2. Äußere und innere Ideologiekonformität
Zunächst gilt zwar: Ideologiekonformes Handeln, einschließlich eines ideologiekonformen öffentlichen Sprechens, ist eine langfristig nicht verzichtbare
Existenzvoraussetzung von Weltanschauungsdiktaturen. Gleichzeitig gilt aber
auch: Ein dauerhaft ideologiekonformes Handeln ist kaum erwartbar, wenn
die das Handeln orientierende Ideologie nur opportunistisch vertreten wird,
nicht aber in den Überzeugungsbestand der Handelnden übernommen wurde.
Weltanschauungsdiktaturen – und damit sind letztlich immer die Führer dieser
Diktaturen gemeint – werden sich daher nicht damit zufriedengeben, dass die
Herrschaftsunterworfenen ideologiekonforme öffentliche Bekenntnisse ablegen. Weltanschauungsdiktaturen können auf Dauer ihre Legitimität nicht nur
postulieren und sich als zustimmungsfähig präsentieren; letztlich müssen sie
faktische Legitimität (die gleichwohl aus einer systemäußeren Perspektive keineswegs anerkennungswürdig sein muss) durch tatsächliche, das heißt durch
eine auf Überzeugung beruhende, Zustimmung erwerben. Deshalb werden sie
es als unzureichend betrachten, wenn die Gemeinschaftsmitglieder die von der
Ideologie geforderten Anschauungen lediglich öffentlich vertreten – also letztlich eine Übereinstimmung mit der Systemideologie nur im äußeren Verhalten
gegeben ist.
Eine äußere Ideologiekonformität schließt abweichende private Überzeugungen nicht aus. Denn die Übereinstimmung von innerem Glauben und öffentlichem Bekenntnis kann vorgetäuscht sein. Stabile Weltanschauungsdiktaturen
legen es daher auf eine ideologiekonforme Überzeugungsbildung an. Eine innere
Ideologiekonformität ist gleichsam eine konstitutive Bedingung einer dauerhaften
und nicht nur längerfristigen Existenz. Der Einzelne soll die Systemideologie
internalisieren, und er soll sich offen und ehrlich zu ihr bekennen.
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