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TEIL III D) DIE FOLGEN FÜR DIE ZUSCHAUER

Die Sünde des Nicht-Widerstandes

Es ist offensichtlich, dass der religiöse Glaube an die „Autorität“ die Wahrnehmungen und Handlungen von „Gesetzeshütern“ und deren Zielgruppen beeinflusst. Aber auch die Wahrnehmungen und Handlungen der Zuschauer, die nicht direkt betroffen sind, spielen eine sehr wichtige Rolle beim Zustand der Gesellschaft. Vor allem die Untätigkeit der Zuschauer, die die „gesetzliche“ Unterdrückung anderer stillschweigend hinnehmen, hat enorme Auswirkungen. Die Geschichte ist voll von Beispielen, die Edmund Burke Recht gegeben haben, als er sagte, dass alles, was das Böse benötigt, um zu gewinnen, gute Menschen seien, die nichts tun.

Die Massenmorde, die durch die Regimes von Stalin, Mao, Hitler und vielen anderen begangen wurden, wurden nicht nur dadurch ermöglicht, dass die „Vollstrecker“ den Befehlen bereitwillig gehorchten. Auch das Gefühl der Opfer, der „Autorität“ gehorchen zu müssen und das Gefühl der Zuschauer, sich nicht einmischen zu dürfen, als das „Gesetz“ vollstreckt wurde spielten eine entscheidende Rolle. Die Täter, die in großem Ausmaß Unrecht einschließlich Massenmord begangen haben, waren zahlenmäßig ihren Opfern immer weit unterlegen. Wenn man die Zahl der Zuschauer einbezieht, also alle Menschen, die hätten eingreifen können, dann wird deutlich, wie wichtig die Handlungen oder Unterlassungen der reinen „Zuschauer“ sein können. Natürlich wird es Leute geben, die einfach aus Angst nicht eingreifen. Der Zeuge eines Überfalls, der nicht wagt, einzugreifen billigt den Überfall nicht durch seine Untätigkeit. Seine eigene Sicherheit durch Untätigkeit bedeutet ihm mehr als der Nutzen, den das Opfer durch sein Eingreifen haben könnte. Aber es gibt viele Fälle, in denen der Glaube an die „Autorität“ die Menschen dazu bringt, zu zögern, in einen Konflikt einzugreifen. Nicht ausschließlich aus Angst, sondern aus einem tiefen psychologischen Widerstand, gegen die „Autorität“ vorzugehen.

Es gibt zwei Erklärungen dafür, warum Menschen tatenlos zusehen, wenn anderen „gesetzlich legitimiertes“ Unrecht angetan wird: Entweder glauben sie, dass dieses Unrecht eigentlich eine gute Sache sei, weil es so im „Gesetz“ steht, oder ihre Bereitschaft gegen die „Gesetzeshüter“ vorzugehen wird durch ihre antrainierte Unterwürfigkeit erstickt. Das Ergebnis ist das gleiche: Es geschieht nichts, was das Unrecht aufhält.

Diese beiden Phänomene werden im Folgenden gesondert behandelt.

Die Illusion vom guten „legalen“ Bösen

Es gibt unzählige Beispiele, die zeigen, wie dramatisch sich die öffentliche Wahrnehmung durch den religiösen Glauben an die „Autorität“ verändert. Allein der Wahrnehmungsunterschied zwischen einer Tat einer Person, die behauptet, Teil der „Autorität“ zu sein und eines ganz normalen Menschen, der exakt die gleiche Tat begeht, ist gravierend. Hier einige Beispiele:

Szenario A: Ein amerikanischer Soldat geht in einem fremden Land von Haus zu Haus, tritt die Türen ein und zielt mit einem Maschinengewehr auf ihm vollkommen unbekannte Menschen, um sie herumzukommandieren und sie zu verhören, weil er auf der Suche nach „Aufständischen“ ist.

Szenario B: Ein ganz normaler Bürger geht in seinem eigenen Land von Haus zu Haus, tritt die Türen ein, zielt mit einem Maschinengewehr auf ihm vollkommen unbekannte Menschen, um sie herumzukommandieren und sie zu verhören, weil er auf der Suche nach Menschen ist, die er nicht mag.

Im ersten Szenario sehen die meisten Leuten einen mutigen und anständigen Soldaten dabei, wie er „seinem Land dient“, während sie im zweiten einen schrecklich gefährlichen, möglicherweise geistesgestörten Typen sehen, der um jeden Preis entwaffnet und festgenommen werden muss.

Szenario A: Ein „Gesetzeshüter“ führt eine Alkoholkontrolle durch oder sichert einen Grenzübergang. Er hält alle Autofahrer an, um sie zu fragen, ob sie sich „legal“ im Land aufhalten oder Alkohol getrunken haben und sucht nach sonstigen Hinweisen auf eine „kriminelle“ Handlung. 

Szenario B: Ein ganz normaler Mensch hält alle Autos an, die bei ihm vorbeikommen und fragt alle Autofahrer, ob sie Amerikaner sind oder ob sie Alkohol getrunken haben und er sucht in ihren Autos nach irgendetwas, was verdächtig erscheint.

Der Polizist, der die Menschen schikaniert, verhaftet, verhört und durchsucht, wird von den meisten als der mutige „Gesetzeshüter“ wahrgenommen, der seine Arbeit macht, während jeder andere, der sich genauso verhält, als geistesgestört und gefährlich angesehen wird. 

Szenario A: Ein Mitarbeiter des „Jugendamts“ erhält einen anonymen Hinweis. Er fährt zu einem Haus und befragt die Bewohner, um festzustellen, ob sie als Eltern geeignet sind oder ob der Staat sicherheitshalber ihre Kinder gewaltsam von ihnen trennen und in Obhut nehmen sollte. 

Szenario B: Ein ganz normaler Bürger bekommt von irgendeiner fremden Person ein Gerücht über eine andere fremde Person mit. Er fährt zum Haus der fremden Person, stellt den Bewohnern fragen und droht, ihre Kinder mitzunehmen, wenn er mit den Antworten nicht zufrieden ist.

Auch hier ist der Angestellte der „Regierung“ nur derjenige, der „seine Arbeit macht“, während der normaldurchschnittliche Mensch, der die genau das gleiche tut, als gefährlich und vermutlich geistesgestört angesehen wird. Das soll nicht bedeuten, dass es niemals eine Situation geben kann, in der ein Kind seinen Eltern nicht weggenommen werden sollte, um es vor ihnen zu schützen. Aber solche Angelegenheiten würden von jedem Einzelnen sehr ernstgenommen werden und er müsste die volle persönliche Verantwortung für seine Handlungen übernehmen. Ein Bürokrat, der nur wie eines von vielen kleinen Zahnrädchen im Getriebe des „Staates“ funktioniert, wird sehr viel weniger zögern, solche Dinge zu tun, weil er glaubt, dass etwas, das man „Gesetz“ nennt, allein für das verantwortlich ist, was auch immer er tut. 

Szenario A: Ein Pilot der US-Luftwaffe, der den Befehl dazu erhalten hat, fliegt zum einem Ziel und wirft die Bomben ab. Daraufhin sterben einige Söldner einer anderen „Autorität“ und einige Zivilisten, die sich zufällig auf diesem Gebiet aufgehalten haben.

Szenario B: Ein amerikanischer Bürger, der ausschließlich auf eigene Rechnung handelt, belädt ein Flugzeug mit ein paar selbstgebastelten Sprengsätzen, fliegt zu einem Gebäude in der Stadt, von dem bekannt ist, dass es von einer gefährlichen Straßengang bewohnt wird und wirft die Sprengsätze darauf ab. Daraufhin sterben mehrere Gangmitglieder und einige Unbeteiligte, die zufällig am Gebäude vorbeigingen.

Der durchschnittliche Amerikaner sieht die zivilen Opfer aus dem ersten Szenario als Unglücksfälle, schreibt sie aber dem Preis zu, der in jedem Krieg zu bezahlen ist. Der Militärpilot wird als Held gesehen, weil er seinem Land gedient hat und er bekommt dafür eine Auszeichnung. Im zweiten Szenario sieht der durchschnittliche Amerikaner den Piloten als Verrückten, als Terroristen und Mörder und fordert, ihn für den Rest seines Lebens wegzusperren.

Ob eine Handlung formell durch Politiker für „legal“ erklärt wird und ob sie im Namen der „Autorität“ geschieht, hat einen entscheidenden Einfluss darauf, ob sie als moralisch und rechtmäßig angesehen wird. Jene, die im Namen der „Autorität“ handeln, werden nicht einmal als Menschen gesehen, weil ihr Verhalten und ihre Handlungen an einem vollkommen anderen Maßstab gemessen werden als bei durchschnittlichen Menschen.

Ein weiteres Beispiel: Wenn in der Nachbarschaft die Rede von einem „Mann mit einer Waffe“ ist, wäre die Aufregung groß. Aber nicht, wenn dieser Mann auch eine Dienstmarke hat.

Die Menschen beurteilen Verhaltensweisen eher danach, ob diese durch eine „Autorität“ autorisiert oder verboten sind, anstatt sie danach zu beurteilen, ob sie dem Wesen nach rechtens sind. Wenn die Bürger vorgeladen werden, um vor Gericht als Geschworene in einem „Strafverfahren“ zu urteilen, dann weist der „Richter“ sie normalerweise dazu an, nicht danach zu entscheiden, ob der Beschuldigte tatsächlich etwas Falsches gemacht hat, sondern ob seine Handlungen im Einklang mit dem standen, was der „Richter“ als „Gesetz“ bezeichnet.

Anmerkung: Die Machthaber haben über die Jahre absichtlich und systematisch eine alte Tradition verhindert, die als „Jury Nullification“ bekannt ist. Das bedeutet, dass eine Jury das, was sie als ein schlechtes Gesetz betrachtet, aushebeln kann, indem sie für nicht schuldig plädiert, obwohl sie glaubt, dass der Beschuldigte tatsächlich das „Gesetz“ gebrochen hat. Jede Jury hat immer noch diese Möglichkeit, aber die Richter der „Autorität“ tun alles, um die Geschworenen daran zu hindern, diese Option wahrzunehmen. Auch wenn sie keine Geschworenen sind, beurteilen die meisten Leute andere durch die Brille der „Autorität“, indem sie den Gehorsam gegenüber der Politiker als ausschlaggebend dafür betrachten, einen guter Mensch zu sein, zum Beispiel, in der Rolle als „gesetzestreuer Steuerzahler“.

Der Durchschnittsbürger würde die beiden nachstehend beschriebenen Personen im Vergleich wie folgt sehen:

Person A hat keinen Führerschein, arbeitet „schwarz“, um „Steuern“ zu vermeiden, meldete sich nie für die „Selected Services“, besitzt eine nicht registrierte, nicht lizenzierte Handfeuerwaffe, raucht gelegentlich Marihuana, spielt ab und zu „illegale“ Glückspiele und lebt in einer Hütte, ohne „Wohnerlaubnis“ und mit einer Terrasse am Hinterhaus, die er ohne „Baugenehmigung“ gebaut hat.

Person B hat einen Führerschein, zahlt Einkommensteuer, ist bei der Armee registriert, besitzt eine registrierte Handfeuerwaffe, trinkt ab und zu Bier, spielt Lotto und lebt in einem behördlich inspiziertem und genehmigten Haus mit einer behördlich inspizierten und genehmigten Terrasse.

Beide leben ansonsten das gleiche Leben. Beide gehen arbeiten und verhalten sich friedlich. Ihre Verhaltensweisen und Lebensstile sind in nahezu allen Details gleich, außer dass das, was Person A tut, größtenteils „illegal“ ist und dass das, was Person B tut, „nicht illegal“ ist. Das allein und ohne jeglichen Unterschied bei dem, was sie tun oder wie sie mit anderen Menschen umgehen, reicht bei vielen Leuten dazu aus, Person A mit einem gewissen Maß an Verachtung wahrzunehmen, während sie Person B respektieren und ihr Verhalten in Ordnung finden.

Wenn Person A schikaniert, verhaftet und sogar körperlich durch „Gesetzeshüter“ angegriffen werden würde, beispielsweise durch Elektroschocks, Schläge und Fesselung mit Handschellen, obwohl er nie irgendwen bedroht oder geschadet hätte, würden die religiösen Staatsgläubigen sagen, dass er damit hätte rechnen müssen und dass er es verdient hätte, wegen Missachtung der Befehle der Politiker angegriffen und eingesperrt zu werden.

Diese Neigung der Zuschauer, den Opfern autoritärer Gewalt die Schuld an ihrer Opferrolle zu geben, ist sehr stark. Wer den religiösen Glauben an die „Autorität“ verinnerlicht hat, ist davon überzeugt, dass manche Menschen das Recht dazu haben, andere gewaltsam zu beherrschen und dass diese anderen die Pflicht hätten, zu gehorchen. Diese Überzeugung führt zur Annahme, dass es gerechtfertigt sein muss, wenn die „Autorität“ Gewalt gegen eine Person anwendet. Schließlich muss das Opfer der Gewalt durch die „Autorität“ irgendetwas falsch gemacht haben.

Dieses Muster taucht in verschiedenen Situationen auf. Als beispielsweise US-Soldaten Zivilisten in irgendeinem fremden Land getötet haben, waren viele Amerikaner ohne den kleinsten Beweis fest davon überzeugt, dass die toten Opfer „Aufständische“ gewesen sein müssen. Oder Kollaborateure oder zumindest Sympathisanten des „Feindes“.

Ein weiteres Beispiel war der Vorfall in der Nähe von Waco, Texas. Die Davidianer wurden militärisch angegriffen, über einen längeren Zeitraum körperlich und psychisch gefoltert und größtenteils getötet. Viele Amerikaner glaubten, dass jeder, dem die „Regierung“ so etwas antut, es auch verdient haben muss. Die amerikanischen Tyrannen haben diese Meinung dadurch gefördert, dass sie Gerüchte und falsche Anschuldigungen verbreiteten, um die Opfer dieses gewaltsamen Angriffs auf friedliche Menschen zu dämonisieren. In Wirklichkeit war der Vorfall das Ergebnis einer Propaganda-Aktion durch die ATF, die auf dem Gerücht aufgebaut wurde, dass manche Mitglieder dieser Gruppe „illegale“ Waffenteile besaßen.

Wenn jemand durch die Handlanger der „Autorität“ angegriffen, verfolgt oder eingesperrt wird, glauben viele, dass diese Person etwas „Falsches“ getan hat und den Angriff verdient hat. Diese Annahme kommt möglicherweise von der vollständigen Ausblendung der Möglichkeit, dass die „Regierung“, auf die sie sich zu deren Schutz verlassen, in Wirklichkeit der Aggressor ist. Es ist für sie unvorstellbar, dass irgendjemand, inklusive man selbst, zum hilflosen und unschuldigen Opfer autoritärer Gewalt werden kann, wenn man nichts Falsches getan hat. Unabhängig von dieser Ursache beginnen viele Zuschauer unmittelbar damit, die Opfer zu hassen und sie freuen sich über die Schmerzen und das Leid, das ihnen zugefügt wird.

Die Verpflichtung, Falsches zu tun

Während gemeinhin klar ist, dass es „Gesetze“ gegen Raub und Mord gibt (außer wenn sie im Namen der „Autorität“ verübt werden), sind dem normaldurchschnittlichen Menschen die Zehntausende von Seiten anderer Statuten, Regeln und Regulierungen der „Regierung“ auf Bundes-, Landes- und Lokalebene normalerweise gar nicht bewusst.

Aber obwohl sie größtenteils kaum eine genaue Vorstellung davon haben, was „das Gesetz“ alles erlaubt und untersagt, glauben die meisten Leute, dass es allgemein gut sei, „sich an die Gesetze zu halten“ und dass es schlecht sei, „Gesetze zu brechen“. Auch wenn sie bestimmte Gesetze für falsch halten, weil sie offensichtlich ungerecht sind, bleiben sie bei der Ansicht, dass „Gesetze“ befolgt werden müssen. Entsprechend ist es für sie gerechtfertigt, jene zu bestrafen, die das nicht tun. Dieses psychologische Paradoxon ist ziemlich weit verbreitet. Es gibt viele Leuten, die meinen, dass „Gesetze“, die sie als schlecht betrachten, unbedingt geändert werden sollten. Gleichzeitig denken sie aber, dass man sie befolgen sollte, weil es sich um „Gesetze“ handelt.

Solche Widersprüche sind innerhalb des religiösen Glaubens an die „Autorität“ sehr weit verbreitet. Außerhalb dieses Glaubens, in der realen Welt, würde sie niemand akzeptieren: Wenn es zum Beispiel moralisch falsch ist, einer alten Dame die Geldbörse zu stehlen, kann es nicht gleichzeitig moralisch falsch sein, wenn die Dame den Diebstahl verhindert, indem sie die Geldbörse festhält. Innerhalb des Glaubenssystems gilt dagegen: Obwohl der Befehl schlecht ist, ist es gleichzeitig auch schlecht, sich ihm zu widersetzen.

Es kann sein, dass der „Autoritätsgläubige“ bestimmte Befehle der Herren, die durch die Vollstrecker umgesetzt werden, als unwichtig, unnötig, kontraproduktiv oder sogar dumm und ungerecht ansieht. Gleichzeitig glaubt er aber, dass es eine allgemeine moralische Verpflichtung gäbe, trotzdem solchen Befehlen zu gehorchen. Einfach nur, weil diese als „Gesetze“ bezeichnet werden. Die Folgen eines solchen Denkens bewegen sich im gesamten Spektrum zwischen banal und grauenhaft.

Hier einige dieser Folgen: 

  1. Auf einer breiten, geraden, in diesem Moment unbefahrenen Straße, die durch ein unbewohntes ländliches Gebiet führt, bremst ein Autofahrer um 2 Uhr morgens an einem Stoppschild, bleibt aber nicht vollständig stehen, bevor er über die Kreuzung fährt. Ein Motorradpolizist, der sich in 100 Metern Entfernung hinter einem Busch versteckt, schaltet das Blaulicht an. Niemand würde unter diesen Umständen behaupten, dass der Autofahrer einen Menschen oder dessen Eigentum gefährdet, geschweige denn irgendeinen Schaden angerichtet hätte. Und trotzdem würden die meisten Leute bestätigen, dass der Polizist das Recht dazu hat, den Autofahrer mit einem „Bußgeld“ zu bestrafen. Sie müssten zwar zugeben, dass das einzig „Schlechte“ daran war, dass es technisch gesehen „illegal“ ist, nicht vollständig anzuhalten, aber trotzdem glauben sie, dass das alleine es rechtfertigen würde, den Autofahrer gewaltsam zu berauben.

    Gehen wir einen Schritt weiter: Wenn der Autofahrer versucht hätte zu fliehen, anstatt das „Bußgeld“ zu akzeptieren, würden die meisten sagen, dass der Polizist das Recht dazu hat, den Autofahrer festzunehmen und ins Gefängnis zu stecken. 

  2. Ein „Behördenmitarbeiter“ aus dem „Gesundheitsministerium“ überprüft ein Restaurant. Das Restaurant ist vollkommen sauber und gut organisiert und der Beamte findet keinerlei Hinweise auf irgendeine Gesundheitsgefährdung. Trotzdem findet er ein paar technische Vergehen gegen die örtlichen Gastronomievorschriften. Als Folge dieser Vergehen – nicht weil sie zu einer Gefährdung anderer führten, sondern weil sie „gegen die Regeln verstoßen“ – brummt er dem Restaurantbesitzer eine Strafe von mehreren hundert Dollar auf. Auch hier hat der Restaurantbesitzer keinen Schaden und kein Risiko für Menschen oder deren Eigentum herbeigeführt. Trotzdem würden die meisten Leute es als rechtens ansehen, dass der Restaurantbesitzer im Auftrag des „Staates“ beraubt wird. Und wenn der Restaurantbesitzer versuchen würde, Widerstand gegen einen solchen Raub zu leisten – egal ob er versucht, die technischen „Vergehen“ zu vertuschen, den „Beamten“ zu bestechen oder bei Verweigerung der Strafzahlungen – würde er nach Ansicht der meisten Leute unmoralisch handeln. Die „Vollstrecker“ hingegen würde man als Leute wahrnehmen, die das Recht dazu haben, das „Gesetz“ mit allen Mitteln durchzusetzen.
  3. Ein Mann fährt einen Freund nach Hause. Er wusste, dass er fahren wird, also hat er nichts getrunken. Sein Freund dagegen schon. Er bringt ihn zu seiner Wohnung, macht sich auf den Weg nach Hause. Er sieht, dass die Polizei einige Meter weiter eine Alkoholkontrolle durchführt und erinnert sich, dass sein Freund seine halbvolle Bierflasche im Auto zurückgelassen hat. Er weiß, dass es „illegal“ ist, ein offenes Behältnis mit einem alkoholhaltigen Getränk im Auto mitzuführen, also deckt er die Flasche zu. Er hat niemandem geschadet und niemanden gefährdet. Er hat sogar sehr verantwortungsvoll gehandelt, weil er sichergestellt hat, dass sein Freund gut nach Hause kommt. Trotzdem hat er, wenn auch unabsichtlich, gegen das „Gesetz“ verstoßen: Er ist mit einer offenen Bierflasche im Auto herumgefahren und wollte den Beweis auch noch verstecken. Wenn er bei diesen Verstößen erwischt und bestraft worden wäre, gäbe es kaum jemanden, der den Polizisten als denjenigen ansehen würden, der unmoralisch handelt.
  4. Ein Mann verkauft eine Schrotflinte, deren Lauf einen Zentimeter kürzer ist, als es „das Gesetz“ erlaubt. Die Waffe ist nicht tödlicher als eine Schrotflinte mit einem Lauf, der einen Zentimeter länger ist und es gab niemanden, der bedroht wurde oder gegen den Gewalt angewendet wurde. Aber der Mann wurde mit diesem „illegalen“ Gegenstand erwischt, eine paramilitärische Einheit drang in sein Haus ein und es gab eine Schießerei, bei der mehrere Menschen getötet wurden. Leider ist das kein hypothetisches Beispiel. Genau das passierte Randy Weaver beim Vorfall in Ruby Ridge 1992. Und er wurde nicht nur dabei „erwischt“ wie er eine „illegale“ Schrotflinte verkaufte. Er wurde durch „verdeckte Ermittler“ dazu angestiftet. Das Ergebnis war ein bewaffneter Überfalls auf das Haus der Weavers mit Belagerung und Schießerei. Weavers Frau und sein Sohn wurden dabei getötet und einer seiner Freunde verletzt. Zu behaupten, dass es einen moralischen Unterschied zwischen dem Besitz einer Schrotflinte mit einem 18-Zoll-Lauf und einer mit einem 17,75-Zoll-Lauf gibt, wäre vollkommen absurd. Und auch, wenn das das Einzige war, was als Rechtfertigung für den bewaffneten Angriffs herhalten musste, würden die meisten Randy Weaver als den Schuldigen ansehen, weil er es gewagt hat, ein vollkommen willkürliches und irrationales (nicht einmal verfassungsmäßiges) „Gesetz“ zu „brechen“.

    Das veranschaulicht die Macht des religiösen Glaubens an die „Autorität“. Diese Macht kann viele Menschen dazu bringen, eine Bande sadistischer und mörderischer Verbrecher als gute Menschen zu sehen und ihre Opfer als schlechte Menschen.

    Für die meisten Menschen hat „das Gesetz zu brechen“ automatisch etwas Verwerfliches. Um welches „Gesetz“ es sich dabei handelt, muss nicht näher spezifiziert werden. Sie sehen Ungehorsam gegenüber der „Autorität“ nicht nur als gefährlich an, sondern auch als unmoralisch. Aber für den Staatsgläubigen ist offener Ungehorsam gegenüber eines Handlangers der „Autorität“ weitaus schlimmer als ein harmloses, opferloses „Verbrechen“ zu begehen. Er verachtet jeden, der nicht unmittelbar und ohne Widerrede jede beliebige Anordnung des Mannes mit dem Dienstausweis befolgt. Selbst wenn er gehorcht, gleichzeitig dabei aber sein Missfallen zum Ausdruck bringt, also in den Augen der „Autorität“ „Schwierigkeiten“ macht und nicht sofort auf die Knie fällt, würden die meisten dieses Verhalten verurteilen. Auch jene werden verachtet, die vor der Polizei davonlaufen, obwohl sie gar nichts Falsches getan haben. Wenn jemand vor den „Gesetzeshütern“ wegläuft oder sich versteckt oder sich weigert, zu kooperieren und daraufhin von ihnen zusammengeschlagen, gefoltert oder sogar ermordet wird, meinen viele der Zuschauer, dass das Opfer der Polizei hätte gehorchen sollen.

Wenn jemand aktiven Widerstand leistet, hat kaum jemand den Mumm, diese Person in irgendeiner Art und Weise zu unterstützen. Nicht einmal mit bloßen Worten. Wie gut dressierte Hunde, die ihre Herrchen niemals beißen werden, auch wenn sie von ihm noch so sadistisch misshandelt werden, sind diejenigen, die darauf trainiert sind, sich der „Autorität“ zu beugen, psychisch nicht dazu in der Lage, auch nur einen Finger zu heben, um sich zu verteidigen. Sie werden sich erst recht nicht gegen Aggressionen verteidigen, die im Namen des „Gesetzes“ und der „Regierung“ und der „Autorität“ angewendet werden. Die meisten Leute werden sogar eher ihre eigenen Leidensgenossen ans Messer liefern, anstatt gemeinsam mit ihnen Widerstand gegen die Tyrannei zu leisten.

Ewas als unklug zu bezeichnen ist etwas vollkommen anderes als es unmoralisch zu nennen. Wenn jemand einen Polizisten anschnauzt, kann man durchaus sagen, dass es unklug ist, aber dass es unmoralisch ist und dass derjenige, der das tut, es deshalb verdient, wie auch immer misshandelt oder bestraft zu werden, hat damit nichts zu tun. Die Autoritätsgläubigen sind oft der Meinung, dass es unabhängig von der Ursache unmoralisch sei, Widerstand gegen die Staatsgewalt zu leisten.

Dass ganz normale Leute selbständig Abhilfe schaffen, wenn „Gesetzeshüter“ offensichtliches Unrecht begehen, ist für die Staatsgläubigen eine regelrechte Horrorvorstellung. Auch wenn ein „Gesetzeshüter“ etwas so Schlimmes getan hat, wie jemanden zu ermorden. Aus der Perspektive der sorgfältig indoktrinierten Gläubigen ist die einzige „zivilisierte“ Handlungsmöglichkeit in so einer Situation, irgendeine andere „Autorität“ darum anzuflehen, die richtigen Dinge zu tun, aber niemals „das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen“. Die Leute mögen sich über die „gesetzliche“ Ungerechtigkeit aufregen, aber nur wenige sind dazu in der Lage, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, sich an geplantem „illegalem“ Widerstand zu beteiligen, auch wenn die Handlanger der „Regierung“ mit offensichtlich bösartiger Brutalität gegen unbewaffnete friedliche Opfer vorgeht.

Wenn es durch ständige Gehirnwäsche einmal gelungen ist, die Menschen psychisch so zu brechen, dass sie unfähig dazu sind, gegen die Unterdrückung durch die „Autorität“ Widerstand zu leisten, dann ist die physische Fähigkeit dazu haben, Widerstand zu leisten, nicht weiter relevant. Moderne Tyrannen und ihre Vollstrecker sind – oft mitsamt ihrer Waffen – um den Faktor Hundert bis Tausend hoffnungslos in der Unterzahl. Trotzdem bleiben sie an der Macht. Die Menschen wären zwar physisch sehr wohl dazu in der Lage, Widerstand zu leisten, aber als Folge ihres tief verinnerlichten Glaubens an die „Autorität“ fehlt ihnen die geistige Fähigkeit, sich zu wehren. Stephen Biko fasste das einmal wie folgt zusammen: „Die mächtigste Waffe in den Händen des Unterdrückers ist der Geist der Unterdrückten.“

Gewalt mit zweierlei Maß messen

Sobald es um körperliche Gewalt geht, ist der Doppelstandard der Autoritätsindoktrinierten enorm groß. Wenn zum Beispiel ein „Gesetzeshüter“ dabei gefilmt wird, wie er eine unschuldige und unbewaffnete Person brutal angreift, wird normalerweise darüber diskutiert, wie der Polizist gemaßregelt werden sollte oder ob er seinen Job verlieren sollte. Wenn aber irgendein normaler Bürger einen „Polizeibeamten“ angreift, wird fast ausnahmslos gefordert, dass er für viele Jahre ins Gefängnis gehen soll. Warum der Bürger so gehandelt hat, spielt dabei keine Rolle. Und wenn jemand tödliche Gewalt gegen einen Handlanger der „Autorität“ einsetzt, gibt es so gut wie niemanden, der fragt, warum er das getan hat. Es ist anscheinend niemals in Ordnung, einen Vertreter des Gottes namens „Autorität“ zu töten, egal, was dieser getan hat. Für die Autoritätsgläubigen gibt es nichts Schlimmeres als einen „Polizistenmörder“, unabhängig davon, warum der Polizist getötet wurde.

Bei der moralischen Bewertung von tödlicher Gewalt ist es unerheblich, ob es sich um einen Polizisten oder eine Privatperson handelt. Es spielt keine Rolle, ob im Namen einer „Autorität“ getötet wurde oder aus irgendeinem anderen Grund. Ein Akt der Aggression erhält nicht automatisch mehr Legitimität oder Rechtmäßigkeit, wenn er „gesetzmäßig“ ist und von denen ausgeführt wird, die behaupten, im Namen der „Autorität“ zu handeln. Und jede Gewalt ist rechtens, die dazu nötig ist, eine aggressive Handlung, die nicht zur Verteidigung durchgeführt wird, zu stoppen oder zu verhindern. Unabhängig davon, ob die Aggression „gesetzmäßig“ ist oder nicht und unabhängig davon, ob der Aggressor ein „Gesetzeshüter“ ist oder nicht. (Natürlich ist das Risiko des gewaltsamen Widerstands gegen „legale“ Aggression viel höher. Aber an der moralischen Rechtmäßigkeit ändert sich deswegen nichts.)

Viele der Rechtfertigungen der „Gesetzeshüter“ für die Gefangennahme von Menschen verlieren jeden Anschein von Rechtmäßigkeit, sobald der religiöse Glaube an die „Autorität“ aus der Gleichung entfernt wird. Die Beteiligung an friedlichen, aber unangemeldeten Demonstrationen oder das „widerrechtliche“ Fotografieren der „Gesetzeshüter“ oder der „Regierungsgebäude“ oder die Weigerung, bei willkürlichen Straßensperren anzuhalten und sich durch die „Gesetzeshüter“ befragen zu lassen – das alles wird kaum als rechtens angesehen, wenn der religiöse Glaube an die „Autorität“ nicht vorhanden ist. Rein moralisch gesehen ist Widerstand gegen ein solch faschistisches rücksichtsloses Vorgehen gerechtfertigt. Auch wenn dieser Widerstand tödliche Gewalt erfordert und auch wenn er extrem gefährlich ist. Aber die meisten Menschen sind buchstäblich unfähig, sich so etwas auch nur vorzustellen. Selbst wenn sie eine vollkommen offensichtliche ungerechte Unterdrückung als solche erkennen, bleiben sie dabei, dass die „zivilisierte“ Antwort darauf lauten muss, die Ungerechtigkeit geschehen zu lassen, und danach eine andere „Autorität“ darum zu bitten, die Ungerechtigkeit wieder gut zu machen.

Wenn man mit „legaler“ Aggression und Unterdrückung konfrontiert wird, gibt es nur zwei Alternativen: Entweder die Menschen sind verpflichtet, den „Gesetzeshütern“ alles an Ungerechtigkeit und Unterdrückung zuzugestehen (und sich später darüber zu beschweren) oder die Menschen haben das Recht, angemessen zu reagieren und die Ungerechtigkeit und Unterdrückung abzustellen. Die Behauptung, dass zum Beispiel jemand das „Recht“ hat, keine unangemessenen Durchsuchungen und Beschlagnahmungen durch die „Regierung“ tolerieren zu müssen – so wie es im vierten Verfassungszusatz steht – ist in dem Moment hinfällig, in dem ein Opfer solch einer Tyrannei dazu verpflichtet ist, zuerst alles über sich ergehen zu lassen, um sich erst danach darüber beschweren zu können. Das Recht zu haben, von solchen Schikanen „frei“ zu sein, impliziert logisch das Recht dazu, alles in der Macht stehende zu tun, um die Unterdrückung von vornherein zu unterbinden. Auch wenn das die Tötung von Polizisten zur Folge hat. Aber selbst der Gedanke daran versetzt diejenigen in Angst und Schrecken, die darauf konditioniert wurden, stets vor der „Autorität“ niederzuknien. Die meisten von denen, die über „unveräußerliche“ Rechte fabulieren, sträuben sich selbst gegen den Gedanken, diese Rechte gegen Übergriffe der „Autorität“ mit Gewalt zu verteidigen.

Dass jemand einerseits das „Recht“ hat, etwas zu tun und gleichzeitig nicht das Recht hat, dieses Recht mit Gewalt gegen Übergriffe des „Staates“ zu verteidigen, ist ein Widerspruch. In Wahrheit wird das, was die meisten Menschen „Rechte“ nennen, tatsächlich als Privilegien wahrgenommen, die von der „Regierung“ eingeräumt werden. Die meisten hoffen, diese von ihren Herren erlaubt zu bekommen. Gleichzeitig sind sie nicht dazu bereit, diese „Rechte“ wenn nötig auch mit Gewalt zu verteidigen, wenn sie von der „Regierung“ als „ungesetzlich“ erklärt werden. Nehmen wir als Beispiel das unveräußerliche Recht, seine Meinung frei zu äußern. Dieses Recht impliziert, dass der Rechteinhaber auch ein Recht auf Verteidigung gegen die Handlanger der „Regierung“ hat, die versuchen, ihn zum Schweigen zu bringen. Und zwar Verteidigung in dem Maß, das dazu nötig ist, diese aggressiven Übergriffe abzustellen, zur Not bis hin zu tödlicher Gewalt. Dieser Aspekt ist den treu ergebenen „Autoritätsgläubigen“ sehr unangenehm. Trotzdem bedeutet ein unveräußerliches Recht, wenn nötig, auch andere Menschen zu töten, die dieses Recht verletzen. Ob es sich dabei um „Gesetzeshüter“ handelt, spielt keine Rolle. Tatsächlich aber kann sich die „Regierung“ so gut wie alles erlauben, bevor der durchschnittliche Staatsgläubige damit anfangen würde, „illegalen“ gewaltsamen Widerstand zu leisten. Egal, ob es Zensur, Körperverletzung, Entführung, Folter oder sogar Mord ist. Gehen Sie einmal als Leser dieses Buches selbst Ihrer eigenen Loyalität gegenüber der „Autorität“ auf den Grund und fragen Sie sich, was passieren müsste, bevor Sie sich zur Tötung eines „Gesetzeshüters“ berechtigt sehen.

Dass „Strafverfolger“ und „Gesetzeshüter“ Meinungsverschiedenheiten gewaltsam eskalieren lassen, ist die Norm. Jedes Mal, wenn sie jemanden verhaften oder in sein Haus eindringen oder fremdes Eigentum beschlagnahmen, werden die autoritären Vollstrecker das Ausmaß der Gewalt so lange erhöhen, bis sie sich durchgesetzt haben. So lange die Menschen nicht dazu bereit sind, gegen das gesamte System vorzugehen, werden sie sich früher oder später dem Willen der herrschenden Klasse beugen müssen oder sie werden getötet. Die Söldner des Staates unterdrücken und unterwerfen die Opfer ausnahmslos mit aggressiver Gewalt oder durch Gewaltandrohung. Trotzdem reagiert der durchschnittliche Staatsgläubige seinerseits mit Gewalt und Aggression, wenn die Opfer versuchen, sich zu verteidigen. Für die Staatsgläubigen sind die Opfer, die sich verteidigen die Übeltäter und nicht die Söldner. Es wird als in Ordnung angesehen, regelmäßig zum Opfer einer „Autorität“ zu werden und gleichzeitig reagiert man aggressiv auf Verteidigungsversuche anderer, die nicht dazu bereit sind, die Opferrolle stillschweigend zu akzeptieren. Das zeigt, zu welcher extremen Doppelmoral der religiöse Glaube an die „Autorität“ führt und wie sehr die Wahrnehmung der Realität durch diesen Glauben verzerrt wird.

Seltsamerweise ändert sich das, wenn man Ort und Zeit verändert. An bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten befürwortet nahezu jeder die Anwendung „illegaler“ verteidigender Gewalt gegen die Handlanger der „Regierung“ – einschließlich tödlicher Gewalt. Es gibt kaum jemanden, der den Juden, die im Jahr 1940 lebten, aus heutiger Sicht empfohlen hätte, weiter „innerhalb des Systems zu arbeiten“ und an Wahlen und Petitionen teilzunehmen, um das Dritte Reich von mehr Gerechtigkeit zu überzeugen. Viele von ihnen haben sich „illegal“ versteckt, sind geflohen oder haben sich sogar gewaltsam widersetzt, wie es zum Beispiel im Warschauer Ghetto geschah. Technisch gesehen handelte es sich bei ihnen um „Kriminelle“, um „Gesetzesbrecher“ und teilweise sogar um „Polizistenmörder“. Ihr Handeln erscheint aus heutiger Perspektive vollkommen gerechtfertigt. Aber jene, die in ihrer eigenen Zeit und in ihrem eigenen Land, Leid vermeiden und Unterdrückung beenden wollen, werden gleichzeitig von ihren eigenen Leidensgenossen verurteilt und jede Bestrafung ihrer Verteidigungsversuche durch die „Regierung“ wird gefeiert. Bei einer Bestrafung eines „Steuerhinterziehers“ reagieren beispielsweise viele Amerikaner mit der gleichen Begeisterung, mit der die Haussklaven zu Zeiten der Sklaverei die Feldsklaven wegen Fluchtversuchen mit Peitschenhieben bestraften.

Vielleicht liegt es nur am Neid oder am Gefühl der Ungerechtigkeit. Wenn jemand einem Unrecht zum Opfer fällt, ist es einfach nicht „fair“, dass sich ein anderer dem Unrecht entzieht. Dass „die Steuerzahler“, also diejenigen, die gewaltsam von der herrschenden Klasse erpresst werden, oft auf jene herabsehen, denen es gelungen ist, die Erpressung zu vermeiden, bestätigt diese These. Dass die Opfer von „legalem“ Raub sich vorstellen, gute Menschen zu sein, weil sie sich haben ausrauben lassen, ist höchst merkwürdig. Ebenso seltsam ist es, wie sie auf andere herabsehen, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht ausgeraubt wurden.

Die Gefahr der Untätigkeit

Jemand, der „das Brechen eines Gesetzes“ als etwas von Natur aus Schlechtes ansieht, neigt dazu, den „Behörden“ alle „illegalen“ Aktivitäten zu melden, die er feststellt. Unabhängig vom Inhalt des „Gesetzes“ und auch, wenn weder Gewalt noch Betrug im Spiel sind. Auch Jurymitglieder in den Gerichtssälen der „Regierung“ sprechen sich tendenziell für ziemlich harte Strafen aus, wenn das „Gesetz“ gebrochen wird, auch wenn durch den Gesetzesverstoß niemand zu Schaden gekommen ist, niemand betrogen und niemandem Gewalt angedroht oder angetan wurde. Der Ungehorsam gegenüber einer „Autorität“ scheint für sie an sich unmoralisch zu sein. Kronzeugen und Geschworene sind nicht mehr bloße Zuschauer, sondern sie machen sich zu Mittätern bei der Unterdrückung.

Der größte Schaden durch den religiösen Glauben an die „Autorität“ entsteht durch die Untätigkeit unbeteiligter Dritter. Immer wieder wurde großes und kleines Unrecht direkt unter den Augen im Grunde guter Menschen verübt, die nichts dagegen getan haben. Bis zu einem gewissen Grad liegt das am Selbstschutzreflex: Menschen tun häufig nichts, um sich selbst nicht in Gefahr zu bringen.

Aber die Milgram-Experimente zeigten ganz deutlich, dass der Selbstschutz nur eine untergeordnete Rolle spielt. Die meisten Menschen verspüren einen unwiderstehlichen Drang danach, „Autoritäten“ zu gehorchen. Auch in Situationen, in denen sie in keinster Weise bedroht sind und auch, wenn sie genau wissen, dass die Anordnungen, die sie erhalten, falsch sind und anderen Schaden zufügen. Menschen, die schon den eigenen Gehorsam gegenüber einer „Autorität“ nicht verweigern können, werden erst recht nicht intervenieren, wenn sie mitbekommen, wenn eine „Autorität“ jemandem ihren Willen aufzwingt. Es wird ihnen äußerst schwer fallen einzugreifen, meist wird es sogar vollkommen unmöglich für sie sein.

Das Ergebnis der Konditionierung der Zuschauer zu passiven, gehorsamen Konfrontationsverweigerern ist überall auf der Welt und im gesamten Verlauf der Geschichte zu sehen. Dutzende, hunderte oder sogar tausende von Zuschauern stehen herum wie Zombies und sehen untätig dabei zu, wie Handlanger der „Autorität“ unschuldige Menschen angreifen oder sogar ermorden. Selbst in den Vereinigten Staaten, dem vermeintlichen „Land der Freien und der Heimat der Tapferen“, ist in Polizeibrutalität-Videos immer wieder deutlich zu sehen, wie Massen an Schaulustigen einfach nur zusehen und nicht einen Finger krumm machen, um ihre Mitmenschen gegen die bösartigen Übergriffe der „Autorität“ zu schützen