I. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Dem ist das Bundesverfassungsgericht jetzt entgegengetreten. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes verletzten das Recht auf ein faires Verfahren, denn sie ließen die Entscheidungen des IGH außer Acht, und dies sei mit der Völkerrechtsfreundlichkeit der deutschen Rechtsordnung unvereinbar. Das WÜK gelte in Deutschland grundsätzlich im Range eines einfachen Gesetzes (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG). Da sich Deutschland indes der Rechtsprechung des IGH unterworfen habe, soweit es um das WÜK gehe, seien dessen Normen so auszulegen und anzuwenden, wie dies der IGH tue. Das gelte jedenfalls für solche Entscheidungen, »die auf dem Gebiet des Konsularrechts in konkreten Rechtsstreitigkeiten gegenüber der Bundesrepublik Deutschland erge- hen«.6 Aber auch die Entscheidungen in anderen Verfahren entfalteten gegenüber der Bundesrepublik eine »Orientierungswirkung«, eine »normative Leitfunktion« mit der Folge, dass der deutsche Gesetzgeber und die deutsche Rechtsprechung die innerstaatliche Rechtslage der Rechtsprechung des IGH anzupassen hätten.7 Und der IGH habe - was zutrifft - entschieden, dass es der Zweck der Belehrung gemäß Art. 36 WÜK sei, dem Beschuldigten eine Unterstützung durch seinen Heimatstaat zu ermöglichen. Die Rechte auf die Belehrung und auf den Kontakt mit dem Konsulat seien subjektive Rechte, und die Belehrungspflicht obliege allen zuständigen Strafverfolgungsorganen des Empfangsstaates, auch der Polizei, sobald es Anhaltspunkte für eine fremde Staatsangehörigkeit des Beschuldigten gebe. Unterbleibe die Belehrung, so verlange das Völkerrecht, dass dieser Verfahrensfehler einer Revision zugänglich sei, welches Ergebnis auch immer sie im Einzelfall zeitige.
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