Interpol
Kurzer geschichtlicher Abriss
Im April des Jahres 1914 findet ein erster internationaler Polizeikongress in Monaco statt. Polizeibeamte, Anwälte und Richter aus 14 Ländern treffen sich und diskutieren über Festnahmeprozeduren, Identifikationstechniken und Auslieferungsverfahren, aber auch über die Einrichtung einer internationalen Datenbank zur Förderung polizeilicher Kooperation. Durch den nur wenige Monate darauf ausbrechenden Ersten Weltkrieg wird diese Entwicklung jedoch vorerst unterbrochen. So findet, auf Initiative des Präsidenten der Wiener Polizei, Dr. Johannes Schober, erst 1923 in Wien erneut ein Kongress statt, auf dem schließlich die „Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission“ (IKPK), mit Hauptquartier in Wien, gegründet wird. Die IKPK entwickelt sich in den folgenden Jahren weiter, so beschließt die Generalversammlung 1925 die Einrichtung nationaler Kontaktstellen in den einzelnen Ländern, was 1927 zur Gründung der Nationalen Zentralbüros (s. u.) führt. 1930 werden spezielle Abteilungen für Fälschungsbekämpfung und Personenerkennung eingerichtet, und 1932, nach dem Tod Dr. Schobers, der Posten des Generalsekretärs eingeführt, dessen erster Amtsinhaber der österreichische Polizeikommissar Michael Skubl ist. 1935 schließlich wird ein internationales Funknetz in Betrieb genommen. Nach dem Anschluss Österreichs ans Dritte Reich wird Michael Skubl 1938 abgesetzt und durch den österreichischen Nazi Otto Steihäusl ersetzt. Die meisten Länder beenden ihr Engagement bei Interpol, so dass dieses kaum noch als eine internationale Organisation zu bezeichnen ist. Nach dem Tod Steihäusls wird der Sitz der IKPK 1942 nach Berlin verlegt und der SS-General Reinhard Heydrich zum Präsidenten ernannt. Doch auch Heydrich stirbt kurz darauf durch ein Attentat des tschechischen Widerstandes und wird durch den SS-General Ernst Kaltenbrunner ersetzt, der nach dem Krieg in Nürnberg gehängt wird. Die bereits angelegten Akten Interpols, wie etwa das so genannte internationale Zigeunerregister, werden in dieser Zeit oftmals zur Verfolgung bestimmter Menschengruppen verwendet.
Nach dem Krieg wird die IKPK 1945 vorerst aufgelöst, jedoch bereits 1946, auf Initiative des Generalinspekteurs der belgischen Polizei Florent Louwage neu gegründet. Hierbei werden neue Statuten festgeschrieben. So werden etwa die Menschenrechte und das Völkerrecht eingebunden und die ausschließliche Verfolgung gewöhnlicher, in Abgrenzung zu politischer, Kriminalität festgelegt. Das Hauptquartier wird nach Paris verlegt, was eine mehrere Jahrzehnte währende Dominanz der französischen Polizei zur Folge hat. Eine Annäherung an die UN findet statt. „Interpol“ wird als Telegrammanschrift festgelegt. Demokratische Wahlen des Präsidenten und des Exekutivkomitees werden eingeführt. 1949 schließlich garantieren die Vereinten Nationen Interpol konsultativen Status als eine Nichtregierungsorganisation.
1950 kommt es zu einer Krise. Nach der Entführung dreier Verkehrsflugzeuge fordert die Tschechoslowakei die Kooperation Interpols an, wobei sie die Entführungen als kriminelle Taten ansieht. Der Vizepräsident der IKPK und das FBI sehen hierin jedoch politisch motivierte Taten, was ein Handeln der IKPK ausschließt. Der Vorfall zieht den Austritt der USA sowie beinah aller Ostblockstaaten nach sich. So kommt es 1956 erneut zu einer Neugründung. Ein neuer Name, „Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation – Interpol“ (IKPO) wird gewählt, durch neue Verträge wird Interpol internationaler, durch die Einführung von Mitgliedsbeiträgen autonomer. Sie erhält den Status einer juristischen Person. 1971 wird Interpol schließlich von den Vereinten Nationen als zwischenstaatliche Organisation (IGO) anerkannt, 1972 erklärt ein Sitzabkommen des Hauptquartiers mit Frankreich Interpol zu einer internationalen Organisation.
In den 1970er Jahren kommt es jedoch auch zu schwerer Kritik an Interpol, so wird der Organisation eine fehlende Beteiligung an der Terrorismusbekämpfung sowie eine schwerfällige Kommunikation vorgeworfen. In der Folge erlässt die Generalversammlung 1984 eine
Resolution die vorsieht, dass der politische Charakter von Straftaten von nun an im jeweiligen nationalstaatlichen Ermessen liegt. Außerdem kommt es 1989 mit dem Umzug der Organisation nach Lyon zu einer Reorganisation des Generalsekretariats. Ein Ausbau der Informationsstruktur folgt. So wird ab 1990 ein Kommunikationssystem („X.400“) für den Datenaustausch mit den Nationalen Zentralbüros eingerichtet. Seit 2002 sind beinah alle Nationalen Zentralbüros durch das I-24/7-System mit dem Interpol-Hauptquartier verbunden. 2003 wird das Command and Co-ordination Centre (s. u.) eingerichtet, welches es Interpol erlaubt, rund um die Uhr zu operieren. 2004 erhält Interpol schließlich Beobachterstatus bei der UN. Die Vertretung bei den Vereinten Nationen wird eingeweiht und der erste Sonderbeauftragte bei der UN, der Deutsche Dr. Ulrich Kersten, wird ernannt (Vgl. Endres, 1991: 10-19; Interpol, 2007, Interpol History).
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