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TEIL II DIE WIDERLEGUNG DER AUTORITÄT

Das Ende des Mythos

Immer mehr Menschen glauben heute, dass eine „Regierung" nicht notwendig sei und dass die Gesellschaft in der Praxis sehr viel besser ohne sie zurecht kommen würde. Andere sagen, dass die Gesellschaft ohne eine Staatsgewalt die einzige moralische Option ist, weil dadurch die Initiierung von Gewalt gegen unschuldige Menschen nicht unterstützt wird - und zwar unabhängig davon, was besser „funktioniert". Diese Argumente haben beide ihre Berechtigung und beides ist erstrebenswert.

Es gibt aber einen grundsätzlicheren Punkt, der solche Diskussionen in Frage stellt: Eine „Autorität" kann nicht existieren. Unabhängig davon, ob sie moralisch ist oder nicht und ob sie „funktioniert oder nicht". Das ist keine Wunschvorstellung, sondern es ist die Beschreibung der Realität. Wenn eine „Autorität" nicht existieren kann - so wie später noch logisch hergeleitet wird - ist jede Debatte darüber sinnlos, ob wir sie „brauchen" oder wie gut sie funktioniert.

Dementsprechend ist der Gegenstand dieses Buches nicht, dass die „Regierung" abgeschafft werden sollte, sondern dass eine „Regierung" im Sinne einer rechtmäßigen herrschenden Klasse nicht existiert und nicht existieren kann. Die Unfähigkeit, dieses zu erkennen, führt zu unermesslichem Leid und zu großer Ungerechtigkeit. Selbst die meisten, die „Staat" und „Regierung" als riesige Bedrohungen der Menschheit ansehen, sprechen von ihnen, als würden sie tatsächlich existieren. Sie erwecken den Eindruck, als gäbe es eine Wahl zwischen einem „Staat" oder der Abwesenheit eines „Staats". Diese Wahl gibt es nicht. Der „Staat" ist logisch unmöglich.

Das Problem ist nicht der „Staat", sondern der Glaube an den „Staat". Jemand, der beispielsweise realisiert, dass es keinen Weihnachtsmann gibt, würde nicht in den Krieg ziehen, um ihn abzuschaffen oder vom Nordpol zu vertreiben. Er hört einfach nur damit auf, an ihn zu glauben. Der Unterschied ist nur, dass der Glaube an den Weihnachtsmann keinen größeren Schaden anrichtet, während der Glaube an das mystische Monster namens „Autorität" zu unvorstellbarem Leid, zu Unterdrückung und Ungerechtigkeit führt.

Die Kernbotschaft ist nicht, dass eine Welt ohne eine „Autorität" erschaffen werden soll. Sie lautet, dass Menschen gewöhnlich die Tatsache nicht akzeptieren, dass es die „Autorität" nicht gibt. Eine Welt ohne „Autorität" ist das, was schon immer existiert. Den Menschen würde es wesentlich besser gehen und sie würden sich sehr viel rationaler, moralischer und zivilisierter verhalten, wenn sie diese Tatsache verstehen würden.