Skip to main content

Geheimdienste

Nachrichtendienste: Fünf Fragen zu Schlapphüten

Gerne lassen sich die Nachrichtendienste nicht in die Karten schauen. Doch die Zeiten, in denen sie im absolut Verborgenen agieren konnten, sind vorbei. Viele Fragen können beantwortet werden.

Seit Jahren kämpft die Linkspartei respektve PDS dafür, keine Erwähnung mehr in den Berichten des Verfassungschutzes zu finden. Sie sieht darin vor allem eine politische Gängelung, um von den anderen Parteien mundtot gemacht zu werden. Doch ließen sich die Geheimdienste tatsächlich in solcher Art und Weise instrumentalisieren? Wer kontrolliert die deutschen Nachrichtendienste? Und vor allem: Was machen sie überhaupt?

Welche Geheimdienste gibt es in Deutschland?

In den USA treten sich die Nachrichtendienste förmlich auf die Füße. Laut „Washington Post“ befassen sich mehr als 1200 Regierungsbehörden und 200 Privatunternehmen mit nachrichtendienstlichen Aufgaben. Im Gegensatz dazu ist die Szene in Deutschland sehr übersichtlich. Für die Aufklärung im Inneren zeichnen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und die 16 Landesbehörden verantwortlich. Als Auslandsnachrichtendienst fungiert der Bundesnachrichtendienst (BND). Der Militärische Abschirmdienst (MAD) der Bundeswehr ist neben dem BfV und dem BND der dritte Geheimdienst auf Bundesebene. Er übernimmt die Verfassungsschutzaufgaben im Zuständigkeitsbereich des Verteidigungsministeriums, sowohl im In- wie im Ausland.

Welche Aufgaben haben die Geheimdienste?

Die Aufgaben der Nachrichtendienste sind in den entsprechenden Gesetzen festgeschrieben. Dem BND obliegt demnach „die Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind“. BfV und MAD sollen Informationen sammeln über Bestrebungen, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat folgende Arbeitsfelder: deutscher Links- und Rechtsextremismus, Spionagebekämpfung, Ausländerextremismus (ohne Islamismus), islamischer Terror und Scientology.

Die Nachrichtendienste sind reine Informationssammler, sie haben keine polizeilichen Befugnisse.

Wer kontrolliert die Geheimdienste?

Alle Nachrichtendienste werden einerseits durch den zuständigen Minister kontrolliert. Also entweder die Innen- oder den Verteidigungsminister. Geheimdienstkoordinator ist der Leiter der Abteilung 6 im Bundeskanzleramt, zurzeit der CDU-Politiker Günter Heiß.

Für die parlamentarische Kontrolle der drei Geheimdienste auf Bundesebene ist das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages zuständig. Ihm gehören neun Abgeordnete an. Das Gremium tritt mindestens einmal im Quartal zusammen. Die Parlamentarier haben beinahe uneingeschränkte Kontrolle über die Geheimdienste. Nur der Quellenschutz schränkt ihre Rechte ein. Zusätzlich wird monatlich die so genannte G10-Kommission durch das Innenministerium über Überwachungsmaßnahmen unterrichtet, die das Post-, Brief- und Fernmeldegeheimnis einschränken.

Warum sind Polizei und Geheimdienste getrennt?

Die strikte Trennung zwischen Behörden, die polizeiliche Aufgaben wahrnehmen, und solchen, die politischen Extremismus aufklären, ist ein deutscher Sonderfall. Die Geheimpolizei war ein zentrales Instrument des nationalsozialistischen Terrorregimes. Die Alliierten ließen deshalb nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst nur Polizeibehörden zu, die für die Gefahrenabwehr und die Strafverfolgung zuständig war. Das Bundesamt und die Landesbehörden für Verfassungsschutz wurden erst ab 1950 eingerichtet und blieben ohne jede exekutiven Befugnisse. Dass heißt sie dürfen nicht festnehmen, verhaften, durchsuchen oder beschlagnahmen.

Die Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten ergibt sich aus verschiedenen gesetzlichen Vorschriften und ihrem Zusammenhang. Doch sie ist nicht unumstritten. Immer wieder wird von politischer Seite versucht die Grenzen zu verwischen. Argumentiert wird dann zum Beispiel mit der eingeschränkten Weitergabe von Informationen zwischen den verschiedenen Behörden.

Über welche Mittel verfügen die Geheimdienste?

Das Bundesamt für den Verfassungsschutz erhielt 2009 rund 160 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt. 2579 Mitarbeiter arbeiteten waren zum Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung tätig. Der Militärische Abschirmdienst ist personell und finanziell etwa halb so groß: 1213 Bedienstete, ein Zuschuss aus Bundesmitteln von rund 73 Millionen Euro. Der Jahresetat des Bundesnachrichtendienstes lag um ein vielfaches höher. Ihm standen 2009 460 Millionen Euro zur Verfügung. Etwa 6000 Mitarbeiter beschäftigt der Auslandsgeheimdienst.

Hinzu kommen die 16 Landesbehörden für den Verfassungsschutz. Zusammenfassungen über die Zahl der Mitarbeiter und der Etats liegen nicht vor. Denn innere Sicherheit ist Ländersache. Zur Orientierung: im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen arbeiteten 2009 338 Mitarbeiter für den Verfassungsschutz. Ihnen standen 4,8 Millionen Euro zur Verfügung.

Nach Berechnungen des brandenburgischen Verfassungsschutzes kommt in der Bundesrepublik auf 14 000 Einwohner etwa ein Verfassungsschützer. Im Vergleich dazu: Das Ministerium für Staatssicherheit beschäftigte etwa 100 000 hauptamtliche Mitarbeiter – einer für je 170 DDR-Bürger.

Quelle: Focus.de