, Herr Greiser, den diplomatischen Vertreter Polens zu seinem Besuch auf und überreichte ihm die in der Anlage beigefügte Protestnote des Senats der Freien Stadt Danzig. Wie mir mitgeteilt wurde, hat der Präsident des Senats in seinem Interview mit Herrn Papée ausdrücklich die schwerwiegenden Folgen der polnischen Verordnung hervorgehoben und darauf bestanden, dass diese Verordnung mit den Verträgen zwischen Danzig und Polen völlig unvereinbar ist. Der Anwesende des Senats hielt die folgende ausführliche Präsentation:
Die Anwendung der Verordnung hätte zur Folge, dass der Handel und die Industrie Danzigs von der Versorgung des polnischen Marktes mit ausländischen Gütern ausgeschlossen wären, nicht aber der Hafen Danzig, dessen natürliches Hinterland Polen ist und dessen Ausmaße und Einrichtungen die mit Blick auf dieses Hinterland berechnet sind, völlig verlassen vorfinden würden. Die Auswirkungen auf andere Zweige der Danziger Wirtschaft wären verheerend.
Danzig wurde in die Zollgrenzen Polens einbezogen, so dass für Polen bestimmte Waren über Danzig abgefertigt wurden und ungehindert nach Polen zurückverschifft werden konnten. Diese Regelung erfolgte nicht nur im Interesse Polens, sondern auch im Interesse Danzigs, wie beispielsweise aus dem Warschauer Abkommen hervorgeht, wonach sich die polnische Regierung verpflichtet, in ihren Zollgesetzen die Interessen der Freien Stadt zu schützen von Danzig. Wenn in Danzig nur Waren verzollt werden sollten, die für diese Stadt bestimmt sind, ist nicht klar, warum diese Waren nach polnischem Recht und nach dem polnischen Zolltarif verzollt werden, warum ihre Abfertigung von polnischen Zollinspektoren kontrolliert wird, warum Polen einen Anteil an den für diese Waren gezahlten Zöllen erhalten muss, warum diese Waren eine Einfuhrgenehmigung aus Polen benötigen usw. Die Anordnung ist daher mit den zwischen Danzig und Polen geschlossenen Verträgen unvereinbar und unvereinbar. In Anbetracht dieser Rechtslage und auch der Tatsache, dass die Anwendung dieser Anordnung einen bleibenden, in keiner Weise wiedergutzumachenden Schaden verursachen würde, beschloss der Senatspräsident im Einvernehmen mit dem gesamten Senat, die Danziger Zollverwaltung anzuweisen, diese nicht anzuwenden Befehl.
Obwohl diese Anordnung nicht umgesetzt wird, verhehlt der Senat nicht, dass die Nichtumsetzung allein nicht ausreicht, um einen ernsthaften Schaden für das Wirtschaftsleben Danzigs abzuwenden. Bereits auf die Nachricht hin, dass diese Verordnung erlassen worden sei, wurde eine große Anzahl von Gütern und Schiffen von Danzig nach Gdingen umgeleitet. Solange die Anordnung nicht aufgehoben wird, werden sich nicht nur die polnischen Wirtschaftskreise, sondern auch die internationalen Wirtschaftskreise, deren Bedeutung groß ist, nicht dazu durchringen können, den Danziger Hafen und die gesamte Danziger Handelsorganisation für die Einfuhr zu nutzen der dort abzufertigenden Waren durch den Zoll. Der dadurch für den Danziger Handel und für die gesamte Danziger Bevölkerung entstandene Schaden müsste notwendigerweise solche Ausmaße annehmen, dass Danzig ihn nicht ertragen könnte. Aus diesem Grund musste sich die Danziger Regierung im Namen der gesamten Danziger Bevölkerung die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen für den entstandenen Schaden, für den Polen allein verantwortlich ist, vorbehalten. Um den bereits verursachten wirtschaftlichen Schaden zu beheben und um Komplikationen vorzubeugen, die zweifellos erneut auftreten werden, sollte sich der Senat an den diplomatischen Vertreter Polens wenden, um seine Regierung aufzufordern, diese Anordnung unverzüglich aufzuheben.
Papée nahm diese Erklärungen des Senats von Danzig zur Kenntnis und kündigte an, dass er nach Warschau reisen werde, um sich dort mit dieser Frage zu befassen*.

von Radowitz.
Annektieren.
Der Präsident des Senats der Freien Stadt Danzig
an den diplomatischen Vertreter der Polnischen Republik in Danzig.​

Danzig, den 23. Juli 1935. Herr Minister,
Durch das Gesetzesblatt der Polnischen Republik erfuhr der Senat von einer am 18. Juli veröffentlichten Anordnung, durch die die Tätigkeit der Zollämter Danzig auf die Zollabfertigung dieser Waren aus dem Ausland beschränkt wird, die für den örtlichen Verbrauchsbedarf bestimmt sind Einsatz im Gebiet der Freien Stadt Danzig.
Diese Anordnung stellt einen außerordentlichen Verstoß gegen die zwischen der Freien Stadt Danzig und der Republik Polen bestehenden Rechtsverhältnisse dar. Aus diesem Grund habe ich das Hauptzollamt der Freien Stadt Danzig angewiesen, diesen Befehl nicht auszuführen.
Indem ich Ihnen, Herr Minister, den Protest des Senats der Freien Stadt Danzig gegen die Veröffentlichung dieser Verordnung übermittle, erwarte ich, dass darüber unverzüglich berichtet wird.
Darüber hinaus behält sich der Senat der Freien Stadt Danzig das Recht vor, alle Maßnahmen zu ergreifen, die er zum Schutz der Interessen Danzigs für erforderlich hält. Sie behält sich insbesondere das Recht vor, Ersatz des Schadens zu verlangen, der der Freien Stadt Danzig aus dieser Anordnung entstehen könnte.

Greiser.​

* Der durch die polnische Zollverordnung entstandene Konflikt zwang den Danziger Senat zu bestimmten Gegenmaßnahmen. (Anordnung, bestimmte Warenkategorien zollfrei nach Danzig einzuführen). Der Konflikt wurde schließlich durch ein Abkommen zwischen Danzig und Polen vom 8. August 1935 gelöst, in dem sich Polen verpflichtete, die Zollverordnung vom 18. Juli 1935 aufzuheben.

Nr. 186.
Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.

Bericht.​
Danzig, le 8 novembre 1935.​

Aus absolut zuverlässiger Quelle wurde mir mitgeteilt, dass die polnische Eisenbahnverwaltung Schritte unternommen hat, die zu dem Schluss führen, dass sie beabsichtigt, in Kürze alle von ihr zurückgenommenen Eisenbahnangestellten deutscher Rasse zu entlassen. Vor einiger Zeit wurden alle Leiter von Eisenbahnabteilungen und, wo es noch deutsche Leiter gibt, deren Stellvertreter polnischer Herkunft aufgefordert, sich an die Eisenbahndirektion zu wenden. Ihnen wurde befohlen, sofort alle Maßnahmen zu ergreifen, damit sie an einem bestimmten Tag, der später bekannt gegeben wird, sofort alle Dienstposten, sowohl in den Betriebsdiensten als auch in denen der Rotation, und sogar die Positionen von Wechslern besetzen könnten. von Mitarbeitern polnischer Rasse. Sofern noch keine polnischen Mitarbeiter verfügbar sind, sollte deren Einarbeitung umgehend erfolgen. Den vorgeladenen Beamten wurde strengste Verschwiegenheit auferlegt.
Diese Nachricht wird von unseren Behörden als sehr ernst eingestuft. Es wird vermutet, dass sich hinter den von den Polen geplanten Maßnahmen, die darauf abzielen, alle Bahnangestellten deutscher Abstammung loszuwerden, andere, noch ernstere Absichten verbergen könnten. Wir denken hier an Fälle, in denen die Polen das größte Interesse daran haben könnten, sich des Personals der Polnischen Eisenbahnen auf dem Gebiet von Danzig absolut sicher zu sein, bis hin zum letzten Gleiswärter und dem letzten Weichensteller.

Für den Generalkonsul:​

Skelett.
N" 187.
Der deutsche Botschafter in Warschau im Außenministerium.

Bericht.​
Warschau, 17. Juli 1936.​

Am 17. dieses Monats versammelten sich zahlreiche Verbände und Organisationen, darunter der Legionärsverband, die Veteranenverbände, der Schützenverband, Gewerkschaften, Arbeitnehmerverbände, die Éclaireurs usw. organisierte unter der Führung der See- und Kolonialliga eine öffentliche Demonstration auf dem Altstädter Marktplatz in Warschau.
Auf Plakaten, die an den Wänden angebracht waren und die Bevölkerung zur Teilnahme an der Demonstration aufforderten und die in der gesamten Presse wiedergegeben wurden, heißt es, dass eine Änderung des Danziger Statuts nur in Richtung einer Erhöhung der Rechte Polens an Danzig erfolgen könne. Nur Polen könnte der gesamten Danziger Bevölkerung die Voraussetzungen für eine freie kulturelle, politische und wirtschaftliche Entwicklung bieten und der polnischen Bevölkerung als „Mithausherren" des Territoriums eine „gleichwertige" Entwicklung garantieren. .
An der Demonstration auf dem Warschauer Marktplatz beteiligten sich rund 10.000 Menschen. Vertreten waren neben kleinen Ortsgruppen des See- und Kolonialbundes auch einige Organisationen des Legionärsbundes und des Schützenbundes sowie die Gewerkschaft der Eisenbahnpostangestellten. Der Großteil der Demonstranten bestand aus den sozialistischen Gewerkschaften und den Moraczewski-Gewerkschaften, den Regierungsgewerkschaften. Die sozialistischen Gewerkschaften kamen mit dem Singen von „Internationale" und Transparenten mit sich, auf denen man z.B. lesen konnte: : „Alle Macht den Arbeitern und Bauern". Am Treffpunkt sprachen ein Delegierter der See- und Kolonialliga sowie ein Delegierter der Sozialistischen Partei, ein Delegierter der Moraczewski ivndicats und der Präsident der „Gesellschaft der Verteidiger des Vaterlandes". Die Reden sind beendet, die auf den Plakaten bereits bekannte Resolution ist verlesen, sie muss an Generalinspekteur Rydz-Smigly und an Ratspräsident Skladkowski übergeben werden. Die Demonstration endete mit dem Singen der Nationalhymne und der Parade der Prozession, die zum Schloss Belvédère führte. Road the International wurde bei verschiedenen Gelegenheiten gesungen.
Der Sprecher des See- und Kolonialbundes forderte im Falle einer Revision des Danziger Statuts eine weitreichende Ausweitung der polnischen Rechte in Danzig. Es war der sozialistische Redner, der den größten Beifall erhielt, als er über die Weichselmündung sprach, wo eine deutsche Regierung eingesetzt worden war, die ihre Befehle vom Dritten Reich erhielt. Die deutschlandfeindliche Rede des Sozialisten wurde von Beleidigungen für Präsident Greiser, den Faschismus und den Hitlerismus begleitet. Der Redner der Gesellschaft der Verteidiger des Vaterlandes schlug einen kriegerischen Ton an und sagte abschließend, dass ganz Polen marschieren würde, wenn der Generalinspekteur es befehlen würde!

Auf den im Festzug getragenen Transparenten waren Sätze wie dieser zu sehen: „Danzig war polnisch und wird polnisch sein"; „Danzig verdankt seinen Wohlstand Polen"; „Die Weichselmündung gehört zu Polen"; „Danzig gehört zur Weichsel"; usw. Auf einigen Transparentfolien waren Sätze zu lesen: „Deutschland, nimm die Hände weg von Danzig!"
Wie einige Redner angekündigt haben und wie bereits in der Presse angekündigt wurde, müssen am 19. dieses Monats im ganzen Land Demonstrationen ähnlich der Demonstration stattfinden, die heute in Warschau stattgefunden hat, und sie werden überall von der organisiert werden See- und Kolonialliga.

von Moltke.
Nr. 188.​

Der deutsche Generalkonsul in Danzig im Außenministerium.
Bericht.
Danzig, 4. August 1936.
Am 27. März dieses Jahres richtete der Senat der Freien Stadt Danzig einen Protestbrief an die diplomatische Vertretung Polens, in dem Danzig dagegen protestiert, dass Polen in mehreren Fällen Verträge oder internationale Abkommen ohne die diplomatische Vertretung geschlossen habe der Republik Polen zuvor gemäß Artikel 6 der Pariser Verbandsübereinkunft vom 9. November 1920 den Senat davon in Kenntnis gesetzt hatte oder den Senat so spät informiert hat, dass es Danzig nicht mehr möglich war, einzunehmen ein Ständer. Polen reagierte nicht auf Danzigs Protestbrief.
Für den Generalkonsul:

Eckner.
Nr. 189.​

Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.
Danzig, 4. November 1936.
Der Senat berichtet, dass an der Danziger Grenze, in der Nähe von Einlage (10 Kilometer von Elbing entfernt), seit einiger Zeit sieben polnische Zollbeamte in Uniform ihren Dienst verrichten, und zwar nicht in Zolluniform, sondern in der Uniform einer Grenzüberwachung Offizier. Die dort lebende deutsche Bevölkerung empfindet diese Maßnahme der Polen als Provokation und ist natürlich sehr irritiert. Die polnische diplomatische Vertretung in Danzig wurde vom Senat gebeten, für den Abzug dieser Beamten zu sorgen. Die diplomatische Vertretung lehnte diesen Antrag Danzigs ab.

von Radowitz.
Nr. 190.​

Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.
Danzig, 11. November 1936.
Wie bereits per Funkspruch des Vertreters der DNB in Danzig mitgeteilt wurde, wurden Angehörige der polnischen Kolonie Danzig, die an einer am 10. dieses Monats in Danzig organisierten Party anlässlich des 18. teilgenommen hatten; 15. Jahrestag der Existenz Polens schwere Verstöße gegen die Symbole und Zeichen der Souveränität des Reiches und der nationalsozialistischen Bewegung begangen haben.
Der Besitzer der Sporthalle, in der die Party stattfand, hatte einen kleinen Raum für Polizisten reserviert, die aus Sicherheitsgründen die Veranstaltung diskret überwachen mussten. Vier Polen betraten diesen Raum, entnahmen aus einem Schrank Symbole und Zeichen der Souveränität des Reiches und der nationalsozialistischen Bewegung, einige davon wurden unter lautem Gelächter zerrissen.

von Radowitz.
Nr. 191.
Der Senat der Freien Stadt Danzig bei der Diplomatischen Vertretung der Polnischen Republik in Danzig.​

Spickzettel.

Danzig, 5. April 1937.​

Das polnische Finanzamt in Dirschau stoppte heute Margarineprodukte von Amada aus Danzig bei der Einreise nach Polen und forderte die Zahlung der Verbrauchsteuer. Die Margarine wurde ausschließlich aus heimischen Rohstoffen und unter der Kontrolle der Danziger Zollbehörden hergestellt. Die Erhebung der Verbrauchsteuer sei daher ungerechtfertigt. Diese illegale Maßnahme ist von entscheidender Bedeutung für die Margarineindustrie in Danzig, die von äußerster wirtschaftlicher Bedeutung ist. Sie droht mit der Schließung ihrer Fabriken, wodurch einer großen Zahl von Arbeitern die Lebensgrundlage entzogen würde. Darüber hinaus dürfte diese Maßnahme die Fettversorgung Danzigs stören, so dass der Senat gegebenenfalls zu sofortigen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ordnung in diesem Punkt verpflichtet sein wird.
Der Senat verlangt, dass unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden, um eine Maßnahme rückgängig zu machen, die der Errichtung einer inakzeptablen wirtschaftlichen Barriere zwischen Danzig und Polen gleichkommt.

Nr. 192.​

Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.

Danzig, 15. November 1937.​

Anlässlich des Jahrestages der polnischen Unabhängigkeitserklärung, dem 11. November, fanden am vergangenen Sonntag in den Dörfern des Freistaats Danzig, in denen polnische Minderheiten leben, Feierlichkeiten statt. An diesen Feierlichkeiten nahmen viele Delegierte des polnischen Elements in Danzig teil.
Bemerkenswert sind die Aussagen in der Rede, die der diplomatische Vertreter der Polnischen Republik in Danzig, Minister Chodacki, beim Dorffest von GroB-Trampken hielt. Er erklärte unter anderem: „Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als ich in den Krieg zog in der Hoffnung, Polen wiederaufleben zu sehen." Die Polen hier in Danzig müssen die gleiche Hoffnung hegen und auf die nicht mehr lange Zeit warten, in der sie auf polnischem Boden leben werden. »

von Luckwald.
N*» 193.
Der Präsident des Senats der Freien Stadt Danzig
an den diplomatischen Vertreter der Polnischen Republik in Danzig.​
Danzig, 24. August 1938.​

Minister,
In Pommern, insbesondere in Gdingen, Graudenz, Thorn und Dirschau, fanden am vergangenen Samstag und Sonntag vom Westmärkischen Bund organisierte Treffen statt, deren Verlauf mir große Sorge bereitet. Die Tendenz dieser Treffen und der provokative Ton, der dort gegen Danzig herrschte, waren so groß, dass es mir, Herr Minister, schwerfällt, Ihren Worten weiterhin Glauben zu schenken, wenn Sie mir sagen, dass wir in Polen von einer freundschaftlichen Stimmung gegenüber beseelt sind Danzig und dass Ihre Regierung stets bestrebt ist, den Interessen Danzigs gerecht zu werden und jeden Zwischenfall zu vermeiden.
Auch wenn ich mich nur an die Nachrichten aus den polnischen Zeitungen und nicht an die mir aus anderen Quellen berichteten Tatsachen halte, haben die Reden der Teilnehmer dieser Treffen einen solchen Hass gegen die Menschen in Danzig zum Ausdruck gebracht und absichtlich eine solche Verzerrung der Situation dargestellt Danzig, das auf erschreckende Weise die Absicht zeigt, zu provozieren und Unruhe zu stiften. Alle meine Bemühungen und die meiner Regierung, den Wünschen der Polnischen Republik in allen Belangen nachzukommen und alles zu vermeiden, was auch nur den Schatten einer Benachteiligung der Danziger Polen bieten könnte, müssen letztendlich vergeblich bleiben, wenn, von der polnischen Seite Auf der anderen Seite spüren wir allzu stark die Bosheit, den Hass und die Verleumdung.
Dabei handelt es sich nicht um willkürliche Worte verantwortungsloser polnischer Kreise, sondern um Volksversammlungen, die sorgfältig von einem Verband vorbereitet wurden, der die feste Unterstützung der polnischen Regierung genießt. Für die polnische Regierung wäre es ein Leichtes gewesen, diese Demonstrationen, deren Verlauf sie hätte kennen müssen, im Voraus zu verbieten.

Ich kann nicht anders, als Ihnen einige Passagen aus den Reden zu zitieren, die während dieser Treffen in Pomerelia gehalten wurden:
„Es ist höchste Zeit, dem kriminellen Räubertum der Danziger Kampftruppen ein Ende zu setzen. Danzig muss polnisch werden." •— „Der anhaltende Terror, den bewaffnete Truppen aus Danzig gegen Polen und polnische Kinder sowie gegen polnische Eisenbahner ausüben." » Es ist die Rede von „Hitlerscher Gewalt", „angeblich mit Steinen auf junge polnische Mädchen geworfen" und „einer Bestialität gegen einen polnischen Eisenbahner"; Von „Hitlers Schurkenbande" und der Absicht, diese „Hitlerbande" zu vernichten, war die Rede, außerdem von „rasendem Terror" und „Verfolgungen".
In all diesen Versammlungen waren die Geister so aufgeregt, dass man eine große Anzahl chauvinistischer Ausrufe hören konnte, wie „Tötet die Hitlerbande", „Gebt uns Gewehre", „Wir wollen in Danzig einziehen", „Am Tor von Danzig …" Deutsche! " usw.
In diesem Sinne wurden Beschlüsse gefasst, die voller Beleidigungen gegen die Freie Stadt Danzig sind und in denen wir, um nur einige Beispiele zu nennen, von „barbarischen Zuständen in Danzig" sprechen und dass Polen „die brutale Willkür bändigen" müsse und Heldentaten der Banditen in Danzig, die ungestraft blieben, gegen die Polen."
Und das alles geschah, ohne dass es auf Danziger Seite auch nur den geringsten Vorwand gegeben hätte. Ich kann tatsächlich nicht ernsthaft glauben, dass die Tatsache, dass zwei junge Leute aus Danzig einige Schläge einstecken mussten, weil sie sich für Polen ausgesprochen hatten, der wahre Grund für diesen Hass ist. Ich komme hierher, Herr Minister, um über Ihren Brief vom 16. dieses Monats zu sprechen, in dem Sie zugunsten der Mach-Brüder intervenieren. Dies ist ein Vorfall, der von den Geschädigten extrem aufgebauscht wird. Diese jungen Leute, die Deutsch sprachen und auf grobe Weise die Hakenkreuzfahne provozierten, wurden von einer empörten Öffentlichkeit geschlagen, ein bedauerlicher, aber dennoch verständlicher Vorfall, da die Öffentlichkeit ständig mit ansehen musste, wie sich die Danziger Bürger an die polnische Spitze stellten Die Ansichten nehmen angesichts der Symbole, die der überwiegenden Mehrheit der Einwohner von Danzig am Herzen liegen, eine provokative und spöttische Haltung ein.
Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass in Polen Kinder von Danzigern oft, sehr oft geschlagen wurden, ohne dass die Danziger Regierung sofort Anzeige erstattete? Ich möchte auch darauf hinweisen, dass Danziger Bürger, ruhige Menschen, die seit vielen Jahren ihren Beruf in Graudenz und Thorn ausüben, Karten mit folgendem Inhalt erhalten haben:
„Die Hand der Gerechtigkeit.
Im Namen der großen und gerechten Sache Polens befehle ich Ihnen als Danziger, mit Ihrer ganzen Familie unverzüglich die Stadt Graudenz und die Grenzen der Polnischen Republik zu verlassen.
Zur Regelung Ihrer persönlichen Angelegenheiten geben wir Ihnen drei Tage Zeit. Wir weisen Sie darauf hin, dass wir nach Ablauf dieser Frist, für den Fall, dass Sie Polen nicht freiwillig verlassen haben, alle Maßnahmen gegen Sie und Ihre Familie ergreifen und sogar so weit gehen werden, Sie radikal wegzuwerfen außerhalb Polens.
Die Hand der Gerechtigkeit. »
Die Kinder dieser Dantzic-Bewohner hatten Angst, jeden Morgen zur Schule zu gehen, weil sie befürchten mussten, von polnischen Staatsangehörigen geschlagen zu werden.
Ich führe diese Tatsachen an, um zu zeigen, dass der Danziger Senat trotz der geringen Zahl der in Polen lebenden Danziger sicherlich nicht weniger Grund hat, sich über die Taten verantwortungsloser Menschen in Polen zu beschweren.
Zu meinem großen Bedauern muss ich feststellen, dass jeder Vorfall, der irgendeinen Zusammenhang mit Danzig hat, durch einen Verband wie den der Marche de l'Ouest oder durch Zeitungen, die Verbindungen zur Regierung haben, auf diese Weise verfälscht wird. Kurjer Baltycki", dessen Provokationsabsicht wir deutlich erkennen müssen. Wenn wir einen bedauerlichen Unfall, dessen Opfer ein polnischer Eisenbahner war, einen Vorfall, an dem Danzig überhaupt nichts zu tun hatte, zu einem „Mord, begangen von sechs Danzig-Hitleristen", entstellen*, ist das eine Situation, die wir nicht besser verstehen können als die polnische Regierung es toleriert, zumal diese verzerrte Nachricht in der ausländischen Presse verbreitet wurde und dort das Echo fand, das man sich vorstellen kann.
Ich erwarte, Herr Minister, dass Sie Ihre Regierung unverzüglich über die Auswirkungen informieren, die die Treffen der Westmark-Föderation und die Verleumdungen der „Kurjer Baltycki" in Danzig verursacht haben, damit dem ein Ende gesetzt wird zu diesen unverantwortlichen Handlungen, die den Frieden bedrohen.
Bitte akzeptieren usw.

Greiser.​

* In der Nacht vom 17. auf den 18. August wurde der polnische Eisenbahner Winnicki auf der Bahnstrecke Danzig–Gdingen Opfer eines Unfalls. Auf polnischer Seite wurden wegen dieses Unfalls gegen die Eisenbahner von Danzig unbegründete Verdächtigungen geäußert, die Anlass zu einer gegen Danzig gerichteten Propagandaaktion gaben. Siehe Nr. 155.

Nr. 194.​

Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.
Danzig, 14. November 1938.
Am 11. November kam es anlässlich des 20. Jahrestages der wiedererlangten Unabhängigkeit Polens zu einer Reihe von Demonstrationen, wie es bereits in den Vorjahren regelmäßig der Fall war.
Höhepunkt dieser Veranstaltungen war eine „Akademie", die am Abend des 12. November in den Räumen der Sporthalle stattfand und an der Minister Chodacki persönlich teilnahm. Die Rede bei dieser Feier hielt der polnische Sejm-Abgeordnete Walewski aus Warschau, der in seinen Ausführungen charakteristische Anspielungen auf Danzig machte. Als er von den polnischen Brüdern sprach, die im Gebiet von Olsa befreit worden waren, erklärte er, dass die Polen von Danzig den gleichen Moment für sie erleben würden und dass Polen seine Grenzen erweitern wollte, um das zu erreichen, was sie damals waren von König Boleslaw Chobry. Auch bei einem Unabhängigkeitstag, den die polnische Minderheit am 13. letzten Monats in Zoppot feierte, einer Zeremonie, an der auch ein Mitglied der diplomatischen Vertretung Polens in Danzig, der Redner, der Vizemarschall des Vereins „Gmina polska – Zwiazek Polakow. Soc. aufzeichnen. »Herr Pilecki, Professor, Arzt, Kommandant im Ruhestand, brachte die Danzig-Frage zur Sprache. Er erwähnte die angeblichen Streitereien, unter denen die polnische Minderheit in Danzig leben musste, und er hatte Worte, die den Geist der SA verachteten. und die SS., Formationen, in die, wie er behauptet, viele Polen hätten eintreten müssen, und er gab den Befehl, auf den Tag zu warten, an dem alle Polen wieder vereint sein würden; Die Polen, auch in Danzig, mussten den Standard des Heimatlandes hochhalten, um das gleiche Schicksal zu erlangen, das den Brüdern von Olsa vorbehalten war.

von Janson.
Nr. 195.​

Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.
Bericht.
Danzig, 23. Februar 1939.
Mehrere polnische Zeitungen haben kürzlich empörte Nachrichten über Vorfälle in Danzig-Langfuhr im Café Langfuhr veröffentlicht, das auch von polnischen Studenten besucht wird.
Nach Informationen, die mir auch von Danziger Seite übermittelt wurden, kam es bereits am 29. Januar im Café Langfuhr zu Schlägereien zwischen deutschen und polnischen Schülern der Technischen Hochschule Danzig. Da neue Vorfälle befürchtet wurden, hatte der Besitzer des Cafés am 10. dieses Monats einen Brief an die Vereinigung polnischer Studenten „Bratnia Pomoc" geschickt, in dem er darum bat, dass polnische Studenten künftig nicht mehr sein Lokal besuchen sollten. Auf polnischer Seite wurde dieses Schreiben nicht berücksichtigt. Als einige Tage später erneut polnische Studenten das Café Langfuhr betraten, sollen sie im Inneren des Cafés einen handschriftlichen Aushang mit den Worten entdeckt haben: „Zutritt für Hunde und für Polen verboten." » Nach Angaben der Polen wurde dieser Hinweis von deutschen Studenten angebracht. Die von der Polizei durchgeführten Ermittlungen haben in keiner Weise ergeben, dass dies der Fall ist. Im Gegenteil: Wir haben den starken Verdacht, dass dieser Aushang von einem polnischen Studenten in der Einrichtung angebracht wurde.
Die polnische Studentenvereinigung „Bratnia Pomoc" nahm diese Vorfälle zum Anlass, für den 16. dieses Monats eine Protestversammlung der an der Höheren Technischen Schule studierenden Polen einzuberufen. Auf dieser Versammlung wurde ein Beschluss gefasst, in dem erstmals darauf hingewiesen wurde Die „Bratnia Pomoc" ist der Ansicht, dass die natürliche Rolle des Danziger Territoriums ausschließlich darin besteht, der Metropole, der Polnischen Republik, zu dienen und sich eng mit ihr zu verbinden. Nur die polnische Nation hätte das Recht, über die Weichselmündung zu verfügen. Dann wurde in scharfer Form sofortige Genugtuung gefordert und die polnische Regierung aufgefordert, wirksame Gegenmaßnahmen nach dem Prinzip „Zahn für Zahn" zu ergreifen.
Wie mir ebenfalls vertraulich mitgeteilt wurde, konnte durch die polizeilichen Ermittlungen die charakteristische Tatsache festgestellt werden, dass an dem erwähnten Treffen der polnische Hauptmann Krukierek teilnahm, der der militärischen Abteilung der diplomatischen Vertretung Polens in Danzig angehört, und der wie als solcher genießt er diplomatische Privilegien.
Wir können daher den Verdacht nicht einfach zurückweisen, dass der polnischen diplomatischen Vertretung in Danzig diese provokante Haltung polnischer Studenten*innen nicht fremd sein dürften.

von Janson.​

* Siehe hierzu auch Nr. 152.

Nr. 196.

Der Generalkonsul Deutschlands in Danzig im Ministerium
Auswärtige Angelegenheiten.

Bericht.

Danzig, 16. März 1939.

Nach zahlreichen Gesprächen und zahlreichen Verhandlungen, die inzwischen stattgefunden haben, können wir davon ausgehen, dass der Konflikt zwischen den deutschen Schülern und den polnischen Schülern der Technischen Hochschule Danzig bald endgültig beigelegt wird. Das Ergebnis der Verhandlungen wurde im Protokollentwurf festgelegt, der gestern Abend paraphiert wurde. Die endgültige Unterzeichnung dieses Berichts ist noch nicht erfolgt.

Gewisse Erklärungen der polnischen Legationsräte, die an den Sitzungen der Kommission teilgenommen hatten, gestern Abend gegenüber Regierungsrat Siegmund, Erklärungen, die während einer Sitzung im Anschluss an die Unterzeichnung des beigefügten Protokolls gemacht wurden, sind nicht ohne Interesse. Die beiden polnischen Beamten sagten zum Konflikt zwischen den Studenten, dass Warschau die Angelegenheit als äußerst ernst erachtet habe; Nach Meinung einflussreicher polnischer Kreise hätte ein einziger Funke ausgereicht, um eine militärische Aktion gegen Danzig auszulösen und in der Folge zu einem Streit zwischen Deutschland und Polen zu führen. Diese Behauptung steht in deutlichem Gegensatz zu den beruhigenden Äußerungen des polnischen Außenministers, Herrn Beck, und es scheint mir, dass sie nicht unbeeinflusst von der sehr nervösen Haltung von Minister M. Chodacki war, der während seines … In Gesprächen mit dem Präsidenten des Senats, Herrn Greiser, wurde wie schon bei anderen Gelegenheiten festgestellt, dass er sich frage, ob er nicht von seinem Amt zurücktreten solle.

von Janson.