Wie arbeiten die internationalen Polizeibehörden tatsächlich?
Um dies angemessen darstellen zu können, soll zuerst geklärt werden, worum es sich bei einem internationalen Verbrechen handelt. Dies ist nicht so einfach zu definieren, da kein internationales Strafrecht existiert. So wird ein Verbrecher als ein internationaler Verbrecher bezeichnet, wenn er entweder durch Ortswechsel den Zuständigkeitsbereich mindestens zweier Staaten berührt, oder wenn
er durch seine Betätigung zusätzlich wesentliche Rechtsgüter eines fremden Staates verletzt oder gefährdet, ohne dass er dabei den Zuständigkeitsbereich eines Staates verlassen muss.
Ein internationales Verbrechen besteht also dann, wenn mindestens zwei Staaten mit der Suche nach dem Rechtsbrecher oder mit dem
Festnahmeersuchen befasst werden (Vgl. Endres, 1991: 5-8). Eine internationale Fahndung soll nun anhand eines Beispiels einer Fahndung mit Hilfe Interpols nach einer Person beschrieben werden.
In einem ersten Schritt beantragt die zuständige nationale Justizbehörde bei ihrem nationalen Zentralbüro die internationale Verbreitung einer Fahndungsausschreibung mit der Zusicherung, dass nachfolgend im Falle der Ergreifung sofort ein Auslieferungsersuchen gestellt wird. Das nationale Zentralbüro überprüft in einem zweiten Schritt die Vereinbarkeit des Ersuchens mit Artikel 3 der Statuten (also dass es sich um kein politisches, religiöses, militärisches oder rassisches Verbrechen handelt). Bestehen keine Bedenken, wird das Ersuchen an das Generalsekretariat weitergeleitet. Dieses überprüft es noch einmal. Bestehen immer noch keine Bedenken, so wird das Ersuchen in einem dritten Schritt an alle angeschlossenen nationalen Zentralbüros geschickt, und zwar in Form der „roten internationalen Ausschreibung“, die gewissermaßen ein internationaler Haftbefehl ist. Außerdem werden Anweisungen für die zu treffenden Maßnahmen im Falle der Ergreifung übermittelt. Mit dem vierten Schritt nehmen die Polizeibehörden der ersuchten Länder die Ermittlung auf. Dabei müssen sich sich an nationales Recht und an die Menschenrechte halten, sollen aber die ihrer Meinung nach notwendigen Schritte unverzüglich unternehmen. Wird die gesuchte Person gefasst, informiert die Zugriffsbehörde in einem fünften Schritt umgehend ihr nationales Zentralbüro.
Sie trifft zudem alle polizeilichen Maßnahmen, wie etwa die Überwachung, die Personenüberprüfung, Sicherungsmaßnahmen, Durchsuchungen und vor allem die vorläufige Festnahme, die unter Beachtung der inländischen Verfahrensvorschriften zu erfolgen hat. Im folgenden sechsten Schritt benachrichtigt das nationale Zentralbüro des Festnahmestaates unverzüglich das Generalsekretariat der Interpol, sowie das Zentralbüro des beauftragenden Landes. Dieses leitet im siebten Schritt die Tatsache der Festnahme an die zuständige Justizbehörde weiter, welche schnellstmöglich nach Ausfertigung des formellen Auslieferungsersuchens dieses auf diplomatischem Wege an die zuständige Behörde des Festnahmestaates sendet. Als achte und letzte internationale Polizeimaßnahme schließlich muss das nationale Zentralbüro nach der endgültigen Inhaftierung das Generalsekretariat davon unterrichten, damit eine Fahndungseinstellungsmeldung durchgegeben werden kann (Vgl. Endres, 1991: 26-30).
Neben einer solchen internationalen Fahndung sind auch andere Verfahren wie Datenabgleich zur Rasterfahndung, Aufruf zur internationalen beobachtenden Fahndung, amtliche Rechtshilfe, etc. üblich. Laut Europol sind die beiden internationalen Behörden verschieden strukturiert und bieten so unterschiedliche Möglichkeiten zur internationalen Kooperation bei der Strafverfolgung. Sie hätten unterschiedliche aber doch verwandte Rollen im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und es bestünde somit kein Wettbewerb zwischen den beiden Organisationen. Zudem kooperieren sie seit 2002, um die internationale Kooperation bei der Strafverfolgung zu verbessern (Vgl. Europol, 2007, Frequently Asked Questions). Auch wenn keine Konkurrenz zwischen Interpol und Europol besteht, stellt doch Europol eine gesteigerte und effizientere, wenn auch regional begrenztere Form von Interpol dar und ist somit auch der Versuch, auf die Mängel Interpols zu reagieren.
Europol und seine Vorläufer entstanden aber nicht nur aus der Kritik an Interpol, sondern auch in Folge der europäischen Integration. Mit weiterhin zunehmender europäischer Integration ist anzunehmen, dass die einzelnen nationalen Zentralbüros der Interpol durch Europol ersetzt werden.
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