Die Büchererrevisoren Praxis in Deutschland und England
View attachment 1749Vorrede.
Das vorliegende Buch ist nicht nach den Regeln strenger Methodik geschrieben, und es erhebt auch durchaus nicht den Anspruch, ein „wissenschaftliches“ Werk zu sein. Das Buch will ausschliesslich praktischen Zwecken dienen: Es will dazu verhelfen, dass der deutsche Kaufmanns- wie auch der deutsche Revisorenstand über das Rechnungs- und Revisionswesen freier und grösser denken lerne, als es im allgemeinen zurzeit geschieht; und es will ferner zu bezüglichen Organisationen anregen. An methodisch-wissenschaftlichen Untersuchungen überdas Buchhaltungs- und Rechnungswesen fehlt es uns in Deutschland nicht; ja wir haben ihrer wohl mehr und bessere als irgend ein anderes Land. Woran es uns aber fehlt, dass sind Schriften, die der deutschen Rechnungswissenschaft befruchtende Kanäle bauen. Vielleicht wird man hier und da den Vortrag zu lebendig und den Ton zu freimütig finden. Ich bin aber der Meinung, dass jedes werbende Buch eine Seele, d. h. ein Persönliches haben soll, und ich will offen bekennen, dass ich von keinem Gebiet des organischen und unorganischen Lebens weiss, das mir als trocken oder leblos erschiene. So lebt mir denn auch das Zahlen- und Rechnungswesen; ich erblicke in ihm nur ein Darstellungsmittel für bestimmte Lebensformen, und hinter jeder Zahl stehen mir menschliche Strebungen und Errungenschaften — stehen mir Interessen, die das menschliche Privat- und Gemeinwohl betreffen. Daraus aber wird man hoffentlich erkennen, dass ich mit dem Buch höheren als rein persönlichen — dass ich damit den Interessen des Gemeinwohls zu dienen wünsche. Und weil dies der Fall, glaube ich auch freimütig sein und kritisieren zu dürfen; denn Kritik ist Prüfung, und Prüfung führt zur Wahrheit hin. Sollte man mich da und dort des Irrtums oder der Verkennung von Tatsachen überführen, so werde ich das weder schmerzhaft noch betrübsam finden; denn besser ist irren, als nie die Wahrheit suchen.
I. Einleitung.
A. Allgemeine Betrachtungen für die derzeitige Lage des deutschen Bücherrevisionswesens.
Über die in der letzten deutschen Wirtschaftskrise zutage getretenen „Unstimmigkeiten“ hat bekanntlich eine vom „Verein für Sozial-Politik“ veranlasste Enquete grossen Stils stattgefunden, deren Ergebnisse in den Veröffentlichungen des gedachten Vereins niedergelegt und somit jedermann zugänglich sind. Fraglos hat diese Untersuchung grossen Nutzen gestiftet. Denn es sind durch sie nicht bloss vorhandene Schäden aufgedeckt, sondern auch Mittel zu ihrer Heilung nachgewiesen worden. So hat Geh. Hofrat Hecht in Mannheim im Herbst des Jahres 1903 u. a. ein Referat über die Missstände im Wesen der deutschen Aktiengesellschaft erstattet, in dem unter Anknüpfung an die bekannten Vorgänge in Kassel, Leipzig, Dresden usw. die Forderung erhoben ist, dass der Aufsichtsrat durch ein kontrollierendes Organ nach dem Muster des englischen „Auditors“ (d. h. also durch einen fachmännisch gebildeten Revisor) wirksam zu ergänzen sei. Das betr. Referat ist nach Form und Inhalt so bedeutsam, dass ich mir’s nicht versagen kann, wenigstens die folgende Stelle daraus wörtlich hier anzuführen; sie lautet wie folgt: Nach einer Richtung sind die Verpflichtungen, die im Handelsgesetzbuch dem Aufsichtsrat zugewiesen sind, viel zu weitgehend. Die gesamte rechnerische Revisionstätigkeit ist aus dem Pflichtenkreis des Gesamt-Aufsichtsrats loszulösen. Es ist töricht, wenn die Gesetzgebung einem Gesellschaftsorgan Pflichten auferlegt, von denen sie bei einiger Orientierung wissen muss, dass sie von jenem nicht erfüllt werden können. Weder der Gesamt-Aufsichtsrat noch einzelne von ihm zu bestimmende Mitglieder können die Bücher und Schriften einer Gesellschaft von einigem Umfang prüfen. Sie können wohl den Bestand an Wertpapieren und Waren untersuchen, aber nur durch Stichproben, und Stichproben sind nahezu gänzlich wertlos.
Ein Recht der Untersuchung aber ist illusorisch, wenn die Unmöglichkeit der Ausübung dieses Rechts zweifellos ist. Der Bestand der Gesellschaftskasse lässt sich periodisch prüfen, aber dieser Prüfung kann ein erheblicher Wert nicht beigemessen werden. Die Prüfung der Jahres- Rechnungen und Bilanzen ist für den Gesamt-Aufsichtsrat •oder für einzelne von ihm zu bestimmende Mitglieder in -der Regel unmöglich, und hier bedarf es deshalb einer tief eingreifenden organischen Neugestaltung. Schon der oberflächlichsten Laienbetrachtung muss es als auffallend erscheinen, dass bei einer Reihe notleidender Gesellschaften die der Katastrophe unmittelbar vorausgegangene Bilanz mit der Bescheinigung von Bücherrevisoren versehen gewesen ist, wonach die Bilanz mit den Büchern übereinstimmend befunden wurde. Den einzig richtigen Weg der Reform weist die englische Aktiennovelle vom 8. August 1900. In England hat man in dem »Institute of Chartered Accountants“ eine musterhafte Institution der Bücherrevisiou. Wie ganz anders ist die Stellung eines solchen englischen Bücherrevisors als diejenige eines deutschen Bücherrevisors! Die ganze Institution steht in England ausserordentlich viel höher als bei uns. Sie bietet viel grössere Garantien gemäss der vorhandenen Spezialbildung, gemäss dem dahinterstehenden Garantiekapital, kraft der Anforderungen des Gesetzes und einer rigorosen Rechtsprechung usw.“ Die hier erhobene Forderung wird aber noch von weiteren Kapazitäten auf dem Gebiet des Aktienwesens gestellt — so z. B. auch vom Geh. Justizrat Dr. Riesser (bis vor kurzem Direktor der Bank für Handel und Industrie in Berlin) in seiner ebenfalls bereits im Jahre 1903 herausgekommenen Schrift „Zur Aufsichtsratsfrage“; ’) nur will Riesser dem deutschen Auditor eine Gestalt gegeben sehn, die von der des englischen Auditors beträchtlich abweichen und deshalb auch nicht ohne weiteres zu ac- ceptieren sein würde. Ich komme auf die Riesser’sche Schrift uud den von ihm vorgeschlagenen Auditor des näheren im Schlusswort zurück. — Erstaunlich ist, dass man die gedachte Forderung bei uns so spät erhebt und dem ständigen, fachmännisch gebildeten Aktiengesellschaftsrevisor das deutsche Bürgerrecht nicht schon viel früher verliehen hat. Denn was Schiller (im „Wallenstein“) von den Taten der Menschen
behauptet: dass sie notwendig seien wie des Baumes Frucht, das güt nicht minder vom ständigen Aktiengesellschaftsrevisor im englischen Sinne. Freilich wird dieser zu uns nicht früher kommen dürfen, als bis man seine Aufgabe allseitig klar überdacht und scharf umrissen hat. Und dazu will denn nun auch das vorliegende Buch mithelfen. Es will zeigen, wie die betreffenden Dinge zur Zeit in Deutschland und England liegen, und will zu einer zeitgemässen Organisierung des deutschen Rechnungs- und Revisionswesens den Anstoss geben; denn „notwendig wie des Baumes Frucht“ ist auch diese, und wenn sie durchgeführt ist, wird die deutsche Volkswirtschaft einen Wacht- dienst im Grossen haben und Katastrophen, wie die in Kassel und Leipzig, werden sie denklich nie mehr erschüttern. Heute krankt das kaufmännische Revisionswesen in Deutschland zunächst an einer oft starken Verkennung seines Zwecks und Wesens und an der in deutschen Kaufmannskreisen noch immer nicht ganz ausgerotteten Neigung, in erster Linie nicht gut, sondern billig bedient zu werden. Treffend bemerkt in dieser Beziehung einer meiner Fachkollegen *) in einer öffentlichen Mahnung an den deutschen Handelsstand das folgende: „Aber nur allzu oft tritt der merkwürdige Fall ein, dass man dem Revisor die Art der Revisionsausführung direkt vorschreiben will — nicht behufs Erzielung grösstmöglicher Sicherheit und Genauigkeit, sondern lediglich zwecks Honorarersparung. Der billige Mann ist meistens der beste und gar oft hört man die Zumutung: „Die Belege sind nicht notwendig. Das Vergleichen von einem ins andere Buch kann wegfallen, da ja die Rohbilanz stimmt usw.“ Wird aber dann ein Bilanzfehler oder eine Unterschlagung nicht entdeckt, so wird natürlich in erster Linie über den Bücherrevisor hergefallen und er womöglich für den entstandenen Schaden verantwortlich gemacht, (wie es vor nicht langer Zeit in Bayern geschehen ist, wo ein Bücherrevisor in einem Fall dieser Art sein ganzes Vermögen in Höhe von 50000 Mark verlor).“ Es gibt aber noch weitere Übel: 1. Man will in Deutschland nicht — oder wollte wenigstens bis vor kurzem nicht —, dass das Bücherrevidieren ein Gewerbe werde; 2. Man wähnt oft, dass die Vornahme von Revisionen den Kredit schädige; 3. Es geht vielen gegen den Strich, sich „fremder Kontrolle auszusetzen“ und ihre internen und internsten Geschäftsverhältnisse der Kenntnis. Dritter zu unterbreiten. Was speziell Punkt 1 betrifft, so ist zu bemerken, dass er in ausgesprochenster Weise namentlich betreffs der Grundungs- und Gelegenheitsrevisionen des Aktienrechts gilt; man argumentiert in dieser Beziehung etwa wie folgt: „Gewerbsmässige Revisoren werden die Einrichtung der Grundungsrevision in die Bahn einer schablonenhaften Praxis drangen (was den Absichten des Gesetzgebers nicht entsprechen würde), während man von respektablen Geschäftstreibenden der betr. Branchen ein sachliches Eindringen in die Besonderheiten jedes Einzelfalls unter allen Umständen erwarten darf.“ (Älteste der Kaufmannschaft in Berlin). Und in Übereinstimmung hiermit verstieg sich Justizrat M. Levy in Berlin s. ZL zu folgenden Klagen: „1. Gegen die Gewissenhaftigkeit dieser Personen (d. h. der Gründungsrevisoren, deren Namen häufig wiedergekehrt waren), die zum Teil sogar gerichtlich bestellte Sachverständige sind, kann selbstverständlich nicht das Geringste eingewendet werden. Die so oft wiederholte Übernahme der Revision lässt aber darauf schliessen, dass sich ein Kreis berufsmässiger Revisoren ausgebildet hat, die das Geschäft, wie es nicht anders erwartet werden kann, gegen Entgelt ausüben,1} und ihre Belohnung von keinem andern, als den Gründern selbst erhalten.“ 2. „Die vielfach begehrte Erweiterung der den Revisoren auferlegten Prüfungspflicht würde den Kreis derjenigen, die sich für dieses Geschäft hergebenr nur noch mehr verengen, sodass schliesslich nur noch gewerbsmässige, von den Gründern selbst abhängige Revisoren übrig bleiben.“ —
Dass Anschauungen, wie sie in vorstehenden Citaten zum Ausdruck kommen, für die heutigen Verhältnisse nicht mehr passen, darf kaum bezweifelt werden. Denn Deutschlands wirtschaftliche Entwickelung ist in den letzten Jahrzehnten denn doch eine zu gewaltige gewesen, und sein Wirtschaftsbetrieb hat vielfach Formen angenommen, die man alles, nur nicht ängstlich-philistros nennen kann; man darf vielmehr auf sie das Dichterwort an wenden: „Das Alte stürzt, es ändert sicht die Zeit, und neues Leben blüht aus den Ruinen.“ Das gilt aber naturgemäss nicht nur vom Aktienbetrieb, sondern vom wirtschaftlichen Arbeitsgebiet überhaupt. Man hat jetzt in Deutschland überall gelernt, sich als Glied eines grossen Weltganzen zu fühlen und der früher oft allzu enge und ängstliche Kleinkrämergeist ist allgemach zum weltbedeutenden und weltüberspannenden Handelsgeist erstarkt, sodass man das schöne Goethe’sche Wort stolz als Wahrheit erkennt: „Ich wüsste nicht, wessen Geist ausgebreiteter wäre, ausgebreiteter sein müsste, als der Geist eines echten *Handelsmanns. Diesem Geist aber sind es nun auch die deutschen Kaufleute schuldig, dass sie mit freiem und grossem Sinn auch eine der Neuzeit entsprechende Neugestaltung des kaufmännischen Revisionswesens vornehmen oder vornehmen lassen. Erfreuliche Ansätze dazu sind bereits vorhanden, aber sie genügen noch nicht Vor allem muss meiner Ueberzeugung nach die Anschauung schwinden, als genüge die blos äussere Hebung und Kennzeichnung einzelner Bücherrevisoren durch öffentliche Anstellung und Vereidigung von Seiten der Handelskammern. Ganz ohne alle Frage wohnt der zunächst den preussischen Handelskammern verliehenen Befugnis, solche Anstellungen und Vereidigungen vorzunehmen, eine hohe fortschrittliche Bedeutung inne. Allein es muss leider als Tatsache bezeichnet werden, dass auch selbst den vereidigten Bücherrevisoren noch bei weitem nicht allenthalben eine genügend klare und hohe Vorstellung von der wirtschaftlichen Bedeutung des Revisionswesens und von der Art der Revisionsausführung eignet. Und an diesem Punkt müssen denn nun in. E. die Hebel der Entwicklung vor allem angesetzt werden. Es muss nicht blos dem Geschäftstreibenden — es muss vor allem auch den Bücherrevisoren selbst gezeigt werden, welche Ziele zu erstreben, und wie ihre Aufgaben zu formulieren sind; genauer gesprochen: in welcher Weise das kaufmännische Rechnungs- und Revisionswesen auszugestalten und auf feste, gesunde Beine zu stellen ist. — Ganz ohne alle Frage hat mau hierbei die englischen Verhältnisse als unmittelbares Vor bild zu benutzen, und nur deshalb habe ich ihrer im vorliegenden Buch besonders ausführlich gedacht Wer aber die betreffende Darstellung liest, wird ganz von selbst zugeben müssen, dass eine besondere Fachausbildung für die deutschen Bücherrevisoren fortan nicht minder notwendig sein wird, wie bei den englischen Accountants und dass durch jene Massnahme wohl am meisten zur Schaffung gesunder Verhältnisse beigetragen werden wird. Freilich wird diese Fachausbildung nicht auf den Handelshochschulen geholt werden dürfen, sondern — wie im Schlusswort nochmals betont werden wird — in besonderen „Fachschulen für Bücherrevisoren“. Denn wofür in England mit grosszügigem Ernst und ausdauernder Beharrlichkeit gekämpft wird, das muss auch ein Hauptziel der deutschen Berufsrevisoren sein — nämlich volle Unabhängigkeit nach allen Seiten hin: Selbstverständlich kann aber diese nur dann erreicht werden, wenn sich die deutschen Bücherrevisoren, gleich den englischen und amerikanischen Fachkollegen, auf völlig eigene Füsse stellen. Preussische und ausserpreussische Handelskammern haben in ihren Vorschriften für die von ihnen angestellten Bücherrevisoren Bestimmungen mit aufgenommen, die für die Dauer von den angestellten Revisoren unmöglich acceptiert werden können, weil durch sie die im öffentlichen Interesse unbedingt notwendige Freiheit und Unabhängigkeit der öffentlich angestellten Revisoren in allzu empfindlicher Weise beeinträchtigt wird. In erster Linie habe ich hierbei die folgenden Bestimmungen im Sinn: „Beschwerden über Bücherrevisoren sind an die Handelskammern zu richten; diese prüft sie und macht gegebenen Falls vom Recht des Widerrufs der Anstellung Gebrauch.“ „Ueber Fälle, in denen Bücherrevisoren gegen die bestehenden Vorschriften verstossen, entscheidet die Handelskammer endgültig.“ „Die Feststellung der Gebührensätze wird im Streitfall von der Handelskammer einem Schiedsgericht übertragen, unter denen sich (nur) ein Bücherrevisor befindet“ Solche Bestimmungen unterstellen den durch öffentliche Anstellung „privilegierten“ Revisor ja quasi der Rechtsprechung seiner Auftraggeber und machen ihn auf diese Weise so gut wie rechtlos. Mindestens liegt in ihnen keinesfalls die Anerkennung der Tatsache, dass die Tätigkeit der Bücherrevisoren mit derjenigen der Richter eine grosse Ähnlichkeit hat. So unabhängig wie der Richter muss auch der Bücherrevisor sein; er ist über die Parteien zu erheben, und einerseits nur den ordentlichen Gerichten, andererseits aber einem besonderen, aus Handels* kammermitgliedern und Bücherrevisoren gebildeten Ehren« gericht in der Weise zu unterstellen, dass das Ehren« gericht weniger Handelskammerraitglieder als Bücherrevisoren zahlt. Mindestens aber sollten die Handelskammern den von ihnen angestellten Bücherrevisoren das Recht einräumen, sich in kontradiktorischer Verhandlung gegen die bei den Handelskammern gegen sie vor« gebrachten Anschuldigungen zu verteidigen; denn ein rechter Richter hat nicht blos den Kläger, sondern auch den Beklagten zu hören.
B. Ausblicke aufs Ausland.
Damit man aber nicht glaube, dass ich für Deutsch« land zu hohe Anforderungen stelle, und dass man nur in England dem kaufmännischen Revisionswesen eine höhere Bedeutung als bei uns beimisst, will ich hier noch kurz über die einschlägigen Verhältnisse in einigen anderen Ländern berichten. Die in den Abschnitten V und VIII dieses Buchs gegebene Darstellung der englischen Verhältnisse bezieht sich nicht auf ganz Grossbritannien, sondern nur auf England und Wales; es bestehen aber in Schottland und Irland, wie nicht minder in den englischen Kolonieen, ganz ähnliche Zustände und die in ihnen vorhandenen ge« ringen Abweichungen sind lediglich formaler Natur. — Inden Vereinigten Staaten von Nordamerika hat die sprunghafte Entwicklung des gesamten Wirtschaftslebens auch eine mehr oder minder sprunghafte Organisation des kaufmännischen Verrechnungswesens gezeitigt, und insofern zeigen die Vereinigten Staaten und Deutschland eine gewisse Aehnlichkeit Es bestehen in Nordamerika zwei eingetragene Vereine von Berufsrevisoren (Public Accountants) und zwar „The American Assocation of Public Accountants“ (mit dem Gründungsjahr 1887) und „The National Society of Certified Public Accountants? (mit dem Gründungsjahr 1897). Beide Vereine haben die Hebung des Bücherrevisorenberufs zum Zweck, und beide suchen diesen Zweck durch strenge Aufnahmebedingungen, sowie durch eifrige und tiefgründige Fortbildung zu erreichen. Für den Staat New York — und wohl auch noch für eine Reihe anderer Staaten — ist gesetzlich bestimmt, dass jeder, der sich „Certified Public Accountant“ (privilegierter Berufsrevisor) nennen will, ein von den Rektoren irgend einer Universität ausgestelltes Certifikat über seine *wissen schaftliche Befähigung für den Dienst als öffentlicher Buchführungssachverständiger besitzen muss; wer eine solche Bescheinigung nicht besitzt, darf sich nicht als „Certified“ („privilegiert“) bezeichnen. — Es bestehen in den Vereinigten Staaten aber auch private Fachschulen für Bücherrevisoren — so z. B. die „New York School of Accountants“, die unter der Aufsicht der Regierung steht. Diese Schule wurde auf Grund eines von der Regierung des Staates New York erteilten Freibriefs im Dezember 1892 zu dem Zweck errichtet, „um jungen Leuten Gelegenheit zur richtigen und praktischen Unterweisung in der wichtigen Wissensdiaft des modernen Rechnungs- und Finanzwesens zu verschaffen; die Schüler sollen durch diesen Unterricht in den Stand gesetzt werden, „der Allgemeinheit in zuverlässiger Weise als Bücherrevisoren (Public Accountants), Geschäftsanwälte (Business Managers) und Sicherheitspersonen (Officers of trust) zu dienen.“ Von den Gründen, die zur Errichtung der Schule geführt haben, führe ich nur den folgenden an: „Das Gewerbe der Berufsrevisoren nimmt fortwährend an Bedeutung zu und zeigt Erscheinungen, die die Organisierung des Berufs in ähnlicher Weise wie bei den Rechtsanwälten, Ärzten, Ingenieuren und Architekten zur gebieterischen Notwendigkeit machen, sodass derjenige, der die Dienste eines Berufsrevisors zu benutzen in die Lage kommt, die volle Gewähr für sachgemässe, logisch richtige und dauernd wertvolle Erledigung der betreffenden Arbeit erhält.“ Der Unterricht an der „New York School of Accountants“ erstreckt sich auf folgende Fächer:
A) Buchführung.
1. Die Wissenschaft der Doppelbuchhaltung.
2. Die kaufmännische Buchführung bei Einzelgeschäften, offenen Handelsgesellschaften und Gesellschaften sonstiger Art, umfassend
a) Büchereinrichtungen bei neugegründeten Firmen und
b) Fortführung von Büchern für bestimmte Geschäftsperioden;
c) der Bücherabschluss am Ende des Geschäftsjahres, oder bei Beendigung der Liquidation eines Unternehmens;
d) die Aufstellung von Bilanzen, kaufmännischen Abrechnungen, Gewinn- und Verlustrechnungen u. s. w.;
e) die Vornahme der gedachten Arbeiten bei den verschiedenen Geschäftsarten und Geschäftszweigen (Branchen), wobei Bank-, Versicherungsund Transportanstalten aller Art (besonders aber Bisenbahnen, Dampfschiffahrts – Gesellschaften, Kanalgesellschaften, Elektrizitätsgesellschaften usw.) eingehend bearbeitet und durchgenommen werden.
3. Die Treuhänder Buchführung.
4. Die Staats- und Gemeinde-Buchführung.
B) Auditing (Revisionskunde).
5. Prüfung der Abrechnungen (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) und zwar
a) behufs Feststellung oder Aufdeckung von Fälschungen, Unterschlagungen und Unregelmässigkeiten sonstiger Art;
b) zum Zweck der Ermittlung, ob die jeweils vorhandene Buchführungsmethode zur Erzielung einer grosseren Sicherheit gegen nachlässige Handhabung, Irrtum oder Defraudation etwa einer Abänderung bedarf;
6. Die Abfassung von Berichten und Aufstellungen über Bücherprüfungen und Bücheruntersuchungen („Audits“ und „Investigations“) im Zusammenhang mit anderen Dingen gleicher Natur.
7. Die Analysierung von Konten und die Aufmachung von Statistiken nebst entsprechenden Schlussfolgerungen für die Zwecke der Kalkulation und der etwaigen Aenderung des Geschäftsbetriebes.
8. Die während des Betriebsjahres erfolgende Sonderrevision (Investigation) behufs Feststellung der Gewinn- oder Einkommensverhältnisse.
9. Die Feststellung von Gesellschafter-Anteilen und die Schlichtung jeglicher im Rechnugs- wesen auftauchenden Verwicklungen und Streitigkeiten.
C. Gesetzeskunde.
10. Das Handels-, Gesellschafts-, Bank- und Treuhänderrecht nebst anderen gleichartigen Gegenständen.
Als Schüler wird nur zugelassen, wer im Besitz eines akademischen Diploms ist, d. h. wer das Schlussexamen an einer Universität oder Mittelschule des Staates New York bestanden hat, oder wer seine wissenschaftliche Reife durch anderweite entsprechende Examina beweist. Das jährliche Schulgeld beträgt 400 Mk. Die Abgangsprüfung erfolgt nur auf schriftlichem Weg. Noch umfassender und tiefgründiger als das Lehrprogramm der New York School of Accountants ist der Unterrichtsplan der im Jahre 1900 eröffneten „School of Commerce, Accounts and Finance“ (Handelshochschule) in New York; dieser Unterrichtsplan lautet für das Studienjahr 1904/05 im Auszug wie folgt: 1. Praktischer Kursus. Dieser Kursus hat den allgemeinen Zweck, eine feste Grundlage für das Studium der Accountancy als Wissenschaft zu legen. Der Kursus kann allen besonderen Anforderungen angepasst werden. Dem Lernenden wird jede Gelegenheit gegeben, Lücken in seinen gegenwärtigen Kenntnissen auszufüllen und sie einem Studiengange anzupassen, der zu der Stellung eines Certified Public Accountant vorbereitet. Zu diesem Zweck wird den Arbeiten eine vollständige Reihe von Geschäftsvorfällen zugrunde gelegt, die in die Formulare und in die Bücher eingetragen werden. Zugleich mit dem Unterricht finden fortlaufende praktische Übungen in der Anwendung aufgestellter Regeln statt. Der Kursus zerfällt in die folgenden 4 Teile: Teil I: Eine Fabrik. Eröffnung der Conti der Teilhaber; Bilanzen; Betriebs-, Handels-, Gewinn- und Verlust-Conto; Reserven; Abschreibungen; Zulassung neuer Teilhaber; Verkaufs- und Liquidationsconti. Teil II: Ebenfalls eine Fabrik. Kosten- und Kapital- Konto; Rohbilanz und Buchung eines Defizits; gemeinschaftliche Rechnung; Abrechnung zwischen Partnern; Verkauf des Geschäftes an eine Gesellschaft Teil III: Buchungen, dieweiner Gesellschaft eigentümlich sind; Aktienkapital; Übertragung von Aktien; Dividenden; Verkauf des Geschäftes an einen Trust; Kundschaftskauf (nicht zu Buch stehende Werte). Teil IV: Buchungen eines Verwalters und eines Testamentsvollstreckers. Buchführung im Kommissionsgeschäft, enthaltend Buchungen in zwei oder mehreren Geldsorten; Analyse eines Hauptbuches; Methoden der Wallstreet-Bankiers und Makler. (Erstes Jahr, erste Abteilung. 60 Stunden.) Professor Dennis und Mr. Bayer. Ia. Höherer praktischer Kursus. Dieser Kursus ist hauptsächlich analytisch. Der Lernende wird soweit gefördert, dass er mit der Accountancy als Fertigkeit vollständig vertraut ist und die allgemeinen Regeln wissenschaftlich anwenden kann. Er analysiert Aufstellungen aller Art, in denen die Tatsachen der Geschäftslage nur teilweise gegeben sind. Bilanzen und deren Vorbereitung in einfacher und komplizierter Form. Analytische Darstellung der Produktionskosten in der Art, dass die schwachen und die starken Seiten eines Geschäftes erkennbar sind und gleichzeitig ersichtlich wird, wie die Gewinne erreicht werden, und wie durch eine übersichtliche Anordnung der Conti Verluste vermieden werden können. (Erstes Jahr, zweite Abteilung. 30 Stunden.) Prof. Dennis. 2. Verfahren des Accountant. Vollständige Darstellung moderner Kontormethoden und moderner Geschäftspraxis. Installation einer Buchführung. Theorie der Konti. Einteilung und Anpassung an die Bedürfnisse der Praxis. Gruppen-Ueberblicke über Konti, die auf einen Blick zeigen, auf welche Dividende ein Gläubiger zu rechnen hätte. Die Grundbücher: äussere Gestalt, Eintragungen, Stellung im System der Buchführung. Analyse der Konti von Händlern und Gesellschaften, von Testamentsvollstreckern und anderen Verwaltern fremden Gutes. Abschreibungen, Reserven, Aktiva und Passiva, Anlage- und Betriebskapital, verschiedene Formen der Bilanz und ihre Bedeutung. Kundschaftswert als Gegenstand der Buchung, Feuerversicherungs-Regulierungen, Systeme der Kostenbuchung; Buchung von Fehlbeträgen. Methoden des Bücherrevisors für Eröffnung und Abschluss von Konti in verschiedenen Branchen. Buchung von Verkäufen und Liquidationen; Bilanzen zahlungsfähiger Schuldner; Bilanzen zu Kreditzwecken; lebende und tote Konti. (Erstes Jahr. Beide Abteilungen. 60 Stunden.) Prof. Dennis. 3. Theorie und Praxis der Kostenbuchung. Ihr Charakter; Wert für den Kapitalisten, den Kaufmann und den Fabrikanten; Klassifikationen und Untereinteilungen; Bedeutung im Vergleich zu anderen Konti; Verhältnis zu der Bilanz und zum Gewinn- und Verlust- Konto; Ursachen und Ursprung, Art der Durchführung und Resultate; Vorteile genauer Kostenberechnung; Methoden durch die sie erreicht wird; Beschreibung und Illustration der verschiedenen Methoden der Kostenbuchung; die frühere einfache Fabrikationsbuchführung verglichen mit dem modernen proof-by-balance-System. Die grundlegenden Prinzipien der Kostenbuchung werden vollständig erörtert. Diese Klasse der Konti wird auf ihre Elemente zurückgeführt. Jeder Gegenstand wird unter doppeltem Gesichtspunkte besprochen: einmal einzeln mit Bezugnahme auf seine Herstellung, Registrierung des Bestandes und Umwandlung in das fertige Fabrikat; sodann alle gemeinsam mit Rücksicht auf ihre Beziehung zu einander und als integraler Bestandteil der hergestellten Güter. Rohstoff als Grundelement aller Herstellungskosten wird in Rücksicht auf Ankauf, Registrierung der Lagerbestände und Verwendung im Fabrikationsprozess behandelt; Registrierung der Ankäufe; Fakturierung auf die verschiedenen Konti; Verteilung der Frachten; Lagerkonti; die verschiedenen Methoden, nach denen das Material vom Lagerbestand in den Fabrikationsprozess übergeführt wird; dauernde Inventarverzeichnisse; Requisitionen usw. Arbeit in ihren verschiedenen Beziehungen zu den Kosten; ihre Schaffung und Bezahlung; Registrierung und Verteilung auf die verschiedenen Konti; Beschreibung und Erläuterung von Zeitbüchern; Karten und Berichten; Mittel zur Registrierung der Zeit; Lohnlisten; Bücher und Blätter; Verteilungsblätter und Vorsichtsmassregeln bei Lohnzahlung. Fabrikationsausgaben oder Fabrikunkosten; die Teile aus denen sie sich zusammensetzen; wie sie entstehen; die Buchungen die dazu notwendig sind; Art wie sie hinzukommen; ihre Beziehung zu den Konti sospesi und Reservekonti und ihre schliessliche Verteilung auf die in der Fabrikation befindlichen Güter. Der Lernende wird zuerst in der Theorie unterrichtet; jeder einzelne Schritt wird durch Beispiele klar gemacht und entsprechend dem Fortschreiten des Kursus wird die Theorie praktisch angewendet. Systeme der Unkostenkonti für die wichtigsten Industrien: wie Textilfabriken, Giessereien, Maschinenfabriken, Fabriken von Erntemaschinen, Druckereien, Verlagsanstalten, Bergwerke usw. (Zweites Jahr. 30 Stunden). Prof. Vedder. 4. Accountancy in Banken und Treuhandgesellschaften (Trust Companies). Alle die Methoden der Buchführung, die sich hauptsächlich auf Banken beziehen, werden in diesem Kursus berücksichtigt Allen Details der Bankbuchführung wird sorgfältige Aufmerksamkeit geschenkt, Erläuterung von Formularen. Praktisches systematisches Zusammenarbeiten. Die Buchführung von Treuhandgesellschaften wird von jedem möglichen Standpunkt aus behandelt, da sie infolge der weiten Ausdehnung dieses Unterrichtsstoffes sehr kompliziert geworden ist Klare Beispiele und Erläuterungen, wie die Treuhandgesellschaft als Testamentsvollstreckerin, als Bevollmächtigte, als Vermögens Verwalterin und in Verbindung mit der Uebernahme von Emissionen tätig ist. Im Zusammenhang mit diesen Vorlesungen werden Formulare zur Ansicht und Diskussion vorgelegt. (Drittes Jahr. 30 Stunden.) Prof. Vedder. 5. „Philosophie der Buchführung“. In diesem Kursus wird die Buchführung vom wissenschaftlichen Standpunkt aus behandelt. Beispiele werden häufig gebraucht, aber die Wissenschaft der Buchführung wird in philosophischem Lichte betrachtet, und gezeigt, welche Stelle ihr auf dem Gebiete der Nationalökonomie zukommt Im Laufe des Kursus werden auch die verschiedenen Fertigkeiten, die von dieser Wissenschaft abhängen, erklärt und differenziert; Besprechung von Definitionen und Analysen des „Account“ und eines „Accounting“; kritische Ansichten über den Zweck des Accounts bei verschiedenen Schriftstellern; Information; Schutz; Formen von Buchungen, ihre Bestandteile, die einzelnen Posten und der Abdruck des Resultates; Kombinationen der Konti durch ihre Ergebnisse; die fortwährende Ausgleichung der Konti; die Bilanz oder Buchung der Ergebnisse; Erläuterung und Besprechung der verschiedenen Formen und Phasen der Bilanz; das Hauptbuch; die Rohbilanz; Geschäftsvorfälle zur Erläuterung der häufigsten Arten und zur Anwendung der Buchführungsregelu; spezifische und ökonomische Buchungen; beide mit ihren Resultaten, die denselben Status zeigen; gemischte Konti und die Auflösung in ihre Bestandteile; Quellen des Hauptbuches, Mittel der Uebertragung in das Hauptbuch; Entwickelung des Journals; direkte Uebertragung und solche durch die Vermittlung von Kolumnen; annullierende oder ausgleichende Buchungen; Reserven; allgemeine Theorien des Debet und Kredit, wie die quantitative oder mathematische, und die verhältnismässige oder personalistische; Versöhnung einander widersprechender Theorien durch die Erweiterung der Fachausdrucke und die Benutzung verschiedener Betrachtungsweisen zur Begründung und Erläuterung. (Zweites Jahr. 30 Stunden.) Prof. Sprague.
6. Rechnungsabnahme und Bücherrevision
(Auditing). Vom Studium der praktischen Buchführung geht der Lernende zur berufsmässigen Prüfung und Beaufsichtigung über. Der Kursus in Bücherrevisiou setzt überall die Kenntnis der Buchführung als Wissenschaft und als Fertigkeit voraus. Prinzipien und Praxis der Bücherrevision des gelegentlichen oder „Amateur“-Revisors, des reisenden oder Hilfs-Revisors, und namentlich des selbständigen oder sachverständigen Revisors, der den Beruf des Certified Public Accountant ausübt Die hauptsächlichsten Qualifikationen als Bücherrevisor werden in ihrer sittlichen und sozialen sowohl als intellektuellen und erzieherischen Bedeutung gewürdigt; von Anfang an wird Wert darauf gelegt, die Ausübung dieses hochwichtigen Berufes auf einer sicheren Grundlage des Charakters, der Gesichtsweite, der Fähigkeit und der beruflichen Kenntnisse und Geschicklichkeit aufzubauen. Soweit die Buchführung durch dieNatur von Eigentum und Eigentumsanteilen beeinflusst wird, gibt sie den Einsatzpunkt zu speziellen Studien über die Revision von Gesellschaften, für Partner, für die Buchungen eines einzelnen und ähnliches. Eine weitere Spezialisierung ergibt sich aus der unendlichen Verschiedenheit der modernen Geschäftsarten; mit Rücksicht auf sie ist eine erzieherisch wirkende Klassifikation eingeführt in Revisionen von Munizipal-,kaufmännischen, finanziellen,Fabrik-, Transport-, Ackerbau-, Bergweiks-und sonstigen Buchungen (namentlich auch in den sog. liberalen Berufen). Der Berichterstattung des Revisors (Auditor) wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet; ethische und sonstige Fragen in bezug auf die Bescheinigung, die der Revisor seinem Kunden je nach der Richtigkeit der Bücher zu geben oder zu verweigern hat. (Drittes Jahr. 30 Stunden.) Mr. Dean. 7. Prinzipien des Accounting. Dieser Kursus soll den Studierenden, der schon mit der Theorie und Praxis vertrau t ist, befähigen, Methoden und Systeme der Buchführung für verschiedene Arten von Geschäften zu erfinden und anzupassen.
Der Kursus beschäftigt sich hauptsächlich mit der Verwaltung und Oekonomie eines Geschäftes; und von diesem Standpunkt, soweit er durch die Natur der Eigentumsverhältnisse und der verschiedenen Unternehmungsarten beeinflusst wird, wird die Schätzung ihres Inhalts besonders durchgenommen. Theorien der Registrierung von Werten im Geschäft, Betriebs werte und Anlagewerte, Klassifikation der Konti; Klassifikation der Bücher; Rohbilanzen; Permanente Bilanz; Erklärung von technischen Aufsätzen und Vorgängen; Aufstellung verschiedener Arten; Uebergang von einfacher zu doppelter Buchführung; Uebergang von einem Einzelinhaber auf ein Kompaniegeschäft und von einem Kompaniegeschäft auf eine Aktiengesellschaft (Drittes Jahr. 30 Stunden) Professor Hardcastle. 8. Testamentsvollstrecker und Treuhänder. Dieser Kursus erklärt die Rechte und Pflichten von Treuhändern, Testamentsvollstreckern und Verwaltern, soweit sie zur Buchhaltung in Beziehung stehen, und verfolgt die Entwickelung der Methoden auf diesem wichtigen Gebiete von der Zeit der Römer bis zur Gegenwart Die Pflichten, Rechte und sachgemässen Methoden der Buchführung für Treuhänder und Testamentsvollstrecker werden analysiert und in ihren Einzelheiten erklärt; die Vorlesungen werden durch zahlreiche praktische Beispiele erläutert. Der Kursus berücksichtigt Fragen wie die folgenden: die Umstände, unter denen ein zeitweiliger Verwalter eingesetzt wird; Funktionen eines Nachlassrichters, Formular 37 des Nachlassgerichtes der Grafschaft New York; Wichtigkeit der Belegscheine für einen Testamentsvollstrecker; Fälle, in denen das Fehlen von Belegscheinen entschuldigt werden kann; die verschiedenen Arten der Verteilung des Nachlasses durch einen Testamentsvollstrecker; Zunahme und Abnahme des Nachlasses und seiner Schätzung; Feststellung von Schulden; Zahlungsbefehl; gleichmässige Verteilung auf Kapital und Einkommen im Anfangsstadium eines Nachlassvermögens und die Grenzen des Interesses eines Vermächtsnisnehmers; Unterschied zwischen der Buchführung eines Testamentsvollstreckers und eines Eigentümers; Konti eines Testamentsvollstreckers bei einfacher und bei doppelter Buchführung; die drei Zweige bei einfacher und doppelter Buchführung und die Bedeutung eines jeden Zweiges; ein strenggesetzlicher (legal) und ein billigkeitsrechtlicher (equitäble) Nachlass; Unterschied zwischen einem Geschäftsführer (Agent) und einem Treuhänder; was ein Treuhänder tun darf und was nicht; ein express trust unter dem Grundeigentumsgesetz des Jahres 1896; Substanz (corpus) und Einkommen werden unterschieden; Joumaleinträge, die durch diese Unterscheidung entstehen; Beispiele ans Anlass sachgemässer Journaleinträge; Abzüge von Bruttoeinkommen; was nicht vom Einkommen abgezogen wird; Provision des Treuhänders. (Zweites Jahr. 30 Stunden.) Professor Hardcastle. 9. Kapitalanlagen. Besonderheiten der Accounts, die sich ausschliesslich auf Kapitalanlage oder vorübergehende Zinsgewinne, zum Unterschied von Handels-, Fabrikations-, Dienstleistungs- und Depositar-Accounts beziehen. Die Sparbank (saving bank) in ihrer Organisation nach dem Gesetze des Staates New York als typisches Beispiel für eine Kapitalanlage-Anstalt Bilanz einer Sparbank und ihre Beziehung zum Statut. Entwickelung der Buchführungssysteme im Anschluss an den Status, der sich in der Bilanz zeigt Buchführung eines Hinterlegers. Buchführung bei Kapitalanlage, Grundeigentum. Darlehn auf Zeit. Unkündbare Darlehen. Sicherheitsleistung. Einkommen. Organisation des Einkassierens. Mathematik der Kapitalanlage. Rente; Zinsen, einfache und zusammengesetzte; augenblicklicher Wert; sichere Jahresrente; Leibrenten; Amortisation; alles im Zusammenhang mit der dazu nötigen Buchführung und Revision. (Drittes Jahr. 30 Stunden.) Professor Sprague. 10. Spezielle Accounts. In diesem Kursus werden verschiedene Methoden, die zu besonderen Zwecken verwendet werden, sowie gewisse allgemeine Methoden erörtert; z. B. die Buchführung, Abschlüsse u. s. w., die im Zusammenhang mit Fusionen und Konsolidationen nötig werden. Solche für Gesellschaften im allgemeinen, besonders Eisenbahnen und grössere Fabrikationsgesellschaften, Verwaltungs- und munizipale Körperschaften. Warenhaus-Accounting ist ein wichtiger Teil dieses Kursus. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Ankauf und der Registrierung der Bestände gewidmet, sowie, den Methoden, ein ununterbrochenes Inventarverzeichnis nach Abteilungen zu führen, den Systemen des Verkaufes zu Extrapreisen (specials) und den Einzelheiten betreffs Verkaufszettel (Sale Tickets), Barzahlung, Kredit und Nachnahme (C. O. D.), Umtausch und Rückgabe-Bons. (Verschiedene Einrichtungen, um in wöchentlichen oder monatliehen Zeitabstäuden genaue Resultate zu erzielen. — Erstes Jahr. 30 Stunden.) Professor Vedder, Mr. Culver u. andere.J)
1) Der hier mitgeteilte Unterrichtsplan der New Yorker Handels» Hochschule ist einer Arbeit des Berliner Privatdozenten Dr. E. Jastrow entlehnt. Dr. Jastrow hat im Jahre 1904 im Auftrage der Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft deren volkswirtschaftlicher Beirat er ist, eine volkswirtschaftliche Studienreise durch Nordamerika unternommen und seinem, im Berliner Jahrbuch der Aeltesten der Kaufmannschaft, Jahrgang 1904 Band 1, veröffentlichten Bericht über diese Reise habe ich den gedachten Unterrichtsplan entnommen. Der Bericht handelt in seinem 3. Teile ganz ausschliesslich vom „Amerikanischen Accountant und deutschen Bücherrevisor“, und ich glaube meinen deutschen Fachgenossen einen Dienst zu erweisen, wenn ich aus dieser hochinteressanten Arbeit noch einiges Weitere hier zum Abdruck bringe. Dr. Jastrow lässt sich in der Hauptsache wie folgt vernehmen: „Unter den amerikanischen Handelshochschulen befindet sich eine, die ursprünglich als Spezialschule für Accountants gedacht war und die diesen Grundgedanken auch nicht ganz aufgegeben hat. Fs ist die an der New York University eingerichtete „School of Commerce, Accounts and Finance“ Was für eine Bewandtnis es mit dem Hauptgegenstande dieser Specialistenschule der amerikanischen Accountancy hat, macht man sich am besten an dem Entwickelungsgang ihres geistigen Urhebers, Charles Waldo Haskins klar, der Mitinhaber einer der grössten Accountantenfirmen Nordamerikas und gleichzeitig Professor für sein Spezialfach an dem von ihm mitbegründeten Unterrichtsinstitut war. Charles Waldo Haskins (geboren 1852) war seinem ursprünglichen Bildungsgänge nach Ingenieur, zeigte aber gleich nach Absolvierung seiner Studien auf dem Polytechnikum in Brooklyn bei seinem Eintritt in das praktische Geschäftsleben (1867) eine so überwiegende Neigung für Buchführung, dass er hauptsächlich in den Buchhaltungsabteilungen grösserer Unternehmungen tätig wurde und schliesslich, — nach einem längeren Aufenthalt in Paris, und Reisen durch Europa — in das Bankgeschäft seines Vaters in Wallstreet eintrat. Mit den so gesammelten Erfahrungen ausgerüstet, trat er zwar wiederum in die Dienste eines grossen Ingenieur-Unternehmens, der North River Construction Company, verwendete aber auch hier vorwiegend seine Kenntnis der Buchführung und Rechnungskontrolle. Die genannte Gesellschaft baute damals mehrere Eisenbahnlinien gleichzeitig, die ein Beispiel dafür gaben, wie Unternehmungen rechnerich in sich zu bearbeiten, aber von der Centralstelle aus zu kontrollieren sind. In seiner Stellung als Generalbuchhalter und Ausgabenrevisor (General Bookkeeper and Auditor of Disbursements) lernte Haskins hier die Kunst* einerseits Abrechnungen so vorzubereiten, dass der dem sie eingereicht wurden, mit einem Schlage die Geschäftslage überblicken konnte, andererseits auch die noch schwerere Kunst, solche Abrechnungen in Bezug auf ihre schwachen Punkte zu kontrollieren. Als die West Shore Railway, an der Haskins zuletzt hauptsächlich beschäftigt war, von dem Vanderbilt-System absorbiert wurde, beschloss er, diese seine Kunst als selbständigen Beruf auszuüben, d. h. er wurde nicht mehr Accountant in einem einzelnen Betriebe, sondern liess sich als Public Accountant nieder, der seine Dienste jeder Firma, die ihrer bedurfte, zur Verfügung stellte. In dieser Eigenschaft war er für die grössten Eisenbahnen, Schiffs- und Bergwerksgesellschaften, die ihre Abrechnungen von ihm begutachten liessen tätig; — aber darüber hinaus auch für öffentliche Körperschaften, für Gemeinde und Staat. Als in den Jahren 1893/95 Senat und Kongress, einen gemeinsamen Ausschuss zur Untersuchung der Verwaltungsund insbesondere der Finanzorganisation, einsetzte, (die nach ihrem Vorsitzenden gewöhnlich so genannte Dockery Commission) wurde als Sachverständiger für Einrichtung der Buchhaltung und Rechnungslegung Haskins in Gemeinschaft mit einem anderen Public Accountant, E. W. Sells, zugezogen. Der Erfolg der Einbeziehung dieses kaufmännischen Elementes in die staatliche Reorganisationsarbeit war eine gänzliche Umgestaltung des Abrechnungswesens (Accounting system). Das Dankschreiben, das nach Beendigung, der Kommissionsarbeiten der Vorsitzende an die beiden kaufmännischen Sachverständigen richtete, hebt ihr Verdienst nach zwei Richtungen hervor: dass sie einerseits verstanden, die vorgefundenen alten Methoden richtig zu analysieren und andererseits neue Methoden vorzuschlagen. Er bezeichnet es als die übereinstimmende Meinung aller Beteiligten, dass es dank ihrer Mitwirkung gelungen sei, die Geschäftsführung zu vereinfachen, ohne irgend eine der notwendigen Garantien zu beseitigen. Die Ersparnisse, die durch die Vereinfachung herbcigeführt wurden, wurden auf 600 000 Doll, geschätzt. Nach Beendigung dieser Arbeiten tat sich Haskins mit seinem Arbeitsgenossen Sells zusammen und begründete in New York die Accountanten-Firma Haskins & Sells. Diese Firma gewann schnell in New York selbst eine grosse Ausdehnung. Sie begründete ausserdem Filialen in Chicago, St. Louis, Pittsburg und London, und beschäftigte 40 Accountants, 60 Assistent- Accountants und 40 Clerks. Als die Firma im Jahre 1901/09 beauftragt wurde, für die Finanzgebahrung der Munizipalverwaltung in Chicago neue Vorschläge zu machen, und das Reorganisationswerk in die Wege zu leiten (eine Revision, die an Umfang der der Dockery Commission beinahe gleich geschätzt wurde), war sie nicht nur diesem Unternehmen gewachsen, sondern konnte mit ihren Arbeitskräften gleichzeitig noch etwa 200—300 andere grosse Aufträge erledigen. In dieser Tätigkeit bildete sich nun für die Firma eine ganz bestimmte Auffassung über ihre Pflichten gegenüber ihrem Auftraggeber. Die Firma fasste die Aufgabe des Accountant nicht nur dahin auf, dass er eine formelle Prüfung der Bücher vorzunehmen, sondern dass er auch in sachlicher Beziehung Ratschläge zu erteilen habe. Haskins selbst war zur tieferen Begründung dieser Auflassung unaufhörlich in volkswirtschaftlichen und historischen Studien über diesen Gegenstand begriffen, und suchte nach allen Seiten hin den Accountant als neuen Stand zur Geltung zu bringen. Auf sein Betreiben ging es zurück, dass im Jahre 1896 der Staat New York durch Gesetz den Certified Public Accountant schuf, und ihm die gesetzlich geschützte Abkürzung C. P. A. beilegte. Das Zeugnis, auf Grund dessen die Bereditigung zur Titelführung erworben wird, gründet sich auf eine Prüfung vor einer Kommission, die der obersten Unterrichtsbehörde des Staates, den Regents, unterstellt ist. Dem Vorgänge von New York folgten dann Pensylvanien, Maryland, Kalifornien. Zum Präsidenten der Prüfungskommission in New York wurde Haskins selbst ernannt. In dieser Stellung hatte er erhöhte Gelegenheit, auf eine Vervollkommnung der Vorbildung für den jungen Nachwuchs des Standes hinzuwirken. Zu diesem Zwecke plante.er eine Hochschule für Accountants und legte diesen Plan dem Kanzler der New York University vor. Der Plan wurde zwar nicht in dieser Form, aber auf erweiterter Grundlage ausgeführt, indem an dem genannten Institut im Jahre 1900 die „School of Commerce, Accountants and Finance“ eröffnet wurde. Haskins erhielt die Professur für Technik der Rechnungslegung und für Geschichte der Accountancy (Auditing und History of Accounting) und wurde Dekan der neubegründeten Abteilung. Nach seinem Tode (1903) wurde als Dekan Prof. J, Fr. Johnson von der Wharton School in Philadelphia berufen. Die Professur in der Art, wie Haskins sie bekleidet hatte, ist bis jetzt noch unbesetzt, während für Theorie und Praxis der Accountancy 2 Professoren und 2 Assistent-Professoren ernannt sind. Die Beziehungen mit der Firma, von deren Tätigkeit die Begründung der Schule ausgegangen ist, werden dadurch aufrecht erhalten, dass der litterarisch-wissenschaftliche Repräsentant der Firma F. A. Cleveland ■eine Professnr für Finanzwissenschaft, insbesondere auch für Finanzen der Aktiengesellschaften (Corporation Finance) bekleidet. Auch ist für Fühlungnahme mit der Praxis dadurch gesorgt, dass der Verwaltung der Schule ein Beirat der New York State Society of Certified Public Accountants) zur Seite steht, zu dessen Mitgliedern auch Sells, der ehemalige Arbeitsgenosse von Haskins, gehört Die Auffassung, die in den Kreisen dieses New Yorker Institutes über die Bedeutung ihres hauptsächlichen Lehrgegenstandes herrscht, tritt in zwei Formulierungen hervor. Zunächst in der Forderung, „Accountancy is a profession!“ Und sodann in der scharfen Unterscheidung zwischen Accountancy einerseits und Buchführung und Bücherrevission andererseits. Die erste dieser Formulierungen, die Forderrung „Accountancy is a profession“, enthält eine — wahrscheinlich beabsichtigte — Zweideutigkeit. Das Wort profession bedeutet im Englischen Beruf, wird aber (in Amerika vielleicht noch mehr als in England) auch in dem Sinne von studiertem oder liberalem Beruf gebraucht, sodass man etwa den Pfarrer, Rechtsanwalt, Arzt, als die professional men den business men gegenüberstellt Die Forderung also, dass die Accountancy eine profession bilden solle, hat eine zweifache Bedeutung. Einmal will sie den Beruf des Public Accountant von dem des Accountant eines einzelnen Betriebes abgrenzen. Die grossen Aktiengesellschaften Amerikas haben in der Regel einen Accountant, der in ihrem Betriebe als eine Art Oberbuchhalter angestellt ist, (wie ja auch Haskins selbst eine Zeit lang eine derartige Stellung bekleidet hatte). Der Beruf aber, den Haskins und seine Schule im Auge haben, ist der des Public Accountant, der aus seiner Tätigkeit einen selbständigen Beruf macht, eine eigene Firma gründet, und einem unbestimmten, täglich wechselnden Kundenkreis sich zur Verfügung stellt. Diese Verschiedenheit der Stellung erfordert aber auch eine Verschiedenheit der Technik. Der Public Accountant muss die Fähigkeit besitzen, ans wenigen Anzeichen das wesentliche einer Rechnungslegung herauszufinden. Der Accountant in dauerndem privaten Dienste kann seine intime Kenntnis des Geschäftslebens für seine rechnerischen und kontrollierenden Arbeiten ausnützen; der Public Accountant soll umgekehrt die Technik der Rechnungslegung so beherrschen, dass er gerade als Fremder Dinge zu sehen vermag, die der mitten im Betriebe Stehende übersieht. — Die zweite Bedeutung von profession erhebt die Forderung, dass der Accountant den bisherigen studierten Berufen gleichstehen solle. Dies ist zu nächst in dem Sinne gemeint, dass er ebenso auf guter wissenschaftlicher Bildung fassen, sodann aber auch, dass er sich dasselbe Ansehen erobern soll. Haskins wird in seinen Schriften und Reden nicht müde, zu betonen, dass die gegen* wärtig lebende Generation in der Bewertung der verschiedenen Tätigkeiten in geistiger und moralischer Beziehung sich durch die Bedürfnisse früherer Jahrhunderte leiten lasse, indem sie immer noch die Vorbildung, die der Priester, Richter u. s. w. braucht, höher stelle als die der Kaufleute und Fabrikanten, weil diese erst in der Neuzeit eine früher unbekannte Bedeutung gewonnen haben. Au» dieser allgemein verbreiteten Anschauung folgt aber an sich nicht, dass die Tätigkeit des Kaufmanns, Fabrikanten u. s. w. in geistiger und moralischer Beziehung irgendwie hinter jenen zu rangieren brauche. Bin fein entwickeltes System der Accountancy, das die Möglichkeit gebe, über eine verwickelte Tätigkeit sich konzentrierte Rechenschaft zu legen, sei auch in moralischer Beziehung höchst bemerkenswert, und wert, unter die bedeutsamsten moralischen Errungenschaften aufgenommen zu werden. Auch dass die Lehrtätig- im wesentlichen in den Händen jener älteren liberalen Berufsarten geblieben sei, habe an sich keine Berechtigung. Es habe zu einem Zustande geführt, indem es auf der einen Seite Geschäftsleute gibt mit den Kenntnissen, die ihrem Stande notwendig sind, aber ohne die Fähigkeit zu unterrichten, während andererseits die Fachgelehrten, die die Fähigkeit zum Unterrichten besitzen, gerade die Seite ihrer Wissenschaft, die dem Geschäftsmanns am nötigsten wäre, nicht kennen (z. B. die Nationalökonomen und Juristen). Gerade die Accountancy als die Kunst, jeden erdenklichen Geschäftsbetrieb in konzentrierter Rechnungslegung zu erfassen^ kennen zu lernen und zu kritisieren, eigne sich von allen kaufmännischen Tätigkeiten am ehesten, al» profession anerkannt zu werden, und jenem Zustand ein Ende zu machen. — Die zweite Formulierung „Accounting is not Book-keeping“- soll nicht nur dazu dienen, den Accountant vom Buchhalter abzugrenzen, sondern auch von dem, was wir in Deutschland Bücherrevisor zu nennen pflegen. Der Accountant habe weder Bücher zu führen, noch sei seine Aufgabe damit erschöpft, dass er sie revidiert. Es könne jemand ein ausgezeichneter Accountant und ein sehr schlechter Buchhalter sein. Von dem Revisor unterscheidet er sich darin, das» dieser nachträglich in Tätigkeit tritt, während der Accountant seine wertvollste Tätigkeit vor Beginn der Buchführung entfalten könne. Der Accountant verhalte sich zum Buchhalter etwa wie der Architekt zum Baumeister: er entwerfe den Plan und spreche sich über die verschiedenen Möglichkeiten der Ausführung aus, sei allerdings auch die geeignete Persönlichkeit, um nachträglich ein Gutachten über einen schon vorhandenen oder gar gefährdeten Bau auszusprechen. Aber audi in dem letzteren Falle unterscheidet sich der Accountant von dem Bücherrevisor darin, dass er nicht bloss über die formale Buchhaltung, sondern auch in sachlicher Beziehung über das Geschäft, sich auszusprechen habe. ……. In Deutschland wird der Bücherrevisor in der Regel erst dann zu Rate gezogen, wenn der Verdacht, irgend einer Unordnung vorhanden ist, während es in Amerika häufiger vorzukommen scheint, dass man ihn vor Einrichtung der Buchführung zu Rate zieht, gerade, um das System so zu gestalten, dass Unordnungen und Täuschungen verhütet werden. Die Amerikaner nennen das dem Kein deutscher Bücherrevisor, der seinen Aufgaben gewachsen ist, würde zwar zugeben, dass man bloss aus Rücksicht auf die amtliche Bezeichnung als Bücherrevisor ihm diese Funktion der sachgemässen Buchhaltungseinrichtung absprechen dürfe. Allein es besteht ein grosser Unterschied darin, ob eine Funktion von einem Sachverständigen nur ab und zu in Anspruch genommen wird, oder ob sie ihn unausgesetzt beschäftigt. . . . Von dieser allgemeinen Tätigkeit der amerikanischen Accountants hebt sich aber die einer Firma wie Haskins and Sells ganz bedeutend ab. Dieser Firma schwebte bei ihrem Entstehen ein bestimmtes Ideal vor. Für sie ist die Buchführung nicht eine für sich bestehende Tätigkeit, sondern eineSymptomatik desGeschäfts- lebens. Dementsprechend soll auch die Begutachtung einer Buchführung sich nicht darauf beschränken, die Art wie die Bücher geführt worden sind, zu begutachten, sondern sie soll die Ergebnisse als Symptome des geschäftlichen Lebens auffassen. Auf diese Symptomatik soll der Accountant eine Diagnose des ganzen Geschäftsbetriebes gründen und erforderlichenfalls auch eine Therapie angeben…………Deutlicher als alles, was in dem vorangehenden Abschnitt ausgeführt werden konnte, muss eine Figur, wie Charlrs Waldo Haskins zeigen, was unter amerikanischen Geschäftsleuten heutzutage Wissenschaft und wissenschaftliche Bildung bedeutet Ich will nicht behaupten, dass in dem „alternden“ Europa, wo ein englischer Bankier die gelehrteste griechische Geschichte geschrieben und ein deutscher Kaufmann die Methode der archäologischen Ausgrabungen umgestaltet hat, die Erscheinung eines Kaufmannes, der in der wissenschaftlichen Ergründung der Buchführung bis in die Tiefen der Nationalökonomie und in die Ergebnisse der Keilschriftforschungen hineindringe, etwa unmöglich sei. Aber bei uns würde eine solche Erscheinung etwas recht Vereinzeltes sein, während in Amerika Haskins nur ein besonders ausgezeichnetes Exemplar einer immerhin vorhandenen Gattung von Geschäftsleuten ist, die in ihren Personen ein Bindeglied zwischen Wissenschaft und Praxis schon jetzt darstellen. . . . Nach dieser Seite hin erblicke ich die Bedeutung dessen, was in der amerikanischen Accountancy in den letzten Jahren vor sich gegangen ist. Hier entwickelt sich in der Tat ein neuer Stand von Bücherrevisoren, der die Buchführung im engsten Zusammenhänge mit dem allgemeinen Geschäftsgebahren auffasst, der sich seine Aufgabe nicht formal stellt, sondern materielle Erfahrungen aus allen Geschäftszweigen sammelt. Dieser Stand wird die Möglichkeit haben, auch jenem zweiten System der Buchführung, dem System der Wertermittelungen und Abschreibungen, gerecht zu werden und hierfür im Laufe der Zeit gewisse, auch nationalökonomisch begründete Normen aufzustellen. Eine zweite Bedeutung dürfte darin liegen, dass die amerikanische Accountancy die Revisionstätigkeit selbst als Technik entwickelt. Hierfür ist es von Bedeutung, dass die Public Accountants einen Hintergrund an der grossen Anzahl von Private Accountants haben, die in grossen Gesellschaften angestellt sind. Beides zusammen scheint nach und nach in Amerika eine regelrechte Kontroll- und Revisionstechnik zu entwickeln. Diese ist bei uns nicht so ausgebildet, dass wir nicht Anlass hätten, in dieser Beziehung auch ausländischen Mustern nachzuspüren. – Endlich ist die wissenschaftliche Entwickelung der Accountancy nur ein spezieller Fall einer grösseren, das amerikanische Geschäftsleben durchziehenden Entwickelung, die ans den Grundsätzen der Geschäftsgebahrung überhaupt eine Art wissenschaftlicher Disziplin machen will. An Anfängen dazu fehlt es zwar auch in Deutschland nicht, in Amerika aber regt es sich nach jenem Ziele hin von allen Seiten. Brauchbares in dieser Beziehung herauszufinden, ist etwas schwer, weil das, was sich am meisten in den Vordergrund drängt, sehr häufig das am wenigsten Erhebliche ist. Das Wertvollste über diese Lehre vom Industrial Management befindet sich oft an Stellen, an denen man es nicht sucht, wie denn z. B. eine der angesehensten Ingenieurzeitungen, das „Engineering Magazine“, zahlreiche Aufsätze über die Kunst der richtigen Geschäftsgebahrung (neuerdings auch eine Bibliographie der einschlägigen Literatur) bringt. Als einen Bestandteil dieser allgemeinen auf die Gewinnung fester Grundsätze für die Geschäftsverwaltung gerichteten Bewegung muss man auch die Bestrebungen auffassen, die auf Vervollkommnung der Accountancy hinzielen.“
Mit ähnlicher Stand der Dinge wie in den Vereinigten Staaten findet sich auch in Holland vor. Und auch da erhebt sich der Bücherrevisorenstand völlig aus eigener Kraft und auch da ist der Haupthebel eine gediegene Facherziehung in eigener Lehranstalt. Das Unterrichts- Programm des Instituts der niederländischen Bücher«revisoren weist folgende Fächer auf:
1. Handelsgeographie, (voran Kenntnis der vornehmsten Märkte des In- und Auslandes, sowie Kenntnis der Haupt- Verkehrswege.
2. Handelsgeschichte (voran Geschichte des holländischen Handels und der holländischen Kolonien).
3. Moderne Sprachen (Holländisch,Englisch,Französisch, Deutsch!
4. Theorie und Praxis des gesammten Verrechnungs- und Revisionswesens (einschließlich Einrichtung und Fortführung von Büchern nach den verschiedensten Formen und Systemen und für alle Geschäftsbranchen.
5. Handelsrechnen. 6. Volkswirtschaft und Statistik.
7. Bank-, Kredit- und Börsenwesen.
8. Rechtskunde. (Handels-, Konkurs-, Verwaltungs-, Erbschafts-, Strafrecht usw.).
In Belgien besteht eine „Chambre syndicale des Comptables“ (Kammer der belgischen Bücherrevisoren), die ebenfalls in eigener Verwaltung junge Leute zu Bücherrevisoren erzieht Die betreffende Fachschule unterrichtet in folgenden Fächern:
Buch- und Rechnungs-, sowie Revisionskunde; kaufmännisches Rechnen und Finanzwissenschaft; Rechtskunde; Nationalökonomie.
In Italien erhält der Buchführungssachverständige sein Diplom nach gut abgelegten Reifeprüfungen in der „Abteilung für Handels- und Verrechnungswissenschaft der technisch-professionellen Institute (Sezioue di commerdo e ragioneria negli instituti tecnid e professional!).
Die von der Landesdelegation der italienischen Fachbuchhalter (Delegatione nazionale dei ragionieri italiani) gefassten Beschlüsse jedoch und ein dem Parlamente vorgelegter Gesetzentwurf wollen erreichen, dass diejenigen, die sich zur Aufnahme in das Kollegium melden, fortan folgenden Bedingungen zu unterwerfen sind:
Sie müssen
- a) die Sektion für *Handel und Verrechnungswissenschaft der technisch-professionellen Institute durchgemacht haben, und zwar selbstverständlich unter Vorzeigung des Abiturienten-Zeugnisses;
- b) den Befähigungsnachweis für den Unterricht in der Verrechnungswissenschaft der technisch-professionellen Institute besitzen;
- c) ein Abiturienten-Zeugnis der Sektion für Handel, oder das Diplom für Verrechnungswissen schäft einer Handelshochschule besitzen.
Die Funktionen des Fachbuchhalters, die im Programm des technisch-professionellen Instituts festgesetzt sind und durch das Kgl. Dekret vom 2. Oktober 1891 Bestätigung erhielten, sind folgende:
- a) Anfertigung von Rechnungsentwürfen für private und öffentliche Verwaltungen;
- b) freiwillige Liquidationen und Liquidationen in Konkursen; Prüfung vonBuchführungselaboraten; Uebernahme von Pflegschaften und Vertretungen (Treuhänderfunktionen);
- c) Besorgung von Vermögensteilungen und Ausarbeitung bezüglicher Projekte;
- d) Erstattung von Gutachten in gerichtlichen Angelegenheiten;
- e) Bücherregulierung und Entwirrung unklarer Rechnungslegungen und Buchführungen;
- f) Rechnungs- und Bücherrevisionen. Das sind im grossen und ganzen die Funktionen der den „Collegi di publici ragionieri“ (den Collegien der öffentlichen Bücherrevisoren) zugehörigen Bücherrevisoren, sowie der „Ragionieri periti giudiziari“ (Gerichtlichen Bücherrevisoren).
Bei den zu diesen halbamtlichen Gruppen nicht gehörigen Privat-Revisoren, deren Zahl eine ziemlich beträchtliche ist, und für die ebenfalls eine gesetzliche Regelung angestrebt wird, liegen die Dinge ähnlich wie bei ihren unvereidigten Collegen in Deutschland, und jedenfalls ist das Bücherrevisorengewerbe in Italien ganz ebenso frei wie hierzulande. In Oesterreich endlich hat sich vor kurzem eine Vereinigung wenigstens zunächst der Wiener Buchsachverständigen und Bücherrevisoren gebildet, die ebenfalls u. a. die Heranbildung eines tüchtigen Nachwuchses sich vorgenommen hat. Die Gesamtzwecke der betr. Vereinigung sind laut § 2 der Satzungen die folgenden:
1. Wahrung und Förderung der berechtigten Standesinteressen und des Standesansehens.
2. Beratungen und Beschlüsse über Fragen, welche fachliche oder Standesinteressen betreffen.
3. Abgabe von behördlich oder amtlich geforderten Gutachten über die fachliche Eignung von Bewerbern um die Stellung eines Buchsachverständigen.
4. Abgabe sonstiger Gremial-Gutachten an Behörden, Aemter, Korporationen und Private.
5. Zuweisung von Buchsachverständigen im Bedarfsfälle und auf spezielle Aufforderung an Behörden, Aemter, Korporationen und Private als Revisoren von Ilandelsbüchern und Rechnungs* elaboraten jeder Form, oder als Liquidatoren oder Administratoren von geschäftlichen und privaten Unternehmungen oder endlich als Experten oder Schiedsrichter auf allen einschlägigen Gebieten.
6. Veranstaltung von Vorträgen, Verbandstagen, Enqueten und Kongressen, sowie die Beteiligung an solchen; Bildung von Verbänden und Beteiligung an solchen.
8. Heranbildung eines tüchtigen Nach Wuchses von Buch sachverständigen.
9. Bildung und Verwaltung etwaiger Greminalfonds.
10. Unterstützung von verarmten Greminalniitgliedern, sowie deren Familien.
11. Herausgabe eines Fachorgans und anderer Publikationen.
12. Pflege der Geselligkeit unter den Mitgliedern.
I) Bemerkenswert ist, dass in England und Amerika, wie überhaupt in den Ländern vorherrschend englischer Zunge, der gewerbliche Charakter des Bücherrevisionswesens immer ein völlig unbestrittener war, und es noch heute ist, während bei den meisten romanischen Völkern, und auch in Deutschland und Österreich, der Bücherrevisor in erster Linie als „Sachverständiger“ gilt. Die in den letztgenannten Ländern neuerdings zutage getretenen Bestrebungen, die Ausübung des Bücherrevisorenberufs vorherrschend oder gar ausschliesslich den Handelslehrern zu überlassen, halte ich für vollkommen verfehlt und aussichtslos. Denn wie wir später sehen werden, darf der Bücherrevisor beileibe nicht bloss methodisch gedrillter Theoretiker, und auch beileibe nicht Bücherrevisor bloss im Nebenamt sein, sondern der moderne Bücherrevisorenberuf ist so geartet, dass er Männer verlangt, die wissenschaftliche Schulung mit genauer Kenntnis des praktischen Geschäftslebens verbinden und die mit Kraft und Seele bei ihrer Sache sind.
1 Wie dünn und mager nimmt sich all dem Mitgeteilten gegenüber der § 2 der erst im Frühjahr 1903 beschlossenen Satzungen des reichsdeutschen Verbandes Deutscher Bücherrevisoren aus! Die Zwecke dieses Verbandes sind in jenem § wie folgt festgelegt: 1. Wahrung der Standesinteressen der Bücherrevisoren. 2. Die Abhaltung von Verbandstagen zur Aussprache und eventuellen Beschlussfassung über Berufsfragen. 3. Belehrung und Unterhaltung durch Vorträge.
II. Der Genossenschafts-Revisor.
A. Die verschiedenen Arten von Genossenschaften.
Die rechtlichen Verhältnisse der deutschen Genossenschaften sind durch das „Gesetz betreffend die Erwerbs und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1899“ geregelt, und nach § 1 dieses Gesetzes sind als Genossenschaften alle Gesellschaften anzusehen, deren Mitgliederzahl keine geschlossene ist, und welche die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes zum Zweck haben. Gesellschaften dieser Art, die samt ihrem Statut in ein besonderes, vom Gericht zu führendes Register (das Genossenschaftsregister) einzutragen sind, können errichtet werden:
1. dergestalt, dass die einzelnen Mitglieder (Genossen) für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft dieser sowie unmittelbar den Gläubigern derselben mit ihrem ganzen Vermögen haften (eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht);
2. dergestalt, dass die Genossen zwar mit ihrem ganzen Vermögen, aber nicht unmittelbar den Gläubigern der Genossenschaft verhaftet, vielmehr nur verpflichtet sind, den letzteren die zur Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Nachschüsse zu leisten (eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschusspflicht);
3. dergestalt, dass die Haftpflicht der Genossen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft sowohl dieser wie unmittelbar den Gläubigern gegenüber im voraus auf eine bestimmte Summe beschränkt ist (eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpficht),
B. Die gesetzliche Betriebskontrolle der Genossenschaften durch den Revisor.
Für sämtliche unter das Gesetz fallende Genossenschaften ist eine regelmässige Geschäfts- oder Betriebskontrolle durch besondere Revisoren vorgesehn, betreffs deren das Genossenschaftsgesetz folgendes bestimmt: § 13. Die Einrichtungen der Genossenschaft und ihre Geschäftsführung in allen Zweigen der Verwaltung sind mindestens in jedem zweiten Jahre der Prüfung durch einen der Genossenschaft nicht angehörenden sachverständigen Revisor zu unterwerfen. § 54. Für Genossenschaften, die einem der nachfolgenden Anforderungen genügenden Verbände angehören, ist diesem das Recht zu verleihen, den Revisor zu bestellen. § 55. Der Verband muss die Revision der ihm angehörenden Genossenschaften und kann auch sonst die gemeinsame Wahrnehmung ihrer in § 1 bezeichneten Interessen, insbesondere die Unterhaltung gegenseitiger Geschäftsbeziehungen, zum Zweck haben. Andere Zwecke darf er nicht verfolgen. § 56. Die Zwecke des Verbandes müssen im Statut desselben angegeben sein. Der Inhalt des Statuts muss erkennen lassen, dass der Verband imstande ist, der Revisionspflicht zu genügen. Das Statut hat insbesondere den Verbandsbezirk, sowie die höchste und geringste Zahl von Genossenschaften, die der Verband umfassen kann, festzusetzen und die Bestimmungen über Auswahl und Bestellung der Revisoren, Art und Umfang der Revisionen, sowie über Bildung, Sitz und Befugnisse des Vorstandes und über die sonstigen Organe des Verbandes zu enthalten. § 57. Die Verleihung des Rechtes zur Bestellung des Revisors erfolgt, wenn der Bezirk des Verbandes sich über mehrere Bundesstaaten erstreckt, durch den Bundesrat, andernfalls durch die Zentralbehörde des betr. Bundesstaates. Aenderungen des Verbandsstatuts sind der nach Absatz 1 zuständigen Stelle einzureichen. § 58. Der Verbandsvorstand hat das Statut mit einer beglaubigten Abschrift der Verleihungsurkunde, sowie alljährlich im Monat Januar ein Verzeichnis der dem Verbände angehörigen Genossenschaften den Gerichten (§ 10) in deren Bezirk diese ihren Besitz haben, sowie der höheren Verwaltungsbehörde, in der der Vorstand seinen Sitz hat, einzureichen. Sie sind der höheren Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk der Vorstand seinen Sitz hat, sowie der höheren Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Versammlung abgehalten werden soll, unter Einreichung der Tagesordnung mindestens eine Woche vorher anzuzeigen. Der letzteren Behörde steht das Recht zu, in die Versammlung einen Vertreter zu entsenden.
§ 60. Das Recht zur Bestellung des Revisors kann dem Verbände entzogen werden,
1. wenn er sich gesetzwidriger Handlungen schuldig macht, durch die das Gemeinwohl gefährdet wird, oder wenn er andere als die im § 55 bezeichneten Zwecke verfolgt;
2. wenn der Verband der ihm obliegenden Pflicht der Revision nicht genügt. Die Entziehung wird nach Anhörung des Verbandsvorstandes durch die für die Verleihung zuständige Stelle ausgesprochen. Von der Entziehung ist dem im § 58 bezeichneten Gerichte Mitteilung zu machen. § 61. Für Genossenschaften, die einem Revisionsverbände nicht angehören, wird der Revisor durch das Gericht (§ 10) bestellt. Der Vorstand der Genossenschaft hat die Bestellung zu beantragen. Die Bestellung erfolgt, nachdem die höhere Verwaltungsbehörde über die Person des Revisors gehört ist Erklärt die Behörde sich mit einer von der Genossenschaft vorgeschlagenen Person einverstanden, so ist diese zum Revisor zu bestellen. § 62. Der Revisor hat gegen die Genossenschaft Anspruch auf Erstattung angemessener barer Auslagen und auf Vergütung für seine Leistung nach Massgabe der erforderlichen Zeitversäumnis. Dem vom Gerichte bestellten Revisor werden in Ermangelung einer Einigung die Auslagen und die Vergütung durch das Gericht festgesetzt. Die Vorschriften im § 104 Absatz 2, § 105, § 794 No. 3 der Zivil-Prozessordnung finden Anwendung. § 63. Der Vorstand der Genossenschaft hat dem Revisor die Einsicht der Bücher und Schriften der Genossenschaft und die Untersuchung des Bestandes der Genossenschaftskasse, sowie der Bestände an Effekten, Handelspapieren und Waren zu gestatten. Zu der Revision ist der Aufsichtsrat zuzuziehen. Der Vorstand hat eine Bescheinigung des Revisors, dass die Revision stattgefunden hat, zum Genossenschaftsregister einzureichen und den Bericht über die Revision bei der Berufung der nächsten Generalversammlung als Gegenstand der Beschlussfassung anzukündigen. _ In der Generalversammlung hat der Aufsichtsrat sich über das Ergebnis der Revision zu erklären. Der von einem Verbände bestellte Revisor hat eine Abschrift des Revisionsberichts dem Verbandsvorstande einzureichen. § 64. Der Reichskanzler ist ermächtigt, allgemeine Anweisungen zu erlassen, nach welchen die Revisionsberichte anzufertigen sind.
C. Die gesetzliche Betriebskontrolle der Genossenschaften durch den Aufsichtsrat
Ein weiteres Überwachungsorgan ist beiden Genossenschaften der Aufsichtsrat, über dessen Überwachungspflicht der § 38 das Folgende bestimmt: „Der Aufsichtsrat hat den Vorstand bei seiner Geschäftsführung in allen Zweigen zu überwachen, und zu dem Zweck sich von dem Gange der Angelegenheiten der Genossenschaften zu unterrichten. Er kann jederzeit über sie Berichterstattung vom Vorstande verlangen und selbst oder durch einzelne von ihnen zu bestimmende Mitglieder die Bücher und Schriften der Genossenschaften einsehen, sowie den Bestand der Genossenschaftskasse und die Bestände an Effekten, Handelspapieren und Waren untersuchen. Er hat die Jahresrechnung, die Bilanzen und die Vorschläge zur Verteilung von Gewinn und Verlust zu prüfen, und darüber der Generalversammlung vor Genehmigung der Bilanz Bericht zu erstatten. Die Funktionen des Aufsichtsrats und des Revisors sind hiernach bei den Genossenschaften verschieden: Dem Aufsichtsrat liegt die dauernde Überwachung der Verwaltung ob, der Revisor dagegen hat in bestimmten Zeiträumen zu prüfen, ob die Einrichtungen der Genossenschaft, die Verwaltung des Vorstandes und die Kontrolle des Aufsichtsrats dem Gesetz und Statut entsprechen.
D. Rechtliches und Tatsächliches über die Stellung des Genossenschaftsrevisors.
Die periodische Revision pflegt sich bei den Genossenschaften in der Hauptsache auf die materielle Seite der Geschäftsführung und die hierbei befolgten Grundsätze, sowie auf das Funktionieren der Genossenschafts- Organe und die sonstigen Einrichtungen der Genossenschaft zu erstrecken. Kalkulatorisch wird nur dann geprüft,„wenn der RevisorUnregelmässigkei ten findet,“ die er dann aufzudecken hat Das Gesetz enthält keine Bestimmung über die Verantwortung des Revisors, sondern es verlangt nur, dass der Revisor „sachverständig“ sei; wer das Amt übernimmt, muss daher auch die Sorgfalt eines Sachverständigen anwenden, und es kommt nicht weiter darauf an, ob der Revisor auch die nötigen Kenntnisse besitzt Wird die Sorgfalt eines „Sachverständigen“ nicht angewendet, und der Genossenschaft erwächst Schaden daraus, so ist der Revisor für diesen haftbar. Sachverständig ist derjenige Revisor, der kaufmännisch und genossenschaftlich geschult ist. Eine besondere kaufmännische Vorbildung ist aber nicht erforderlich, und in der Praxis auch nicht immer vorhanden.1) Die von den Revisionsverbänden bestellten Revisoren nennen sich Verbands-Revisoren und als solche nehmen sie eine gewisse Sonderstellung insofern ein, als sie in ihrer Eigenschaft als Genossenschafts-Revisoren tatsächlich Beamte, d. h. natürlich nur Genossenschaftsbeamte,* 2) sind. Sogenannte „Berufsrevisoren“ sind die Genossenschafts-Revisoren nur selten, vielmehr pflegen viele, wenn nicht die meisten von ihnen alte Genossenschafts-Praktiker zu sein, die sich mit dem Revidieren nur nebenamtlich befassen. Eine Art interner Regelung des genossenschaftlichen Revisionswesens ist durch den Erlass der speziell für Verbands-Revisoren geltenden „Bestimmungen“ erfolgt, deren wichtigste hier angeführt sein mögen: 1. „Der Verband stellt einen oder mehrere Verbandsrevisoren an, deren Obliegenheiten darin bestehn, die Geschäftsführung aller dem Verbände angehörigen Genossenschaften nach der ihnen erteilten Instruktion und nach der vom Verbandsdirektor ihnen gegebenen Weisungen und in der von diesem bestimmten Reihenfolge
1) Dass in Deutschland far eine einheitliche Ausbildung der kaufmännischen Revisionsorgane bisher noch rein gar nichts geschehen ist, erscheint als bedauerlich im höchsten Grade — Es wird von diesem Gegenstand noch später ausführlich die Rede sein. 2) Der deutsche Genossenschafts-Revisor nimmt also eine ähnliche Stellung ein, wie der englische Official Auditor und der Auditor der englischen incorporated company. Der erstere prüft fortlaufend das Rechnungswesen der sogenannten local authorities (Ortsbehörden mit Ausnahme der städtischen Korporationen), der letztere dagegen ständig die Bücher und Schriften der eingetragenen Gesellschaften; beide aber haben das gemein, dass sie den betr. Behörden und Gesellschaften gegenüber als Beamte gelten, während im übrigen die Official Auditors fast immer Juristen (besonders Rechtsanwälte), die ständigen Revisoren der Gesellschaften dagegen mit kaum irgend einer Ausnahme sogenannte Accountants, d. h. Berufs-Bücherrevisoren und als solche selbständige Gewerbetreibende sind.
zu prüfen und alle ihnen vom Verbandsdirektor übertragenen Arbeiten für den Verband auszufühen. 2) Wegen Bestellung eines gemeinsamen Revisors oder wegen gegenseitiger Ueberweisung von Verbandsrevisoren kann mit anderen Verbänden Vereinbarung getroffen werden.“
3. „Der Revisor ist Beamter des Verbandes und als solcher verpflichtet, den Anordnungen des Vetbands- direktors unbedingt Folge zu leisten.“
4. „Der Revisor wird vom Verbandstage auf Vorschlag des Verbandsdirektors in der Regel auf 3 Jahre in geheimer Abstimmung, nach absoluter Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. Bei einer Wiederwahl ist, mit allgemeinem Einverständnis, Akklamation zulässig. Auf gleiche Weise wird er entlassen. Die näheren Bestimmungen über die Dauer der Anstellung, Kündigungsfrist, Bezahlung u. s. w. werden durch besonderen von dem Verbandsdirektor mit dem Revisor abzuschliessenden Vertrag geregelt Dieser Vertrag ist dem Verbandstage vorzulegen.“
5. „In Fällen gröblicher Pflichtverletzung ist der Verbandsdirektor berechtigt, den Revisor vorläufig seines Amtes zu entheben, vorbehaltlich der Genehmigung des nächsten ordentlichen Verbandstages.“
6. „Der Revisor wird für seine Leistungen durch den Verbandsdirektor bezahlt, und es ist ihm untersagt, von einzelnen Vereinen oder von Mitgliedern solcher Gratifikationen oder Geschenke anzunehmen. Alle mit Einnahmen verbundenen Nebenbeschäftigungen darf der Revisor nur mit Zustimmung des Verbandsdirektors übernehmen.* 2)
7. Nach vollendeter Revisionsarbeit hat der Revisor dem Vorstand und Aufsichtsrat in gemeinsamer Sitzung über seinen Revisionsbefund genaue Mitteilung zu machen und über die Beseitigung vorhandener Mängel und die Herbeiführung besserer Einrichtungen seine Ratschläge zu erteilen, und nach dieser Verhandlung mit Vorstand und Aufsichtsrat über das Ergebnis seiner Revision schriftlichen Bericht an die revidierte Genossenschaft zu erstatten, und eine Abschrift dieses Berichtes an den Verbandsdirektor einzusenden.“
1) Es ist solchen Bestimmungen gegenüber dringend zn wünschen, dass sich in Deutschland endlich ein frei organisierter Berufs- revi soren-S tand bilde, der seihe Pflichten selbständig erfasst und erfüllt, und aus dessen Reihen dann auch die Genossenschaftsrevisoren zu entnehmen sein würden. 2) Diese letztere Bestimmung nimmt sich gegenüber der bereits erwähnten Tatsache, dass sehr viele Genossenschafts-Revisoren nur im Nebenamt revidieren, ziemlich sonderbar aus.
8. „Den jährlichen Verbandstagen hat der Verbandsrevisor über seine Tätigkeit im abgelaufenen Geschäftsjahr schriftlichen Bericht zu erstatten.“
9. „Der Revisor ist in Betreff aller geschäftlichen Verhältnisse der von ihm revidierten Vereine allen Nichtbeteiligten gegenüber unbedingt zur Verschwiegenheit verpflichtet“
10. „Die Revisionen sind teils ordentliche, teils ausserordentliche.“ Zum Zweck der ordentlichen Revisionen wird das Verbandsgebiet nach geographischer Lage der Vereine in Reisebezirke eingeteilt die vom Revisor nach Verständigung mit dem Verbandsdirektor in regelmässiger Reihenfolge zu bereisen sind. Die bevorstehende Ankunft des Revisors wird jedem Vereine angezeigt.!) Ausserordentliche Revisionen finden nur auf Anrufen der betreffenden Vereine selbst statt
11 „Der Revisor hat bei allen Revisionen nach der ihm erteilten Anweisung zu verfahren. Bei den ordentlichen Revisionen ist in der Regel eine kalkulatorische Prüfung der einzelnen Geschäftszweige nicht vorzun ehmenj dagegen hat der Revisor besonders zu untersuchen, ob den Bestimmungen des Gesetzes überall genügt ist, ob die Geschäfte nach den Vorschriften des Statuts geführt werden, und ob den Beschlüssen der Vereins- und Verbandstage und den Ratschlägen des Anwalts die erforderliche Beobachtung geschenkt .wird, und ob die bei früheren Revisionen vom Revisor gerügten Mängel beseitigt und die empfohlenen besseren Einrichtungen eingeführt sind.“* 2)
1) Der Gebrauch, den Revisor vorher anzumelden, ist ganz zweifellos ein höchst ver werf 1 i ch er, und w ider s innig e r. Vorher angekündigte Revisionen sinken, wie später noch nachgewiesen werden wird, beinahe zu einer blossen Farce herab. 2) Auch diese Vorschrift führt die Revisoren ums Haus herum, statt ins Haus hinein. Die Revision eines Gesellschafts-Rechnungswesens darf weder bloss eine kalkulatorische, noch eine bloss juristischadministrativ- wirtschaftliche, sondern sie muss unter allen Umständen alles dies zusammen sein. Was speziell die kalkulatorische Prüfung betrifft, so hat sie festzustellen, ob die gebuchten Geschäftsvorfälle richtig bewertet und arithmetisch richtig sind, sowie ob die Eintragungen mit der in Anwendung befindlichen Buchführungsmethode in Einklang stehn. Wie man ohne derartige Prüfung Unterschleifen und rechnerischen Irrtümern (die oft sehr erheblich sind!) auf die Spur kommen will, ist mir unerfindlich. Da müsste schon Gott Zufall helfen.
12. „Zu allen Verbandsrevisionen ist der Aufsichtsrat der zu revidierenden Genossenschaften zuzuziehen. Stellen sich in einem Vereine schwere Uebelstände heraus, die nach übereinstimmender Ansicht des Verbandsdirektors und des Revisors durch Zuwiderhandlung gegen die Gesetze oder die Vereinsstatuten entstanden sind oder eine ernste Gefahr für die Existenz des Vereins einschliessen, so ist der Verbandsdirektor verpflichtet, den betr. Verein zur Beseitigung der betreffenden Misstande aufzufordern, und, sofern auch eine nochmalige desfallsige Aufforderung ohne Erfolg bleiben sollte, dem Verbandstag zur weiteren Entschliessung Kenntnis zu geben. Der Verbandstag ist befugt, Vereine, welche die Prüfung ihrer Einrichtungen und ihrer Geschäftsführung durch den bestellten Revisor verweigern, oder welche Uebelstände der gedachten Art binnen einer von der Versammlung bestimmten Frist nicht beseitigen, aus dem Verbände auszuschliessen.“ — Soviel über den „Genossenschafts-Revisor,“ der zwar zweifellos Gutes wirkt, aber durchaus noch nicht auf der Höhe steht 1)
III. Der Gründlings- und Gelegenheits- Revisor des Aktienrechts.
A. Die Rechtsstellung des Aktiengesellschafts-Revisors im Allgemeinen.
Äusser dem Genossenschafts-Revisor sieht das deutsche Recht noch zwei weitere Arten von Revisoren vor: den sogenannten Gründungs-Revisor und den gelegentlichen Revisor zur Prüfung der Bilanz oder der Geschäftsführung oder einzelner Gründungs-Vorgänge. Diese beiden Arten von Revisoren kommen aber nur für Aktiengesellschaften in Betracht, und in Betreff ihrer
1) Mit diesem Urteil will ich selbstverständlich keinen der Herren Genossenschaftsrevisoren persönlich treffen, sondern ich ziele damit nur auf das bei den Genossenschaften geübte Revisionssystem, das ich noch durchaus nicht für zulänglich halte, so eifrig man auch bemüht gewesen sein mag, es zu verbessern. Die Zahl der in Konkurs geratenen Genossenschaften, die doch wirklich keine kleine ist, könnte durch eine weitergehende Verbesserung des genossenschaftlichen Revisionswesens ganz zweifellos wesentlich verringert werden.
schreibt das Deutsche Handelsgesetzbuch in den §§ 192 bis 194 und 266 bis 267 das Folgende vor: § 192. „Die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats haben den Hergang der Gründung zu prüfen. Gehört ein Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrats zu den Gründern, oder hat sich ein Mitglied einen besonderen Vorteil oder für die Gründung oder deren Vorbereitung eine Entschädigung oder Belohnung ausbedungen, oder liegt ein Fall des § 186 Abs: 2 vor, so hat ausserdem eine Prüfung durch besondere Revisoren stattzufinden. Die Revisoren werden durch das für die Vertretung des Handelsstandes berufene Organ, in Ermangelung eines solchen durch das Gericht bestellt, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat.“ § 193. „Die Prüfung hat sich insbesondere auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zu erstrecken, die in Ansehung der Zeichnung und Einzahlung des Grundkapitals sowie in Ansehung der im § 186 vorgesehenen Festsetzung von den Gründern gemacht sind. Der Inhalt der im § 191 bestimmten Erklärung ist auch in der Richtung zu prüfen, ob bezüglich der Angemessenheit der für die eingelegten oder übernommenen Gegenstände gewährten Beträge Bedenken obwalten. Ueber die Prüfung ist unter Darlegung der im Abs. 1 bezeichneten Umstände schriftlich Bericht zu erstatten. Sind die Revisoren durch das für die Vertretung des Handelsstandes berufene Organ bestellt, so haben sie diesem ein Exemplar des Berichts einzureichen. Die Einsicht der eingereichten Berichte ist jedem gestattet.“ § 194. „Ergeben sich zwischen den im § 192 Abs. 2, 3 bezeichneten Revisoren und den Gründern Meinungsverschiedenheiten über den Umfang der von den Gründern zu gewährenden Aufklärungen und Nachweise, so entscheidet entgültig diejenige Stelle, von welcher die Revisoren ernannt sind. Solange sich die Gründer weigern, der Entscheidung nachzukommen, unterbleibt die Erstattung des Prüfungsberichtes. Die Revisoren haben Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und auf Vergütung für ihre Tätigkeit Die Auslagen und die Vergütung werden durch die im Abs. 1 bezeichnete Stelle festgesetzt.“ § 266. „Die Generalversammlung kann mit einfacher Stimmenmehrheit die Bestellung von Revisoren zur Prüfung der Bilanz oder zur Prüfung von Vorgängen bei der Gründung oder der Geschäftsführung beschliessen.. Ist in der Generalversammlung ein Antrag auf Bestellung von Revisoren zur Prüfung eines Vorganges bei der Gründung oder eines nicht länger als zwei Jahre zurückliegenden Vorganges bei der Geschäftsführung abgelehnt worden, so können auf Antrag von Aktionären, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, Revisoren durch das Gericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, ernannt werden. Dem Antrag ist nur dann stattzugeben, wenn glaubhaft gemacht wird, dass bei dem Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrags stattgefunden haben. Die Antragsteller haben die Aktien bis zur Entscheidung über den Antrag zu hinterlegen und glaubhaft zu machen, dass sie seit mindestens sechs Monaten, von der Generalversammlung zurückgerechnet, Besitzer der Aktien sind. Vor der Er? nennung sind der Vorstand und der Aufsichtsrat zu hören. Die Ernennung kann auf Verlangen von einer nach freiem Ermessen zu bestimmenden Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.“ § 267. „Der Vorstand hat in den Fällen des § 266 den Revisoren die Einsicht der Bücher und Schriften der Gesellschaft, und die Untersuchung des Bestandes der Gesellschaftskasse sowie der Bestände an Wertpapieren und Waren zu gestatten. Der Bericht über das Ergebnis der Prüfung ist von den Revisoren unverzüglich dem Handelsregister einzureichen und von dem Vorstande bei der Berufung der nächsten Generalversammlung als Gegenstand der Beschlussfassung anzukündigen1). Zum Handelsregister einer Zweigniederlassung findet die Einreichung des Berichts nicht statt Im Falle des § 266 Abs. 2 beschliesst die Generalversammlung, ob die entstandenen Kosten von der Gesellschäft zu tragen sind. Wird der Antrag auf Ernennung von Revisoren durch das Gericht zurückgewiesen oder erweist er sich nach dem Ergebnisse der Prüfung als unbegründet, so haften die Aktionäre, falls ihre Handlungsweise eine bösliche war, für einen der Gesellschaft durch den Antrag entstehenden Schaden als *Gesamtschuldner“
1) Diese an sich sehr weise, den leitenden Organen der Aktiengesellschaften aber manchmal recht unbequeme Vorschrift wird häufig dadurch umgangen, dass man statt völlig neutraler Revisoren sogen. „Prüfungsausschüsse* aus der Mitte der Aktionäre ernennt und diese Ausschüsse das Interesse nicht der Gesamtheit, sondern nur eines bestimmten Klüngels von Aktionären fördern und vertreten lässt.
B. Die Rechtsstellung des Gründungsrevisors.
Was die Wahl der Gründungsrevisoren betrifft, so hat solche nach § 192 in erster Linie durch die Mitr glieder des Vorstands und des Aufsichtsrats zu er? folgen; nur wenn ein Mitglied dps Vorstandes oder Aufsichtsrats zu den Gründern gehört, oder wenn ein Mitglied dieser Organe einen Gründerlohn sich ausbedungen hat, und endlich in allen Fällen qualifizierter Gründung, d. h. also überall da, wo dgs Grundkapital ganz oder teilweise durch Uebernahme sogenannter Sacheinlagen (bereits vorhandene Anlagen, Grundstücke usw») aufgebracht wird, ist unter allen Umständen die Revision durch besondere Revisoren (Gründungsrevisoren) vorzunehmen. Die Bestellung derartiger Revisoren liegt gesetzlich den amtlichen Handelsvertretungen (Handelskammern, kaufmännischen Korporationen u. dgl.) ob, und nur wo eine solche Vertretung nicht besteht, hat die Bestellung durch das Gericht zu erfolgen, in dessen Bezirk die betreffende Gesellschaft ihren Sitz hat. Die Zahl der zu ernennenden Gründungsrevisoren hat stets mindestens zwei zu betragen, da das Gesetz im Plural spricht, und jeder einzelne Revisor hat, völlig unabhängig vom andern, den ganzen Hergang zu prüfen; die Prüfung unter sich zu teilen ist den Revisoren nicht gestattet. Bestimmte Eigenschaften für den Revisor sind nicht vorgesehen, nur ist Geschäftsfähigkeit selbstverständlich unbedingte Voraussetzung; auch folgt aus der Natur der Sache, dass der Revisor nicht selbst zu den Gründern gehören darf, denn er soll eben uninteressiert sein. Personen weiblichen Geschlechtes können, wenn sie den vorstehenden Bedingungen entsprechen, ebenfalls zu Revisoren ernannt werden. Die Gründungsrevisoren stehen -unter der Aufsicht der bestellenden Behörden. Eine ausdrückliche Verantwortlichkeit ist für sie gesetzlich nicht vorgesehen, doch haften sie selbstverständlich gleichwohl für Vorsatz und Versehen und zwar nach der allgemeinen Vorschrift des § 276 B. G. B. Was den von dem Revisor nach § 193 B. G. B. zu erstattenden Bericht betrifft, so ist folgendes zu bemerken. Prüfung und Bericht haben sich nicht nur auf die in § 193 B. G. B. erwähnten Punkte zu erstrecken, sondern es ist auch über die Feststellung des Statuts nach seinen materiellen und formellen Erfordernissen, sowie über die ordnungsgemässe Bestellung der Gesellschaftsorgane, das Vorhandensein einer etwa erforderlichen Staatsgenehmigung und anderes mehr zu berichten. Betreffs der Zeichnung des Grundkapitals, sowie der Einzahlung auf dasselbe und ebenso auch hinsichtlich der für einzelne Aktionäre etwa festgesetzten besonderen Vorteile und hinsichtlich des Handlungsaufwands haben die Revisoren nur die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Gründern gemachten Angaben zu prüfen. Bei Sacheinlagen und Uebernahmen dagegen ist auch zu untersuchen, ob die bezüglichen Beträge als angemessen erscheinen. Unerlässlich ist, dass der Revisionsbericht schriftlich und in doppelter Ausführung erstattet werde und dass die Revisoren beide Exemplare eigenhändig unterzeichnen. Ein Exemplar des Berichts erhält die Behörde, durch welche die Bestellung des Revisors erfolgt ist; das zweite Exemplar ist dem gewählten Vorstand, oder sonst einer der bei der Gründung beteiligten Personen zu übergeben. — Ein Votum über die Qualität der Gründung in ihrer Gesamtheit braucht der Revisionsbericht nicht zu enthalten; zulässig ist dies aber. Ueber Meinungsverschiedenheiten zwischen den amtlich bestellten Revisoren und den Gründern über den Umfang der Erklärungen und Nachweise entscheidet die Stelle, welche die Revisoren bestellt hat, also das Organ des Handelsstandes oder das Gericht. Die Entscheidung ist endgültig, d. h. es kann keine Beschwerde erhoben werden. Die Entschädigung der Revisoren ist dahin geregelt^ dass diese Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und auf Vergütung haben. Beides wird durch die Stelle festgesetzt, welche den Revisor ernannt hat. Setzt das Gericht fest, so greift § 146 des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit Platz. Beschwerde ist hier zulässig. Zahlungspflichtig ist natürlich immer die Gesellschaft, dafern sie zu stände kommt. Haben die Gründer mit den Revisoren vereinbart, dass- sie, und nicht die Gesellschaft die Vergütung zahlen soll,. so ist diese Vereinbarung nicht richtig; denn nur wegen der Höhe ist die Festsetzung durch die Behörde Anspruchsbedingung. Kommt die Aktiengesellschaft nicht zustande, so haben diejenigen Personen die Kosten zu tragen, welche die Revisoren beauftragt haben; ist dies von den Vertretern der „errichteten“ Gesellschaft geschehen, so haften in solchem Falle die sämtlichen Gründer.
C. Die Rechtsstellung des Gelegenheitsrevisors.
Prüfung der Bilanz u.s.w. (d. h. also die Gelegenheitsrevisoren) betrifft, so darf die Ernennung solcher wie wir gesehen haben, sowohl die Generalversammlung als auch eine, ein bestimmtes Aktienkapital repräsentierende Gruppe von Aktionären (die sogenannte Aktionär- Fraktion), verlangen. Ich will die beiden Ernennungsarten getrennt vornehmen.
1. Die Ernennung durch die Generalversammlung. Die Ernennung derartiger Gelegenheits-Revisoren durch die Generalversammlung erfolgt mit einfacher Stimmenmehrheit. Einer Statutenbestimmung, durch welche die Abstimmung erschwert würde, fehlt unter allen Umständen die Rechtsgültigkeit Die Ausführung des Ernennungsbeschlusses ist Sache des Vorstandes unter Ueberwachung des Aufsichtsrats. Die Revisoren sind also durch den Vorstand zu bestellen; doch steht auch nichts entgegen, wenn die Ernennung im Auftrage der Generalversammlung durch den Aufsichtsrat oder durch die Generalversammlung selbst direkt erfolgt Durch die Uebernahme des Amtes treten die Revisoren in ein Vertragsverhältnis zur Gesellschaft Ein Anspruch auf Entgelt steht den Gelegenheits-Revisoren für ihre Mühewaltung gleichwohl nur dann unter allen Umständen zu, wenn sie nicht Aktionäre der Gesellschaft sind; sind sie Aktionäre, so haben sie eine Entschädigung nur dann zu beanspruchen, wenn ihnen eine solche von den Gesellschaftsorgänen ausdrücklich vorher zugestanden worden ist. Soviel über die Ernennung der Gelegenheits-Revisoren durch die Generalversammlung.
2. Die Ernennung durch die Aktionär-Fraktion. In betreff dieser liegen die Dinge weniger einfach. Es wird dieses Recht von Staub (Kommentar zum H. G. B.) in folgenden drei Richtungen abgehandelt:
1. Gerichtliche Zuständigkeit,
2. Gegenstand und Voraussetzungen des Antrags und 8. Verfahren des Gerichts.
1. Zuständig für die Ernennung ist hiernach das Amtsgericht. Und insoweit Vorgänge bei der Geschäftsführung zu prüfen sind, sind immer mir bestimmte, höchstens zwei Jahre zurückliegende Vorgänge gemeint; Gründungsvorgänge dagegen können auch eiriet beliebig früheren Zeit angehören.
2. Die Voraussetzungen des Antrags sind zwingend, und das Gesellschafts-Statut darf weder grössere noch geringere Erfordernisse aufstellen, als sie vöm Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen sind; denn weder soll das vom Gesetzgeber gewollte Untersuchungsrecht illusorisch gemacht, noch dem Einzelaktionär ein dem Missbrauch ausgesetztes Recht zu leicht gewährt werden. Die Voraussetzungen für einen voii der „Aktionär- Fraktion“ einzubringenden Antrag auf gerichtliche Ernennung von Revisoren (zum Zwecke der Prüfung von Gründungs- und Geschäftsführungs-Vorgängen) ergeben sich nach § 266 H. G. B. wie folgt:
a) ein in der Generalversammlung gestellter Antrag auf Bestellung von Revisoren muss vorher abgelehnt sein;
b) es muss glaubhaft gemacht werden, dass bei den betreffenden Vorgängen Unredlichkeiten oder grobe Gesetz- und Statutenwidrigkeiten vorgekommen sind;
c) die Aktionäre müssen ihre Aktien im Betrage von Vio des Grundkapitals bis zur Entscheidung über den Antrag hinterlegen und den sechsmonatlichen Besitz (laubhaft machen. (Trotz des im Gesetz stehenden Plurals änn auch ein einzelner Aktionär, wenn er über den vorgeschriebenen Aktienbesitz verfügt, den Antrag stellen. Wieviel auf die Aktien eingezahlt ist, ist dabei gleichgültig: nur der Nominalbetrag entscheidet. Was die Glaubhaftmachung der erforderten Aktienbesitzer betrifft, So Würde die betr. Bankiersnote über den vor sechs Monaten erfolgten Ankauf genügen.)
3. Das gerichtliche Verfahren charakterisiert sich zunächst als einen Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Zuständig ist, Wie bereits erwähnt, das Amtsgericht. Die Anträge und Erklärungen könneu zu Protokoll des Gerichtsschreibers, oder auch schriftlich ohne jede Förmlichkeit erfolgen. Das Gericht kann von Amtswegen alle erforderlichen Ermittelungen ansteilen und Beweise er* heben. Will es dein gestellten Anttag stattgeben, so hat es vor der Ernennung der Revisoren Vorstand und Aufsichtsrat zu hören; soll der Antrag zurückgewiesen werden, so bedarf es dessen nicht. — Die Entscheidung erfolgt durch eine gerichtliche Verfügung. Bestimmt diese, dass Revisoren ernannt werden sollen, so hat die Gesellschaft das Recht, vor der Ernennung der Revisoren die Hinterlegung einer nach freiem Ermessen zu bestellenden Sicherheit zu verlangen. Die Hinterlegung erfolgt, wenn sie erfolgt, nach den allgemeinen Hinterlegungsvorschriften. Ueber die Rückzahlung der Sicherheit muss, wenn keine Einigung erzielt wird, im Prozesszwang entschieden werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Sicherheit nur für denjenigen Schaden haftet* dessen Ersatz der Antragsteller nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen, insbesondere also nach § 267 Abs. 3 obliegt. Die Verfügung betr. Ernennung von Revisoren hat das Gericht auch den Revisoren zuzustellen, wobei aber festzustellen ist, dass das Gericht die Revisoren nicht zu benennen, sondern nur zu etnennen hat. Die Ernennung liegt in der Zustellung der Verfügung. Erhält diese nichts über die Richtung, in der sich die Revision bewegen soll, so muss das Gericht die Revisoren darüber mit besonderer Weisung versehen. — Gegen die Verfügung ist sofortige Beschwerde an das Landgericht zulässig, gegen die Entscheidung der Beschwerdegerichte weitere Beschwerde ans Oberlandesgericht (in Preussen ans Kammergericht), welches letztere in Konfliktsfällen die Entscheidung dem Reichsgericht zu überlassen hat. — Ernannt werden kann auch ein Revisor. Der Ausdruck „Revisor“ zwingt in diesem Falle (nach Staub, Kommentar zum H. G. B.) nicht zur Annahme des Gegenteils, wie ja auch das Wort „Aktionäre“ im zweiten Absatz nicht nur einer Mehrheit» sondern auch einem einzelnen Aktionär das Recht der Antragstellung verleiht. (Entgegengesetzter Ansicht ist Makover in seinem Kommentar.) Was die Kosten des Antrags betrifft, so trägt sie auf alle Fälle der Antragsteller. Die Gesellschaft kann sie übernehmen, verpflichtet ist sie aber dazu nicht. — Im Uebrigen ist betreffs der Rechtsstellung des Gelegenheits-Revisors noch das Folgende zu bemerken: Es liegt, wenn die .Bestellung durch die Generalversammlung erfolgt, Dienstvertrag bezw. Auftrag nach Titel 6 oder 10 des B. G. B. vor; Werkvertrag (nach Titel 7 des B. G. B.) ist deshalb nicht anzunehmen, weil die Revisionstätigkeit an und fur sich (nicht ihr Erfolg) Gegenstand des Ver* träges ist.1) Erfolgt dagegen die Bestellung durchs Gericht, so befinden sich dieGelegenheits-Revisorenganzinderselben Lage, wie die Gründungs-Revisoren, d. h. sie sind dann ebenfalls als eine Art Beamte anzusehen, indem sie nicht minder unter behördlicher Aufsicht wie diese stehen, und sich sogar etwaigen Instruktionen der bestellenden Behörde ausdrücklich unterwerfen müssen. Allerdings nicht Staatsbeamte sind die Gründungs- und Gelegenheits- Revisoren (und zwar weder Reichsbeamte im Sinne des Reichsbeamtengesetzes noch Landesbeamte im Sinne eines der Partikularrechte, noch Beamte im Sinne des Reichsstrafgesetzbuchs, noch endlich Staatsbeamte im allgemein wissenschaftlichen Sinne, sondern sie nehmen hinsichtlich ihrer rechtlichen Natur die Stellung ein wie etwa der Konkursverwalter nach Reichsrecht, der Vormund nach allgemein bürgerlichem Recht und die preussischen Handelssachverständigeu nach dem preussischen Handelskammergesetz. Auch ist die Tätigkeit des Gründungsund Gelegenheits-Revisors nicht Amtsführung in dem Sinne, dass der Revisor ein Amt bei der Aktiengesellschaft, als einer juristischen Person, bekleidet Ebensowenig darf der deutsche Gründungs- und Gelegenheits- Revisor als Organ der Aktiengesellschaft, wie der englische Auditor, bezeichnet werden; er steht vielmehr völlig ausserhalb (nicht innerhalb) der Aktiengesellschaft.
D. Die Rechtsstellung und Wirksamkeit der sogen, Revisionskommissionen.
In zahlreichen Fällen werden zu Revisoren nicht völlig ausserhalb der Gesellschaft stehende Personen, sondern Aktionäre bestellt, was gesetzlich durchaus als zulässig erscheint; man nennt die Gesamtheit solcher Revisoren gewöhnlich Revisionskommission. Die Bestellung solcher Kommissionen erfolgt zumeist durch die Generalversammlung, doch kann sie selbstverständlich auch von einer Aktionär-Fraktion ausgehn. Auch die den Reihen der Aktionäre entstammenden Revisoren (Revisionskommissionen) treten zur Gesellschaft in ein Vertrags-
1) Genau das Gleiche gilt natürlich auch für alle diejenigen Berufsrevisoren oder sonstige Personen, die irgend einen Revisionsauftrag von der Direktion oder dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft erhalten; derartige Revisoren sind streng an den ihnen erteilten Auftrag gebunden, und wenn ihnen dieser aus irgend einem Grunde nicht genehm ist, so müssen sie ihn eben ablehnen; davon abweichen dürfen sie nicht nach Belieben.
Verhältnis; sie haben aber, wie wir bereits öben gesehen, eine Entschädigung für ihre Arbeit gleichwohl nur dann zu beanspruchen, wenn ihnen eine solche von den Gesellschaftsorganen ausdrücklich zugebilligt worden ist; ist letzteres nicht der Fall, dann müssen sie sich eben mit den idealen Verdiensten begnügen, die sie sich um die Gesellschaft möglicherweise erworben haben. Was die revisions – technische Wirksamkeit der „Revisionskommissionen“ betrifft, so würde es im allgemeinen nicht der Wahrheit entsprechen, wollte man sie als besonders segensreich bezeichnen. Man wird im Gegenteil nicht umhin können, die etwas herbe Charakteristik, die ihr einer meiner vereidigten Fachkollegen (H. Fellmeth in München) in einer kleinen Schrift über „Bücherrevision , der Aktiengesellschaften und Privatgeschäfte“ angedeihen lässt, für durchaus zutreffend zu halten; diese Charakteristik lautet wörtlich wie folgt: „Bei den Aktiengesellschaften besteht vielfach die Gewohnheit, aus dem Kreis der Aufsichtsratsmitglieder (der Aktionäre) sogenannte Revisionskommissionen zu bilden. Ich kann mich nicht entschliessen, ihr Wirken für besonders erspriesslich zu halten, und wer wie ich Gelegenheit gehabt, ihren Prüfungsarbeiten beizuwohnen} den werden die bei Aktiengesellschaften so oft vorkommenden Bilanzverschleierungen und sonstige gesetzwidrige Transaktionen, die nicht allein den Vorstand, sondern auch die Aufsichtsräte dem Strafrichter überliefern, nicht eben Wunder nehmen.“.
E. Sogenannte Normativbestimmungen der Handelskammern und Ausbau der Berufsrevision.
Die weitaus meisten Bestellungen von Gründungsund Gelegenheits-Revisoren erfolgen tatsächlich durch die Handelskammern, und diese haben sich’s angelegen sein lassen, nicht bloss bei der Bestellung der Revisoren bestimmte Grundsätze zu befolgen, sondern auch Regulative, Normativbestimmungen und dergleichen für die Revisoren aufzustellen* 1); allein jene Grundsätze haben im Lauf der Zeit zum guten Teil entweder wieder aufgegeben werden
1) So hat z. B. die Münchener Handelskammer folgende Normativbestimmungen für die Ausführung von Revisionen erlassen: „Dem Revisionsbericht sind folgende Urkunden und Schriftstücke zu Grunde zu legen: 1. der Prüfungsakt des Vorstandes und des Aufsichtsrats; 2. die notarielle Urkunde über die Errichtung der Gesellschaft^
müssen, oder sie sind bei einem durchgreifenden Wechsel in der Zusammensetzung der Kammer unbeachtet gelassen worden, und bei einzelnen Regulativen usw« ist wohl auch über die Kompetenz der Kammer hinausgegangen worden, so dass die eine oder andere Bestimmung nur insoweit Geltung besessen hat, als sie freiwillig befolgt worden ist. In jedem Fall aber kommt allen solchen Normen und Grundsätzen keine allgemeine Bedeutung zu, was sehr zu beklagen ist, da das Revisionswesen ein festes Rückgrat unter solchen Umstanden nicht zu erlangen vermag. Wenn unser Revisionswesen von innen heraus erstarken und gesunden soll, so ist es unbedingt nötig, dass die ständige Revision auch für die Aktiengesellschaft als gesetzliches Zwangserfordernis gesetzlich festgelegt wird, und dass zu ständigen Revisionen sowohl, wie auch zu Gründungs-und Gelegenheits-Revisionen, wenn nicht ausschliesslich, so doch in erster Linie die Berufsrevisoren, voran die vereidigten, berufen werden; nur Uebung macht bekanntlich den Meister, uud nur wenn das Revidieren häufig geübt und angemessen honoriert wird, wird es auch möglich sein, wirklich leistungsfähige Revisoren und Revisionsanstalten zu schaffen; ebenso wird’s auch erst dann zu einer ausgiebigen Rechtssprechung übers Revisionswesen kommen. — Ich komme auf diese Dinge übrigens später noch ausführlicher zurück.
3. für den Fall, dass die Gesellschaft ein Geschäft zum Zwecke der Fortführung übernimmt: a) die erste Vermögensaufstellung (Bilanz); b) die Spezifikation der übernommenen Immobilien, Maschinen, Vorräte usw., soweit eine solche nicht aus dem Notariatsakte zu entnehmen ist nebst Angabe des Wertanschlages; c) die Urkunde der königl. Brandversicherungskammer j d) einen Auszug aus den Büchern des Vorbesitzers zurückgehend bis auf mindestens vier Jahre, woraus ersichtlich ist? zu welchen Ansätzen die übergegangenen Vermögensstücke in den einzelnen Jahren zu Buch gestanden, sowie welcher Reingewinn erzielt wurde. Dem Ermessen der Revisoren bleibt überlassen: a) die Besichtigung der überlassenen Vermögensstücke; b; die Beschaffung spezieller Gutachten unbeteiligter Sachverständiger über die angeschlagenen Werte der Vermögens? stücke: c) die Einsichtnahme der Bücher; d) die Verzichtleistung auf die Ausfolgung einzelner der genannten Schriftstücke, und e) die Art und Weise, in der sie sich Uebeizeugtmg über die erfolgte Zeichnung und Einzahlung des Grundkapitals verschaffen.*
IV. Der Gemeinde-Revisor. A. Allgemeines.
Wenn man vom Finanzwesen einer Gemeinde spricht, so versteht man unter „Gemeinde“ gewöhnlich die politische, d. h. die Ortsgemeinde; es bestehen aber in oder neben der Ortsgemeinde auch noch gewisse Sondergebilde mit besonderen Verwaltungsaufgaben, wie z. B. Schulgemeinden, Kirchgemeinden, Flurgemeinden, Deichgemeinden und Interessengenossenschaften für Bewässerungs- und Entwässerungsanlagen, Wegebau, Meliorationen, Berg- Werksbetriebe u. a., und diese gemeindlichen Sondergebilde besitzen entweder selbst ein gewisses Sondervermögen mit aus diesem Besitz folgender Verwaltung und Finanzwirtschaft, oder die betreffenden Verwaltungen stecken mit im allgemeinen Gemeinebetrieb. Dann kommen aber auch Vereinigungen mehrerer Gemeinden und Einverleibungen von Vororten vor, wie auch umgekehrt zuweilen eine Ortschaft in mehrere Gemeinden zerfallt; in solchen Fällen kann entweder völlige Sonderverwaltung oder gemeinschaftliche Verwaltung der gesondert gehaltenen Vermögen öder vollständige Verschmelzung der ursprünglich geschiedenen Vermögen in Frage sein. Hieraus folgt, dass Ortschaft und Gemeinde durchaus nicht immer dasselbe ist. Erfolgt die Finanzverwaltung verschiedener kommunaler Körperschaften von einer gemeinschaftlichen Stelle aus, so sind die Nachweise über die Verwaltung jedes Einzelvermögens und die Aufzeichnungen über die finanziellen Verhältnisse jeder Körperschaft natürlich getrennt zu halten. Gestalt und Ordnung des kommunalen Finanzwesens zeigt bei uns in Deutschland naturgemäss noch ein sehr buntes Bild, denn die deutsche Einheit hat bekanntlich wohl an einzelnem geleckt, doch bei weitem noch nicht sich aufs ganze erstreckt; aber die Grösse der Gemeinde, sowie Art und Umfang ihrer Verwaltungsaufgaben spielen dabei natürlich auch eine Rolle, und wahrscheinlich die grössere ’)
1) Auch selbst in Preussen, wo den Stadtgemeinden — im Gegensatz zu manchen anderen deutschen Staaten — das Selbstverwaltungsrecht auch in Bezug auf die Abnahme und Entlastung ihrer Jahresrechnung zugestanden ist, scheint im Rechnung^-, Kassen- und Revisionswesen noch ein ziemlich buntes Durcheinänder zu herrschen, und die erforderliche Sicherheit nicht überall gewährleistet zu sein. Zwar ist man bekanntlich bestrebt, diese Dinge möglichst für ganz
Bei kleinen Gemeinden wird in der Regel die Prüfung durch einen Beamten des Bezirksverwaltungsamtes oder auch von einem von den Gemeindeorganen hierzu beauftragten anderen Beamten vorgenommen. Mittlere und grössere Gemeinden dagegen pflegen sich einen eigenen Gemeinderevisor zu leisten, während bei den grossen Verwaltungen ein aus mehreren Beamten zusammengesetztes Revisionsbüreau (Rechnungsamt) besteht. Es ist naturgemäss zunächst Aufgabe der Verwaltungsbehörde, dafür zu sorgen, dass die Jahresrechnung rechtzeitig aufgestellt und geprüft werde. Ueberall da aber, wo ein eigener Revisionsbeamter angestellt oder ein organisiertes Revisionsbüreau vorhanden ist, wird man die Sorge um rechtzeitige Fertigstellung der Jahresrechnung und um Einleitung und Fortführung der Prüfungsverhandlungen wohl besser jenen besonderen Revisions-Instanzen überlassen. Die Rechnungsprüfung bei den Gemeindeverwaltungen pflegt sich im allgemeinen sowohl auf die Richtigkeit des Zahlenwerks, als auch auf die Rechtmässigkeit der Einnahmen und Ausgaben und die Bestände zu erstrecken, und sie ist sonach dreifacher, d. h. formeller (kalkulatorischer), materieller und rechtlicher Art Technisch spielt sich diese Prüfung im allgemeinen wie folgt ab: Es wird untersucht, ob alle Einahmen und Ausgaben ordnungsmässig belegt sind, und ob die in Rechnung gestellten Beträge 1. den Belegen und 2. den allgemeinen Rechnungsvorschriften und besonderen Anordnungen der Verwaltungsbehörde entsprechen. In allen Fällen wo nicht der Revisionsbeamte, sondern irgend ein anderer Beamter die Belege festgestellt hat, wird die Richtigkeit der Belege durch Stichproben geprüft Ueberhaupt noch nicht festgestellte Belege werden vom Revisionsbeamten geprüft und nachgerechnet, wie denn dieser auch festzustellen hat, ob der Text der Rechnungen sachgemäss und richtig abgefasst und die Einordnung der Rechnungsposten nach Massgabe der Etats und etwa vorhandener besonderer Vorschriften erfolgt ist.
Deutschland — wenigstens in den Grundzagen — einheitlich za regeln und auszugestalten, aber wer den genius saeculi in Deutschland genau kennt, der wird an einen durchgreifenden Erfolg dieser Bestrebungen für absehbare Zeit kaum zu glauben vermögen.
Sein besonderes Augenmerk richtet der Revisor auf die Addierung der Seitensummen, der Ueberträge sowie der Zusammenstellung aller Einzelsummen zu Schluss- und Hauptsummen, und ebenso sorgfältig prüft er, ob alle von der vorigen Jahresrechnung ausgewiesenen Bestände und Gewährschaftsmittel mit den richtigen Beträgen in die vorliegende Rechnung übertragen, und alle nach der vorigen Jahresrechnung feststehenden Einnahmen und Ausgaben unverändert in die neue Rechnung übernommen und etwaige Aenderungen ordnungsmässig belegt sind. Ebenso wird nachgesehen ob 1. alle näheren Bestimmungen und Bezeichnungen bei Einnahmen und Ausgaben, besonders aber ob Angaben über Nummer, Grösse, Gewicht, Mass, Zahlungstermine, Empfänger oder Zahlungspflichtige aus Vorrechnung oder Belegen richtig herübergenommen sind; 2. ob alle Reste richtig eingestellt und alle der späteren Erledigung vorbehalteuen Differenzen aus der Vorrechnung ordnungsgemäss erledigt sind; 3. ob nicht etwa in früheren Jahren zu Recht erfolgte Einnahmen im letzten Rechnungsjahr irrtümlicher Weise unterblieben, oder Ausgaben etwa doppelt oder zu Unrecht geleistet, oder auch nur doppelt oder zu Unrecht gebucht worden sind; 4. ob bei den Einnahmen und Ausgaben überall die richtigen Tarif- und Gebührensätze angewendet und keinerlei Verstösse gegen die gesetzlichen Vorschriften begangen sind; ferner ob Erhebungen und Leistungen stets im Einklang mit den Etatsvorschriften oder den Beschlüssen der Verwaltungsoder Ueberwachungsorgane sich befunden haben. Endlich werden die einzelnen Rechnungspositionen mit dem Etat verglichen und etwaige Etatsüberschreitungen und andere ungerechtfertigte Abweichungen festgestellt, wie denn selbstverständlich auch alle den gesetzlichen oder administrativen Vorschriften zuwiderlaufende Anordnungen und Zahlungsanweisungen beanstandet und einzeln bezeichnet werden müssen. Nach Beendigung der Revision wird über diese eingehend Bericht erstattet, und dieser Bericht vorerst dem verantwortlichen Rechnungsführer zur Aufklärung oder Erläuterung der bemängelten Posten überlassen; erst wenn alles geklärt und richtig gestellt ist, wird der Bericht samt allen Protokollen über die gepflogenen AufklärungsVerhandlungen behufs Erlangung der Entlastung den zuständigen Organen übergeben. Trotz der erhaltenen Entlastung aber bleibt der verantwortliche Rechnungsführer auch ferner noch haftbar: 1. für Rechenfehler, die erst später zutage treten; 2. für alle Differenzen, die an Hand der Rechnung und der Belege nicht aufgeklärt werden konnten; 3. für alle erst nach der Rechnungslegung und Prüfung sich herausstellenden Handlungen oder Unterlassungen doloser Art
B. Leitsätze Mr’s kommunale Rechnungs und Revisionswesen.
Die Ausführungen des vorigen Abschnitts sind im grossen und ganzen dem preisgekrönten Constantin i’sch en Werk über das Kassen- und Rechnungswesen der deutschen Stadtgemeinden entnommen1); möge sich der Leser nun noch die nachfolgenden Gedankengänge aus der Kramer’schen Schrift über die Vornahme von Kassen- und anderen Revisionen 2) freundlich gefallen-‚ lassen; der Verfasser, der Oberrevisor der Stadt Frankfurt a-M. ist, lässt sich u. a. ungefähr wie folgt vernehmen: „Noch wichtiger als die Auswahl der geeigneten Personen für die Wahrnehmung von Kassengeschäften und Revisionen ist die Schaffung solcher systematisch ineinaudergreifenden verwaltungsmässigen Kontrolleinrichtungen, vermöge deren die vorzunehmenden Revisionen nur als sicher und rechtzeitig funktionierende Schlussglieder eines Ringes von Vorsichtsmassregeln erscheinen“
„Anordnung (Verwaltung), Ausführung (Kasse) und Revision sind derart scharf von einander zu trennen, dass anordnende, ausführende und revisorische Befugnisse niemals einer und derselben Dienststelle oder Person zustehen, sondern jede Dienststelle oder Person immer nur Funktionen des einen oder anderen jener drei Geschäftskreise wahrzunehmen hat“
l) E. Constantins, das Kassen- und Rechnungswesen der deutschen Stadtgemeinden. Leipzig, F. Leineweber. *) Gottfried Kramer, die Verwaltung der städtischen Kassen und die Vornahme von Kassen- und anderen Revisionen. Berlin, Carl Heymanns Verlag — Von demselben Verfasser ist kürzlich — bei F. Leineweber in Leipzig — auch noch ein grösseres Werk über das Etats-. Rechnungs-, Kassen- und Revisionswesen erschienen.
„Eine bedingungslos aulzustellende Forderung ist ferner die, dass die Art der Buchführung bei den einzelnen Verwaltungen eine vollkommen einheitliche sei. Die alte Streitfrage, ob für städtische Kassen und Verwaltungen die kameralistische oder die kaufmännische Buchführung sich besser eigne, kann dabei ganz unerörtert bleiben; es genügt zu erwähnen, dass, wenn auf der einen Seite die bei den Behörden übliche aktenmässige Geschäftsbehandlung und die durch die oft sehr weitgehende Spezialisierung des Etats bedingte besondere Einrichtung der Kassenbücher die Anwendung der kameralistischen Buchführung zu erfordern scheint, auf der anderen Seite wieder selbst grössere deutsche Städte die regelrechtedoppelt-italienische Buchführung eingerichtet haben und sehr zufrieden damit sind.“1).
„In betreff der Kassenrevisionen schreibt die (preussische) Städteordnung vor, dass zu solche? Revisionen nicht nur Magistratsmitglieder, sondern auch der Stadtverordneten-Vorsteher oder ein oder mehrere Stadtverordnete zuzuziehen sind.
Die Art der technischen Ausführung solcher Revisionen dagegen ist völlig ins Belieben der einzelnen Verwaltungen gestellt. Und da muss denn nun mit Entschiedenheit gefordert werden, dass die Revision eine absolut lückenlose und allumfassende sei. Es genügt nicht, dass man nur einfach die Geldbestände zähle, sowie die Sollbestände mit den Büchern vergleiche und dann noch eine grössere oder geringere Anzahl von Stichproben zwischen Büchern und Belegen vornehme, sondern es muss rechnungsmässig untersucht werden, erstens ob alle Bücher unter sich stimmen (d. h. also ob alle Ueberträge richtig sind), und zweitens ob sämtliche Belege, Kontrollen und sonstige Unterlagen an sich richtig und auch mit den Büchern in Uebereinstimmung sind. Selbstverständlich kann und soll die Vornahme so umfassender und eindringender SpeziakRevisionen nicht Sache einzelner Stadtverordneter und Magistratsmitglieder sein, sondern es sind damit stets und unter allen Umständen fachmännisch geschulte,
1 In Italien bedient sich schon seit langem selbst die Staatsverwaltung picht mehr der kameralistischen, sondern der doppelten Buchführung. Wie denn Italien auch der einzige JCulturstaat sein durfte, in dem eine förmliche Universität speziell für Kaufleute besteht.
besondere Rechnungsbeamte zu betrauen. Das sein Ressort voll beherrschende Magistratsmitglied, und der im praktischen Erwerbsleben stehende Stadtverordnete, sollen dabei zwar naturgemäss nicht völlig ausgeschaltet werden, aber sie sollen sich darauf beschränken, bei der Kassen* revision den Geldbestand festzustellen und ihn mit dem Sollbestand zu vergleichen; und ferner sollen sie sich durch eine mehr nur überschauende und allgemeine Prüfung der gesamten Geschäftshandhabung und des Zustandes der Buchführung, in Verbindung mit zweckmässigen Stichproben (die sich übrigens auch auf die Tätigkeit des mit der) Spezialrevision betrauten Bücherrevisors erstrecken müssen), die Ueberzeugung verschaffen, dass die Kassensicherheit gewährleistet und das Kassenwesen in seinen Grundzügen ein geordnetes sei.“ „Selbstverständlich darf die Vornahme einer Kassenrevision dem Kassenpersonal vorher nicht bekannt gegeben werden, vielmehr muss der Revisor stets völlig unvermutet kommen. Bleibt diese Vorsichtsmassregel unbeachtet, so werden Kassenapparat und Geschäftshandhabung nie ihr Alltagsgewand zeigen, sondern sie werden gleichsam wie im Sonntagsstaat, wie in Parade vorgeführt, und von einem sicheren Schluss auf ihre wahre Wesenheit kann dabei natürlich nicht die Rede sein. — Um zu verhindern, dass ein Kassierer dem andern mit Geld zur Deckung von etwaigen Fehlbeträgen aushilft, hat man den Grundsatz aufgestellt — und zwar zum Teil sogar auch bei staatlichen Verwaltungen —, dass die Revision sämtlicher Kassen an einem und demselben Tag zu erfolgen habe. Dieser Grundsatz sollte aber so schnell als möglich wieder aufgegeben werden; denn abgesehen davon, dass die die Revision ausführenden Magistratsmitglieder,Stadtverordneten und Bücherrevisoren kaum im stände sein werden, alle Kassen einer grossen Verwaltung in zweckentsprechender Weise an einem einzigen Tag zu revidieren, wird der gedachte Zweck durch unvermutete Revisionen ja auch viel gründlicher und besser erreicht.“ „In die Revision einzubeziehen ist selbstverständlich auch der gegenseitige Kontokorrent-Verkehr der einzelnen Kassen, sowie der Giroverkehr mit der Reichsbank und der sonstige Bankverkehr.“ „Sowohl in staatlichen wie auch in städtischen Verwaltungen werden die mit den Kassenrevisionen ztt verbindenden Bücherrevisionen häufig im Nebenamt und abwechselnd auch von Beamten der Rechnungsbureaus (Kalkulatoren) ausgeführt. Dies ist ein unbedingt verwerflicher Gebrauch. Denn entweder sind diese Rechnungsbeamten bei der Feststellung der Belege und der Ausfertigung der Kassenanweisungen oder der Führung der Kontrollen gegen die Kassen beteiligt, und dann sind sie nicht als genügend uninteressiert und unabhängig zu betrachten, da ja auch ihnen bei ihrer gewöhnlichen Rechnungstätigkeit Fehler unterlaufen, die leicht zu einem auf gegenseitiger Schonung beruhenden vertrauten Verhältnis zwischen Kontrolleur und Kontrollierten führen. Oder es werden mit der Bücherrevision Beamte betraut, die mit dem eigentlichen Rechnungsund Kassenwesen wenig oder nichts zu tun und infolge dessen keine ausreichende revisorische Befähigung haben. In solcher Weise ausgeführte Revisionen können ihren Zweck unmöglich erfüllen; ja sie werden oft sogar direkt Schaden stiften, oder doch eine blose Farce sein. Will man die Bücherrevisionen zu wirklich wirksamen gestalten, so betraue man mit ihnen nur entsprechend geschulte, durch keinerlei Verwaltungstätigkeit abgelenkte Berufsrevisoren; sie allein besitzen praktisdie wie theoretische Dienstkenntnis, Gewandheit, Scharfsinn und Unabhängigkeit genug, um eine Revision in jedem Betracht zufriedenstellend und zweckdienlich ausführen zu können“
„Sehr zu empfehlen ist — besonders im Interesse einer gründlichen und zweckdienlichen Prüfung der Jahresrechnungen — die Zusammenlegung der Bücherund Rechnungsrevision; sie vermittelt nicht nur eine genaue Kenntnis des gesamten Rechuungs- und Kassenbetriebs, sondern hebt auch die Stellung des Revisors und die Bedeutung seiner Tätigkeit.“ „Höchst zopfig und gefährlich ist die noch fast überall zu findende Gepflogenheit, die Jahresrechnung ~ ein oder mehrere Jahre nach erfolgtem Jahresabschluss prüfen zu lassen. Mit dieser Gepflogenheit muss unbedingt und so schnell als möglich gebrochen werden; denn durch sie wird die Revision leicht Selbstzweck und leerer Formelkram. Keiner der zu beanstandenden Geschäftsvorfälle darf so weit zurückliegen, dass sich die beteiligten Beamten seiner absolut nicht mehr zu erinnern vermögen, da die erforderliche Aufklärung sonst entweder ganz unmöglich oder doch unverhältnismässig schwierig wird; ganz abgesehen davon noch, dass die betreffende Dienststelle inzwischen längst anderweit besetzt sein kann. Muss sich die Revisionsstelle zu oft notgedrungen mit unzureichenden oder ausweichenden Antworten auf Beanstandungen begnügen, so wird dadurch nicht nur die Zuverlässigkeit der Revision, sondern am Ende auch der Revisor selbst diskreditiert. Vom Magistrat bis zum jüngsten Beamten und Hilfsarbeiter herab muss an allen Stellen die Ueberzeugung bestehen, dass vom Revisor so leicht keinerlei Mängel und Fehler im Reclinungs- und Kassenwesen übersehen und unbeanstandet übergangen werden, und dies ist nur dann zu erreichen, wenn die Revision nicht verspätet, sondern zur rechten Zeit einsetzt; zur rechten Zeit aber setzt die Revision nur dann ein, wenn sie der Belagsaufstellung und Zahlung auf dem Fusse folgt und so betrieben wird, dass sie ihr Ende kurz nach Fertigstellung des Jahresabschlusses erreicht.1) Mit anderen Worten: die Revision soll sich in der Hauptsache auf die noch frische Gegenwart, nicht auf die schon mehr oder minder verblasste Vergangenheit beziehen, da es nur so als möglich erscheint, Unregelmässigkeiten rechtzeitig aufzudecken und wirksam zur Sprache zu bringen. Zur Ausgestaltung der Revision in diesem Sinne wird es notwendig sein, dass der Revisor die Belege schon wenige Tage nach erfolgter Zahlung mit dem Kassenjournal vergleicht, sowie erstmalig auf richtige Anweisung und Quittung prüft und ihre nochmalige Benutzung mittels Durchlochens oder Durchstreichens unmöglich macht. Ausserdem sind die Kassenbelege allmonatlich an einem bestimmten Tage endgültig abzunehmen und vollständig durchzuprüfen, sowie mit den Kassenbüchern und Hauptbüchern sorgsam zu vergleichen.“
„Es ist bereits erwähnt worden, dass die Revision — entgegen dem zur Zeit noch vielfach herrschenden Gebrauch — nicht bloss eine formelle und auch nicht bloss eine formelle und materielle sein darf, sondern dass sie sich auch auf die wirtschaftliche Seite der Dinge zu erstrecken hat.
In formeller Beziehung muss festgestellt werden, ob die Belege vorschriftsmässig aufgestellt, bescheinigt und vollzogen sind und ob sich die Form der Quittungsleistung durchweg als rechtsgültig erweist. Die rechnerische Nachprüfung der bereits vor der Zahlungsanweisung
1 Es wird hier also — und zwar mit vollem Rechte — Dasjenige gefordert, was man gewöhnlich als ständige Revision bezeichnet; es war von ihr sdion früher die Rede und auch bei späteren Gelegenheiten werde ich noch von ihr zu sprechen haben.
als rechnerisch richtig bescheinigten Belege braucht dabei keine allumfassende zu sein; vielmehr wird die Feststellung, ob sicher und zuverlässig gerechnet worden ist, kaum mehr als eine stichweise Nachprüfung — von etwa fünf bis zehn °/o aller Belege — erfordern, wobei a*ller dings Belege mit grossem Rechnungswerk der *Nach prüfung vorzugsweise bedürfen, Die materielle Prüfung hat zu untersuchen, ob bei den städtischen Hinkünften, Abgaben und Steuern, sowie bei Anweisung und Zahlung der durch die *Ausgabe belege nachgewiesenen Beträge, und ferner auch bei der Verwaltung von städtischem oder Stiftseigentum nach den massgebenden Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsgrundsätzen verfahren worden, und ob die Erhebung und Zahlung rechtzeitig und vollständig erfolgt ist Durch die wirtschaftliche Prüfung endlich soll unter Vergleichen der vorjährigen Ergebnisse und früher oder anderweit bezahlter Preissätze festgestellt werden, ob bei den Einnahmen die Interessen der Stadt überall gewahrt, und bei den Ausgaben wirtschaftlich und sparsam verfahren worden ist“
„Aber nicht nur das Kassen- und Rechnungswesen ist regelmässig zu revidieren, sondern auch alles, was Inventar- und Materialbestand heisst In jedem städtischen Haushalt finden sich Materialien und I*nventar stücke, die sich mehr oder minder leicht versilbern oder in Privathaushalten verwenden lassen (wie z. B. Metalle, Hölzer, Viktualien in Kranken- und Armenhäusern), und wenn diese, was leider noch immer häufig der Fall, nie systematisch kontrolliert werden, so wirkt dies leicht wie eine unmittelbare Verleitung zur Unredlichkeit; es wird nicht nur zu direkten Entwendungen und Veruntreuungen, sondern auch zu sträflichem Einverständnis zwischen Beamten und gewissenlosen Lieferanten führen. Solchen Gefahren beugt die regelmässige Revision ebenso vor, wie denjenigen, die aus unsachgemässer Behandlung und Verwahrung der Vorräte sowie aus ungenügender Beaufsichtigung und mangelhaftem Verschluss der Lagerräume und aus nachlässiger Buchführung entstehen; denn alle Uebelstände dieser Art werden vom Revisor aufgedeckt und zur Sprache gebracht “ „Endlich sind auch sogenannte Geschäfts- und Baurevisionen nötig. Zwar kommt ihnen nur ein sog. Ordnungswert zu, aber auch die blosse Ordnung wirkt produktiv, und insofern haben Ordnungsrevisionen nicht minder wirtschaftlichen Sinn und Wert als administrativjuristische und materiell-kalkulatorische. Es wird bei den Baurevisionen vor allem darauf zu sehen sein, ob die Geschäftsführung der betr. Stelle streng nach den bestehenden Vorschriften erfolgt, und ob insbesondere die gegen die betr. Kasse zu führenden Einnahme- und Ausgabekontrollen, sowie alle zur ständigen Vorbereitung und laufenden Uebersicht der Geschäfte notwendigen Hilfsbücher Kontrollen, Terminkalender, Registerkarten, Vertragsbücher, Akten u. s. w. ordnungsgemäss angelegt und richtig geführt sind; ausserdem aber ist bei solchen Revisionen auch festzustellen, ob nach den bestehenden organisatorischen Einrichtungen die Unterlagen für die Rechnungs- und Veranlagungsgeschäfte den mit der Kontrollfuhrung und Rechnungslegung betrauten Beamten derart zugefertigt werden, oder zugänglich sind, dass eine völlig sichere, lückenlose und rechtzeitige Bearbeitung aller Rechnungs- und Kassengeschäfte als gewährleistet erscheint.0 „Wird die Aufgabe des Revisors im Sinne des Vorstehenden erfasst und gestellt, dann wird das ganz von selbst zu einer wesentlichen Vertiefung und zu erhöhter praktischer Wirksamkeit des kommunalen Revisionswesens führen. Nicht auf einzelne Teile des rechnerischen Gewebes darf der Revisor seine Prüfung beschränken, sondern das ganze Gewebe hat er prüfend zu überschauen; nicht bloss die technische Seite des Rechnungswesens soll seine Domäne sein, sondern auch die ökonomische. Denn Zahlen sind nur Ausdrucksformen für Werte, nicht die Werte selber, und nie wird daher der Revisor die wirtschaftliche Wahrheit ermitteln, wenn er sich auf die blosse Prüfung der Zahlen beschränkt;1) der Revisor, der das tut, gleicht dem Manne, der den inneren Wert eines Menschen nur an dessen Rock abmisst“
C. Die städtischen Revisionseinrichtungen in Frankfurt a. M.
Nach den vorstehend skizzierten Grundsätzen ist beispielsweise das Finanz- und Revisionswesen der Stadt; Frankfurt a. Main organisiert, und man darf sagen
1) Das mögen sich auch diejenigen Revisoren gesagt sein lassen,, die sich dazu hergeben, bei Aktiengesellschaften bloss die Ueberein- stimmung der Bilanz zahlen mit den entsprechenden Saldo zahlen der Bücher zu besdieinigen. Rin Bücherrevisor, der das tut, schädigt nicht nur empfindlich das Ansehn des höchst bedeutungsvollen Revisorenberufs, sondern macht sich auch moralisch zum Mitschuldigen gewissenloser Direktoren und pflichtvergessener oder unfähiger Aufsichtsrats— mitglieder.
dass die betreffenden Einrichtungen mustergültig in jeder Beziehung sind. Die „Finanzordnung“ der Stadt Frankfurt a. M. zerfallt in folgende sechs Teile:
I. Etatsordnung
II. Rechnungsordnung
III. Inventarien- und Materialienordnung
IV. Kassenordnung V. Revisionsordnung
VI. Sonstige Vorschriften materiellen Inhalts.
Von diesen sechs „Ordnungen11 kommt hier naturgemäss nur die „Revisionsordnung“ in Frage und diese ist in folgende sechs Abschnitte zerlegt: I. Aufgaben der Rechnungsrevisionsbüreaus und der Revisionsbeamten
II. Prüfung der Belege
III. Revision der Kassenbücher
IV. Kassenrevisionen
V. Geschäftsrevisionen
VI. Revision und Feststellung der Jahresrechnungen. Erteilung der Entlastung.
VII. Sonstige Bestimmungen
Angehängt ist der Revisionsordnung ein „Regulativ betreffend die Einrichtung des städtischen Rechnungswesens“ und eine „Büreau-Ordnung für das Rechnungs- Revisionsbüreau.“ Die letztere kann hier füglich übergangen werden, aber vom ersteren dürften wenigstens die ersten 5 Artikel interessieren und diese lauten wie folgt:
Art. 1.
„Zur Kontrolle des gesamten Buch-, Kassen- und Rechnungswesens der städtischen Verwaltung zu Frankfurt a. M. und der unter Aufsicht derselben stehenden Anstalten, Schulen, Stiftungen u. s. w. wird ein Rechnungs-Revisions-Büreau eingesetzt.
Art. 2.
Das Rechnungs-Revisions-Büreau steht unmittelbar unter dem Magistrat. Die Oberaufsicht über dasselbe führt der erste Bürgermeister bezw. ein von ihm bezeichnetes Magistratsmitglied.
Art. 3.
Das Rechnungs-Revisions-Büreau besteht aus einem Oberrevisor als Vorsteher und den erforderlichen Revisoren, deren Anzahl zunächst vier beträgt Die Beamten sind sämtlich besoldete Gemeindebeamte und haben vor der definitiven Anstellung als Revisoren regelmässig eine dreijährige Probezeit im Revisions-Bureau zu bestehn.
Art. 4.
Den Beamten des Rechnungs-Revisions-Büreaus liegt in erster Linie die Prüfung der Jahresrechnungen unter eigener Verantwortlichkeit ob. Zweck und Aufgabe dieser Prüfung ist — neben der Feststellung der Richtigkeit in den Zahlen — die Kontrolle,
ob die einzelnen Verwaltungen nach den bestehenden Gesetzen, Verordnungen, Instruktionen und Etats gewissenhaft geführt, Einahmen und Ausgaben gehörig nachgewiesen und die den Verwaltungen bewilligten Summen bestimmungsgemäss verwendet worden sind; und ob nach den aus den Rechnungen sich ergebenden Resultaten der Verwaltung Abänderungen notwendig oder rätlich sind.
Bei Prüfung der Richtigkeit in den Zahlen kann das Rechnungs-Revisions-Büreau bei Belegen, die als Unterlage für die Jahresrechnungen dienen (Kassenanweisungen, Steuerrollen u. dgl.) sich auf die Vornahme von Stichproben beschränken
Die Mitwirkung des Revisionsbüreaus bei Ueber- wachung des laufenden Rechnungs- und Kassendienstes wird durch besondere Anweisungen geregelt.
Art. 5.
Das Rechnungs-Revisions-Büreau ist berechtigt, von den Amtsstellen jede bei Prüfung der Rechnungen u. s. w. für erforderlich erachtete Auskunft sowie die Einsendung der betr, Bücher, Akten und Schriftstücke zu verlangen.
Die Erinnerungen des Revisionsbüreaus sind in kürzester Frist zu erledigen. —
Diesen 5 Artikeln aus dem „Regulativ betr. die Einrichtung des städtischen Rechnungswesens“ gliedere ich hier noch die folgenden §§ aus den einzelnen Abschnitten der „Revisionsordnung“ an:
I. Aufgaben des Rechnungsrevisionsbureaus und der Revisionsbeamten
§1 Aufgaben des Rechnungsrevisionsbureaus
1. Die dem Rechnungsrevisionsbureau gemäss Art 1 und 4 des Regulativs vom 8. Dezember 1896, betreffend die Hinrichtung des städtischen Rechnungsrevisionswesens, obliegende Kontrolle des gesamten städtischen Buch-, Kassen- und Rechnungswesens bezieht sich auf; (Umfang der Revision)
a) sämtliche im städtischen Haushaltsplan enthaltenen Kredite und sämtliche ausser- etatsmässsigen Fonds der städtischen Verwaltung insbesondere auch
1. das gesamte städtische Hinterlegungswesen,
2. die Verwaltung der städtischen Schuldverschreibungen und Zinsscheine nebst etwaigen Interimsscheinen,
3. den Bank- und Chekverkehr;
b) die im Anhang des städtischen Haushaltplans aufgeführten Stiftungen;
c) die im § 1 der Stiftungsordnung vom 29. Dezember 1899 bezeichneten öffentlichen milden Stiftungen;
d) die unter städtischer Rechnungskontrolle stehenden Stiftungen und Anstalten.
2. Das Bureau bewirkt namentlich:
a) die formelle, materielle und wirtschaftliche Revision sämtlicher Hinnahme- und Ausgabebelege einschliesslich der Beläge sowie die stichweise Revision des Veranlagungsmaterials über die zu erhebenden Steuern, Gebühren, Beiträge, Mieten, Zinsen usw.; ( Revision der Belege )
b) die ständige Revision und Festellung der Kassenbücher, Hilfsbücher und Kontrollen; Kassenbücher. ( Revision und Feststellung der Kassenbücher )
c) die Beteiligung an den regelmässigen und unvermuteten Revisionen der grösseren revisionen. Kassen, einschliesslich der Kassen der zu 1 c und bezeichneten Stiftungen und Anstalten, sowie die selbständige Vornahme dieser Revisionen hinsichtlich der kleineren ( beteiligung an der Kassenrevision ) Kassen und der einzelnen Rechnungsführern oder sonstigen Beamten überwiesenen eisernen Vorschüsse;
d) die unvermuteten Geschäftsrevisionen der am vorbereitenden oder ausübenden Rechnungsdienst beteiligten Rechnungsführungen oder sonstigen Dienststellen der einzelnen Aemter und der Pflegeämter der zu 1 c bezeichneten Stiftungen; ( Geschäftsrevision der Geschäftsführung )
e) die unvermuteten Revisionen der Bestände an Inventarien, Materialien einschliesslich Schreib- und Zeichenmaterialien, sowie Drucksachen einschliesslich der gedruckten Wertzeichen (Fahrscheine, Sparmarken, Markt-, Schlacht- und Fleischschauscheinhefte,Badekarten,Postkarten und Broschüren im Stadtbad, Familienstammbücher beim Standesamt usw.); ( Inventarien – und Materialien-revsionen )
f) die Revision der Jahresrechnungen; ( Revision der Jahresabrechnung )
g) die Begutachtung der hinsichtlich der Einrichtungen des Etats-, Rechnungs- und Kassenwesens zu erlassenden Anordnungen und Vorschriften ( Begutachtung von neuen Vorschriften )
3. Das Rechnungrevisionsbureau hat die im Rechnungs- oder Kassendienst sich zeigenden organisatorischen Mängel unverzüglich zum Vortrag zu bringen und die für die Prüfungsarbeiten zum Teil nachgelassenen Stichproben in genügender Anzahl vorzunehmen, auch hierbei in die Eigenart der zu revidierenden Stellen derartig einzudnngen, dass selbst bei stichprobenweiser Prüfung das Vorhandensein einer gesicherten Rechnungs- nnd Kassenführung gewährleistet ist. ( Sicherheitsder Revision )
§2. Aufgaben des Oberrevisors.
1. Dem Oberrevisor liegt neben der Leitung Bureaus, der Geschäfte und des Bureaus nach der Bureauordnung vom heutigen Tage die verantwortliche Leitung und Ueberwachung des gesamten städtischen Rechnungsrevisionsdienstes ob. ( Leiter des Geschäfte und des Bureaus )
2. Hierzu gehört auch:
a) die Beteiligung an den Rechnnngs- und arbeiten. Kassenrevisionsgeschäften in möglichst ausgedehntem Masse und zwar dergestalt, dass er
1. stich weise eine tunlichst grosse Anzahl von Kassenbelegen insbesondere auf die Beobachtung wirtschaftlicher Grundsätze nachzuprüfen;
2. die wichtigeren Revisionsbemerkungen mit allen Rechnungsrevisoren durchzusprechen,
3. abwechselnd bei den Revisionen der Kassen wie der Inventarien- und Materialienbestände mitzuwirken und
4. die Geschäftsrevisionen bei den wichtigeren Rechnungs- und Veranlagungsstellen persönlich unter Zuziehung des betreffenden Rechnungsrevisors zu bewirken hat; ( Beteiligung an der Revisionsarbeit )
b) die Revision der Hauptjahresrechnung.
3. Ausserdem hat der Oberrevisor stets in Fühlung mit den Kassen zu bleiben und sich über Revision der die Führung und Revision der Kassenbücher ständig unterrichtet zu halten, sowie endlich darüber zu wachen, dass die vorgeschriebenen regelmässigen Kusen- und unvermuteten Kassenrevisionen rechtzeitig, und rev,8lone“- die nur einmal jährlich zu bewirkenden Kassenrevisionen längstens bis Ende Januar jeden Rechnungsjahrs erfolgen. ( Überwachung der Führung und Revision der Kassenbücher wie der rechtzeitigen Vornahme der Kassenrevision )
70 – 89 fehlt
V. Der Bank-Revisor
A. Das Kontroll- und Revisionswesen bei den englischen Banken.
Bei den reichsdeutschen und auch bei den österreichischen Banken behilft man sich wohl überall ausschliesslich mit der sogenannten internen Kontrolle — d. h. mit der Ueberwachung des Rechnungswesens durch eigene Beamte. In England dagegen» dem klassischen Lande des Revisionswesens, begnügt man sich damit nicht, sondern man hat da die gesetzliche Zwangseinrichtung, dass das Buch- und Rechnungswesen jeder Bank auch noch durch einen oder mehrere „Auditors“1) ständig überwacht werden muss. Diese Einrichtung besteht in England aber nicht erst, wie da und dort behauptet worden ist, seit dem Inkrafttreten der Aktiennovelle von 1900, sondern schon die Companies Act von 1862 schrieb sie für alle limited banking companies (Bankgesellschaften mit beschränkter Haftung), in den lediglich von der Auditing (der ständigen oder laufenden Revision) handelnden §§ 83—94 wie folgt vor:*
§ 83. Wenigstens einmal im Jahr hat eine Prüfung des gesamten Rechnungswesens durch einen oder mehrere Auditors stattzufinden, wie denn auch die Richtigkeit der Bilanz von solchen Auditors zu bescheinigen ist.
§ 84. Die ersten Auditors sind von den Direktoren, alle folgenden Auditors dagegen von der Generalversammlung zu ernennen.
§ 85. Ist nur ein Auditor bestellt, so gelten die gesetzlichen Vorschriften für ihn allein.
*) D. h. durch völlig unabhängige, gänzlich extra muros stehende Berufs revisor en.
2) Gustav Schirrmeister in seiner treffllichen Schrift: „Die englische Aktiennovelle von 1900* macht geltend, dass das Gesetz von 1862 über die beständige Revision keine eigentliche Zwangsvorschrift enthalte, „da die Gesellschaft durch eine „spezial resolution“ die Geltungskraft der Klauseln 84—91 jederzeit zu beseitigen in der Lage gewesen sei.“ Demgegenüber darf darauf hingewiesen werden, dass schon damals nicht das geschriebene Gesetz, sondern die „Custom“ (die Handelsgewohnheit), Auditors anzustellen, fast allgemein den Ausschlag gab, und von dem Recht, durch eine spezial resolution die Geltungskraft der Klauseln 84—91 aufzuheben, nur äusserst selten Gebrauch gemacht worden sein dürfte.
§ 86. Die Auditors dürfen Aktionäre (Mitglieder der Gesellschaft) sein, aber niemand darf zum Auditor bestellt werden, der in irgend einer anderen Form denn als Mitglied bei irgend einer die Gesellschaft betreffenden Transaktion beteiligt ist Auch darf kein Direktor oder sonstiger Beamter der Gesellschaft während seiner Amtsdauer Auditor sein.
§ 87. Die Wahl der Auditoren hat jedes Jahr durch die ordentliche Generalversammlung zu erfolgen.
§ 88. Das Honorar der ersten Auditors wird durch die Direktoren, das der folgenden Auditoren dnrch die Generalversammlung bestimmt
§ 89. Jeder Auditor soll beim Ablauf seiner Amtsperiode aufs neue gewählt werden dürfen.
§90. Falls irgend ein Auditor sein Amt vor Aber jährlichen Amtsperiode niederlegt oder niederzulegen gezwungen ist, haben die Direktoren alsbald eine ausserordentliche Generalversammlung behufs Wahl eines andern Auditors einzuberufen.
§ 91. Unterlassen es die Direktoren, die nötige Ersatzwahl gemäss § 90 in die Wege zu leiten, so ernennt den fehlenden Auditor auf Verlangen von mindestens fünf Gesellschaftsmitgliedern das Ha nd eis amt (Board of Trade), wie denn dieses alsbald auch für den Rest des Jahres das an den Ersatz-Auditor zu zahlende Honorar festsetzt.
§ 92. Jedem Auditor ist eine Abschrift der Bilanz zu behändigen, und es ist alsdann seine Pflicht, die Bilanz zu prüfen und mit den dazu gehörigen Abrechnungen und Belegen zu vergleichen.
§ 93. Jeder Auditor ist mit einem Verzeichnis aller von der Bank geführten Bücher zu versehen, und die Bücher und Schriften sollen den Auditors zu allen angemessenen (reasonable) Zeiten zugängig gemacht werden. Die Auditors haben das Recht, auf Kosten der Bank Accountants (Berufsbücherrevisoren) oder andere ihnen als geeignet erscheinende Hilfspersonen für ihre Revision zu engagieren, und in Bezug auf diese und ihre Revision haben ihnen die Direktoren und alle andern Gesellschaftsbeamten jederzeit in der von ihnen gewünschten Weise Rede und Antwort zu stehen.
§94. Die Auditors haben über die Bilanz und alle Abrechnungen Bericht an die Mitglieder zu erstatten, und in jedem derartigen Bericht ist ausdrücklich von ihnen anzugeben, ob die Bilanz ihrer Meinung nach 1) in jeder Beziehung in Ordnung (full and fair) ist; 2) ob sie alle vom Gesetz vorgeschriebenen Einzelheiten enthält; 3) ob sie so gezogen ist, dass sie ein treues und zutreffendes Bild der Gesellschaftsverhältnisse gewährt; und endlich 4) ob die etwa von ihnen verlangten Auskünfte und Erläuterungen in genügender und zufriedenstellender Weise erteilt worden sind. Der so geartete Bericht der Auditoren ist, zusammen mit dem Bericht des Direktoriums, in der ordentlichen Generalversammlung vorzulesen.“ Aber nicht nur die Companies Akt von1862, sondern auch diejenige von 1879sah ausdrücklich die „Audit of Accountants of Banking Companiesl) vor, und zwar stimmen die betreffenden Vorschriften dieser zweiten Act mit den Bestimmungen der früheren Act beinahe wörtlich überein, sodass ihre Wiedergabe hier nicht als notwendig erscheint; neu war in der Act von 1879 eigentlich nur die Vorschrift, dass die der Generalversammlung vorzutragende Bilanz nicht nur von den Auditors, sondern auch von mindestens drei Direktoren2) sowie vom Gesellschaftssekretär und vom Geschäftsführer (manager), falls ein solcher vorhanden, zu unterzeichnen sei. Wie bereits erwähnt, hat auch die Aktiennovelle von 1900 die ständige Revision für Banken beibehalten, aber während bis 1900 diese ständige Revision nur für Bank- und Eisenbahn-Gesellschaften gesetzlich vorgesehen war, hat sie die Akt von 1900 ausnahmslos für alle incorporated companies (eingetragene Gesellschaften) zur gesetzlichen Zwangseinrichtung gemacht, woraus mit Recht geschlossen wird und werden darf, dass sich die Auditing in England glänzend bewährt hat. Weiteres darüber behalte ich mir für das Kapitel „Der englische Accountant“ vor, und nur ein paar Andeutungen über die technischrechtliche Seite der englischen Bank-Auditing will ich an dieser Stelle noch machen.
*) d. h. die ständige Ueberwachung des Rechnungswesens der Bankgesellschaften.
*) Die in Deutschland gesetzlich festgelegte Unterscheidung zwischen Direktion (Vorstand) und Aufsichtsrat kennt die englische Aktiengesetzgebung bekanntlich nicht, sondern alle leitenden Persönlichkeiten der englischen Gesellschaften heissen Direktors. Tatsächlich aber werden auch bei den englischen Gesellschaften nur einige der Direktors mit der Geschäftsleitung im engeren Sinne betraut, während die Tätigkeit der anderen Direktors im grossen und ganzen nur eine beratende und überwachende ist oder doch sein soll; die Direktors der letzten Gattung stellen also im Grunde nichts anderes als den deutschen Aufsichtsrat dar.
Die Frage speziell der Bank-Audits ist auch selbst in England eine noch viel .umstrittene, und es werden auch dort diese Audits für die schwierigsten des ganzen Berufs gehalten. Zunächst wird der Auditor, der es mit -seiner Berufspflicht genau nimmt, darauf zu achten haben, dass der von der Act von 1862 angeordnete Vermögensstatus regelmässig zu den vor geschriebenen Zeiten (an jedem ersten Montag der Monate Februar und August) auf« gestellt worden ist. Die gesetzlich festgelegte Form dieses Status ist die folgende:

Kapital und Aktien bezüglichen Positionen fortzulassen.
2) Simple contracts sind endweder mündliche (parol) oder formlose (nicht gesiegelte) schriftliche Verträge. An Stelle der Form treten hier die folgenden zwei Elemente: der Konsens der Kontrahenten als Rechtsgrund und die Consideration als Bedingung der Giltigkeit. (Dr. Karl Wertheim, Wörterbuch des englischen Rechts.)
Ferner ist die Vorschrift der Act von 1879 zu beachten, nach der die Bank dem Auditor ein Verzeichnis aller von der Gesellschaft geführten Bücher zu übergeben hat; Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen haben zuweilen bewirkt, dass betrügerische Manipulationen nicht rechtzeitig entdeckt worden sind:
Rein technisch spiegelt sich die Aufgabe des englischen Bank-Auditors *) ziemlich klar in folgenden, für die Revisionspraxis geltenden Weisungen und Maximen wieder:
1. Jedes Hauptbuch-Kontomuss erschöpfend untersucht und ausprobiert werden.
2. Per „an Hand“ befindliche Kassenbestand* 2) ist genau nachzuzählen.
3. Der vorhandene Wechselbestand muss Stück für Stück kontrolliert werden, wobei eine genügende Erklärung für alle überfälligen Wechsel unbedingt zu verlangen ist.
4. Es ist zu untersuchen, ob stets der richtige Zinsfuss angewendet worden ist.
5. Die „Sicherheiten“ der Gesellschaft sind einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, (wobei brauchgemäss ein Rechtsanwalt Rat und Beistand leistet). Alle Sicherheitspapiere sind von der Bankleitung unbedingt gleichzeitig vorzuzeigen und bis zur Beendigung der Revision im Gewahrsam des Auditors zu belassen. (Ausgedehnte Unterschleife sind durch Nichtanwendung dieser Vorsichtsmassregeln zuweilen unentdeckt geblieben).
6. Auch die Konti der einzelnen Bankkunden sind zu prüfen, und zwar vor allem die Konti solcher Kuuden, von denen keinerlei Sicherung vorhanden ist, (Inhaber sogenannter Offener Kredite), oder solcher Kunden die den von der Bankleitung bewilligten Kredit beträchtlich überschritten haben; der Revisor hat hierbei u. a. auch festzustellen, ob und welche Vorkehrungen etwa gegen die in solchen Fällen naturgemäss leicht möglichen Verluste getroffen sind.
*) Auch der Bank-Auditor ist zwar im allgemeinen freier Gewerbtreibender, aber der Bank gegenüber, bei der er als gesetzlicher Rechnungsführer fungiert, gilt er, wie überhaupt jeder Gesellschafts-Auditor, als notwendiges Organ, bezw. als Beamter derGesellschaft; diese Beamteneigenschaft ist durch obergerichtliche Entscheidungen ausdrücklich festgelegt.
2) Die vorhandenen Cheks sind dabei zur Vermeidung von Unterschleifen vom Auditor persönlich zum Clearing House oder ZU den betreffenden Agenten zu befördern.
7. Falls die etwa vorhandenen „Geheimen Reserven“ blos eine gutgläubige Vorkehrung gegen unvorhergesehene Verluste bei der Kundschaft sind, brauchen derartige Posten naturgemäss vom Auditor nicht beanstandet zu werden; zu beanstanden sind sie aber selbstverständlich unter allen Umständen stets dann, wenn sie nur dem Zweck der Bilanzverschleierung dienen.
8. Die Hauptschwierigkeit bei der Revision einer grossen Bank dürfte in der grossen Anzahl der Filialen liegen: von den englischen Banken haben acht je über 100 Filialen! Im 1879er Act ist aus diesem Grunde ausdrücklich vorgesehen, dass der Auditor nicht notig habe, die Filiale-Konten über die Grenzen von Europa hinaus zu prüfen. Diese Bestimmung entlastet den Revisor ja natürlich in etwas, aber sie enthält auch zugleich die klare Andeutung, dass die Konten und Abrechnungen mindestens aller europäischen Filialen zu revidieren sind; nur eine einzige von den grossen englischen Banken (die Metropolitanbank) unterwirft alle ihre Filialen der Audit, was die Möglichkeit einer so umfassenden Revision doch praktisch zu erweisen scheint. Immerhin darf eine eingehende Prüfung aller Transaktionen bei wirklich grossen Banken durch den Auditor im Allgemeinen als undurchführbar bezeichnet werden, und angesichts der bei solchen Banken überall eingeführten sehr subtil wirkenden internen Kontrolle, wird sie auch kaum als notwendig erscheinen. ’) Den Vorstehern und Aufsehern der Filialanstalten muss wohl oder übel umfassendes Vertrauen entgegengebracht werden, und allzu krasse Fälle von Vertrauensmissbrauch hat man auch in jenen Kreisen zum Glück noch nicht zu bemerken gehabt. Trotzdem hat der Auditor bei seiner Arbeit die Möglichkeit eines betügerischeu Gebahrens im Auge zu behalten, und er darf damit nicht früher aufhören, als bis er seiner Sache ganz sicher ist.
*) Gegenüber den vor einigen Jahren bei der Bank von Liverpool vorgefallenen Malversationen, bei denen von einem der Hauptbuch-Buchhalter Checks in Höhe von zusammen 34 Millionen Mark gefälscht worden waren, ist allerdings in England damals die Frage erörtert worden, ob denn die interne Kontrolle überhaupt irgend welchen Nutzen stifte, oder ob sie nicht vielmehr völlig überflüssig sei; man hat sich aber schliesslich dahin geeinigt, dass der Fall mit der Liverpooler Bank gegen die interne Kontrolle an sich gar nichts beweise, weil sie in diesem Fall nicht richtig gehandhabt worden sei.
9. Es ist nicht Brauch, dass der Auditor auch die Bank-Gegenbücher der Kunden prüft; allein dafür sorgen sollte er unter allen Umstanden, dass diese Bücher wenigstens vom Geschäftsführer oder vom Aufseher häufig nachgesehen werden, und dass beim Jahresabschluss jedes Gegenbuch geprüft und von dem einen oder andern jener beiden Beamten gegengezeichnet wird.
10. Drei Grundregeln der internen Kontrolle sind diese: a) Kein Buchhalter darf Zutritt zu Büchern erhalten, welche zur Kontrolle seiner eigenen Buchungen dienen. b) Sämtliche Buchhalter sind von Zeit zu Zeit (nicht selten, sondern häufig!) nach anderen Bureaux zu versetzen, damit die von dem einen oder andern begangenen Unterschleife oder sonstigen Unregelmässigkeiten nicht unentdeckt bleiben. c) Ungewöhnliche, d. h. über den Rahmen der Alltagsschablone hinausgehende Buchungen dürfen nur mit Vorwissen einer internen Autorität vorgenommen werden. Wären diese drei Grundregeln, ja auch nur die eine oder andere davon, bei der Bank von Liverpool entsprechend befolgt worden, so hätten die erwähnten Checkfalschungen wenn nicht sofort, so doch jedenfalls viel früher entdeckt werden müssen, als es tatsächlich geschehen ist. 11. Selbstverständlich ist, dass der Auditor vor Beginn seiner Tätigkeit in das jeweils bestehende System der internen Kontrolle umfassenden Einblick erhält. Findet er, dass in irgend welchen Punkten das System nicht richtig oder nicht vorschriftsmässig gehandhabt wird, so hat er für schleunigste Abhilfe zu sorgen. 12. Niemals darf der Auditor vergessen, dass seine Tätigkeit nicht nur den Geschäftsinhabern (Direktoren) sondern vor allem dem Publikum (den Aktionären) nützen und zugute kommen soll. Niemand wird dabei von ihm verlangen, dass er den Kunden die Sicherheit ihrer Depots garantiere, aber jedermann würde ihn hart tadeln -dürfen, wenn eine Bank, die auf Grund seiner Revision soeben erst von ihm für völlig solvent erklärt worden ist, auf einmal schmählich zusammenbräche. 13. Es mag als unmöglich erscheinen, dass der Revisor für seine Tätigkeit das Vorstehende allenthalben als Richtschnur benutze, allein fest steht jedenfalls das Eine; nur der Revisor darf sich wahrhaft tüchtig nennen, dem das Erkennen der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der verschiedenen Eintragungen in ihren Totalbeträgen, keine allzu grosse Schwiengkeit mehr macht, und der seines Amtes mit unerbittlicher Strenge waltet. Ein hervorragender) im Bankwesen besonders erfahrener englischer Bucherrevisor (Mr. J. Snyden Stocks} hat sich zu diesem Punkt wie folgt geäussert: „Ein erfahrener Revisor wird die Bucher einer Bank nur verhältnismässig kurze Zeit durchzusehen brauchen, um über die Lage einer Bank gründlich in’s reine zu kommen; er wird sich zu diesem Zweck nicht, wie jemand gesagt hat, in die Bankhalle zu setzen und seine Nachforschungen das ganze Jahr fortzusetzen brauchen.“ Dogmatische Bedeutung wird man diesem Ausspruch gleichwohl nicht beilegen dürfen; vielmehr wird man es als Tatsache bezeichnen müssen, dass eine grössere Bank nicht auf einmal (zu einem bestimmten Zeitpunkt), sondern ständig (fortlaufend, ununterbrochen) revidiert werden muss, da auf andere Weise ein umfassender Einblick in die Art der Geschäftsführung nicht zu gewinnen ist. — Ich habe das Bild des englischen Bankrevisors im Vorstehenden nur skizzierend andeuten, nicht zeichnerisch völlig ausarbeiten können; ich hoffe aber, der Zweck dieser Schrift wird auch damit erreicht.
B. Die Interne Kontrolle bei den deutschen Banken.
Ich wende mich nun den einschlägigen Verhältnissen in Deutschland zu
Ich erwähnte bereits, dass das deutsche Bankwesen im allgemeinen nur die interne Revision (durch den Aufsichtsrat und durch bestimmte organische Kontrolleinrichtungen), nicht aber auch den Auditor im englischen Sinne kennt — ein Uebelstand, der nicht genug beklagt werden kann. Denn es ist durch bestimmte Vorkommnisse bereits praktisch erwiesen worden, dass die interne Kontrolle bei uns nur auf solche Buchungen und Geschäftsvorgänge sich zu erstrecken pflegt, die auch von der Direktion nicht geheim gehalten werden, und dass das, was der Schleier des Geheimnisses deckt, für die internen Revisionen in der Regel ein noli me tangere bleibt.!)-
’) Man hat das bei allen grossen Bankprozessen der letzten Jahre und zuletzt auch beim Pommernbankprozess gesehn, in dem Geh. Rat Budde bekanntlich u. a. das Folgende erklärte: „Ich
Ich will damit durchaus nicht behaupten, dass eine Bank keine Geheimnisse haben dürfe, aber ich stelle den Satz aut dass alle Geschäftsverhältnisse, einschliesslich der geheimen, von Fachkundigen geprüft werden müssen, und dass es dazu völlig unabhängiger Instanzen bedarf. In Deutschland hat man die Aufgabe, in dieser Weise zu kontrollieren, eigentlich nur dem Aufsichtsrat zugewiesen, allein in Fachkreisen weiss man heute, dass der deutsche Aufsichtsrat jener Aufgabe im nötigen Umfang garnicht gewachsen sein kann, und man will deshalb auch bei uns in die Verwaltungsmaschine der Aktiengesellschaft ein neues Rad, den ständigen Revisor, einfügen. Darüber indes ausführlich an anderer Stelle. Hier wollte ich nur von den Einrichtungen der internen Kontrolle sprechen, wie sie bei den grossen deutschen Banken zurzeit praktisch in Wirksamkeit sind. Man muss dabei streng zwei Dinge unterscheiden: die Sicherheits-Einrichtungen organischer Natur und die Vorkehrungen, die mit dem Betriebsmechauismus nicht Zusammenhängen, uud die somit des organischen Charakters entbehren. Wenn beispielweise bestimmte Arbeiten so verteilt werden, dass ihre Ausführung die betreffenden Beamten unter einander kontrolliert, ohne dass diese eine Ahnung davon haben, so ist dies eine Massnahme organischer Art; wenn aber der Aufsichtsrat von Zeit zu Zeit die Kassenbestände zählt und mit den Büchern vergleicht, so vollzieht sich diese Arbeit völlig ausserhalb des eigentlichen Betriebsorganismus und sie ist also keine Massnahme organischer Art. Und so weiter. Zu den Sicherheits-Massnahmen organischer Natur— und diese spielen bei der Internen Kontrolle bei weitem die Hauptrolle —, gehört vor allem auch die Anwendung der doppelten Buchführung: in ihr steckt eine schützende und kontrollierende Kraft von grosser Wirksamkeit. Denn während bei der einfachen Buchführung die einzelnen Posten oder Geschäftsvorfälle in keiner Weise organischen Zusammenhang haben, bilden sie bei der doppelten ein wohlgefügtes, einheitliches System von ausserordentlicher Klarheit und Folgerichtigkeit, indent dabei von der Tatsache ausgegangen wird, dass im Ge
habe mich von der Schuld der Angeklagten überzeugt und Wrfiss^ dass sie vieles getan haben, was sie nicht hätten tun sollen. Darf ist aber in den Büchern, so versteckt und eine so kromplizi erte Sache, dass nach meinerUeberzeügting die Beamten nichts davon wissen *konnten.
schäftsverkehr jeder Leistung eine Gegenleistung von absolut gleicher Grosse zu entsprechen oder gegenüber zu stehn pflegt. „Na also!“ wird da nun wohl mancher denken« „Wenn schon die doppelte Buchführung so prachtvoll kontrolliert, wozu braucht’s dann noch der lebendigen Revisoren und Kontrolleure?“ Nun darauf wäre zu antworten, dass die Doppelbuchführung ebensowenig vollkommen ist, wie irgend ein anderes Menschenwerk, und dass sie, wie alles Gute, nicht bloss gebraucht, sondern auch — absichtlich und unabsichtlich — gemissbraucht wird; nur aus diesem Grunde bedarf auch selbst die doppelte Buchführung noch der Ueberwachung durch Fachleute, die in besonders hohem Masse erfahren und zuverlässig sind. Nehmen wir einmal ein praktisches Beispiel zur Hand: Jemand zahlt an der Kasse einer Bank 1000 M. ein, der Kassierer unterschlägt aber den Betrag und trägt ihn überhaupt nicht in’s Kassabuch ein. 1st dann der Wachtdienst der doppelten Buchführung ein genügender? Nein! Denn in die Bücher wird der Geschäftsvorfall auf diese Weise überhaupt nicht kommen, und die Bücher können daher auch nicht zur Entdeckung des Unter- schleifs führen. Ganz ähnlich liegen die Dinge bei den Büchern, die nicht unmittelbar zum System der Doppelbuchführung gehören, und die also keinerlei organische Bedeutung haben, wie z. B. die verschiedenen Skontri; auch diese Bücher lassen völlig im Stich, wenn z. B. aus den Effektendepöts eines Kunden Wertpapiere gestohlen werden. Aus diesen Beispielen ersieht man wohl zur Genüge, dass die kontrollierende Kraft der doppelten Buchführung für sich allein noch nicht genügt, sondern dass es bei grossen Banken noch weiterer Vorsichtsmassregeln bedarf. Welcher Art nun pflegen diese Vorkehrungen bei uns zu sein? Nun: von der einen ist schon die Rede gewesen: verschiedene Arbeiten werden von verschiedenen Beamten gefertigt, und zwar in einer Weise, dass sich die betreffenden Beamten dabei unbewusst selbst kontrollieren. Eine zweite solche Einrichtung sind die plötzlichen (unvermuteten) oder in bestimmten Zeitabständen durch besondere Beamte (meist Prokuristen), oder ganze Kommissionen, sogenannte Revisionskommissionen, vorgenommenen Nachprüfungen oder Revisionen.
Allerdings pflegen sich Revisionen dieser Art meist auf Stichproben zu beschränken, und es ist keine Frage, dass sie dies eines grossen Teils ihrer Wirksamkeit beraubt. Trotzdem sind Revisionen dieser Art nicht als überflüssig zu bezeichnen und besonders die Revisionen der Wertbestände sind absolut unerlässlich und von hervorragendster Wichtigkeit; denn ohne eine solche von Zeit zu Zeit erfolgende Abstimmung der Bar-, Wechsel- und Effektenbestände mit den in den Büchern stehenden Sollbeständen würde selbst die subtilste und genaueste Buchführung kaum nennenswerten Wert besitzen. Ein Kassierer kann alle an ihn gelangten Einzahlungen noch so getreulich buchen — wenn er die Einzahlungen ganz oder teilweis dolos zurückbehält, so werden naturgemäss zwar seine Bücher, aber nicht auch sein Kassenbestand stimmen; und gerade darauf kommts doch in erster Linie an. Fast in allen Banken wird deshalb der Kassenbestand täglich von einem internen Kontrolleur oder Revisor geprüft, oder es sind zu diesem Zweck, wie bereits erwähnt, mehrgliederige aus älteren Beamten zusammengesetzte Revisionskommissionen vorhanden, deren Aufgabe dann ganz ausschliesslich in der Revision der verschiedenen Betriebsabteilungen (Bureaux) besteht. Selbstverständlich melden sich derartige Kommissionen bei keinem der zu revidierenden Beamten vorher an, sondern völlig plötzlich und unverhofft erscheinen sie — heute bei irgend einem Kassierer, morgen im Effektenbureau und übermorgen in irgend einer Bankfiliale. — Revisionskommissionen dieser Art pflegt man in der Praxis vor kontrollierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats den Vorzug zu geben, und zwar deshalb, weil die Mitglieder der Revisionskommissionen die Praxis des Geschäftslebens, und besonders die Bankpraxis, weit genauer zu kennen pflegen, als die Mitglieder des Aufsichtsrats. —
Soviel über die Sicherheitsmassregeln und Revisionen im allgemeinen. Die folgenden Spezial-Maximen haben es nnr mit dem Besonderen zu tun.
Um sich die ordnungsgemässe Buchung aller vom Kassierer vereinnahmten Beträge zu sichern, lässt man den Kassierer alle an ihn gelangten Einzahlungen nur ins unreine Kassabuch buchen und die darüber von der Bank ausgestellten Quittungen unterzeichnen. Diese Quittungen muss dann der Kassierer einem anderen Beamten des Kassenbüreaus überlassen, der eine weitere Unterschrift leistet und jede Einzahlung in ein dem unreinen Kassabuch durchaus gleiches Buch einträgt. Nach Schluss der Kasse — d. h. nachdem die Kasse Kir’s Publikum geschlossen worden ist — werden beide Bücher vom Kontrollbeamten miteinander abgestimmt. Die von der Bank auf die Reichsbank ausgestellten Checks werden in ganz gleicher Weise behandelt; doch ist das Publikum bei dieser Einrichtung natürlich darauf aufmerksam zu machen, dass eine Quittung nur dann als ordnungsgemäss ausgestellt gilt und gelten kann, wenn sie zwei Unterschriften trägt. Besteht bei einer Bank der Brauch, dass die Quittungen nur einfach, aber nicht vom direkten Empfänger des Geldes (dem Kassierer), sondern von einem in dessen Nähe sitzenden Kontrollbeamten zu zeichnen sind, so sind immer zwei Schalter vorhanden, an deren einem man das Geld einzahlt, und an deren anderem man die bezügliche Quittung erhält. Der die Unterschrift leistende Beamte hat bei dieser Einrichtung über die eingezahlten Beträge nicht nur zu quittieren, sondern diese auch zu buchen und die Kasse zu kontrollieren. Diese Form der Kontrolle kommt fast nur in kleineren Betrieben, namentlich aber bei Einzelfirmen, die erstere «dagegen fast nur bei Grossbanken vor.
Aber durch Sicherheits-Einrichtungen dieser Art wird naturgemäss nur die Unterschlagung von persönlich eingezahlten Geldern verhindert, während Beträge, die in Wertbriefen eingehen, durch sie nicht getroffen werden; denn in solchem Fall wird keine Quittung ausgestellt, sondern der Empfang des Geldes nur brieflich bestätigt. Selbstverständlich aber bleiben auch die einlaufenden Wertsendungen nicht unkontrolliert, nur dass ihnen gegenüber die Kontrolle eine anders geartete ist; sie erfolgt in all solchen Fällen durchs Korrespondenzbureau, und zwar in der Weise, dass vor allem die Kassenbücher oder die Abschriften täglich zu den Korrespondenten wandern, von denen sie dann mit den betreffenden, ihnen vorliegenden Kundenbriefeu verglichen werden. Werden die Kassenbücher nicht im Original, sondern nur in Abschrift gesandt, so darf der Kassierer die Abschriften natürlich nicht selbst gefertigt haben.
Aberauch beiden Auszahlungen sind Veruntreuungen möglich, und zwar in der Weise, dass der Kassierer Auszahlungen zwar in die Kassenbücher einträgt, das Geld selbst aber in die eigene Tasche steckt; Veruntreuungen dieser Art können indes leicht dadurch verhindert werden, dass das reine Kässabuch nach den präsentierten Belegen geführt und mit dem unreinen Kassabuch sorgsam verglichen wird.
Die Absendungen von Geld durch die Post kontrolliert gleichfalls das Korrespondenzbüreau. Dieses hat den Auftrag zur Absendung des Geldes gegeben und es prüft nun auch, 1. ob die Kasse den Auftrag ausgeführt und gleichzeitig 2. ob der Kassierer nicht etwa unberechtigter Weise irgendwelches Geld abgesaudt hat.
Als Kontrollmassregel wirkt auch die Einrichtung, dass die Bank die bei ihnen erfolgten Ein* und Auszahlungen der Kundschaft schriftlich bestätigen lässt; denn wenn in diesen Briefen irgend etwas nicht Zutreffendes steht, so werden die Empfänger (die Kunden der Bank) sofort entsprechend monieren und auf diese Weise etwa vorgefallene Unregelmässigkeiten an’s Tageslicht bringen. Freilich vermag diese Einrichtung nur dann ihren Zweck zu erfüllen, wenn die brieflichen Bestätigungen auch wirklich zur Post gelangen und nicht etwa von irgend einem betrügerischen Beamten zurückgehalten werden; mau sucht den sicheren Abgang der Briefe dadurch zu erreichen, dass zu der Stelle, wo die Briefe postfertig gemacht werden, kein Beamter irgendwie Zutritt erhält. Soll ein Brief, der schon unterschrieben und der Expedition übergeben ist, zurückgeholt werden, so bedarf es hierzu der schriftlichen Genehmigung eines Kontrollbeamten.
Nach jeder gegen Check oder Quittung erfolgten Auszahlung hat der Kassierer die betr. Checks oder Quittungen mit dem Stem pel vermerk „bezahlt“ zu versehen, wodurch es unmöglich wird, dass irgend ein Beamter erledigte Belege entwendet und das Geld an der Bankkasse nochmals erheben lässt Allerdings wird diese Vorsichtsmassregel nur dann entsprechend wirken, wenn der Kassierer auf genaue und gewissenhafte Erfüllung der gedachten Vorschrift kontrolliert wird, was bei Ueber? tragung des reinen Kassabuchs an Hand der Zahlungsbelege geschehen kann.
Der Geldverkehr mit der Reichsbank und dem Berliner Kassenverein bedarf einer so peinlichen Kontrolle nicht. Die Ueberweisung durch Reichsbank- Girokonto erfolgt nach Weisung des Korrespondenzbureaus, und gleichzeitig wird dem Kunden von der erfolgten. Ueberweisung briefliche Mitteilung gemacht; alle Primanota-Buchungen, wie auch die Führung des Kontos „Reichsbank“ in der Buchhalterei werden auf Grund dieser brieflichen Anzeigen bewirkt, und wenn dann die in der Buchhalterei vorzunehmende tägliche Abstimmung des Kontos „Reichsbank“ mit dem Gegenbuch der Reichsbank die genaue Uebereinstimmung der Posten ergibt, so wird dadurch Zweierlei bewiesen: 1. dass alle im Gegenbuch verzeichneten Beträge auch in der Primanota stehen und alle Bestätigungen und Belastungeu durch’s Korrespondenzbureau somit richtig erfolgt sind; 2. dass keiner der Ueberweisungs-Aufträge übersehen worden ist. Wo ein Konto „Reichsbank“ nicht geführt und der Ueberweisungs- Verkehr auch nicht in Primanoten, sondern in Kassabüchern gebucht wird, erzielt man eine ähnliche Kontrolle durch Vergleichen der Kassabücher mit den Briefen des Korrespondenzbureaus.
Von grosser Wichtigkeit ist auch die von England importierte Gepflogenheit des „Kreuzens“ der Checks; sie soll das Auszahlen abhanden gekommener Checks an die Finder oder Diebe verhindern, und sie verhindert es auch wirklich.
Die Sache ist äusserst einfach:
Man schreibt oder stempelt quer über den Check die Worte: „Nur zur Verrechnung“ und drückt damit aus, dass derartige Checks dem Vorzeiger nicht auszuzahlen, sondern nur gutzuschreiben sind.
Freilich wird nicht jeder, der irgend einer Bank einen „gekreuzten“ Check zu präsentieren hat, bei der betreffenden Bank ein Konto haben, und darin liegt denn nun zweifellos eine gewisse Schwäche des Systems. Aber wenigstens die Banken unter sich können „gekreuzte“ Checks einkasieren, und dadurch wird der Nutzen der Einrichtung auch den mit irgend einer Bank in Verbindung stehenden Firmen gewahrt
Wie wichtig das „Kreuzen“ der Checks ist, hat sich bei der Riesenunterschlagungsaffäre der Oesterreichischen Länderbank in Wien (im Jahre 1902) gezeigt. Dort hatte ein Kassierer die zum Inkasso eingegangenen Checks durch einen Boten einziehen lassen und das Geld für sich verwendet, was unmöglich gewesen wäre, hätte Oesterreich einen Verrechnungsverkehr nach dem Muster des Berliner Kassen Vereins und der Verrechnungsstelle in der Reichsbank (Clearing house) gehabt. Denn da beim Vorhandensein solcher Abrechnungsstellen die an sie angegliederteu Banken ihre Wechsel, Checks und Anweisungen fast nur durch die Verrechnungsstellen einkassieren lassen, wird es einer an sie angegliederten Bank sofort auffallen, wenn irgend eine andere derartige Bank bei ihr einen Scheck zur Zahlung präsentieren lässt, und sie wird dann auch sofort die entsprechenden Schritte zur Aufklärung tun.1)
Die in den Betriebsabteilungen (der Kupon* und Sortenkasse, der Wechsel- und des Effektenbüreaus) bestehenden besonderen Kontrolleinrichtuugen glaube ich, als zu wenig, bedeutungsvoll, übergehen zu können, und nur über diejenigen in der Buchhalterei dürften noch einige Andeutungen am Platze sein.
Betrügereien in der Buchhalterei sind oft dadurch zustande gekommen, dass sich der Kontokorrentbuchhalter auf Grund eines gefälschten Auftrags vom Guthaben irgend eines Kunden hat Geld auszahlen oder anweisen lassen. Derartige Manipulationen bilden deshalb eine Spezialität des Kontokorrent-Buchhalters, weil nur dieser das Kontokorrent zu fälschen und derartige Fälschungen verhältnismässig lange zu verbergen vermag. Wieso das möglich ist? Ganz einfach so: Nehmen wir einmal an, der Kontokorrentbucbhalter habe in betrügerischer Weise durch einen Strohmann zu Lasten irgend eines Kunden einen Betrag erheben lassen — wie liegt dann die Sache? Nun, der Kassierer wird den Betrag zunächst natürlich im unreinen Kassabuch als Ausgang buchen. Der ungetreue Kontokorrentbuchalter aber? Er wird von zwei Dingen sicher eines tun: er wird entweder die Uebertragung des Postens ins Kontokorrent unterlassen, oder er wird den Posten zwar übertragen, dann aber nicht mit in den für den betr. Kunden bestimmten Halbjahrsauszug aufnehmen. Tut er das Erste, so darf er dabei nicht stehen bleiben, da ja sonst der von ihm behufs Aufstellung der monatlichen Rohbilanz anzufertigende Kontokorrent-Auszug nicht stimmt; er muss und wird also weitergehen und wird den von ihm abgehobenen Betrag mit in den Kontokorrent-Auszug einsetzen, obgleich der von ihm vorgeschobene Kunde im Kontokorrent ja
}) Die Abrechnungsstelle bei der deutschen Reichsbank wurde 1883 nach dem Muster des englischen Clearing house gegründet, und seitdem ist sie rasch zu grosser Bedeutung gelangt. Zurzeit erstreckt sich die Einrichtung auf 10 der wirtschaftlich bedeutendsten Städte im Reich, und in Berlin allein gehören ihr 17 Bankhäuser an. Die Versammlungen der Abrechnungsstelle finden allwochentägig um 9, 12’/2 und 4 Uhr statt, sodass die die Stelle benutzenden Banken über ihr Geld stets noch am selben Tage verfügen können. Mitteilungen über die rein technische Seite des Abrechnungswesens werden an dieser Stelle wohl kaum -notwendig -sein, da- die Sadie selbst ja keine heue mehr ist.
gar nicht belastet ist — Tut der Buchhalter aber das Zweite, d. h. überträgt er zwar den Posten, lässt ihn aber dann aus dem von ihm für den betr. Kunden anzufertigenden Halbjahrs-Auszug weg, so wird’s ihm wie Faust’s Gretchen gehn: es wird ihm zu tun fast nichts mehr übrig bleiben; „laissez faire, laissez aller!“ wird’s dann heissen.
Wie aber sind solche Dinge aufzudecken? Sehr einfach: nur durch den Revisor! Nur dadurch, dass die Halbjahrsauszüge für die Kunden vor der Absendung von einem Revisionsbeamten nach Kontokorrent und reinem Kassabuch gehörig abgestimmt werden, und dass ausserdem alle Kundenbriefe mit Monitas über Halbjahrs- Auszüge zuerst an einen Kontrollbeamten zur Prüfung gelangen. —
Mau sieht: es wird bei den Grossbanken ein zahlreiches Personal schon allein für die interne Kontrolle gebraucht, und diese Kontrolle verschlingt Beträge, die gar nicht geringfügig sind. Trotzdem wird und darf keine Bank ihren Sparsinn in erster Linie am Revisionsapparat üben, denn magere Dividenden könnten leicht die Folge davon sein.
VI. Der deutsche „Berufs-Revisor“.
A. Begriffsbestimmung.
Als Berufs-Revisor darf mau bei uns denjenigen bezeichnen, der eine mehr oder minder gründliche Kenntnis des Buchhaltungsweseus und verwandter Disziplinen besitzt, und der die Verwertung dieser Kenntnis in der Form des selbständigen Gewerbebetriebs durch Ausführung gewöhnlicher Buchhaltungsarbeiten, sowie durch systematische Prüfung von Geschäftsbüchern, Abrechnungen u.s. w. und durch fachmännische Begutachtung aller auf das kaufmännische Verrechnungswesen bezüglichen Dinge erstrebt; wer nur nebenamtlich oder in „fester Stellung“ das Buchhalten und Revidieren betreibt, ist demnach nicht Berufsrevisor
B. Die vereidigten (und öffentlich angestellten) Revisoren.
irgendwelcher fachlichen Vorbildung, oder an die Ablegung irgendwelcher Examina ist die Ausübung dieses Gewerbes also nicht geknüpft. Da aber der Bücherrevisoren- Beruf, selbst bei uns in Deutschland, wo er sich in wesentlich engeren Bahnen als beispielsweise in England bewegt, ein ziemlich schwieriger und verantwortungsvoller ist, so haben sich neuerdings in einzelnen deutschen Staaten auch die amtlichen Handelsvertretungen (Handelskammern, Korporationen u. s. w.) das Recht der Vereidigung und öffentlichen Anstellung von Bücherrevisoren und damit die äussere Kennzeichnung solcher Persönlichkeiten unter ihnen gesichert, die sie in moralischer wie beruflicher Beziehung als besonders zuverlässig und vertrauenswürdig befinden.
Dieses Recht, das sich als staatliches Hoheitsrecht charakterisiert, gründet sich auf § 36 der deutschen Gewerbeordnung, welcher § in Absatz 1 ausdrücklich das Folgende bestimmt: „Das Gewerbe der Bücherrevisoren darf zwar frei betrieben werden, es bleiben jedoch die verfassungsmässigdazubefugten Staats-oder Kom mu nalbehörden oder Korporationen auch ferner berechtigt,. Personen, die dieses Gewerbe betreiben wollen, auf die Beobachtung der bestehenden Vorschriften zu beeidigen und öffentlich anzustellen. ’) Dieses neue Recht der amtlichen Handelsvertretungen scheint mir wegen seiner grossen Bedeutsamkeit genauere Beachtung zu verdienen, nur muss ich bei seiner Besprechung etwas weit ausholen.
Nach den Reichsjustizgesetzen gibt es zweierlei Sachverständige, die zur Erstattung von Gutachten berufen sind:
1 im allgemeinen beeidigte, und
2. öffentlich bestellte.2)
*) Speziell für Preussen kommen äusser § 36 der .*R.-G.-O auch die beiden Handelskammergesetze vom 24. 2. 1870 und Vorn 19. 8. 1897 in Betracht Doch davon später. 2) Die betreffenden reichsgesetzlichen Bestimmungen lauten wie folgt: I. Civilprozessordnung, Titel 8, § 404 Absatz 2: „Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern.“ § 407 Absatz 1. „Der zum Sachverständigen Ernannte hat der Ernennung Folge zu leisten, wenn er zur Erstattung von Gutachten der erforderten Art öffentlich bestellt ist, oder wenn er die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis Voraussetzung der Begutachtung ist, öffentlich zum Gewerbe ausübt, oder wenn er zur Ausübung derselben
Von welcher Stelle aus die Beeidigung „im allemeinen“ oder die öffentliche Bestellung des Sachverständigen zu erfolgen habe, ist in den Reichsten selbst nicht bestimmt, und die nähere Regelung blieb somit Sache der Landesgesetzgebung. Wie aber stand und steht es mit dieser? Beginnen wir mit dem grössten deutschen Bundesstaat: mit Preussen. Hier waren Bestimmungen der gedachten Art früher nicht vorhanden, und der betreffende Rechtszustand stellte sich infolgedessen als unklar und die damit zusammenhängende Praxis als ungleich und der erforderlichen Einheitlichkeit entbehrend dar. Die Gerichte verhielten sich in der Regel so, dass sie eine öffentliche Bestellung von Handelssachverständigen nicht Vornahmen, doch pflegten sie die — auf gesetzlicher Grundlage ebenfalls nicht beruhende — Praxis zu befolgen, dass sie aus den verschiedensten Erwerbszweigen erfahrene und zuverlässige Personen zur Erstattung von Gutachten über die in ihren Geschäftskreis fallenden Angelegenheiten als Sachverständigeeinfür alle Mal beeidigten, und sich auf diese Weise einen Stamm tüchtiger underprobter Sachverständiger schufen. In dieser (allgemeinen) Weise wurden namentlich Angehörige solcher kaufmännischen Geschäftszweige vereidigt, die im Gerichtsbezirk vorwiegend vertreten waren, und aus denen deshalb besonders zahlreiche Streitsachen die Gerichte zu beschäftigen pflegten. Hinsichtlich der Auswahl der zu beeidigenden Personen bestand zwischen den Gerichten und den Handelsvorständen gewöhnlich das beste Einvernehmen; lag das Bedürfnis zu neuen Vereidigungen vor, so holten die Gerichte vor Vornahme der Vereidigungen — zuerst auf Grund stillschweigender Vereinbarung und später zufolge der Allgemeinen Verfügung des (preuss.) Justizministers vom 12.11.1897 — bei den zuständigen Handelsvertretungen
öffentlich bestellt oder ermächtigt ist.0 $ 410: »Der Sachverständige hat, wenn nicht beide Parteien auf seine Beeidigung verzichten, vor Erstattung des Gutachtens einen Eid dahin zu leisten, dass er das von ihm geforderte Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werde. Ist der Sachverständige für die Erstattung von Gutachten der betreffenden Art im allgemeinen beeidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten Eid.0 IL Strafprozessordnung Abschn. 7, § 73 Absatz 2, $ 75 Absatz 1 und § 79. Der Wortlaut dieser §§ der Strafprozessordnung ist genau derselbe wie derjenige der betr. der Civilprozessordnung, nur dass im $ 79 Absatz 1 der Strafprozessordnung selbstverständlich die im $ 410 Absatz 1 der Civilprozessordung stehenden Worte fehlen: »wenn nicht beide Parteien auf seine Beeidigung verzichten.0
Gutachten über Befähigung und Zu verlässigkeitder Bewerber ein, und ebenso pflegten einzelne Handelsvorstände bei den Gerichten Anträge auf ihnen nötig erscheinende Neuvereidigungen zu stellen, denen dann von den Gerichten meist bereitwillig entsprochen zu werden pflegte. Die vom Gericht im allgemeinen vereidigten Sachverständigen, wurden in eine „Liste der gerichtlichen Sachverständigen“ eingetragen und dadurch amtlich zu besonders fähigen und zuverlässigen Vertretern ihres Berufes gestempelt1); das Publikum mass ihren Feststellungen, Gutachten und Zeugnissen überall erhöhte Glaubwürdigkeit und ausschlaggebende Bedeutung auch selbst dann bei, wenn die Vereidigung nur für g eri ch tli ch e Angelegenheiten erfolgt war, und daraus folgte denn nun naturgemäss, dass sich die öffentliche Bestellung von Sachverständigen — neben den gerichtlichen — lange Zeit hindurch nicht als ein Bedürfnis erwies.
Erst das Jahr 1900 hat in diesen Dingen durchgreifenden Wandel gebracht. Der Mangel einer gesetzlichen Grundlage für die Vereidigungspraxis der Gerichte war zuweilen doch recht fühlbar geworden, denn einzelne Gerichte hatten die an sie gelangten Anträge auf Vereidigung mit der Begründung abgelehnt, dass sie sich zur Vornahme solcher Vereidigungen nicht für zuständig hielten, und andererseits hatten einzelne der gerichtlichen Sachverständigen mit ihrer Vereidigung, durch Benutzung derselben zu marktschreierischen Reklamezwecken, schnöden Missbrauch getrieben. Dazu war aber noch ein Drittes gekommen: in einzelnen Städten des Reiches hatten speziell die Bücherrevisoren geltend gemacht, dass sie ihren Beruf kaum mit Erfolg auszuüben vermöchten, wenn sie nicht als gerichtliche Sachverständige für Buchhaltung vereidigt würden, und seltsamerweise haben in den betreffenden Städten die Gerichte dem Ansuchen der Bücherrevisoren um gerichtliche Vereidigung meist unbedenklich selbst da Folge gegeben, wo die Vereidigung für gerichtliche Zwecke nicht erforderlich war; auf diese Weise sind seinerzeit allein in Magdeburg 13 Herren als gerichtliche Sachverständige für Buchhaltung bestellt worden, obgleich das dortige Gericht
l) Es ist selbstverständlich, dass Gerichte wie Handelsvorstände bei der Auswahl der Bewerber mit peinlicher Sorgfalt zu Werke gingen, aber irgend ein „Examen“ war vor der Vereidigung nicht zu bestehen, und alle etwa entgegenstehenden Behauptungen gerichtlicher Bücherrevisoren beruhen entweder ant Irrtum oder auf einer ganz unhaltbaren Aufassnng vom Wesen des „Examens“.
vielleicht kaum einen davon für seine speziellen Zwecke benötigt hat
All diese Zustande und Verhältnisse sind einzelnen Handelskammern — voran der Magdeburger — am Ende als unhaltbar erschienen, und die oben genannte (Magdeburger) Handelskammer hat daraufhin im Jahre 1901 zuerst die einschlägigen Verhältnisse der Handelschemiker geregelt, dann aber auch eine Regelung der betreffenden Verhältnisse für die Bücherrevisoren erstrebt — und zwar mit Erfolg erstrebt; es ist ausschliesslich das Werk der Magdeburger Handelskammer, dass durch die Novelle zur Reichsgewerbeordnung in den § 36 dieses Gesetzes das Wort „Bücherrevisoren“ eingefügt, und dadurch das Recht der Handelsvertretungen, Sachverständige für allgemeine Zwecke zu vereidigen, auch auf die Bücherrevisoren erstreckt worden ist.
In Preussen war aber inzwischen noch ein weiteres geschehen. Auf Vorschlag der Staatsregierung war in das preussische Ausführungsgesetz zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetz die Bestimmung eingefügt wordenr dass die Beeidigung von Sachverständigen für gerichtliche Angelegenheiten im allgemeinen lediglich Sache der Justizverwaltung sei, und diese Bestimmung hatte mit einem Male die erwünschte Ordnung und Klarheit gebracht; es war von nun an klar, 1. dass die gerichtsseitig im allgemeinen erfolgende Vereidigung von Sachverständigen eine feste gesetzliche Grundlage hatte; 2. dass sich die Justizverwaltung mit der „öffentlichen Bestellung von Sachverständigen“ nicht zu befassen habe, und 3. dass der Wirkungskreis, der von den Gerichten im „allgemeinen beeidigten Sachverständigen“ auf die Tätigkeit in rein gerichtlichen Angelegenheiten zu beschränken sei;1} es dürfe — so argumentierte s. Zt. mit Recht der preussische Justizminister mit Bezug auf den dritten Punkt — aus der Tatsache der Vereidigung kein Geschäft gemacht werden und ihre Benutzung zu Reklamezwecken sei unter allen Umständen zu verhindern.
Gerichtlichen“ sind diese in Preussen s. Zt. auch noch „öffentlich angestellt und beeidigt“ worden, und nur durch diese von Handelsvertretungen vorgenommene Anstellung und Beeidigung haben sie das Recht erlangt, noch weiter auch in aussergerichtlichen Angelegenheiten tätig zu sein.
Und die Hintanhaltung dieser marktschreierischen Ausbeutung der gerichtlichen Vereidigung ist denn auch in der Form wenigstens versucht worden, dass der preussische Justizminister unterm 5. Februar 1900 eine Verfügung mit den folgenden §§ erlassen hat:
§2
„Die Auswahl (der als Sachverständige für gerichtliche Angelegenheiten im allgemeinen zu beeidigenden Personen) erfolgt von Amtswegen ohne Rücksicht auf etwaige Anträge. Vor der Auswahl sind Erkundigungen nach der Zuverlässigkeit und Sachkunde der zu beeidigenden Personen einzuziehen.
Besteht für die Interessenten an den Angelegenheiten, für welche die Beeidigung erfolgen soll, eine staatlich geordnete Vertretung (Handelskammer oder sonstige kaufmännische Korporation, Landwirschaftskammer, Gewerbekammer, Aerztekammer und dergl.) so ist diese zu hören.
Im Falle eines Bedürfnisses nach der allgemeinen Beeidigung von Sachverständigen sind die bezeichneten Vertretungen (geeigneten Falls auch die Vereinigungen) um den Vorschlag befähigter Personen zu ersuchen.“
§ 5
„Vor der Beeidigung ist dem Sachverständigen zu eröffnen: dass er durch die Beeidigung die Eigenschaft eines Öffentlich bestellten Sachverständigen nicht erlange, dass vielmehr nur bei seiner Vernehmung im Einzelfalle nach dem Ermessen des Gerichts statt der Eidesleistung die Berufung auf den allgemeinen Eid genüge; und endlich, dass es ihm frei stehe, sich „für die Gerichte des Landgerichtsbezirkes……………………..(oder für die sonstigen der Beeidigung entsprechenden Gerichte) beeidigter Sachverständiger“ zu nennen.
Ferner hat sich der Sachverständige vor der Beeidigung zu verpflichten: dass er sich der Bezeichnung als gerichtlicher oder als gerichtlich bestellter oder beeidigter Sachverständiger ohne Angabe des Bezirkes, für den die Beeidigung erfolgt ist, nicht bedienen werde.“
§11.
„Eine Bestallung oder Ernennung von Sachverständigen durch die Justizbehörde findet nicht mehr statt
Sehr von Bedeutung für die Bücherrevisoren-Frage ist sodann in Preussen auch der Erlass der beiden, weiter vorn bereits erwähnten Handelskammergesetze vom 24. 2. 1870 und vom 19. 8. 1897 gewesen, denn diese Gesetze haben den preussischen Handelskammern die Befugnis zur Anstellung und Beeidigung von Handelssachverständigen (Bücherrevisoren, Handelßchemikern, Feldmessern, Auktionatoren u. s. w.) schon lange vor 1900 verliehen; und der Besitz dieser Befugnis hat den preussischen Handelskammern die Regelung der ein schlägigen Verhältnisse naturgemäss zu einer verhältnismässig leichten gemacht.
Immerhin sind der Schwierigkeiten genug zu überwinden gewesen, und namentlich der Punkt hat der Klärung bedurft: welche Bedeutung den durch Handelsvertretungen bewirkten Vereidigungen in Zukunft von den Gerichten beizulegen sei. Und da ist es denn nun das besondere Verdienst der Breslauer Handelskammer, diese Frage aufgegriffen und in erfreulicher Weise gelöst zu haben. Der betreffende Sachverhalt ist hiernach jetzt der folgende:
Die Reichsgesetzgebung unterscheidet, wie wir gesehen haben, „öffentlich bestellte Sachverständige“ und „im allgemeinen beeidigte Sachverständige“, und während die Sonderstelluug der letzteren sich darin erschöpft, dass bei ihnen an Stelle der0Eidesleistung in jeder einzelnen Sache die Berufung auf den allgemein geleisteten Eid genügt, bestehen bei den öffentlich bestellten Sachverständigen die prozessualen Folgen der öffentlichen Bestellung ausserdem noch darin, dass öffentlich bestellte Sachverständige von den Gerichten vorzugsweise zu Sachverständigen in der einzelnen Rechtsfrage gewählt werden sollen, und dass sie alsdann verpflichtet sind, der gerichtlichen Aufforderung zur Erstattung eines Gutachtens Folge zu leisten. Sehr wohl angängig ist es, dass eine und dieselbe Person zugleich „öffentlich bestellter“ und „im allgemeinen beeidigter“ Sachverständiger ist, doch soll die durch Justizbehörden erfolgte Vereidigung, wie bereits angedeutet, nur für rein gerichtliche Angelegenheiten Geltung haben, und in allen Fällen daher, wo ein Bücherrevisor aussergerichtlich eine Arbeit unter Amtseid ausfuhren soll, wird ein sogenannter gerichtlicher d. h. nur gerichtlich vereidigter Bücherrevisor nicht gewählt werden dürfen, sondern es kommt dann nur ein „öffentlich angestellter und beeidigter** in Betracht. Insoweit Sachverständige dieser letzteren Art von den Handelskammern beeidigt werden, sind die Justizbehörden „bei der Wahl der zu Befragenden in erster Linie an jene gebunden“, wie denn auch bei solchergestalt vereidigten Sachverständigen — wie bereits erwähnt — im Fall der Erstattung von Gutachten die Berufung auf den allgemeinen Eid genügt, dafern nur für diesen Eid die folgende Formel gewählt worden ist:
„Ich……………..schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, dass ich als öffentlich angestellter………. die bestehenden Vorschriften getreulich beobachten und die mir obliegenden Pflichten gewissenhaft erfüllen, sowie, auch die von mir in meiner Eigenschaft als öffentlich angestellter……………erforderten Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werde. So wahr mir Gott helfe.“
Diese Formel aber — das sei hier ausdrücklich festgestellt — wenden zunächst die dem Verband mitteldeutscher Handelskammern angehörigen preussischen und ausserpreussischen Handelsvertretungen1) auf Grund einer bezüglichen Vereinbarung — ohne alle Ausnahme an, und es darf unter diesen Umständen mit Recht behauptet werden, dass der bloss gerichtlich vereidigte Bücherrevisor für Handel und Wandel kaum noch irgend welche praktische Bedeutung hat; au seine Stelle ist eben der öffentlich angestellte und beeidigte Bücherrevisor getreten.* 2)
1) Dem Verbände mitteldeutscher Handelskammern gehören die Kammern der folgenden Städte an: Altenburg, Arnstadt, Brandenburg, Braunschweig, Dessau, Goslar, Gotha, Halberstadt, Halle, Hildesheim, Hildburghausen, Kassel, Magdeburg, Meiningen, Nordhausen, Potsdam, Rudolstadt, Sonneberg und Weimar. Und der gedachten „Vereinbarung* haben sich angeschlossen: Aachen, Barmen, Bielefeld, ■Coblenz? Essen, Geestemünde, Gera, Graudenz, Harburg, Hirschberg, Kiel, Lubeck, Schweidnitz, Solingen, Stolberg, Thorn, Wesel und Worms. (Die Handelskammern zu Aachen, Graudenz und Worms -sind unter meist unbedeutenden Vorbehalten beigetreten.) 2> Diese Ausführungen werden hoffentlich auch die da und dort laut gewordene Frage klären, „was es denn eigentlich mit den -im BerlinerAdressbuch angeführten verschiedenen Kategorien vereidigter Bücherrevisoren auf sich habe. Und sie werden, denke ich, auch denen die Augen öffnen, die bisher geglaubt haben, dass .zwischen Be- und V e r eidigung irgend ein geheimnisvoller Unter
Zur Erhärtung dieser Tatsache wird es gut sein, die gedachte „Vereinbarung4* sowohl als auch die „Vorschriften des Verbandes mitteldeutscher Handelskammern für die beeidigten Bücherrevisoren“ hier wörtlich zum Abdruck zu bringen; sie lauten so:
A. Vereinbarung des Verbandes mitteldeutscher Handelskammern über die öffentliche Anstellung von Bücherrevisoren.
§1
Anstellung.
Die öffentliche Anstellung von Bücherrevisoren erfolgt auf Grund der vom Verbände mitteldeutscher Handelskammern erlassenen Vorschriften durch die Handelskammer, in deren Bezirk der Bücherrevisor wohnt, und zwar unter Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs und nur für solange, als er in diesem Bezirke seinen Wohnsitz hat Ein Antrag auf Anstellung kann ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden.
§ 2.
Prüfung der Anträge.
Vor der Anstellung ist die Bedürfnisfrage, sowie die Befähigung, Sachkenntnis und Würdigkeit des Anzustellenden zu prüfen. Insbesondere ist festzustellen, ob der Bücherrevisor Büchereinrichtungen in Rücksicht auf die Eigenart und die Ausdehnung eines Geschäftes schnell zu beurteilen vermag. Es bleibt der Handelskammer freigestellt, sich diese Gewissheit unter Hinzuziehung eines bereits angestellten, beeidigten Bücherrevisors durch Abhaltung einer Probe-Bücherrevision zu verschaffen.
§3 Dem zuzulassenden Bücherrevisor ist, nachdem er sich schriftlich mit den vom Verbände erlassenen Vor-
schied bestehe. Sin solcher Unterschied besteht tatsächlich nicht, und wenn die Justizbehörden meist zu „vereidigen“, die Handelskammern dagegen meist zu „beeidigen“ pflegen, so ist dieser Unterschied lediglich ein formaler; man kann eben im Deutschen ebenso gut beeidigen und vereidigen als auch bloss beeiden und vereiden sagen, doch bedeutet beides praktisch wie theoretisch, genau dasselbe.
schriften einverstanden erklärt hat, von der Handelskammer nachstehender Eid abzunehmen: „Ich……………, schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, dass ich als öffentlich angestellter Bücherrevisor die bestehenden Vorschriften getreulich beobachten und die mir obliegenden Pflichten gewissenhaft erfüllen, sowie auch die von mir in meiner Eigenschaft als öffentlich angestellter Bücherrevisor erforderten Gutachten, unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werde. So wahr mir Gott helfe!“1) >) Diese, Eidesformel stimmt also genau mit derjenigen auf Seite 64 überein. (Dem Schwörenden bleibt die Beifügung einer seinem Glaubensbekenntnis entsprechenden Beteuerung überlassen.) Die Handelskammern, die nicht das Recht haben, Handelssachverständige selbst zu beeidigen, haben die Beeidigung bei den zuständigen Behörden zu beautragen.
§ 4
Listenführung und Bestallung.
Die erfolgte Beeidigung und öffentliche Anstellung ist von den einzelnen Handelskammern in geeigneter Weise bekannt zu machen, und der Name des Angestellten in eine Liste einzutragen, die in den Amtsräumen der betreffenden Kammer zu jedermanns Einsicht auszulegen ist.
Ueber die erfolgte Beeidigung und Anstellung ist dem Bücherrevisor eine Bestallungsurkunde auszuhändigen, der die Vorschriften für die beeidigten Bücherrevisoren beigedruckt sind.
§5
Vermittelungsstelle.
Eintragungen und Löschungen in der Bücher- revisoren-Liste sind von den einzelnen Handelskammern einer als Vermittelungsstelle dienenden Kammer mit- zuteilen, die diese Nachrichten an die übrigen dem Verbände angehörenden Kammern weiterzugeben hat.
§6 Löschung.
Die Löschung in der Liste der Bücherrevisoren erfolgt:
>) Diese, Eidesformel stimmt also genau mit derjenigen auf Seite 64 überein.
1. auf Antrag des Bücherrevisors bei der zuständigen Handelskammer;
2. nach dem Tode des Bücherrevisors;
3. wenn der Bücherrevisor seinen Wohnsitz aus dem Bezirk der anstellenden Kammer verlegt;
4. nach erfolgtem Widerruf der Bestallung (vergl. § 1).
Sobald eine Löschung in der Liste der Bücherrevisoren erfolgt, ist die Bestallungsurkunde von der anstellenden Handelskammer zurückzunehmen. Die Löschungen sind ebenso zu veröffentlichen wie die Eintragungen.
§7.
Beschwerden.
Beschwerden, die sich auf die Tätigkeit eines Bücherrevisors beziehen, sind von der anstellenden Handelskammer entgegenzunehmen, auf ihre Berechtigung zu prüfen und zum Austrag zu bringen.
§8.
Schiedsgericht.
Zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen dem Auftraggeber einer Revisionsarbeit und dem Bücherrevisor über die zu fordernden Gebühren ist für jeden Streitfall von der anstellenden Handelskammer ein Schiedsgericht einzusetzen. Das Schiedsgericht hat aus drei Mitgliedern zu bestehen, von denen eines ein Bücherrevisor sein muss. Die Wahl des Vorsitzenden bleibt den Mitgliedern des Schiedsgerichts überlassen. Das Schiedsgericht entscheidet, falls sich der Auftraggeber mit dieser Regelung einverstanden erklär^ endgültig.
B. Vorschriften des Verbandes mitteldeutscher Handelskammern für die beeidigten Bücher- Revisoren.
A. Anstellungs-Bedingungen.
§ 1.
Die öffentliche Anstellung eines beeidigten Bücherrevisors erfolgt auf jederzeitigen Widerruf, und nur für so lange, als er seinen Wohnsitz in dem Bezirke der anstellenden Handelskammer hat.
§ 2.
Der von einer Handelskammer angestellte Bücherrevisor hat dieser Kammer rechtzeitig von Aenderungen seines Wohnsitzes Kenntnis zu geben.
§3.
Der Bücherrevisor ist verpflichtet, bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Auftraggeber über seine Tätigkeit oder seine Gebührenforderung sich der Entscheidung der zuständigen Handelskammer zu unterwerfen. Die Feststellung der Gebührensätze wird im Streitfälle von der Handelskammer einem Schiedsgerichte übertragen, das aus drei Mitgliedern besteht, unter denen sich ein Bücherrevisor befindet.
§4
Der Bücherrevisor hat bei der Uebernahme eines Auftrags seinem Auftraggeber von dem Bestehen dieser Bestimmungen Kenntnis zu geben und sie ihm auf Wunsch zur Einsichtnahme vorzulegen. Er hat zu diesem Behufe bei der Ausübung seines Amtes seine Bestallungs- Urkunde bei sich zu führen.
§5.
Die Bestallungs-Urkunde ist der zuständigen Handelskammer zurückzugeben, sobald der Bücherrevisor stirbt, sein Amt freiwillig niederlegt, aus dem Kammerbezirke verzieht oder aus der Liste der Bücherrevisoren gestrichen wird.
B. Bestimmungen über die Revisionstätigkeit
Jede Revision ist nach Massgabe und unter Berücksichtigung des Zweckes des erteilten Auftrages nach bestem Wissen und Gewissen vorzunehmen. Sofern nicht die Umstände ein anderes Vorgehen rechtfertigen oder der Auftraggeber nicht eine Erweiterung oder Beschränkung der Revision wünscht, hat der Bücherrevisor sein Augenmerk vornehmlich auf folgende Punkte zu richten. Zunächst hat er sich von der Uebereinstimmung der Eröffnungsbuchungen mit der voijährigen Bilanz zu überzeugen, sodann hat er die Grundbücher (Kassabuch, Memorial, Ein- und Verkaufsbücher und andere Grundbücher, soweit solche geführt werden) nachzuprüfen, die Belege (Quittungen, Fakturen, Frachtbücher, Lohnbücher u. s. w.)mit den Eintragungen zu vergleichen und endlich die Richtigkeit der Uebertragungen aus den Grundbüchern in das Hauptbuch festzustellen.
Ob weitergehende Arbeiten, insbesondere ob die Prüfung der Kassen-, Wechsel- und Effekten-Bestände, der Inventur und der darin angenommenen Werte, der Kalkulation für fertige oder halbfertige Fabrikate zur Inventur, der Einnahmen z. B. bei Strassenbahnen und Brauereien oder in anderen Geschäften für Barverkäufe, auch der Einnahmen für Zinsen von Kapitalien und Effekten, der Ausgaben für Löhne in grossen industriellen Werken, der Buchungen für Neuanlagen oder für Reparaturen und Unterhaltung u. s. w.
vorzunehmen sind, ist vor Beginn der Revisionsarbeit mit dem Auftraggeber zu vereinbaren. Bei laufenden Revisionen hat der Bücherrevisor nach Möglichkeit mit der Methode seiner Arbeit zu wechseln.
§ 7.
In allen Fällen ist zu prüfen, ob die Handelsbücher und Jahresabschlüsse (Inventur, Gewinn- und Verlust-Rechnung, Bilanz) den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen.
§ 8.
Der Bücherrevisor ist verpflichtet, Tagebücher zu führen, worin er bei jeder Prüfung Aufzeichnungen über die Art und den Umfang des Auftrages und der ’von ihm vorgenommenen Revision, insbesondere über die ihm etwa bei der Prüfung auf erlegten Beschränkungen zu machen hat. Diese Tagebücher sind nach jeder Eintragung eigenhändig von ihm zu unterzeichnen, nach ihrer Schliessung mindestens noch zehn Jahre lang aufzuwahren und auf Verlangen der Handelskammer vorzulegen.
§ 9.
Ueber jede Prüfung hat der Bücherrevisor seinem Auftraggeber einen schriftlichen Bericht, der den Eintragungen im Tagebuch entsprechen muss, zu erstatten, es sei denn, dass ausdrücklich darauf verzichtet wird. Auch hat er auf Verlangen das Ergebnis der Prüfung unter der Bilanz zu vermerken.
§ 10.
Es ist dem Bücherrevisor untersagt, die bei Ausübung seines Amtes erlangten Kenntnisse zu seinem Vorteile oder zu anderer Nutzen oder Schaden zu verwerten, oder auch uur Dritten Mitteilungen darüber zu machen.
§ 11.
Ueber Falle, in denen Bücherrevisoren gegen die vorstehenden Vorschriften verstossen, entscheidet die zuständige Handelskammer endgültig. — Dies die „Vereinbarungen“ und „Vorschriften“ des Verbandes mitteldeutscher Handelskammern. Fs bleibt ihnen gegenüber u. a. die Frage offen, welche Normen bei denjenigen preussischen Handelskammern gelten, die dem Verband mitteldeutscher Kammern noch nicht angehören. Leider vermag ich diese Frage nur hinsichtlich der Berliner Handelskammer zu beantworten, betreffs der anderen preussischen Kammern dagegen nicht; zwei dieser Kammern, die ich um bezügliche Auskunft bat, haben mir solche nicht zu erteilen vermocht. Die „Anstellungsbedingungen“ und „Revisionsvorschriften“ der Berliner Kammer lauten wörtlich wie folgt:
A. Anstellungsbedingungen.
„§ 1. Die öffentliche Anstellung eines beeidigten Bücherrevisors erfolgt durch die Handelskammer zu Berlin für ihren Bezirk auf jederzeitigen Widerruf und nur für die Zeit, während welcher er seinen Wohnsitz im Bezirk der Kammer hat Der angestellte Bücherrevisor hat der Handelskammer unverzüglich von jeder Aeuderung seiner Wohnung oder seines Geschäftslokals Kenntnis zu geben.
§ 2. Vor der Anstellung ist die Bedürfnisfrage sowie die Befähigung, Sachkenntnis und Würdigkeit der Bewerber zu prüfen. Bin Antrag kann ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden.
§ 3. Der Bücherrevisor hat, nachdem er sich schriftlich mit diesen Vorschriften einverstanden erklärt, nachstehenden Eid vor der Handelskammer abzulegen: (Folgt genau die gleiche Eidesformel wie in den Vereinbarungen des „Verbandes mitteldeutscher Handelskammern“)
§ 4. Der Bücherrevisor erhält nach geschehener Anstellung eine Bestallungsurkunde, der die bestehenden Vorschriften für Bücherrevisoren beigedruckt sind. Diese hat er seinen Auftraggebern auf Verlangen vorzulegen. Die Bestallungsurkunde ist der Handelskammer unverzüglich zurückzugeben, sobald der Bücherrevisor stirbt, sein Amt freiwillig niederlegt, aus dem Kammerbezirk verzieht, oder aus der Liste der Bücherrevisoren gestrichen wird.
§ 5. Der Bücherrevisor führt ein Siegel, das seinen Namen mit dem Zusatz enthält: „Oeffentlich angestellter, beeidigter Bücherrevisor im Bezirk der Handelskammer zu Berlin“.
§ 6. Die Löschung erfolgt äusser im Falle des Todes des Bücherrevisors: 1. auf den bei der Handelskammer von ihm gestellten Antrag; 2. wenn er seinen Wohnsitz ausserhalb des Bezirkes der Kammer nimmt; 3. nach erfolgtem Widerruf der Anstellung.
§ 7. Beschwerden über Bücherrevisoren sind an die Handelskammer zu richten. Diese prüft sie und macht gegebenen Falls von dem Recht des Widerrufs der Anstellung Gebrauch.
§ 8. Die Anstellung und deren Widerruf werden in den „Mitteilungen der Handelskammer“ bekannt gemacht. Eine Liste der angestellten Bücherrevisoren liegt im Bureau der Handelskammer zur Einsicht des Publikums aus.
B. Bestimmungen über die Revisionstätigkeit.
§ 9. Der Bücherrevisor darf seine Tätigkeit nur dann ausüben, wenn er selbzt kein unmittelbares oder mittelbares Interesse an der Sache hat.
§ 10. Jede Revision ist nach Massgabe und unter Berücksichtigung des Zweckes des erteilten Auftrages nach bestem Wissen und Gewissen vorzunehmen.
§ 11. Der Bücherrevisor ist verpflichtet, Tagebücher zu führen, in die er bei Prüfung Aufzeichnungen über die Art nnd den Umfang des Auftrags und der von ihm vorgenommenen Revision, insbesondere über die ihm etwa bei der Prüfung auferlegten Beschränkungen zu machen hat. Jede Eintragung ins Tagebuch ist eigeuhändig von ihm zu unterzeichnen. Die Tagebücher sind der Handelskammer auf Verlangen vorzulegen und mindestens 10 Jahre nach Schliessung aufzubewahren.
§12. Ueber jede Prüfung hat der Bücherrevisor seinem Auftraggeber auf Verlangen einen schriftlichen Bericht zu erstatten, der den Eintragungen im Tagebuch entsprechen muss. Auch hat er auf Verlangen das Ergebnis der Prüfung unter den von ihm geprüften Büchern und Schriftstücken zu vermerken.
§ 13. Es ist dem Bücherrevisor untersagt, die bei Ausübung seines Amtes erlangten Kenntnisse zu seinem Vorteile oder anderer Nutzen oder Schaden zu verwerten, oder dritten unbefugt Mitteilung davon zu machen. § 14. Ueber Fälle, in denen Bücherrevisoren gegen die vorstehenden Vorschriften verstossen, entscheidet die Handelskammer zu Berlin endgültig.“ ’)
Dies die Anstellungsbedingungen und Revisionsvorschriften der Berliner Kammer; nun rasch .noch den Wortlaut der bei ihr im Gebrauch befindlichen Bestallungsurkunde für Bücherrevisoren:
*) Die Berliner Normen unterscheiden sich von denen des Verbandes der mitteldeutschen Kammern in zwei Punkten sehr vorteilhaft: sie enthalten erstens keinerlei technische Spezialvorschriften über die Ausführung von Revisionen, und es fehlt in ihnen zweitens die Vorschrift, dass der Bücherrevisor vor der Anstellung die von ihm zu verlangende Fähigkeit, „Büchereinrichtungen in Rücksicht auf die Bigenart und die Ausdehnung eines Geschäfts schnell zu beurteilen*, gegebenenfalls durch Abhaltung einer Probebücherrevision darzutun haben soll. Zweifellos sind diese beiden Bestimmungen wohlerwogene, doch scheinen sie mir den praktischen Verhältnissen doch gar zu wenig Rechnung zu tragen. Die Handelsvertretungen haben selbstverständlich nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, für entsprechende Hebung und Sichtung des Bücher- revisorenstandes zu sorgen, und sie sind, wie wir gesehn haben, dieses Rechtes und dieser Pflicht auch schon recht lebhaft eingedenk gewesen. Allein ich fürchte, dass sie — wenigstens zum Teil — noch von der Ansicht befangen sind, man könne das deutsche Bücherrevisionswesen durch blosses Reglementieren verbessern. Sine solche Ansicht würde ich für sehr gefährlich halten; denn sie kann leicht Leben ertöten, statt Leben zu erwecken. Wahrhaft grosszügig kann das deutsche Rechnungs- uud Revisionswesen m. E. nur durch die anständigen und intelligenten Elemente unter den Bücherrevisoren selbst ausgestaltet werden, und in diesem Sinne habe ich die zu zeitgemässem Zusammenschluss der Bücherrevisoren ermunternden Schlussworte des „Verzeichnisses* der Magdeburger Handelskammer mit wirklicher Freude begrüsst Ich glaube hoffen zu dürfen, dass die deutschen Handelskammern den deutschen Bücherrevisoren gern die Hand reichen werden, wenn diese sich eines Tages ernsthaft entschlossen zeigen, zum Heile der deutschen Volkswirtschaft nach wirklich hohen Zielen zu streben. D. V

*) Die §§ 42 Abs. 1 des (preussischen) Handelskammer-Gesetzes lauten wie folgt: „Die Handelskammer ist befugt, Dispacheure und solche Gewerbetreicende der in § 36 der Reichs-Gewerbe-Ordnung bezeichneten Art, deren Tätigkeit in das Gebiet des Handels fällt, öffentlich anzustellen und zu beeidigen. Auf Auktionatoren findet diese Bestimmung keine Anwendung. Vorschriften, die die Handelskammer für die hiernach angestellten Personen erlässt, sind dem Minister für Handel und Gewerbe vorzulegen.“ Die vorstehende Gesetzesbestimmung findet gemäss § 44 des Handelskammergesetzes Abs. 1 auch Anwendung auf die dort erwähnten kaufmännischen Korporationen, soweit sie noch bestehen, oder soweit ihnen die Befugnis der öffentlichen Anstellung und Vereidigung nicht zu Gunsten der Handelkammer entzogen ist, wie dies z. B. bei den Aeltesten der Kaufmannschaft in Berlin der Pall. (Die s. Zt. von den „Aeltesten“ vereidigten Bücherrevisoren sind später von der Berliner Handelskammer nochmals vereidigt worden). 2) An dieser Stelle sei übrigens auch auf das verwiesen, was der Syndikus der Breslauer Handelskammer, Dr. jur. Riesenfeld, auf Seite 81 seines verdienstvollen Buchs über „Die Anstellung von Handels- und Schiffahrts-Sachverständigen“ betreffs der Stellung der „Gerichtlichen“ sagt. Es heisst an jener Stelle wörtlich wie folgt: „Für den Handelsstand ergibt sich aus jener Neuordnung, dass die. Zuziehung der bloss gerichtlich beeidigten Sachverständigen (Bücherrevisoren) für seine speziellen Zwecke fortan nicht mehr genügt, da den Gutachten solcher Sachverständigen in den für den Handelsstand in Frage kommendenPällen keine grössereGlaubwürdigkeit zukommt, als dem Ausspruche irgend eines beliebigen unbeeidigten Sachverständigen “ — Im übrigen ist in Preussen die rechtliche Neuordnung der Dinge betreffs der nur gerichtlich vereidigten Bücherrevisoren durch die bereits erwähnte Verfügung des Justizministers vom 5. 2. 1900 erfolgt.
vorzunehmende Anstellung von Handelssachverständigen, doch dürften solche wohl auch bald in anderen Staaten erlassen werden; in Sachsen, Bayern und Braunschweig sind die betreffenden Verhandlungen, wie ich höre, bereits in die Wege geleitet Einen ungefähren Ueberblick über den Stand der einschlägigen Dinge in ausserpreussischen Staaten soll das Folgende gewähren. Bayern kennt zurzeit handelskammerseitig an gestellte und beeidigte Bücherrevisoren noch nicht, und Sachverständige für Buchhaltung werden also nur von den Gerichten bestellt, wobei die betr. Bewerber von den Handelskammern zu begutachten sind; die so bestellten Revisoren werden ausdrücklich mit der allgemeinen Bestimmung verpflichtet, dass ihre Aufgabe lediglich in der Unterstützung der richterlichen Tätigkeit, durch Abgabe von Gutachten besteht. Im Königreich Sachsen liegen die Dinge kaum günstiger; denn dort haben die Handelskammern das Recht der öffentlichen Anstellung von Bücherrevisoren ebensowenig wie in Bayern, und die Gerichte vereidigen Buchhaltungs-Sachverständige nur für den eigenen Bedarf.1)
der am 1. Januar 1903 in Kraft getretenen neuen Ausgabe der Geschäftsordnung für die Königl. Sächs. Justizbehörden“ die rechtliche Stellung der gerichtlichen Sachverständigen einer Neuordnung unterzogen, die sich mit der betreffenden Neuregelung in Preussen in Uebereinstimmung befindet. Die wesentlichsten Punkte der sächsischen Neuordnung sind diese: 1. Der bei einem Gericht in Pflicht stehende Sachverständige hat sich bei Bezeichnung dieser seiner Stellung nur einer ganz bestimmten, die erfolgte Neuordnung der Verhältnisse genau klarlegenden Ausdrucksweise zu bedienen. 2. Dem Sachverständigen ist vor der Beeidigung zu eröffnen, dass er durch die Beeidigung die Eigenschaft eines Öffentlich bestellten Sachverständigen nicht erlangt und die Berufung auf seinen allgemeinen Eid nur bei gerichtlichen Vernehmungen genügt; das Gericht kann aber die Berufung auf den allgemeinen Eid auch ablehnen und den Sachverständigen trotz der erfolgten allgemeinen Vereidigung für bestimmte Einzelfälle noch besonders vereidigen. 3. Es steht dem Sachverständigen frei, sich „für das …… gericht…………..beeidigter Sachverständiger“ zu nennen. 4. Vor der Beeidigung hat sich der Sachverständige zu verpflichten, 1. dass er sich der Bezeichnung als gerichtlicher oder gerichtlich bestellter oder beeidigter Sachverständiger ohne Angabe des Gerichts für das die Beeidigung erfolgt ist, nicht bedienen werde; 2. dass er Veränderungen seines Wohnortes unverzüglich anzeigen und den ihm erteilten Ausweis über seine Beeidigung im Fall seiner
Speziell in Leipzig und Dresden, allerdings befasst sich seit kurzem auf Anregung der dortigen Handelskammern der Rat (Magistrat, städtische Verwaltungsbehörde) mit öffentlichen Anstellungen, aber das ist doch immer nur ein Notbehelf. Die auf Vorschlag der Leipziger Handelskammer vom Rat der Stadt Leipzig erlassenen bezüglichen Bestimmungen sind denen des Verbandes mitteldeutscher Handelskammern im wesentlichen angepasst. Die Begutachtung der Bewerber ist vereinbarungsgemäss Sache der Handelskammer. Im Grossherzogtum Hessen bestimmt Art. 34 des am 1. Januar 1903 in Kraft getretenen Handelskammergesetzes dieses: „Die Handelskammer ist befugt, Gewerbetreibende der in § 36 der Reichsgewerbeordnung bezeichneten Art, deren Tätigkeit in’s Gebiet des Handels fällt, öffentlich anzustellen und zu beeidigen. Auf Auktionatoren findet diese Bestimmung indes keine Anwendung. Vorschriften, die die Handelskammern für die hiernach angestellten Personen erlässt, sind dem Ministerium des Innern zur Genehmigung vorzule^en.“ In Sachsen-Weimar sind die einschlägigen Dinge durch § 3 der Ausführungsverordnung zum „Gesetz über die Errichtung einer Handelskammer“ ganz wie in Hessen geregelt Im Herzogtum Braunschweig sind die von der Handelskammer bisher vor genommenen Verpflichtungen von Bücherrevisoren auf die von der Kammer s. Zt
Absetzung von der Sachverständigenliste unverzüglich ans Gericht zurückgeben werde. 5. Ueber die Beeidigung ist ein Protokoll aufzunehmen, das die Eidesformel, die Eröffnung und die Verpflichtung ihrem Wortlaut nach enthalten muss. 6. Der Sachverständige erhält kostenfrei eine beglaubigte Abschrift des Protokolls als Ausweis über seine Beeidigung. 7. Der von den Buchsachverständigen (Bücherrevisoren) zu leistende Eid hat folgenden Wortlaut: „Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, dass ich alle Gutachten über kaufmännische Angelegenheiten und Bücherrevisionen, die das . . . gericht …. (Ort) oder in dem bei diesem Gericht anhängig gewordenen Sachen ein höheres Gericht von mir fordern wird, unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werde.0 Nach dieser Eidesformel dürfen also die gerichtlich vereidigten Bücherrevisoren in Sachsen Gutachten auch über allgemein kaufmännische Angelegenheiten (nicht bloss über Angelegenheiten der Bücherrevision) erstatten, während den beispielsweise von der Berliner Handelskammer angestellten und beeidigten Bücherrevisoren nur Gutachten über Angelegenheiten der Bücherrevision gestattet sind.
erlassenen bezüglichen Vorschriften erfolgt Auf die Vorschriften des Verbandes mitteldeutscher Handelskammern, dem die Braunschweiger bekanntlich angehört, wurde bis 1903 noch niemand verpflichtet In der Freien und Hansestadt Lübeck werden die beeidigten und öffentlich angestellten Bücherrevisoren auf die Bestimmungen des am 24. 11. 1887 vom Senat und Bürgerschaft eriassenen Gesetzes über die Anstellung von Sachverständigen und Auktionatoren verpflichtet. Die wichtigsten dieser Bestimmungen sind diese:
1. Das Stadt« und Landamt hat Handelssachverständige, einschliesslich der Bücherrevisoren, und Auktionatoren öffentlich anzustellen. Die Anstellung und Beeidigung ist im Amtsblatt zu veröffentlichen.
2. Die Sachverständigen (Bücherrevisoren) haben die Ausführung eines ihnen übertragenen Geschäftes abzulehnen,
a) wenn sie die für das Geschäft erforderliche Sachkenntnis nicht besitzen;
b) wenn an dem Ausfälle des Geschäfts, sie selbst interessiert sind oder ihre Ehefrau, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht, oder eine Person, mit welcher sie in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Adoption verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert sind, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht.
3. Die Sachverständigen (Bücherrevisoren) und Auktionatoren haben die ihnen übertragenen Geschäfte nach Massgabe einer vom Senate zu erlassenden Geschäftsanweisung auszuführen. Sie haben Anspruch auf Gebühren und auf Erstattung ihrer Auslagen nach Massgabe einer vom Senate zu erlassenden Gebührenordnung, Streitigkeiten über Kostenansätze werden unter Ausschluss des Rechtsweges vom Stadt- und Landamte entschieden. Vor Erlass der Geschäftsanweisung und der Gebührenordnung ist ein Gutachten der Handelskammer und der Gewerbekammer einzuziehen.
4. Die Sachverständigen (Bücherrevisoren) und Auktionatoren sind Beamte, jedoch findet auf sie das Gesetz vom 24. September 1Ö79, die Rechtsverhältnisse der Beamten betreffend, nicht Anwendung. Die Aufsicht über den Geschäftsbetrieb der Sachverständigen und Auktionatoren steht dem Stadt- und Landamte zu. Dieses ist befugt Ordnungsstrafen und Entlassung vom Amte zu erkennen. Die Ordnungsstrafen bestehen in Verweis und in Geldstrafen bis Mark 100. – Gegen die Verfügungen des Stadt- und Landamts ist innerhalb zweier Wochen, von der Mitteilung der Verfügung an gerechnet, Beschwerde an den Senat zulässig.
5. Soweit öffentlich angestellte Sachverständige vor* handen sind, haben die Behörden und Gerichte andere Sachverständige nur dann zuzuziehen, wenn besondere Umstände es erfordern. Im Gebiet der Freien Hansestadt Bremen wurde mit der Verpflichtung „beeidigter Buchhalter“ bereits im Jahre 1889 begonnen. Diese „Buchhalter“ werden nach gutachtlicher Aeusserung der Handelskammer vom Senat ernannt, und ihre Aufgabe ist es, in gerichtlichen und aussergerichtlichen Angelegenheiten Geschäftsbücher und Abrechnungen zu prüfen, sowie Auskünfte und Gutachten darüber zu erteilen. Die für sie in Frage kommende Eidesformel hat folgende Fassung: „Ich schwöre und gelobe Gott, dass ich die im Auftrage von Verwaltungsbehörden, Gerichten oder Privatpersonen von mir übernommenen Geschäfte als Sachverständiger in Angelegenheiten der Rechnungsund Buchführung sorgfältig und gewissenhaft vornehmen, und die von mir darüber zu fordernden Angaben wahrheitsgemäss machen will, dass ich die von mir geforderten Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen abstatten und die in diesen Angelegenheiten von mir geforderte oder durch die Umstände gebotene Verschwiegenheit beobachten will. So wahr mir Gott helfe.“ Die „Vereidigten Buchhalter“ werden entweder für gerichtliche und aussergerichtliche Angelegenheiten, oder nur für aussergerichtliche Angelegenheiten verpflichtet, und Buchhalter der ersten Klasse pflegen nur in beschränkter Anzahl zu gelassen zu werden, während für die der zweiten Klasse lediglich Qualifikation, nichtdas Bedürfnis entscheidet. Besonderen Taxen oder Vorschriften sind die „Vereidigten Buchhalter“ nicht unterworfen, und zwar weder die der ersten noch die der zweiten Klasse. Für die Freie und Hansestadt Hamburg gilt betreffs Beeidigung und öffentlicher Anstellung von Bücherrevisoren das am 14. 5. 1888 erlassene „Regulativ“, das den folgenden Wortlaut hat:
§ 1.
„Je nach Bedürfnis werden von der Handelskammer Bücherrevisoren ernannt, die von dem Präses der Deputation für Handel und Schiffahrt in Eid genommen werden. Es bleibt indess selbstverständlich jedermann unbenommen, sich auch unbeeidigter Bücherrevisoren zu bedienen.
§ 2.
„Die Ernennung der beeidigten Bücherrevisoren erfolgt unter Vorbehalt einer gegenseitigen sechsmonatlichen Kündigung auf die Dauer von drei Jahren. Vor Ablauf dieser Frist hat der seine Wiederernennung wünschende Bücherrevisor bei der Handelskammer einen bezüglichen Antrag zu stellen. Im Falle der Wiederernennung genügt die Verweisung auf den früher geleisteten Eid. Ein beeidigter Bücherrevisor darf, solange er als solcher tätig ist, ein eigenes kaufmännisches Geschäft nicht betreiben; auch an geschäftlichen Unternehmungen dritter Personen sich aktiv nicht beteiligen. Er darf Bescheinigungen über von ihm ausgeführte Revisionen nur in seiner Eigenschaft als beeidigter Bücherrevisor ausstellen.“
§ 3.
„Die beeidigten Bücherrevisoren stehen betreffs ihrer Tätigkeit als solche unter der Aufsicht der Handelskammer, welche, falls Tatsachen zu ihrer Kenntnis gelangen, die den Betreffenden als zu dieser Tätigkeit ungeeignet erscheinen lassen, befugt ist, ihn auch während der Zeit, für welche er ernannt ist, und zwar ohne Einhaltung der im § 2 vorgesehenen Kündigungsfrist zu entlassen.“
§ 4.
„Für die Beglaubigung der von ihnen ausgestellten Bescheinigungen führen die beeidigten Bücherrevisoren ein Dienstsiegel, welches von einem hohen Senate festgestellt und den Beteiligten von der Handelskammer ausgehändigt wird. Tritt ein beeidigter Bücherrevisor zurück oder wird er entlassen, so ist er verpflichtet, das Dienstsiegel an die Handelskammer zurückzuliefern. Bei dem Ableben eines beeidigten Bücherrevisors hat die Ablieferung des Dienstsiegels an die Handelskammer absei ten der Angehörigen des Verstorbenen sofort zu erfolgen. Im Falle des Verlustes eines Siegels oder einer wesentlichen Beschädigung desselben ist der Handelskammer Anzeige zu machen, welche ein neues Siegel anfertigen lassen und dem beeidigten Bücherrevisor übergeben wird. Die Auslagen für die Anfertigung des Siegels hat der Bücherrevisor bei der Uebergabe zu entrichten/
§ 5
„Für die Ausführung der Revisionen haben die beeidigten Bücherrevisoren angemessene Vergütung zu beanspruchen. Ueber die Hohe der Vergütung wird, falls eine Einigung mit den Auftraggebern nicht zu erzielen ist, und beide Teile sich damit einverstanden erklären, durch die Handelskammer endgültig entschieden/ Die Eidesformel, nach der die Hamburger Handelskammer Bücherrevisoren verpflichtet, hat folgenden Wortlaut: „Ich gelobe und schwöre zu Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, dass ich als beeidigter Bücherrevisor die mir zu erteilenden Aufträge treu und gewissenhaft erfüllen, über das dabei zu meiner Kenntnis Kommende strengste Verschwiegenheit beobachten, und überhaupt meine amtliche Tätigkeit nach bestem Wissen und Gewissen ausüben will. So wahr mir Gott helfe!“ — Man sieht: Die so sehr notwendige Rechtseinheit betr. der eidlichen Verpflichtung von Bücherrevisoren ist zurzeit im Reich noch bei weitem nicht vorhanden, aber freuen darf man sich, dass sie wenigstens in ganz Preussen besteht. Denn in ganz Preussen wird sich infolge der daselbst eingetretenen Neuerungen voraussichtlich nun bald die allgemeine Ueberzeugung Bahn brechen, dass die Funktionen der Bücherrevisoren in erster Linie nicht forensische, sondern wirtschaftliche sind, und dass sie selbst in erster Linie nicht als Beamte, sondern als freie Organe des Handels sich zu fühlen haben; diese Ueberzeugung aber wird nicht nur den Handeltreibenden, sondern auch den Bücherrevisoren nützen. Und für Preussen fällt noch weiter der Umstand ins Gewicht, dass nach dem preussischen Handelskammergesetz nur noch Berufsrevisoren als Sachverständige fürs Buchhaltungswesen öffentlich bestellt und vereidigt werden dürfen; ’) ich zweifle nicht, dass sich dieser
Dr. Riesenfeld legt (in seinem schon früher erwähnten Buche über die Handelssachverständigen) betreffs dieses Punktes ausdrücklich das Folgende fest: Nur „Gewerbetreibende“ gewisser Art sind zu Handelssachverständigen bestellbar. Mit dieser grundlegenden Voraussetzung ist zum Ausdruck gebracht, dass prinzipiell zur Anstellung durch die Handelsvertretungen lediglich
Umstand bald als einer der bedeutsamsten Hebel für die so dringend notwendige Hebung des deutschen Bücher- revisoren-Standes erweisen und den deutschen Bücherrevisoren bei ihren organisatorischen Bestrebungen früher oder spater trefflich zu statten kommen wird. Richtig ist ja allerdings — worauf ich schon früher hinwies — dass die öffentliche Anstellung und Beeidigung von Bücherrevisoren auch jetzt noch nicht vom Bestehen irgend eines Fachexamens abhängig gemacht wird noch werden darf, und dass also die Art, in der die Feststellung der von Bewerbern zu verlangenden persönlichen und fachlichen Eigenschaften weit mehr Takt- als Rechtsfrage ist; allein es darf von den Handelsvertretungen die Anwendung der grössten Strenge und Sorgfalt bei der Auswahl der Bewerber schon aus dem Grunde erwartet werden, weil sie ja wissen, dass die an den Bücherrevisor zu stellenden Anforderungen zurzeit stetig steigende sind. Nach welchen Grundsätzen die preussischen Handelsvertretungen bei der Auswahl der Bewerber verfahren, ist wohl zur Genüge aus folgendem zu ersehen:
Zuerst wird naturgemäss untersucht, ob der Bewerber seinen Beruf völlig selbständig und gewerbsmässig treibt. Ist dies nicht der Fall, so scheidet er eo ipso aus. Entspricht er dagegen dieser rein formalen
diejenigen Personen geeignet sind, die einer der in § 36 der R.-G.-O. aufgeführten Beschäftigungen als Gewerbe betreiben. Unter Gewerbe (aber) im Sinne der R.-G.-O. wird jede zum Zwecke des Erwerbs als unmittelbare Einnahmequelle betriebene dauernde Tätigkeit verstanden, mit Ausnahme der rein wissenschaftlichen und rein künstlerischen Berufe, sowie derjenigen der öffentlichen Beamten und der Geistlichen. (Entsch. des Reichsgerichts vom 30. Sept. 1897.) Um die Anstellungsfähigkeit zum Handelssachverständigen zu besitzen, müssen die betreffenden Personen demnach eine der in § 36 der R -G.-O. aufgezählten Verrichtungen — also z. B. die Tätigkeit eines Bücherrevisors — als Gewerbe, d. h. als dauernde Beschäftigung in der Absicht auf Erzielung eines Einkommens treiben. Durch das Fehlen eines dieser Begriffsmerkmale bei der zum Handelssachverständigen in Aussicht genommenen Person wird die Befugnis der Handelsvertretung zu ihrer Anstellung unbedingt ausgeschlossen. Angestellte irgendwelcher Art (Buchhalter, Disponenten, Geschäftsführer, Direktoren, Handelslehrer usw.), sowie Gewerbetreibende beispielsweise der Bank-, Waren-oder Versicherungs- branche, ferner Apotheker, Hochschullehrer usw., können also in Preussen fortan nicht mehr öffentlich angestellte und beeidigte Bücherrevisoren sein; ein Zustand, der unbedingt ein ganz allgemeiner werden muss.
Bedingung, so wird erforscht, ob der Bewerber ein genügendes — d. h. nicht xu kleines — Mass beruflicher Befähigung und Zuverlässigkeit, Sachkunde und Erfahrung besitzt; doch muss die persönliche Vertrauenswürdigkeit des Bewerbers selbstverständlich ebenso äusser allem Zweifel stehen. Ueber seine rein persönlichen Verhältnisse^ seine Ehrenhaftigkeit und Würdigkeit vom allgemein menschlichen, wie auch vom besonderen kaufmännischen Standpunkte aus, wird gegebenen Falls durch Erkundigungen bei Vertrauenspersonen die nötige Klarheit geschafft, was gewöhnlich keine allzu grossen Schwierigkeiten bietet Schwerer dagegen pflegt die- Feststellung der sachlichen Vorbildung zu sein. Soweit Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsausweise vorliegen,, sind natürlich vor allem diese einzusehen. Dann aber wird auch die Einholung gutachtlicher Aeusserungen bei anderen Stellen erforderlich sein; namentlich über die vom Bewerber bisher gesammelten praktischen Erfahrungen sind Erhebungen zu pflegen, und nicht minder bedarf es unter Umständen der Erkundigung bei dem Interessenverbänden der betreffenden Branchen (z. B. beim Verband deutscher Bücherrevisoren in Berlin, der äusser in Berlin auch Ortsgruppen in Breslau, Leipzig und Bremen hat.) Dabei spielen naturgemäss auch die vom Bewerber etwa eingereichten Zeugnisse über die frühere Berufstätigkeit, sowie etwa aufgegebene Referenzen: eine Rolle, wie denn natürlich überhaupt“ kein Weg unbegangen bleibt, der nur irgend zum vorgesteckten Ziele, d. h. also zur absolut einwandfreien Feststellung der erforderlichen Qualitäten des Bewerbers führt. *) Aber gesetzt nun auch, dass der Bewerber tatsächliche in jeder Beziehung den an ihn zu stellenden und gestellten Anforderungen entspricht — einen gesetzlichen Anspruch auf Anstellung hat er darum doch noch nicht. Denn der Handelskammer ist zwar das Recht, aber nicht auch die Pflicht der Anstellung verliehen. Es steht ihnen vielmehr völlig frei, Bewerbungsgesuche entweder schon vor oder auch erst nach der Prüfung rundweg abzulehnen, ohne dass den Abgelehnten zur Abwehr ein Rechtsmittel zur Verfügung stände. Das dem Handels
!) Wie genau es die Handelsvertretungen mit der Auswahl zu. nehmen pflegen, geht auch daraus hervor, dass beispielsweise die- Berliner Handelskammer, wie mir von einem vereidigten Kollegen versichert worden ist, im Jahre 1904 von 156 als Bewerber aufgetretenen Bücherrevisoren, nur 15 — darunter eine Dame — ausgewählt und vereidigt hat.
minister zustehende Aufsichtsrecht gegenüber den Handelskammern (§ 43 Abs. 1 des preussischen Handelskammergesetzes) reicht nicht soweit, dass auf Grund desselben ■den Handelskammern die Erfüllung einer ihnen zuerteilten Verwaltungsaufgabe — im vorliegenden besondem Fall die Anstellung von Bücherrevisoren — erzwungen werden könnte, und es erscheint überhaupt als zweifelhaft, ob jenes Aufsichtsrecht sich soweit erstreckt, dass formell zu Recht ergangene Einzelentscheidungen irgendwelcher Handelsorgane wegen ihres materiellen Inhalts vom Handelsminister beanstandet werden können. 9 Es ist hiernach durchaus in’s Belieben der Handelskammern gestellt, ob und inwieweit sie von ihrer Anstellungsbefugnis Gebrauch machen wollen, und niemand vermag es zu hindern, wenn sie die Anstellung von Bücherrevisoren (oder anderer Handelssachverständigen) aufs denkbar geringste Mass beschränken, oder sie auch ganz und gar unterlassen; sie sind bei der Auswahl und Vereidigung an eine bestimmte Zahl absolut nicht gebunden, und in welchem Sinne sie die ihnen zustehende Entscheidung der Bedürfnisfrage treffen, ist lediglich ihre Sache. — Ob es jetzt vielleicht Zeit sein möchte, einmal rasch die Wirkungen der öffentlichen Anstellung in ihrer annähernden Gesamtheit zu überblicken? Ich denke doch. Die Anführung der folgenden zwei Punkte -wird, denke ich, für diesen Zweck genügend sein. 1. Zunächst — wenigstens in Preussen — sind die von Handelsvertretungen öffentlich angestellten und beeidigten Bücherrevisoren gegenüber den von Justizbehörden beeidigten tatsächlich als privilegiert anzusehn, und zwar auf Grund des Ministerialerlasses vom 29. 3. 1900, der folgenden Wortlaut hat: „Falls die Handelskammern von der ihnen nach § 42 des H. K. G. zustehenden Befugnis Gebrauch machen, so werden die demgemäss öffentlich angestellten und beeidigten Sachverständigen insofern vor den von den Justizbehörden beeidigten privilegiert sein, als von der Wahl der ersteren nur unter besonderen Umständen abgesehen werden darf; sie werden den letzterwähnten Sachverständigen insofern gleichgestellt sein, als auch bei ihnen die Berufung auf den allgemeinen
*) Siehe hierüber Riesenfeld, die Anstellung von Handels- und Schiffahrts-Sachverständigen, Seite 96.
Eid zur Bekräftigung des Gutachtens genügt. …………… Es darf erwartet werden, dass die Gerichte der dargestellten, völlig klaren Rechtslage Rechnung tragen werden. Sollte die Annahme sich bezüglich der auf Grund § 42 H. K. G. bestellten Sachverständigen nicht überall verwirklichen, so hat sich der Herr Justizminister bereit erklärt, durch Belehrung auf eine zutreffende Praxis der Gerichte hinzuwirken.“ ’) 2. Die öffentlich angestellten und beeidigten Bücherrevisoren erscheinen als Persönlichkeiten, die unter öffentlicher Autorität wirken und vom Staat oder in seinem Auftrag handelnde Verwaltungsstellen dem Publikum als besonders befähigt und geeignet bezeichnet sind. Oeffentliche „Urkunden“ aber im Sinne der § § 415,418 C. Pr. O. sind die von angestellten und beeidigten Bücherrevisoren erstatteten Gutachten, Zeugnisse und Befundsbescheinigen dabei gleichwohl nicht, wie denn auch die betr. Bücherrevisoren selbst, — trotz ihrer öffentlichen Anstellung — keineswegs „mit öffentlichem Glauben versehene Personen“, d. h. also keineswegs „Urkundspersonen“ wie beispielsweise die Notare sind. Man kann die Wirkung der „Anstellung“ mit dem Preussischen Ober-Verwaltungs-Gericht vielleicht dahin illustrieren, dass die „angestellten Personen eine Zwitterstellung zwischen Beamten und Nicht-Beamten“ einnehmen, und dass die Anstellung den betr. Personen einen beschränkt öffentlichen Charakter verleiht; privilegierte Gewerbtreibende könnte man die öffentlich angestellten und beeidigten Bücherrevisoren sonach wohl nennen. Alles in allem dürften die materiellen Vorteile, die den Bücherrevisoren durch die Anstellung und Vereidigung erwachsen, hiernach nicht allzu hoch zu veranschlagen sein; denn abgesehen davon, dass die Anstellung ja nicht die ausschliessliche Gewerbeberechtigung verleiht, legt sie dem Angestellten andererseits noch obendrein vermehrte Pflichten auf Die „Angestellten“ üben ihre Tätigkeit, wenn auch „unter öffentlicher Autorität,“
!) Es ist u. a. behauptet worden, dass die von preussischen Handelsvertretungen angestellten und vereidigten Bücherrevisoren, wenn sie Gutachten in rein gerichtlichen Angelegenheiten abgeben wollten, vorher noch gerichtlich zu vereidigen seien. Dass diese Behauptung völlig falsch ist, ergibt sich — nach Dr. Riesenfeld — zur Genüge aus dem § 42 des (preuss.) Handelskammergesetzes; nach diesem $ ist eine nochmalige gerichtliche Vereidigung in Fällen der gedachten Art nicht nur nicht nötig, sondern geradezu unzulässig!
so doch nicht als Beamte oder Organe des Staates oder der anstellenden Körperschaft aus, gelangen dafür aber durch die Anstellung privat und strafrechtlich in eine Ausnahmsstellung; und endlich wird auch ihr prozessualer Vorrang durch den damit verbundenen Gutachtenzwang so ziemlich wieder aufgewogen. Wollten hiernach die öffentlich angestellten und beeidigten Bücherrevisoren den Wert ihres Privilegiums nur nach der Seite der gesetzlichen Folgen ihrer Ausnahmsstellung würdigen, so würden sie einen grossen Fehler begehn. Der Hauptwert der öffentlichen Anstellung liegt nicht auf dem Gebiet ihrer unmittelbaren gesetzlichen Folgen, sondern vielmehr in ihrer sozusagen moralischen Bedeutung, die in bloss mittelbaren Formen in die Erscheinung tritt. Die öffentliche Anstellung reicht dem Angestellten gewissermassen einen Empfehlungsbrief, auf Grund dessen er überall grösseres Vertrauen als seine nichtvereidigten Kollegen geniesst; Vertrau en s- und Glaubwürdigkeit — das sind sonach die praktisch wichtigsten Folgen der öffentlichen Anstellung. Aber mit diesen Folgen wird der „Angestellte“ praktisch noch lange nicht weiter gebracht, denn auch seine Auftraggeber sprechen mit; nur wenn er diese durch wirkliche Sachkenntnis und Erfahrung zu befriedigen weiss, wird ihm die Anstellung durchgreifend von Vorteil sein.
C. Der Geschäftskreis des deutschen Berufsrevisors.
Der Geschäftskreis des deutschen Bücherrevisors ist gegenüber dem des englischen Accountants, der den deutschen Bücherrevisoren stets Vorbild bleiben muss, als ein ziemlich enger und beschränkter zu bezeichnen, und mit dem Namen „Bücherrevisor“ deckt er sich jedenfalls insofern nicht ganz, als das Gros der deutschen Bücherrevisoren mit wirklichen Bücherrevisionen nur in sehr beschränktem Masse beschäftigt zu werden pflegt. Die beiden Hauptfächer des deutschen Berufsrevisors sind vielmehr blosse Buchhaltungsarbeiten (wenn auch naturgemäss mehr oder minder gehobener Art, wie z. B. Büchereinrichtungen, Bücherfortführungen, Bilanzierungen, Abschlüsse usw.) und die Erteilung von „handelswissenschaftlichem“ Unterricht; ich bin überzeugt, dass bei nahezu der Hälfte aller deutschen Bücherrevisoren das Einkommen aus der Lehrtätigkeit ein doppelt, ja vielleicht dreifach höheres ist, als dasjenige aus rein revisorischer oder buchhalterischer Betätigung. — Eine verhältnismässig wichtige Rolle spielt — wenigstens bei einer Anzahl gerichtlich vereidigter Revisoren — die forensische Tätigkeit, aber freilich im Grunde nur insofern, als sie dem Publikum gegenüber noch immer, wenn auch zu Unrecht, als eine Art Reklame wirkt; Freude und direkten klingenden Gewinn bringt sie nur in sehr geringem Mass. Weit häufiger als früher werden jetzt vereidigte Bücherrevisoren von den Steuerbehörden mit der Erhebung schwieriger Buchbeweise betraut; da dieser Punkt nicht nur für den deutschen Bücherrevisor, sondern auch für den deutschen Handel- und Gewerbetreibenden als ziemlich wichtig erscheint, so will ich darüber einiges von dem anfuhren, was der Senatspräsident des Königlich Preussischen Oberverwaltungsgerichts, B. Fu is ting, in seinem vielbesprochenen Buch über die Einkommeubesteuerung der Zukunft1) Seite 200 ff. sagt. Die betreffenden Ausführungen lauten wörtlich wie folgt: „Die der Beweiserhebung nach allen Richtungen hin anhaftenden Gebrechen zeigen sich nirgends deutlicher als bei Erhebung des Buchbeweises. Die Bücher im weitesten Sinne von fortlaufenden Anschreibungen oder Aufzeichnungen — also Handels-, Geschäfts-, Wirtschaftsbücher usw. — sind das wichtigste und häufigste Beweismittel, weil die auf Grund einwandfreier Buchführung gebotene zahlenmässige Berechnung die Schätzung des quellenmässigen Ertrags ausschliesst, und selbst eine unvollkommene Buchführung geeignet ist, das Schätzungsgebiet zu beschränken oder wenigstens zuverlässige Schätzungsunterlagen zu beschaffen. Auf der .anderen Seite ist die Erhebung des Buchbeweises mit ungewöhnlichen Weiterungen und häufig auch mit Kosten ■verknüpft Insbesondere die Prüfung landwirtschaftlicher und gewerblicher Bücher erfordert nicht nur die Beherrschung des Steuerrechts, sondern auch umfassende fachmännische Kenntnisse und Vertrautheit mit den Grundsätzen der Buchführung, mit den handelsrechtlichen Vorschriften, den kaufmännischen Gebräuchen usw.; vor allem aber eine nur durch häufige Uebung zu erzielende Gewandheit Die Bücher werden nicht nach steuerlichen, .sondern nach geschäftlichen und wirtschaftlichen Rück- :sichten geführt, und bedürfen deshalb nach beiden Seiten
1) B. Puisting, die Einkommenbesteuerung der Zukunft. Berlin, “Carl Heymauns Verlag
hin der Prüfung; es muss untersucht werden, nicht nur ob sie ihrem Zweck. entsprechend richtig und vollständig geführt sind, sondern auch inwieweit die Ergebnisse gemäss den abweichenden steuerlichen Vorschriften berichtigt werden müssen. Die meistens sehr primitive Art der Buchführung bei kleineren Gewerbetreibenden und Landwirten gibt oft nur nach einzelnen Richtungen hin Aufschluss, sodass die Ergebnisse nur als Unterlagen für die Schätzung des Ertrages dienen können. Aber auch die Grundsätze kaufmännischer Buchführung gestatten bei der Elastizität der handelsrechtlichen Vorschriften und dem weiten Umfange subjektiven Ermessens dem Kaufmanne eine so freie Bewegung, dass eine dem steuerlichen Interesse entsprechende objektiv richtige Ertragsberechnung häufig grossen Schwierigkeiten begegnet Ohne technische Vorbildung lassen sich die zur Prüfung von Büchern erforderlichen Eigenschaften nicht erwerben, und eine ausreichende Vorbildung erlangt man nicht schon durch Teilnahme an einem Kursus von Lehrverträgen über Buchführung“. „Hiernach lässt es sich erklären, aber nicht billigen, dass die Steuerbehörden von jeher bestrebt gewesen sind, ohne Bindung an die auf Buchführung beruhenden zahlenmässigen Angaben der Pflichtigen die Erhebung des Bücherrevisors zu umgehen. Mit vollem Rechte widersetzen sich gerade «die redlichen Pflichtigen, die durch einwandfreie Buchführung die Richtigkeit ihrer zahlenmässigen Angaben nachzuweisen vermögen, auf das Nachdrücklichste dem Versuche, ihre Buchführung aus unsachlichen Gründen bei Seite zu schieben und sich mit dem Makel der Unglaubwürdigkeit behaften zu lassen. Dass die Steuerbehörden diesem Empfinden so wenig Rechnung tragen, erklärt sich nur daraus, dass die rein bureaukratisch vorgebildeten Beamten für die Bedeutung der Buchführung, besonders auf kaufmännischem Gebiete, nicht das richtige Verständnis hatten, und von den sachverständigen Kommissionsmitgliedern nicht ausreichend unterstützt zu werden pflegten. So blieb es wieder dem Beschwerdegericht vorbehalten, das fehlende Verständnis zu wecken, und den fortgesetzten Versuchen, den Ergebnissen der Buchführung aus unsachlichen Gründen die Anerkennung zu versagen, mit Nachdruck zu begegnen“. Und weiter heisst es dann auf Seite 209 ff. derselben Schrift: „Die Bücherrevisoren pflegen sich die Kenntnisder jenigen steuerrechtlichen Vorschriften, die für Berichtigung buchmässiger Ergebnisse in Frage kommen, bald anzueignen. Sie erheben den Buchbeweis in den Geschäftsräumen der Pflichtigen vollständig mit einem Male und in zuverlässiger Weise. Hiermit aber nehmen sie nicht nur den Steuerbehördeu Aufgaben ab, denen diese regelmässig nicht gewachsen sind, sondern ersparen auch den Pflichtigen weitergehende Belästigungen, Zeitverlust und Kosten“. „Insbesondere schwindet mit der Verwendung von Bücherrevisoren auch die jetzt häufig eintretende Notwendigkeit, zum Zwecke der Vorbereitung oder der Ergänzung des Bücherbeweises, Auszüge, Zusammenstellungen und dergl. zu verlangen. Vor allem aber wird den jetzt oft erwachsenden grossen Schwierigkeiten wegen Bestimmung von Zeit und Ort der Beweiserhebung vorgebeugt“. „Freilich ist die Verwendnng von Bücherrevisoren kostspieliger und hiermit mag es Zusammenhängen, wenn neuerdings die Beauftragung von Bücherrevisoren mit Buchprüfungen im Geschäftslokal der Pflichtigen von der freiwilligen Uebernahme der Kosten durch die Pflichtigen abhängig gemacht wird. Aber ein solches Ansinnen steht nicht im Einklänge mit §§ 71 des Einkommensteuer- Gesetzes und die grössere Höhe der Kosten rechtfertigt nicht die Abstandnahme von notwendigen Beweiserhebungen, die auf andere Weise nicht erfolgen können“. „Die Bücherrevisoren sind bei ihrer Verwendung zu Buchprüfungen im wesentlichen nichts anderes als die Vertrauensmänner des früheren preussischen Rechts. Wenn die alte Einrichtung der Vertrauensmänner, gemäss der früheren Anregung wieder eingeführt wird, so werden sie besonders auf dem Gebiete der Buchführung eine sehr erfolgreiche Wirksamkeit zu entfalten vermögen“.1) Äusser von den Behörden werden Bücherrevisoren — und zwar vereidigte wie unvereidigte — naturgemäss auch von den Steuerpflichtigen in Steuersachen vielfach
*) Nach dem Gesetze vom 1/25. Mai 1851/73 war es im damaligen Remonstrationsverfahren die Aufgabe des Steuerpflichtigen, „nach seiner Wahl entweder durch schriftliche oder mündliche Verhandlungen, persönlich oder durch Vermittelung von höchstens 2 Vertrauensmännern (oder durch afldere Beweismittel der Kommission) die erforderliche Ueberzeugung von der vorgeblichen Ueberbürdung durch die erfolgte Abschätzung zu verschaffen.
zu Rate gezogen, wobei es allerdings Vorkommen soll, dass diese Tätigkeit den Herren Steuersekretären nicht in allen Fällen als nötig und nutzbringend erscheint; ich denke aber der Bücherrevisor wird sich in solchen Fällen bis zu einem gewissen Grade auch von den Interessen der Steuerpflichtigen und von seiner eigenen Meinung und Einsicht leiten lassen dürfen. Zu einem guten Teil werden speziell die Steuererklärungen von Bücherrevisoren aufgestellt, und bei der Durchführung von Steuerberufungen pflegen sie sich nicht minder als nützlich und förderlich zu erweisen; ich kenne Bücherrevisoren, die Ruf und Praxis im Grunde nur der erfolgreichen Durchführung solcher Berufungen verdanken. Viel Geld verdienen einzelne Bücherrevisoren mit der Abfassung und dem direkten Vertrieb von Büchern undUnterrichtsbriefen über Buchhaltung. Literarische Erzeugnissedieser Art werden zwar meist unter amerikanisch pomphaft klingenden Titeln in die Welt geschickt, und es soll auch nicht geleugnet werden, dass sich darunter Werke von wirklich praktischer Brauchbarkeit finden; wissenschaftlichen und allgemeinen Wert dagegen besitzen sie nicht allzuhäufig, und auch von dem amerikanischen Grundsatz: „Accounting is not book-keeping“ wissen sie nichts. Wie konnte es bei den gegenwärtigen Zuständen auch anders sein? Endlich pflegt der Bücherrevisor bei uns als Spezialist
Diese „Vertrauensmänner“ nun werden von Fuisting (Seite 195) als Personen charakterisiert, „die durch Vertrauen der Behörde und des Pflichtigen berufen sind, die Einkommensverhältnisse ganz oder in bestimmter Beschränkung durch vertrauliche Verhandlung mit den Pflichtigen zu erforschen, sich hierüber durch Einsichtnahme von Belegen, .Beurkundung u. s w., durch Prüfung der Bücher und in sonst geeigneter Weise ein eigenes zuverlässiges Urteil zu bilden und das Ergebnis der Behörde— soweit es als notwendig erscheint, unter Begründung im einzelnen — anzuzeigen haben“. „Missbräuchen“ — so sagt Fuisting weiter — »wird durch richtige Auswahl der Vertrauenspersonen, die nicht nur des Vertrauens würdig, sondern auch mit dem erforderlichen Masse von Rechts- und Sachkenntnissen ausgestattet sein müssen, wirksam vorgebeugt werden. Die Einrichtung liesse sich durch amtliche Ernennung von Vertrauensmännern, deren Vermittelung die Pflichtigen eines bestimmten Bezirkes ohne besondere Vereinbarung in Anspruch nehmen könnten, in weiterem Masse nutzbar machen“. — Dass für eine derartige Tätigkeit unsere vereidigten Bücherrevisoren in hohem Masse geeignet wären, darf nicht bezweifelt werden, und dürfte der Steuerfiskus natürlich nicht ohne weiteres von ihnen erwarten, dass sie derartige Funktionen unentgeltlich zu übernehmen in der Lage sind.
zu gelten für die Anbahnung und Durchführung von sogenannten Akkorden (aussergerichtlichen Vergleichen zwischen notleidenden Finnen und deren Gläubigern), für die Erstattung von Gutachten und die Vornahme von Beglaubigungen in kaufmännischen Buch- und Rechnungsfragen, für Liquidationen nnd Erbschaftsregulierungen sowie endlich für die Aufstellung von Rentabilitätsberechnungen1) Nur vereinzelt dagegen pflegt es bei uns vorzukommen, dass man Bücherrevisoren die Verwaltung von Konkursen überträgt, d. h. also sie zu Konkursverwaltern ernennt2). Mit den Revisionen im engeren und engsten Sinne — seien es nun sogenannte ständige (dauernde, laufende), oder seien es bloss gelegentliche — verhält sich’s, wie ich schon früher betonte, im Grunde genau ebenso; namentlich so weit sich’s um die im Aktienrecht vorgesehene Gründungs- und Gelegenheitsrevision handelt Betreffs speziell dieser bestehen Zustände, die dringend einer durchgreifenden Aenderung und Neuregelung bedürfen. Dr. Riesenfeld (Syndikus der Breslauer Handelskammer und Verfasser des schon mehrfach erwähnten Buches über die Handels- und Schiffahrts- Sachverständigen) steht auf dem Standpunkt, dass die Gründungs- und Gelegenheitsrevision des deutschen Aktienrechts nicht in den Rahmen des § 36 der Gew. O. passe und zum gewerbsmässigen Betrieb sich auch dann nicht eigne, wenn regelmässig auf die selben Personen zurückgegriffen werde. Und demgemäss gibt es denn auch noch immer eine Anzahl deutscher Handelskammern — ich glaube sogar eine ziemlich grosse, — die zu Gründungs- usw. Revisoren entweder ihre eigenen Mitglieder, oder sonstige, dem Berufsrevisoren-Stande nicht angehörende Personen ernennt, obgleich sich nach
!) Die Leipziger Verbandsbücherrevisoren geben in hinaus- gesandten Rundschrieiben ihren — wohl nur teil weis bereits vorhandenen, teilweis aber auch erst erstrebten — Geschäftskreis wie folgt an: „Uebemahme von laufenden und vorübergehenden Revisionen von Geschäftsbüchern, Aufstellung und Prüfung von Rechnungsabschlüssen, Inventuren und Bilanzen, Auseinandersetzung von Gesellschaftern, Anbahnung und Durchführung von aussergerichtlichen Vergleichen sowie zur Abgabe von Gutachten in kaufmännischen Angelegenheiten. 9 Eine Ausnahmestellung in dieser Beziehung nehmen, wie’s scheint, die England nahe hausenden Bücherrevisoren in den Hansestädten, besonders in Hamburg ein: dort haben einzelne Bücherrevisoren in ihrer Eigenschaft als Konkursverwalter äusserst bedeutsame Positionen inne.
Dr. Sattler (dem leider inzwischen verstorbenen Verfasser einer Schrift über die Revision bei Gründung von Aktiengesellschaften) der Berufsrevisor da, wo er nur überhaupt als Gründungsrevpsor zugezogen worden ist, überall hervorragend bewährt hat. Dass bei solchen Ansichten und Gepflogenheiten der deutsche Bücherrevisorenstand nicht entsprechend zu erstarken vermag — d. h. wenigstens nicht im englischen Sinne, genauer gesprochen: im Sinne der englischen Accountancy — kann keinem Zweifel unterliegen; wer die Geschichte der englischen Accountancy kennt, weiss, dass dies die Wahrheit ist. Kein Geschäft kann zur Blüte gelangen, wenn’s ihm dauernd an lohnenden Aufträgen und an gutgeschultem Hilfspersonal gebricht; und beim Bücherrevisoren-Beruf ist’s natürlich genau ebenso. Die tatsächlich grosse Leistungsfähigkeit des englischen Accountant liegt äusser in seiner gediegenen, völlig systematisch erworbenen Sach- und allgemeinen Bildung nicht zum geringsten mit darin, dass er gut bezahlt und beschäftigt wird, und dass er auf diese Weise ein tüchtiges und leistungsfähiges Hilfspersonal sich, ständig zu erziehen und zu erhalten vermag. Wie aber wäre das zurzeit bei uns möglich? Wie sollte man sich darüber wundern dürfen, dass man in deutschen Berufsrevisor-Kreisen so oft eine beinahe krankhafte Furcht vor Konkurrenz und Nachwuchs, so oft jenen tragisch-banalen Zunftgeist findet, der immer ein Zeichen von Schwäche ist? Unsere Industrie ist beileibe nicht nur gross geworden durch unser Kapital, sondern sehr wesentlich mit durch die energische Durchführung des Prinzips der Arbeitsteilung. Nun wohl: es wird hohe Zeit, dass man dieses wunderwirkende Prinzip auch auf das kaufmännische Verrechnungswesen erstreckt, und dass man aufhört, dieses in einem Zustand chaotischer Zusammenhangslosigkeit zu lassen. Das kaufmännische Verrechnungswesen ist heutzutage nicht mehr bloss das „bisschen Buchführung“, das man bei uns nur allzulange unter „Verrechnungswesen“ verstand, sondern es ist im Sturm der wirtschaftlichen Entwickelung zu einer selbständigen Wissenschaft, zu einem Beruf von vielumfassender und weittragender Bedeutung geworden. Wird man dieser Tatsache bei der bevorstehenden Lösung der deutschen Bücherrevisorenfrage entsprechend eingedenk — werden ihr gegenüber vor allem auch die deutschen Bücherrevisoren zu mann haftem Tun, zu grosszügiger Organisation zu erwecken sein ?
VI. Die deutsche Treuhandgesellschaft
(in Berlin.)
A. Geschäftskreis
„Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein!“ So möchte ich mit Faust ausrufen, wenn ich an die deutsche Treuhandgesellschaft denke. Nicht etwa, dass ich mich für berufen hielte, ihr die Schleppe zu tragen; nein: so liebenswürdig braucht man als „Konkurrent“ gerade nicht zu sein. Aber die deutsche Treuhandgesellschaft interessiert mich — nicht weil sie der erste deutsche „Revisor auf Aktien“, sondern weil sie zurzeit der einzige deutsche Berufs-Revisor nach ungefähr englischem (oder meinetwegen auch amerikanischem) Muster ist. Ich will znnächst den Geschäftskreis der deutschen Treuhandgesellschaft und den des englischen Bücherrevisors hier vergleichend nebeneinanderstellen, und dabei bemerken, dass der erstere dem (neuen, 1901 beschlossenen) Statut der Treuhandgesellschaft, der letztere dagegen der grossangelegten englischen „Encyclopaedia of Accounting“ *



Aus dieser Nebeneinanderstellung ersieht man, dass sich beide Geschäftskreise im Grunde nur dadurch unterscheiden, dass die deutsche Treuhand gesellschaft äusser den reinen Treuhänder- und Buchhalter-Funktionen des englischen Bücherrevisors auch noch eine umfangreiche Bankpraxis betreibt. Die sonstigen Unterschiede sind im Grunde nur formeller, nicht sachlicher bezw. nur zufälliger nicht prinzipieller Natur, und kommen also im Grunde nur sehr wenig in Betracht; sie beruhen meist auf den bezüglichen Abweichungen der deutschen und englischen Gesetzgebung. Das Wesen des „Treuhänders“ bestimmt übrigens Dr. Alfr. Schultze (in seiner Schrift über den „Treuhänder im geltenden Recht“) wie folgt: „Wer Rechte als Eigenrechte empfangen hat mit der Bestimmung, sie nicht im eigenen Interesse zu gebrauchen, ist nach einem aus der älteren deutschen in die moderne Rechtssprache übergegangenen Ausdruck ein Treuhänder. (Zu treuer Hand.) Man erwartet von ihm Uneigennützigkeit und Treue im Gebrauch seiner Rechte. Die empfangende Hand wird als treue Hand (manus fidelis) vermutet. Die Kennzeichnung der Rechtsmacht des Treuhänders ist eine dreifache: 1. Der Treuhänder hat eigene, d. h. im eigenen Namen ihm zustehende Rechte. (Den Gegensatz hierzu bildet die Rechtsmacht des „Vertreters“, die Vertretungsmacht.)
2. Der Treuhänder hat diese Rechte nicht im eigenen Interesse.
3. Er hat sie (die Rechte) empfangen entweder durch privates Rechtsgeschäft, oder durch obrigkeitlichen Akt, oder unmittelbar durchs Gesetz, und zwar in allen Fällen mit der Bestimmung des Nichtgebrauchs im eigenen Interesse. Dieser deutschen Lehre vom „Treuhänder“ entspricht — wenn auch nicht ganz und in jeder Beziehung — die englische Lehre vom „trustee“, wobei allerdings beachtet werden muss, dass der Sprachgebrauch des neuen deutschen Reichsrechts ausdrücklich zwischen „Treuhänder“ und „Vertreter“ in der Weise unterscheidet, dass er speziell das staatliche Aufsichtsorgan der Hypothekenbanken „Treuhänder“, die — physische oder juristische — Person dagegen, die sich auf Grund des Reichsgesetzes vom 4. 12. 1899 die Wahrung der gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen, und auf Grund des Bürgerlichen Gesetzbuchs § 1189 die Wahrung der Interessen gewisser Hypotheken gläubiger zur Aufgabe macht, „Vertreter“ nennt, obgleich im Grunde alle diese Funktionen als reine „Treuhänder-“ oder „trustee-Funktion en zu bezeichnen sind. Treuhänder im Sinne des deutschen Hypothekengesetzes ist also die Deutsche Treuhandgesellschaft nicht, wohl aber ist sie’s im rechts geschichtlich en und rechtstheoretischen Sinn, und zwar wie ihr Geschäftskreis zeigt — in ziemlich umfassender „Weise.
B. Allgemeines.
Ueber einige Hauptformen ihrer Gesamttätigkeit hat sich die Deutsche Treuhandgesellschaft in ihren Jahresberichten von 1901,1902 und 1903 wie folgt geäussert: 1901. „Die allgemeine Wirtschafts-Depression und der weitere Konjunktur-Niedergang, unter denen im Betriebsjahre nicht nur Handel und Industrie, sondern überhaupt jede Erwerbstätigkeit zu leiden hatte, übten auf die Geschäftstätigkeit unserer Gesellschaft keinen nachteiligen Einfluss aus, sondern versetzten uns im Gegenteil in die Lage, den Geschäftsumfang zu vergrössern. Im Besonderen gilt dies von derjenigen Tätigkeit, die wir uns auf der Grundlage des Reichsgesetzes betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen (vom 4. 12. 99) zur besonderen Aufgabe gemacht haben, nämlich von der Schaffung einer entsprechenden Vertretung der gemeinsamen Interessen des in verzinslichen Wertpapieren angelegten Kapitals. Seit dem Bestehn des vorerwähnten Reichsgesetzes musste wiederholte die Erfahrung gemacht werden, dass das Gesetz den Besitzern der in Betracht kommenden Wertpapiere einen völlig ausreichenden Schutz nicht gewährt, und dass lediglich mit den gesetzlichen Befugnissen ausgestattete Vertretungen nur einen teilweisen Erfolg m Bezug auf den Schutz der ihnen anvertrauten Interessen zu erzielen im stände sein würden. Es wurde deshalb in den für uns in Betracht kommenden Fällen stets dafür gesorgt, dass die Gläubiger- Vertretungnoch weitere, über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus gehende Befugnisse erhielt, insonderheit auch in Bezug auf Kontrolle und Revision des Geschäfttsbetriebs der betreffenden Schuldner, um dadurch die Wahrnehmung und Sicherung der Gläubigerrechte durch die Vertretung zu einer tunlichst ausgiebigen zu gestalten. Zu einzelnen Geschäften übergehend, bemerken wir im Anschluss an die Ausführungen unseres letzten Geschäftsberichts, dass wir in unserer Eigenschaft als Vertreterin der Pfandbriefgläubiger der Preussischen Hypotheken-Aktienbank bei der Reorganisation dieses Instituts mitgewirkt haben. Am 10. Mai 1901 wurde uns die bis dahin nur vorläufig an vertraut gewesene Vertretung in dauernder Weise mit bestimmten, inzwischen vertraglich des näheren festgesetzten Kon troll-und Revisionsbefugnissen übertragen. Das unserer dauernden Vertretung anvertraute Pfandbriefkapital beläuft sich, nach inzwischen nahezu durch geführter Reorganisation der Bank, auf rund 265 Millionen Mark. Auch bei der Sanierung der Pommerschen Hypotheken-Aktienbank waren wir in der Lage, die Interessen der Pfandbriefgläubiger insofern wahrzunehmen, als uns neben der Mitwirkung bei der Reorganisation und deren Durchführung die ständige Vertretung der mit einem Pfandbriefkapital von circa 170 Millionen Mark bei der Reorganisation beteiligten Gläubiger aufgetragen wurde. Anlässlich der Rekonstruktion der Mecklenburg- Strelitzschen Hypothekenbank wurden wir von der Versammlung der Pfand brief gläubiger vom 21. Nov. 1901gleichfalls mit deren ständiger Vertretung betraut; das Pfandbriefkapital betrug dabei rund 25 Millionen Mark. Die Uebertragung der vorerwähnten ständigen Vertretungen von Pfandbriefbesitzern an unsere Gesellschaft hat folgennen Zweck: 1. wir sollen Fehler und Unregelmässigkeiten, wie sie bei den reorganisierten Hypothekenbanken früher vorgekommen sind, durch Einsetzung einer anerkannten Revisionsinstanz im Sinne der englischen und amerikanischen Accountants fernhalten; 2. wir sollen durch Schaffung dieser Einrichtung dazu beitragen, dass das öffentliche Vertrauen in jene Banken unter der Leitung neuer angesehener Verwaltungen befestigt werde. Die versuchsweise Einführung einer derartigen, für Deutschland noch neuen Einrichtung erschien umsomehr am Platz, als nicht nur die Funktionen der vom Staate ernannten Treuhänder, sondern auch die staatliche Beaufsichtigung das Vorkommen selbst grober Unregelmässigkeiten nicht verhindert haben. Es ist darauf hinzuweisen, dass in England und den Vereinigten Staaten gerade die angesehensten und grössten Gesellschaften im eigenen Interesse den strengsten Revisionen der gedachten Art sich zu unterwerfen pflegen. Es wird unser Bestreben sein, dieser in anderen Ländern bewährten Einrichtung auch in Deutschland allgemeine „Würdigung und Ansehn zu verschaffen. Seitens der Obligationäre der Allgemeinen Deutschen Kleinbahn-Gesellschaft zu Berlin, wurden wir in interimistischer Weise mit der Wahrnehmung ihrer Rechte und Interessen, speziell bei der z. Zt. im Gange befindlichen Revision der Geschäftsverhältnisse durch eine aus Vertretern der Obligationäre nnd Aktionäre zusammengesetzte Kommission betraut. Das in Betracht kommende Obligationen-Kapital beläuft sich auf ca. 36 Millionen Mark. Auch hier hat sich eine Schutzvereinigung gebildet, bei der wir die Sekretariatsgeschäfte übernommen haben. Ausserdem sind eine Reihe sonstiger kleinerer Geschäfte zum Abschluss gelangt, von welchen wir hervorheben: Die Indossierung von 4 Millionen Mark 4,/>% Teil- Schnldverschreibungen der Elektrizitäts-Aktien- Gesellschaft vorm. W. Lahmeyer & Co. in Frankfurt a. M. Die Uebernahme der Pfandhalterschaft und die Indossierung einer Obligationen-Anleihe von 1200000 Mk. 4er Rheinischen Chamotte- und Dinas-Werke in Köln.
Die Uebernahme der Pfandhalterschaft für die Obligationäre der Elektrizitätswerke-Betriebs- Aktien-Gesellschaft in Dresden. Die vorerwähnten Indossierungen sind rein fiduciarischer Natur, d. h. sie haben für unsere Gesellschaft eine materielle Verantwortlichkeit nicht zur Folge. Wir fanden ferner Gelegenheit, als Testamentsvollstrecker und als Treuhänder in verschiedenen Fällen tätig zu sein. Die von uns übernommene Vertretung Südafrikanischer Goldminen ist unverändert geblieben, sodass wir nach wie vor als kontinentale Agentur für folgende Minen fungieren: Consolidated Gold Fields of South Africa, Ltd. Geduld Propietary Mines, Ltd. Geldenhuis Estate and Gold Mining Co., Ltd. Klerksdorp Exploration, Land and Estate Co., Ltd. Lancaster Gold Mining Co., Ltd. Lancaster West Gold Mining Co., Ltd. May Consolidated Gold Mining Co., Ltd. Modderfontein Deep Levels, Ltd. Prinzess Estate and Gold Mining Co., Ltd. Rand Central Ore Reduktion Co., Ltd. Roodepoort Central Deep, Ltd. Roodepoort United Main Reef Gold Mining Co., Ltd. Tudor Gold Mining Co., Ltd. Die uns aus diesen Vertretungen erwachsende Geschäftstätigkeit hat infolge der Wiederbelebung des südafrikanischen Marktes einen verhältnismässig beträchtlichen, ständig im Wachsen begriffenen Umfang gewonnen. Auch unsere Tätigkeit als Registrar der Northern Pacific Railway, Co., war in Folge der 2. Januar 1902 erfolgten Zurückziehung der Preferred Shares eine nicht unerhebliche.“
1902.
„Das Geschäftsjahr 1902 hat weitere Beweise dafür erbracht, dass im Rahmen des deutschen Wirtschafts- und Erwerbslebens Raum vorhanden ist für die Durchführung unseres Geschäftsprogramms, dass die Uebernahme von Treuhänderfunktionen und damit zusammenhängenden und sich daraus ergebenden sonstigen Aufgaben zum. Gegenstand hat. Es handelt sich dabei nicht nur um diejenigen Funktionen, die uns im Anschluss an das Gesetz über die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen auch im verflossenen Jahre erhebliche Tätigkeit und neue umfangreiche Ueberwachungs- und Revisionsaufgaben eingetragen haben, und ebensowenig erschöpft sich unsere Aufgabe in dem auf den Bestimmungan des B. G.-B. beruhenden Amte des Pfand- lialters und Grundbuchvertreters für hypothekarisch sichergestellte Anleihen. Es kommen dabei vielmehr auch mannigfache Treuhänder- und Vertrauens-Aufgaben für uns in Frage, für deren fernere Ausgestaltung und Erweiterung noch in manchen Beziehungen der Boden vorhanden sein dürfte. Insbesondere ist hervorzuheben, dass nicht nur bei Sanierung und Reconstruierung notleidender Unternehmungen, sondern auch bei gesunden Unternehmungen die Kontroll- und Revisionstätigkeit eines unabhängigen Instituts erwünscht erscheinen muss. Das weitere Vordringen dieser Erkenntnis dürfte immer mehr die Eliminierung des bei uns noch immer vorhandenen Vorurteils zur Folge haben, dass die Vornahme solcher Revisionen geeignet sei, das betreffende Unternehmen zu diskreditieren. Es wird unsere Aufgabe sein, zur Beseitigung solchen Vorurteils und zur Verbreitung derjenigen Auffassung beizutragen, die, wie wir bereits in unserem letzten Geschäftsbericht andeuteten, in England und Amerika sich schon längst eingebürgert hat, und die selbst bei den angesehensten Gesellschaften in dem Vorhandensein einer mit genügenden Garantien ausgestatteten ständigen Revisions-Instanz ein empfehlendes Moment für das betreffende Unternehmen erblickt. Im Verfolg dieser unserer Bestrebungen haben wir im Berichtsjahre einen ferneren Schritt zu deren Realisierung unternommen, indem wir, nach vorherigen, zum Teil auch im Auslaude an Ort und Stelle persönlich gemachten Vorarbeiten und gesammelten Erfahrungen, gegen Ende des Jahres die von uns bisher nur in beschränkterem Umfange ausgeübte Revisions-Tätigkeit auch weiteren Kreisen zur Verfügung gestellt haben. Die Uebernahme solcher Revisionen geschieht gemäss der in den einzelnen Fällen abzuschliessenden Verträge, in denen Bestimmungen über den Umfang unserer Revisions-Tätigkeit Aufnahme finden; die Revisionen werden durch unsere eigenen, dauernd an gestellten Beamten unter unserer Leitung und Ueberwachung vorgenommen;
wir sichern diskrete Behandlung aller durch die Revisionen zu unserer Kenntnis gelangenden Verhältnisse zu; die Beamten sind auf unbedingte, dauernde Verschwiegenheit über die Revisionstätigkeit durch Handschlag und Unterschrift verpflichtet Im einzelnen ist über unsere Geschäftstätigkeit wie folgt zu berichten:
Vertretung von Pfandbriefgläubigern und Obligationären.
In unserer Eigenschaft als interimistische Vertreter der Obligationäre der Allgemeinen Deutschen Kleinbahn-Gesellschaft, Aktiengesellschaft zu Berlin, beteiligten wir uns an deren Revision und Reorganisation: die Art unserer Stellungnahme gegenüber den zahlreichen Reorganisationsvorschlägen geht aus unserm gemeinschaftlich mit dem Ausschuss der Obligationäre erstatteten Bericht hervor. Bei Gelegenheit der Beschlussfassung über die Reorganisation wurde uns von der Generalversammlung der Obligationäre vom 6. März deren ständige Vertretung übertragen; und ebenso erhielten wir die Pfandhalterschaft bezüglich derjenigen Vermögensobjekte der Allgemeinen Deutschen Kleinbahn-Gesellschaft (im Bilanzwert von rund 21’/2 Millionen Mark), die zu Gunsten der im Nennbeträge herabgesetzten Obligationen verpfändet worden sind. Das von uns vertretene Obligationen-Käpital umfasst nach inzwischen durchgeführter Reorganisation einen Nominalbetrag von rund 22 Millionen Mark. Die vorgenannte Vertretung tritt zu den aus dem Vorjahre übernommenen ständigen Vertretungen der Pfandbriefgläubiger der Preussischen Hypotheken-Aktienbank, (vertretenes Pfandbrief-Kapital z. Z. rund 256’M Millionen Mark), Berliner Hypotheken – Aktien – Gesellschaft (vertretenes Pfandbrief-Kapital z. Z. rund 122 V2 Millionen Mark), Mecklenburg-Strelitz’schen Hypothekenbank (vertretenes Pfandbrief-Kapital z. Z. rund 213/< Millionen Mark).
Schutzvereinigungen.
Die aus dem Vorjahre überkommenen Schutzvereinigungen der Pfandbriefinhaber der Preussischen Hypotheken-Aktienbank und der Obligationäre der Allgemeinen Deutsch en Kleinbahn-Gesellschaft, bei denen wir als Geschäftsstelle fungieren, haben inzwischen ihre Aufgabe erfüllt; die Auflösung der Vereinigungen dürfte erfolgen, sobald der Umtausch aller oder fast aller Certificate in die entfallenden neuen Werte geschehen sein wird. Neu übernommen haben wir im Berichtsjahr die Führung der Sekretariatsgeschäfte der am 30. August 1902 in’s Leben getretenen Vereinigung der Deutschen Besitzer Türkischer Staatspapiere. Nachdem das bekannte, schon seit längerer Zeit ventilierte Projekt der Unifikation der Türkischen Consolidierten Schuld im Laufe des Berichtsjahres konkretere Gestalt angenommen hatte, hielt es eine Anzahl erster deutscher Bankeu und Bankfirmen für geboten, obige Vereinigung ins Leben zu rufen, um in ähnlicher Weise, wie dies in Frankreich seitens der Association Nationale des Porteurs Fran^ais de Valeurs Etrang&res und in England durch den Council of the Corporation of Foreign Bondholders geschieht, Hand in Hand mit den durch das sogenannte Mouharrem-Dekret konstituierten Syndikaten die Interessen der Beteiligten wahrzunehmen. Dass die Errichtung der Vereinigung grossen Anklang gefunden, dürfte sich aus der Feststellung ergeben, dass inzwischen aus den Kreisen der deutschen Interessenten Anmeldungen im Nominalbeträge von rund 120 Millionen Mark erfolgt sind. Uebernahme von Pfandhalterschaften für Anleihen und Hypotheken sowie von sonstigen Gläubiger-Vertretungen. Von diesen heben wir hervor: Mark 10,000,000, — 4 V2 e/o Teilschuldverschreibungen der Elektricitäts-Aktien-Gesellschaft vormals W. Lahmeyer u. Co. Frankfurt a. M. Mark 2,500,000, — Obligationen der Gewerkschaft Vereinigte Ville zu Brühl bei Köln a. Rh. In beiden Fällen lauten die Obligationen auf unseren Namen; im letzteren Falle ist uns ausserdem die Pfandhalterschaft übertragen. Der von uns, wie oben erwähnt, gegen Ende des Geschäftsjahres neu aufgenommene Geschäftszweig der Uebernahme von Revisionen von Aktien und sonstigen Gesellschaften hat uns noch im Laufe der letzten Wochen des Jahres eine Reihe von Anfragen und Anträgen gebracht, die inzwischen in mehreren Fällen zu einem Abschluss geführt haben. Die hieraus resultierende Revisionstätigkeit ist in Verbindung mit der uns bereits früher erwachsenen eine dermassen umfangreiche, dass sie die Vermehrung unserer in diesem Geschäftszweige verwendeten Beamten erforderlich macht.“
1903.
„Die Geschäftsergebnisse dieses Berichtsjahres dürfen als zufriedenstellende bezeichnet werden. Dies gilt in erster Linie von dem laut unserem vorjährigen Geschäftsbericht neu aufgenommenen Geschäftszweig der Uebernahme von Revisionen von Büchern und Bilanzen. Zwar waren und sind wir uns der Schwierigkeiten wohl bewusst, die der Einbürgerung einer unabhängigen, dem Institut der englischen Chartered Accountants ähnlichen Revisionsinstanz in Deutschland entgegenstehen. Die Abneigung, sich fremder Kontrolle auszusetzen, interne Geschäftsvorgänge der Kenntnis Dritter aufzudecken, ist weit verbreitet und natürlich. Wir begegnen dieser Abneigung durch die strengste Discretion über alle bei den Revisionen zu unserer Kenntnis gelangenden Verhältnisse; es hat in keinem einzigen Falle eine Klage verlautet, dass das von uns zugesicherte Stillschweigen gebrochen worden wäre, und wir dürfen auf Grund der gesammelten Erfahrungen hoffen, das bestehende Vorurteil gegen die von uns gebotene Einrichtung allmählich zu überwinden. Weniger leicht wird es sein, eine richtige Einschätzung unserer Revisionstätigkeit zu erzielen. Nur allzu ungern entschliessen sich die Interessenten zur Aufgabe ihres bisherigen Modus: die Revision für ein oft äusserst bescheidenes Honorar ausführen, dafür aber im wesentlichen sie auch darauf beschränkt zu sehen, dass die Abschlussziffern mit den Salden des Hauptbuchs verglichen, und höchstens noch einige stichprobenweise Feststellungen vorgenommen werden. Wir möchten keineswegs behaupten, dass alle Revisionen von Geschäftsabschlüssen in der hiergedachten Weise ausgeführt werden; allein notorisch ist, dass mindestens eine grosse Anzahl von Revisionen in Deutschland nicht anders erfolgt. In der Tat könnten aber auch für die vielfach üblicheu Honorare eingehendere Revisionen kaum ausgeführt werden. Im Uebrigen glauben wir auf Grund der von uns gemachten Beobachtungen annehmen zu dürfen, dass •das Prinzip sachlich eindringender, keinem bestimmten Schema folgender Revisionen immer mehr zur Anerkennung »durchdringen wird, und dass die Zeit nicht mehr fern .ist, in der nicht im Sinne unserer Bestrebungen erfolgte Revisionen kaum noch als ernsthaft zu nehmende betrachtet werden dürften, wie dies in England und den Vereinigten Staaten ja schon längst der Fall. Zu dieser Annahme berechtigt uns die Tatsache, dass von den bisher von uns bewirkten, zunächst einmaligen Revisionen die Mehrzahl sich zu dauernden gestaltet hat, derart, dass uns, äusser der jährlichen Revision der Geschäftsabschlüsse, von den betreffenden Verwaltungen auch die ständige Revision übertragen worden ist. Letztere erfolgt durch periodische Prüfungen der Buchführung, durch unangesagte Feststellungen der Kasse, der Bestände an Wechseln, Effekten usw. und durch sonstige dem einzelnen Fall entsprechende Feststellungen. Besonders den Direktoren und Aufsichtsräten vermögen ständige Kontrollen der gedachten Art eine wertvolle und beruhigende Unterstützung zu bieten. Wir haben derartige Revisionen im Berichtsjahre bei 27 Gesellschaften und Einzelfirmen übernommen und ausgeführt. Zur Uebernahme von Treuhänder-Funktionen hat sich uns im Berichtsjahr ebenfalls in erweiterter Weise Gelegenheit geboten.“ — So, deutsche Fachkollegen, sieht der z. Zt. einzige deutsche „Bücherrevisor auf Aktien“ und der einzige zugleich nach ungefähr englisch-amerikanischem Muster aus! Man sieht: ohne eindringende Kenntnis des Bank- und Finanzwesens und der einschlägigen Gesetzgebung, sowie ohne ein wenig Kleingeld ist er undenkbar. Die Deutsche Treuhandgesellschaft verfügt seit dem Jahre 1901 über ein Aktienkapital von IV2 Millionen Mark und sie erzielte damit im Jahre 1903 410,517,50 Mk. Reingewinn. Als unlohuend kann man ihr Metier also nicht bezeichnen, wenn es auch freilich kaum einem Zweifel unterliegen dürfte, dass der gedachte Betrag nur zu einem sehr geringen Teile mit Bücherrevisionen verdient worden ist. Bei der Aktiengesellschaft vormals James Eick und Strasser stiess der DeutschenTreuhandgesellschaft übrigens im vorigen Jahre insofern ein.Unfall zu, sie Unterschleife grösseren Umfangs durch eine von ihr vorgenommene Revision nicht aufzudecken verstand. Ich glaube aber kaum, dass das kleine Malheur ihr irgendwie schaden wird, denn sie wies s. Zt. mit Recht darauf hin, dass die betreffende Revision durch einen von ihr für jenen Spezialzweck engagierten vereidigten Bücherrevisor vorgenommen worden sei1)« Bedenklicher dürfte es schon sein, dass die Deutsche Treuhandgesellschaft als Revisor nicht für unabhängig im englischen Sinne gehalten werden kann: sie hätte ihr Zelt nicht im Prachtbau der Deutschen Bank aufschlagen und dem reinen Bankgeschäft sich weniger energisch zu wenden sollen! Und — ein im englischen Sinne geschultes Revisionspersonal vermag sie ebensowenig aus der Erde zu stampfen, wie irgend sonst jemand; wie es ihr denn auch noch durchaus nicht gelungen zu sein scheint, für ihre vornehmen Revisionsmaximen in irgendwie nennenswerter Weise Propaganda zu machen
VIII. Das englische Revisionswesen in technischer, rechtlicher und tatsächlicher Beziehung
A. Geschichtliche Entwickelung bis zur Gründung des Instituts der „Chartered Accountants
Während sich in Deutschland das Institut der Bücherrevisoren nur bis zum Ende des 18. Jahrhunderts geschichtlich zurückverfolgen lässt* 2), geht es in England bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts zurück. In dem englischen Fachwerk „Auditing, a practical manual for Auditors by Lawrence R. Dicksee, F. C. A.“3) ist aus Henleys „Tretyce of Housebandry“ — einem Werk aus dem 13. Jahrhundert, das von der Royal Historical Society vor einigen Jahren neu gedruckt worden ist —, ein Auszug abgedruckt, der insofern als hochinteressant
*) Hierbei darf aber andererseits nicht übersehen werden, dass es wiederum ein vereidigter Bücherrevisor gewesen ist, der nach der Deutschen Treuhandgesellschaft bei der gedachten Firma revidiert und durch diese Nachrevision Unterschlagungen in Höhe non 108,000Mk. glatt herausgefunden hat! Wenn zwei dasselbe tun, ist’s eben nicht immer dasselbe. 2) Dem deutschen Bücherrevisor begegnet man zuerst Ende des 18. Jahrhunderts und zwar in der Gestalt des Hamburger Fallitbuchhalters, der im Grossen und Ganzen nur das gewesen zu sein scheint, was man heute „Konkursverwalter“ nennt. Dieser „Fallitbuchalter“ hatte sein Gutachten auch über die „Art des Bankrotts“ abzugeben, was beim heutigen Konkursverwalter des Deutschen Reichs bekanntlich nicht mehr der Fall. 3) London. Gee & Co 5. Auflage 1903.
erscheint, als er die Pflichten des Bücherrevisors der damaligen Zeit als ganz ähnlich denjenigen des Revisors der Gegenwart erweist1); ich kann es mir nicht versagen, einige Stellen daraus hier zum Abdruck zu bringen.
„Kaufe und verkaufe“ — so heisst’s gleich zu Beginn des Auszugs — „nicht anders als indem du deine Geschäfte von einem oder zwei getreuen (vertrauenswürdigen) Männern kontrollieren und als richtig bescheinigen lässt; denn es kommt vor, dass die Buchhalter (those who render accounts) die Einkäufe vermehren und die Verkäufe vermindern (d. h. mehr Einkäufe und weniger Verkäufe buchen als wirklich gemacht worden sind), wodurch natürlich Verlust entsteht. Lasse derartige Revisionen mindestens einmal im Jahr vornehmen und auch den Jahresabschluss (final account at the end of the year) durch derartige Leute machen. Bilanz und Inventar (view of account) haben den Zweck, den wirklichen Stand der Dinge zu zeigen — sowohl in betreff der Ausgaben und Einnahmen, als auch hinsichtlich der Einkäufe und Verkäufe, der Unkosten und des erzielten Gewinnes.“ „Am Ende des Jahres, wenn alle Bücher der verschiedenen Güter (Landgüter) übertragen und alle Ausgaben und Unkosten der gesamten Herrschaft (Gesamtheit aller Einzelgüter) ermittelt und gebucht sind, nimm alle Bücher an dich, lasse sie durch einen oder zwei „treugesinnte“ und „vertraute“ (vertrauenswürdige und zuverlässige) Männer (Revisoren) sorgfältig vergleichen (kollationieren), und aus dem Grad ihrer Uebereinstimmung oder Nicht-Uebereinstimmung wirst du dann erkennen, wie fleissig und gewissenhaft, oder auch wie nachlässig und träge dein Personal (Buchhalter und Verwalter) an den Büchern gearbeitet hat“. „Der Gutsherr sollte anordnen und verlangen, dass die Bücher jedes Jahr abgeliört (kollationiert) werden, und zwar nicht nur auf dem einen oder andern Gut, sondern auf allen Gütern seiner Herrschaft, denn nur auf diese Weise können Fehler aufgedeckt und Gewinn oder Verlust richtig ermittelt werden. Und er sollte ferner die Auditoren (Rechnungsführer, Revisoren) anweisen, auf alles das zu hören, was der Rentmeister (steward) an Klagen und Beschwerden über vorgefallene Betriebs-Unregelmässigkeiten vorzubringen
*) D. h. des Bücherrevisors im engeren Sinne — im Sinne des reinen Buch- und Rechnungsprüfers.
liat, damit diese entsprechend berücksichtigt und — soweit nötig — bestraft werden können“. Die Revisoren (Auditors) sollen treu und vorsichtig sein, und ihr Geschäft (Beruf) genau kennen; alle Punkte und Teile der Pachtbücher, sowie alle Auslagen und Warenrückläufe (Returen) sind von ihnen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Dabei soll der Rentmeister zwar stets Hand in Hand mit den Auditoren gehen, niemals aber sich als deren Herrn oder Gehülfen betrachten. Der Rentmeister soll vielmehr der Untergeordnete, und der Auditor der Uebergeordnete sein, und ersterer hat letzterem über alle Fragen des Rechnungswesens bereitwilligst Rede und Antwort zu stehen. Es ist nicht notwendig, dem Auditor über Art und Ausführung seiner Arbeit irgendwelche Vorhalte oder Vorschriften zu machen, denn seine Kenntnis des Fachs und seiner Aufgabe werden so umfassend sein, dass er nicht nötig haben dürfte, von anderen darüber noch besonders Belehrung zu empfangen.1)
1 Hier möchte es vielleicht Zeit sein festzustellen, was unter Auditor“ und „Auditing“ denn eigentlich zu verstehen ist. Ich will diese Feststellung zugleich mit der Erklärung der bereits froher gebrauchten Wörter „Accountant“ und „Accountancy“ geben. „Accountancy“ nennt man in England die Verrechnungswissenschaft in ihrer Eigenschaft als Beruf, und „Accountant“ denjenigen, der diesen Beruf praktisch ausübt, oder doch entsprechend für ihn vorgebildet ist; „Auditor“ aber heisst ein Accountant, dessen besondere Aufgabe die Prüfung und Ueberwachung des Rechnungswesens einzelner Unternehmungen und Körperschaften ist, und unter „Auditing“ ist also diese besondere Tätigkeit zu verstehen. Accountancy und Auditing sind hiernach durchaus nicht gleichwertige Begriffe, sondern sie stehen im selben Verhältnis zu einander wie etwa die ganze Maschine zum blossen Maschinenteil. Die Etymologie aber der beiden Bezeichnungen ist sehr einfach: Das Wort „Accountant“ ist abgeleitet vom französischen compter (rechnen, berechnen), dessen Altvorder wiederum das lateinische computare ist, und in Folge dessen hat man früher auch nicht Accountant, sondern „Accomptant“ gesprochen und geschrieben; diese ältere Form ist noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts die gebräuchlichere gewesen, und erst von da an hat die bequemer und weicher klingende Form Accountant das Bürgerrecht erlangt. Die Wörter „Auditing“ und „Auditor“ dagegen weisen auf das lateinische audire (hören, abhöreh) zurück, und es ist zu beachten, dass auch in dem Auszug aus Henley’s „Tretyce,“ vom Abhören to heare) der Bücher ausdrücklich gesprochen wird. Während also die „Accountancy“ das ganze Gebiet des kaufmännischen Rechnungs- und Finanzwesens einschliesslich der Buchhaltung umfasst, ist unter „Auditing“ lediglich das Revisionswesen im engeren Sinne zu verstehen. Natürlich hat man sich bei dem Wort „abhören“ im Grunde nichts anderes als das ja heute noch gebräuchliche (wenn auch für sich allein keinesfalls ausreichende) „Kollationieren“
In der englischen Gesetzgebung kommt der „ Auditor“ zum ersten Mal im Jahre 1285 vor; in diesem Jahre wurde unter König Eduard I. ein Gesetz mit folgender Bestimmung erlassen: „It is agreed and ordained, that when the masters of such servants do assign Auditors to take their account, and they be found arrearages upon the amount, all things allowed which ought to be allowed,, their bodies shall be arrested, and by the testimony of the Auditors of the same account, shall be sent or delivered into the next gaol of the Kings in those parts.“!) Zu Anfang des 17. Jahrhunderts erscheint der Accountantenberuf schon als ziemlich ausgereift, denn Gerard Malynes spricht in seiner 1622 veröffentlichten „Lex Mercatoria“ ausdrücklich von „those which we call Auditors or Accountants“ („von denjenigen, die man Auditors oder Accountants nennt“), und er fügt dann hinzu, dass diese Leute in Reclinungs- und Buchführungssachen sehr geschickt und erfahren seien (that they are to be very judicious in matters of account as skilfull in the accounting). Zwölf Jahre später, im Jahre 1636 also, stossen wir auf Richard Dafforne aus Northhampton, deu Herausgeber des „Merchants Mirrour (des „Kaufmanns- Spiegels“), welcher Autor sich selbst „Accountant und Lehrer der Accountancy“ nennt Der Verfasser dieses Werkes empfiehlt in letzterem ein anderes Buch über den gleichen Gegenstand und zwar den „Accomptant“ von Ralphe Handson, und ferner erschienen dann in verhältnismässig kurzer Folge (in den Jahren 1660 bis
zu denken, nnr muss man nicht etwa glauben, dass dieses „Abhören“‘ eine englische Erfindung sei: es ist von ihm schon in der Bibel, und zwar in den Parabeln von den Pfunden oder Talenten und vom ungetreuen Haushalter die Rede.
0 Diese Bestimmung lässt sich etwa wie folgt verdeutschens „Es wird bestimmt und verordnet, dass, wenn die Herren…………… ihr Rechnungswesen durch Auditoren prüfen lassen, und diese dabei die Bücher im Rückstand (nicht auf dem taufenden) finden, dem Herrn dann jede Massnahme erlaubt sein soll, die nur irgend aiserlaubt angesehen werden kann. Insbesondere sollen die betreffenden Knechte (Buchhalter) auf Grund eines vom Auditor ausgestellten Zeugnisses sofort in Haft genommen und ins nächste Königl. Bezirksgefängnis verbracht werden können.“ — Wie peinlich genau wurde es doch hiernach mit der Buchführung vor 700 Jahren genommen, und wie bagatellmässig behandelt man sie vielfach heutet *„Unproduktiv und ein „notwendiges Uebel“ schilt man noch allzuoft die Buchführung, aber auf der Höhe volkswirtschaftlicher Erkenntnissteht man damit natürlich nicht
1718): „The Accountants Closet“ von Abraham Liset;1) „The perfect Accountant“ von Robert Colin son (welches Werk u. a. die Erklärung enthält, dass sein Verfasser die Accountancy seit mehr als 25 Jahren studiert und praktisch ausgeübt habe); „The Gentleman Accomptant“ von „A Person of Honour“, und „A new Treatise of Arithmetik an Bookkeeping“ von Alexander Malcolm — einem Fachmann, der von sich selbst sagt, dass er von den berühmtesten Accomptants Nord-Englands empfohlen sei Ein kräftigerer, ich möchte sagen persönlicherer Hauch weht uns aber erst aus einem Revisionsbericht entgegen, den der Schreiblehrer und Accountant Charles Snell in Forster Lane London im Zusammenhang mit dem bekannten englischen „Südsee-Schwindel“ Ende 1720 oder Anfang 1721 erstattet hat. Leider ist der Bericht zu lang, um hier wiedergegeben werden zu können, und nur soviel sei daher bemerkt, dass durch ihn die Aufdeckung „einer verbrecherischen Korruption traurigster Art“ bewirkt worden ist. Dann erschien — und zwar im Jahre 1739 — die zweite Auflage eines Buches mit folgendem Titel: „Modern Bookkeeping or the Italian Method Improved, containing rules and directionsfor Gentleman’s and Merchant’s Accompts by Double Entry: written originally for the use of his own pupils by Richard Hayes, Accomptant and Writing Master of Queen Street, Cheapside, but late of Princess Street, near the Bank of England.“* 2). In einer an den Leser gerichteten Ansprache (Adresse) sagt der Verfasser: „Ich biete Ihnen hiermit das Erzeugnis der wenigen Mussestunden dar, die mir meine angestrengte Lehrtätigkeit übrig gelassen hat. Ueber die Kunst der Buchhaltung dachte ich ursprünglich nur mit Rücksicht auf meine Schüler zu schreiben, aber da ich das Missgeschick hatte,
*) Der vollständige Titel dieses Werkes lautet: „Amphitalami, or the Accountants Closet. Being an abridgment of merchants accounts kept by Debitors and Creditors, exactly and accurately shewing how to order, state, and Keep accounts either of public Firm, a private Estate into a single Book without a Memorial and Journal or annal; whereby calculation may be made at pleasure of the advance or arrear, gain and loss, of the whole stock and architecture etc.“ 2) „Moderne Buchführung oder verbesserte Italienische Methode, enthaltend Regeln und Anweisungen für jedermann, besonders aber für des Kaufmanns (und anderer Herren) Buchführung in Doppelposten. Geschrieben ursprünglich für den Gebrauch seiner eigenen Schüler von Richard Hayes, Bücherrevisor und Schreiblehrer in der Königinstrasse, Cheapside, später in der Prinzessinnenstrasse nahe der Bank von England.“
dass mir eine bereits früher über den Gegenstand verfasste Handschrift verloren ging, ’so war ich genötigt, die Arbeit noch einmal zu tun; uud ich darf nun wohl hoffen, dass das Erzeugnis dieser neuen Arbeit auch weiteren Kreisen von Wert und Intersese sein wird.“ Im Jahre 1758 sodann trat das „most complete system of Bookkeeping“ des „Kaufmanns“ Mr. John in London an’s Licht; in dem Buche steht eine Vorrede mit folgender bemerkenswerten Stelle: „Bevor ich mit meinen Darlegungen beginne, möge es mir gestattet sein, auf den im kaufmännischen Leben vorhandenen Missstand hinzuweisen, dass die Buchführung gar zu häufig falsch gehandhabt und in Fofge dessen völlig verwarhrlost wird. Viele Geschäftsleute schämen sich, sich selbst und andern einzugestehn, dass sie von der Buchführung nichts, oder doch nur sehr wenig verstehn, oder sie tragen auch sonst Bedenken, Sachverständige zu beschäftigen oder entsprechend zu Rate zu ziehn; es ist sehr bedauerlich, dass dem so ist, aber die Tatsache selbst bleibt nichtsdestoweniger im vollen Umfang bestehn. Möchten doch jene Herren bedenken, dass selbst die klügsten Menschen nicht alles zu wissen und zu verstehen vermögen, und dass also niemand Ursache hat, ob seiner Unkenntnis in gewissen Spezialfächern irgend etwas wie Scham zu empfinden. Und möchten sie auch einsehen lernen, dass es ebenso wenig eine Schande sein kann, sich wichtige Dienste zu kaufen, wie es eine Schande ist, mit wichtigen Waren zu handeln. Sind aber die Dienste von Männern, die im Buch- und Verrechnungswesen, und überhaupt in der Praxis des Geschäftslebens, besonders geschickt und erfahren sind, wichtig, so müssen sie auch benutzt werden, und für niemand kann dies beschämend oder entwürdigend sein, wie auch niemand das Recht hat, solche Dienste zu verschmähen, oder von sich zu weisen.“ 9 Ich will mich bei der Darstellung der Geschichte des englischen Verrechnungswesens nicht allzu sehr in Details verlieren, da für solche Extravaganzen der mir zur Verfügung stehende Raum nicht reicht; nur kurz noch auf die folgenden Daten will ich verweisen: Die Mutter der englischen Accountancy ist, wie wir gesehen haben, die Landwirtschaft, doch darf hierbei
9 „Gut gebrüllt, Löwe!“ So möchte man bei diesen Worten ausrufen. Ausserdem aber möchte man auch der Meinung sein, dass sie noch immer recht zeitgemäss klingen.
nicht unbeachtet bleiben, dass der Wirtschaftsbetrieb des englischen Landlords ein sehr vielseitiger nicht nur heute ist, sondern auch schon in früheren Jahrhunderten war; denn Bacon in seinem berühmten Essay über den Reichtum („of Riehes“) lässt sich mit Bezug darauf wie folgt vernehmen: „Ich kannte einen Edelmann, der hatte die grössten Audits, die nur irgend jemand zu haben vermag: er war grosser Viehzüchter, Schafherdenbesitzer, Bauholz- handler, Kornbauer und Kohlenbergwerksbesitzer —- nicht minder aber auch ein bedeutender Unternehmer des Eisenfachs und ähnlicher Zweige des wirtschaftlichen Tätigkeitsgebiets.“ Und auch schon der früher mitgeteilte Auszug aus Henley’s „Tretyce“ lässt sicher auf das Vorhandensein wirklich grosser Betriebe schliessen. Äusser der Landwirtschaft aber mit ihren zahlreichen und umfänglichen Nebenbetrieben sind in England bekanntlich auch Industrie und Handel sehr zeitig zu hoher Blüte gelangt; und diese beiden haben sich der Auditors nicht minder als jene bedient; was Wunder, dass der englische Auditor heute einen so weitreichenden Einfluss und so grosse Bedeutung hat! Ihn hat nicht klügelnde Juristen-Weisheit, sondern das praktische Leben erzeugt und seine Erziehung haben die Jahrhunderte besorgt — Von wann an es in England auch bei Kaufleuten allgemeiner und stehender Gebrauch geworden ist, ihre Bücher von Berufsrevisoren (Auditors) entweder laufend oder nur bei besonderen Gelegenheiten prüfen zu lassen, scheint mit voller Genauigkeit nicht mehr ermittelt werden zu können; nur soviel darf als feststehend gelten, dass zu Ende des 18. Jahrhunderts „Audits“ und „Investigations“ (laufende Bücherrevisionen und gelegentliche Buch-Untersuchungen zu den verschiedensten Sonderzwecken) in englischen Handelskreisen durchaus nichts Seltenes mehr waren. Es geht dies mit ziemlicher Deutlichkeit aus dem Werke über Buchhaltung hervor, das im Jahre 1796 von E. J. Jones in Bristol veröffentlicht worden ist; Jones lässt sich in einer dem Buch vorgedruckten „Adresse an die englische Handelswelt“ wie folgt vernehmen: „Ich will kurz erwähnen, dass ich den Vorzug habe, im Bureau eines der fähigsten Männer des Königreichs als Bücherrevisor ausgebildet und mit allen Revisionsarbeiten betraut worden zu sein. Ich habe eine grosse Anzahl der verschiedensten Buchführungen zu revidieren gehabt und bin nicht minder oft mit gesetzlich vorgeschriebenen buchhalterischen Untersuchungen (investigations), sowie mit Vertretungen in Konkursen und ähnlichen Angelegenheiten betraut gewesen, auch habe ich schlecht und mangelhaft geführte Bücher zufolge gerichtlicher Anordnung völlig selbständig und ohne jede fremde Anleitung zu ordnen gehabt, mochten sie nun in Doppelposten (Ser nach den Regeln der einfachen Buchung geführt sein.“ Trotzalledem aber wird man nicht ohne weiteres glauben dürfen, dass die Anzahl der speziell für den Handel tätigen englischen Bücherrevisoren, schon vor 100 Jahren eine mehr oder minder grosse gewesen sei; diese Zahl scheint im Gegenteil als eine recht bescheidene angenommen werden zu müssen, denn wenigstens in London hat es im Jahre 1799 der Bücherrevisoren nicht mehr als 11 gegeben, und auch davon sind nur drei oder vier ausschliesslich Revisor, die anderen dagegen nebenher auch noch Agent oder Schreiblehrer gewesen; auch scheint der Abschluss aussergerichtlicher Arrangements zwischen insolventen Firmen und deren Gläubigem damals noch eine der Hauptfunktionen der Londoner Accountants gewesen zu sein. Von da an ist’s aber mit der Entwickelung der englischen Accountancy merklich rascher gegangen, und zwar war es zunächst die englische Handelspanik von 1810, die kräftigen Anstoss brachte; das bekannte Wort eines englischen Geschäftsmannes: „Accountants make their fortunes by the misfortunes of others“ (die Bücherrevisoren machen ihr Glück durch’s Unglück andrer) ist in jener Zeit gefallen, und laut Holdens „Trienial Directory“ war dann auch die Zahl der Londoner Bücherrevisoren im Jahre 1811 bereits auf 24 gestiegen, worunter vier Gesellschaftsfirmen. Wie toll es damals in England zugegangen, kann man aus folgender (der höchst interessanten Schrift „Professional Accountants“ von Beresford Worthington entstammenden) Schilderung ersehen: „Auch die allgemeinen Zeitverhältnisse waren sehr günstig, denn das Geld lag sozusagen auf der Strasse, und Prospekt auf Prospekt tauchte auf, um den überschiessenden Segen nutzbringend anzulegen. Grosse Gesellschaften wurden mit dem ausschliesslichen Zweck gegründet, dass sie für Sicherung der Rimessen sorgen sollten, die Handel und Wandel aus aller Herren Ländern in den verschiedensten Formen zu empfangen hatte. Einzelne Spekulanten gingen in ihrer Unwissenheit so weit, dass sie Bettwärmer und Schlittschuhe nach denLändern der heissen Zone sandten, und gleich absurd war die Spekulation einer Gesellschaft, die eine Schiffsladung Milchmägde nach Buenos Ayres schickte, damit diese Ladies dort die wilden Kühe melken und deren Milch in Butter und Käse verwandeln sollten. — Natürlich gingen solche Dinge nicht ohne wirtschaftliche „Irrungen und Wirrungen“ ab, es wurde vielmehr Lehrgeld in kolossalem Umfang bezahlt: „79 Banken stellten schon im Jahre 1825, und 25 weitere das Jahr darauf ihre Zahlungen ein“! — „Die Provinzbanken“ — so deduzieren die englischen Wirtschaftsgelehrten inbezug auf jene Erscheinung — „waren eben zu klein und schwach, als dass sie solchen Paniken hätten gewachsen sein können“ Ob diese Meinung falsch oder richtig ist, kommt hier nicht in Betracht; Tatsache ist aber jedenfalls, dass sie später das Monopol der Bank von England schuf. Aktienbanken wurden in England schon 1826 gegründet und ihre Aktien bildeten sofort bevorzugte Spekulations-Papiere: „Die Aktien dieser Banken fluteten nur so durch’s Land“. Und als dann nach und nach eine Gegenströmung eintrat, begannen die Zwangsverkäufe in jenen Papieren, und die wirtschaftliche Sturmflut von 1836—1837 brach herein. Unter anderen stürzten damals drei grosse englische Häuser zusammen, die für Amerika — das zur selben Zeit bekanntlich ebenfalls eine grosse Handelskrisis hatte — bedeutende Acceptverpflichtungen eingegangen waren, und es ist bezeichnend für den Handelsgeist jener Zeit, dass die unbezahlt gebliebenen Wechsel jeuer drei englischen Firmen allein die Kleinigkeit von 110 Millionen Mark, die gleichartigen Verbindlichkeiten der beteiligten amerikanischen Firmen aber noch weit mehr, nämlich 240 Millionen Mark betrugen! Die betreffenden Fallissements wurden teils aussergerichtlich, teils gerichtlich durch Konkurs geordnet, und wenn auch die englischen Bücherrevisoren damals noch nicht wie heute mit der eigentlichen Liquidation solcher Firmen betraut zu werden pflegten, so war es doch allgemein üblich, dass man wenigstens alle Aufstellungen, deren man in den Gläubigerversammlungen bedurfte, ausschliesslich von Berufsrevisoren herstellen liess. Auf diese Weise kann es denn nicht eben als ausserordentlich erscheinen, dass die Zahl der Londoner Accountants im Jahre 1840 bereits auf 107 angeschwollen war. —
Aber all das was ich bisher berichtet, ist blosses Kinderspiel gegen das gewesen, was der sogenannte englische „Eisenbahnkoller“ (Railway mania) in den Jahren 1841 — 1857 gebracht. Diese „Railway mania“ ist gewissermassen die „Engros-Amme“ der englischen Accountancy gewesen, und ich muss ihrer deshalb an dieser Stelle mehr oder minder ausführlich gedenken. Die allgemeine Wirtschaftslage Englands stellte sich zu der Zeit, als der Eisenbahnkoller einsetzte, als eine geradezu glänzende dar und alles vereinigte sich damals, um alle wirtschaftlichen Elemente zu entfesseln. „Die Handelswelt sah für alle möglichen und unmöglichen Waren hohe Preise zahlen, und alle Markte zeigten eine ungewöhnliche Lebhaftigkeit. Selbst die grössten Sicherheitskommissare täuschten sich angesichts der anscheinend überall vorhandenen Prosperität über die ringsum lauernden Gefahren hinweg. Von Woche zu Woche und von Monat zu Monat nahm das allgemeine Eisenbahnfieber zu, und am 31.10.1845 waren bereits 1428 Eisenbahngesellschaften mit einem Gesamtkapital von 761.243.208 £ in’s Leben getreten, während die Gründung noch weiterer 1263 Gesellschaften von englischen Kapitalisten bereits in die Wege geleitet war“. — In der Tat: Umfang und Gewalt jener wirtschaftlichen Bewegung grenzten schier an’s Wunderbare, und wer Ohren hat zu hören, der hört aus ■der nachfolgenden, dem Buch eines zeitgenössischen •Schriftstellers entnommenen Schilderung ganze Bände heraus1):
„Eine Kolonie von Rechtsanwälten, Ingenieuren und „in Samen schiessenden Accountants“ befand sich in ■der Gegend der Threadneedle-Strasse. Aber nicht bloss in London — auch in allen anderen Städten und Kirchspielen leuchteten über den Türen Zinkplatten mit dem Namen solcher Gentlemen. Alle Räume, vom Keller bis zum Dach hinauf, waren von ihren Ausschüssen besetzt. An jedem Schenktisch sass einer ihrer Clerks oder -Sekretäre. Leute, die sonst nie an’s Spekulieren gedacht, traten jetzt das Pflaster der Morgate-Strasse, wo die Börsenjobber wohnten, täglich, ja stündlich; selbst Damen •der hohen Aristokratie, sowie Lords und Parlamentsmitglieder sah man an jener Stelle oft genug im -dichtesten Menschengewühl, und sie achteten dabei des
Das betreffende Buch hat Mr. Robert Bell zum Verfasser; «es heisst: „The Ladder of Gold“ (die goldene Leiter).
lichtscheuen und beutebegierigen Gesindels, das sich da herumtrieb, ebensowenig wie irgend ein anderer Mensch.“ Man wird die Art, wie Mr. Bell der damaligen englischen Bücherrevisionen gedenkt, vielleicht nicht als besonders wohlwollend empfinden, und es scheint denn auch in der Tat, als ob der Accountant jener Tage zu verhältnismässig leichtem und muhelosem Erwerb oft genug Gelegenheit gehabt und diese Gelegenheit auch mit heiterer Befriedigung zu benutzen nicht immer Anstand genommen habe. Aber wer ist es, der den ersten Stein auf ihn wirft? Wo alles liebte, sollte Karl allein da hassen? Und wenn dann auch schon angenommen werden darf, dass unter den englischen Bücherrevisoren jener Zeit auch manche Giftpflanze ihr Dasein gefristet hat — im ganzen ist es jedenfalls Tatsache, dass jene Zeit dem englischen Bücherrevisionsberuf zu einer Grundlage verholfen hat, wie sie solider und gediegener garnicht gedacht werden kann. Auf welche Weise das Letztere geschehen ist? Sehr einfach: man hat dem Accountant Arbeit und Verdienst gegeben, und dieser wieder hat der Allgemeinheit durch seine Arbeit genützt! Leistung — Gegenleistung also, wie überall im wirtschaftlichen Leben. Folgende Anmerkungen zu diesem Punkt werden die Sache noch verständlicher machen. Die Oberaufsicht über das Eisenbahnwesen war ursprünglich Sache des englischen Parlaments gewesen, aber schon 1842 wurde mit der gesamten Eisenbahn- Verwaltung das Ministerium des Handels betraut. Und
*) Als Seitenstuck zu obiger Schilderung mögen hier die folgenden Verse stehen, die zuerst im April des Jahres 1873 von einem bekannten deutschen Witzblatt unter der Ueberschrift „Das Ende“ veröffentlicht worden sind *, das Gedicht bezieht sich auf. die deutsche Gründungsperiode von 1872/73 und geisselt den Schwindelgeist jener Zeit wohl treffend genug.

bereits im November des eben genannten Jahres erliess das Handelsministerium über die Gründung von Eisenbahnen eine Reihe neuer und praktischer Vorschriften, deren letzte dahin ging, dass vor Erteilung jeder einzelnen Bauerlaubnis sowohl die Bau- und Betriebskosten, als auch der auf der betr. Strecke mutmasslich eintretende Handels- und Industrieverkehr allgemein abzuschätzen seien. Diese Vorschrift nun ist dem englischen Bücherrevisor insofern zu statten gekommen, als man sich in England bald allgemein daran gewöhnte, mit solchen Schätzungen nur die völlig unabhängig dastehenden Accountants zu betrauen. Dazu kam aber noch ein zweites, noch viel wichtigeres. Die Railway Companies (Clauses Consolidation) Act vom Jahre 1845 sah (in den Abschnitten 101—108) ausdrücklich die ständige Ueberwachung des gesamten Rechnungswesens bei Eisenbahngesellschaften durch Auditors vor, und sie stattete diese letzteren mit wichtigen Vorrechten und Befugnissen aus, indem sie ausdrücklich das Folgende bestimmte: „Es soll den Auditoren erlaubt sein, auf Kosten der Gesellschaft irgendwelche ihnen als geeignet erscheinende Accountants zu beschäftigen (zur Mithilfe heranzuziehen). Und sie sollen gehalten sein, über die Rechnungsführung der Gesellschaft entweder selbst einen Bericht aufzusetzen, oder einen anderweit aufgestellten derartigen Bericht . doch wenigstens anzuerkennen und zu bestätigen; alle derartigen Berichte sind zusammen mit den Berichten des Direktoriums in der nächsten ordentlichen Generalversammlung durch Vorlesen bekannt zu geben.“J)
Es könnte hiernach scheinen, als ob zwischen „Auditors* und „Accountants* damals noch scharf unterschieden worden sei. Indessen trugt dieser Schein, und es ist Tatsache, dass zu Auditors eben nur Berufsrevisoren (Accountants) bestellt worden sind. Es hat in England noch bis vor wenig Jahren Accountants, Mitinhaber bedeutender Gesellschaftsfirmen, gegeben, die schon zu jener Zeit die Audits bei grossen Eisenbahngesellschaften zu leiten gehabt und über die damaligen Verhältnisse und Gepflogenheiten zutreffend sich geäussert haben. Nach den Berichten dieser Herren nun sind eben die Audits bei grossen Gesellschaften viel zu zeitraubend und umfassend gewesen, als dass sie vom bestellten Auditor allein hätten bewältigt werden können; und da das zahlreiche gutgeschulte Hilfspersonal von heute damals noch nicht vorhanden war (und naturgemäss auch nicht vorhanden sein konnte), so pflegten sich vielbeschäftigte Auditors eben damit zu helfen, dass sie jüngere, weniger beschäftigte Kollegen als Assistenten zuzogen. „Die Nachfrage nach Auditors überstieg damals bei weitem das Angebot und eine goldene erntefür jeden einzelnen war Klärlich die folge davon
Aber diese Gunst und Hilfe von aussen wäre natürlich ausgeblieben, hätten die Bücherrevisoren sich ihrer nicht als würdig gezeigt Und in dieser Beziehung ist denn nun das überlieferte bezügliche Zeugnis eines anderen zeitgenössischen Schriftstellers, eines Mr. D. Morier Bell, von Wert; Mr. Bell, der ein gründlicher Kenner der betr. Verhältnisse war, schrieb in seinem höchst interessanten Buch über die Railway Mania wörtlich das Folgende: „Die den Generalversammlungen vorgelegten Bilanzen waren zumeist so auf gestellt, dass sie vom Stand der Geschäfte (der Dinge) ein möglichst treues und anschauliches Bild gewährten, und da auf diese Weise die Erwartungen, die man von den Auditors gehegt und ebenso auch die Ansprüche, die man an sie gestellt hatte, durchaus erfüllt worden waren, so ging man bald mit ungewöhnlicher Einmütigkeit dazu über, die Einrichtung der ständigen Ueberwachung des Buch- und Rechnungswesens durch Berufsrevisoren zu einer allgemeinen zu machen; man sah ein, dass auch die allenfalsige Liquidation einer Gesellschaft durch das Vorhandensein jener Einrichtung erheblich günstiger gestaltet und wirksam gefördert werde.“ Bei einer derartigen Sachlage konnte es denn freilich nicht ausbleiben, dass die Position des Bücherrevisorenstandes sich allgemach so befestigte, und zu einer so angesehenen gestaltete, dass Jedermann mit ihr zu rechnen sich genötigt und berechtigt sah.“ Immerhin würde am Schluss des englischen „Eisenbahnkollers“ vielleicht eine starke Gegenströmung eingesetzt haben, wenn nicht im Jahre 1855 für Aktiengesellschaften das Prinzip der beschränkten Haftung gesetzlich festgelegt worden wäre, und wenn nicht ferner die im Jahre 1862 in Kraft getretene Companies Actx) die Bildung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung in gesteigertem Masse begünstigt und erleichtert hätte; die Erweiterung, die das Tätigkeitsgebiet der englischen Bücherrevisoren speziell durch das eben erwähnte Gesetz erfuhr, ist ebenfalls eine sehr beträchtliche gewesen; und als dann noch — im Jahre 1869 — die Bankruptcy Act (das (Konkursgesetz) geschaffen war, da verfügte der englische Bücherrevisor über einen so ausgedehnten Geschäfts- und Wirkungskreis, dass der Bestand seines
Dieses Gesetz trag die etwas langatmige Bezeichnung „Act for the incorporation, regulation and winding up of treading companies and other associations.“
Gewerbes für alle Zeit als gesichert gelten konnte. ’) Zwar hatte die Schlaffheit einzelner Bestimmungen des eben erwähnten neuen Konkursgesetzes zur unliebsamen Folge, dass sich von jetzt an auch Leute dem Bücherrevisoren Beruf zuzuwenden pflegten, die „nicht nur keinerlei Befähigung weder zum richtigen Erfassen noch zur sachgemässen Erfüllung ihrer Berufspflichten besassen, sondern, die auch so bar aller moralischen Grundsätze waren, dass ihr Verhalten böse Schatten auf das ganze Gewerbe warf;“2) allein diese Schwäche des Konkursgesetzes vom Jahre 1869, oder auch: dieses piratenhafte Verhalten jener rseudo-Accountants hat andererseits das nicht zu unterschätzende Gute gehabt, dass die anständigen und ehrenwerten Elemente unter den Berufsrevisoren nunmehr überall begannen, sich organisatorisch zusammenzuscbliessen und energisch Front gegen jene Feinde ihres Rufs und Berufs zu machen; es haben sich auf diese Weise in Liverpool, London, Sheffield und Manchester von 1870 bis 1879 im ganzen 6 verschiedene Vereine gebildet, die dann im Jahre 1880 auf Grund einer von der Königin erlangten Charter (Freibrief) zu einer einzigen grossen Vereinigung, dem machtvollen „Institute of Chartered Accountants in England and Wales“ zusammengetreten sind.
Es sei an dieser Stelle nur der Liquidation von Gesellschaften gedacht, mit der man nach Erlass der Act von 1862 in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle („in the vaste majority of cases“) Berufsrevisoren zu betrauen pflegte. Was dies zu bedeuten hatte, dürfte sich am schlagendsten aus dem Hinweis ergeben, dass von 44435 englischen Gesellschaften, die damals nach und nach gegründet worden waren, nicht weniger als 26074 entweder ganz wieder zusammenbrachen, also liquidiert, d. h. durch Konkurs aufgelöst, oder mit anderen Gesellschaften vereinigt oder von anderen Gesellschaften aufgesogen wurden. — Die Einnahmen der englischen Bücherrevisoren, die bei diesen Gesellschaftskatastrophen natürlich; stets nicht nur Jagd- sondern auch Fangtag hatten, sind sicher *keine geringen gewesen, und wenn derartige „Fischzüge“ einmal auch den deutschen Berufsrevisoren beschieden wären, so würde sich dies bei der von ihnen erstrebten „sozialen Hebung“ ihres Standes zweifellos als ein Hebel von ziemlicher Wirkung erweisen. Freilich möchte ich dabei nicht unerwähnt lassen, dass es wenig nach meinem Geschmack sein würde, „to make my fortunes by the misfortunes of others.“ 2) „Fast alle Konkursgeschäfte waren in Folge der Schlaffheit jener Bestimmungen in die Hände von ebenso unwissenden als moralisch unzuverlässigen Leuten — sogenannten Bücherrevisoren — gelangt, und man sah diese Leute nun mit dem Gesetz schrecklichen Missbrauch treiben!“ — So hat sich im Jahre 1875 ein englischer Justizbeamter über die Untaten jener Pseudo-Revisoren geäussert.
Die Eintragung (incorporation) dieses Instituts, das vermöge des gedachten Freibriefs die Rechte einer juristischen Person besitzt, markiert den Anfang einer neuen Epoche in der Geschichte des englischen Verrechnungswesens, denn durch sie ist erreicht worden, was von der Oeffentlichkeit sowohl als auch von den Bücherrevisoren selbst schon längst als dringende Notwendigkeit gefühlt worden war: es gab von nuu an Pratiker des Verrechnungswesens, deren Fachtüchtigkeitund Vertrauenswürdigkeit öffentlich anerkannt war. Durch die vom Instituts-Rat (Council) beschlossenen Satzungen wurde folgendes bestimmt: 1. Jeder englische Bücherrevisor, der bei der Erteilung des Freibriefs (der „Charter“) Mitglied eines der oben gedachten Vereine ist, ist ohne weiteres auch zur Mitgliedschaft der neuen Körperschaft berechtigt, und zwar sollen diejenigen, die seit mindestens fünf Jahren als Bücherrevisoren selbständig (öffentlich) praktiziert haben, als „Fellows“ (erstklassige Mitglieder) aufgenommen werden, während diejenigen, die sechs Jahre ununterbrochen als selbständige Bücherrevisoren (Public Accountants) tätig gewesen sind, oder die zwar eine fünfjährige Praxis nachweisen können, solche aber nur zum Teil selbständig, zum andern Teil dagegen als Angestellte eines selbständigen Bücherrevisors ausgeübt haben, der Klasse der „Associates“ (der zweiten Mitgliederklasse) zuzu weisen sind. Neil Hinzutretende sind als „Fellows“ aufzunehmen, wenn sie schon vor Erteilung der „Charter“ fünf Jahre lang ununterbrochen als selbständige Bücherrevisoren tätig waren und auch jetzt noch (bei der Anmeldung) in Praxis stehn; wer vor Erteilung des Freibriefs nur drei Jahre lang selbständiger Bücherrevisor war, oder wer eine fün^ährige Praxis nur zum Teil selbständig, zum andern Teil aber als Angestellter eines selbständigen Bücherrevisors ausgeübt hat, oder auch wer fünf Jahre lang nur als Angestellter (Clerk) eines Public Accountant praktiziert hat, kann zunächst nur als Associate“ eingereiht werden. Ferner wurde statutenmässig festgesetzt, dass äusser den oben bezeichneten auch noch andere Personen zur Mitgliedschaft des Instituts zugelassen werden könnten, dass diese aber ihre genügende Vorbildung durch ein vom „Rat“ vorgeschriebenes Examen darzutun haben sollten, oder dass — je nach Befinden — eine solche Prüfung zu bestehn und ausserdem noch eine Zeitlang bei einem selbständigen Bücherrevisor tätig zu sein wäre.
Gegenwärtig ist es für alle diejenigen, die sich dem Bücherrevisoren-Beruf widmen wollen, geradezu eine „Conditio sine qua non“, dass sie bei einem Chartered Accountant (bei einem privilegierten Bücherrevisor) praktisch vor gebildet werden. Die Exekutive des „Instituts“ besteht aus einem „Rat“ von nicht weniger als 45 Mitgliedern I. Ordnung („Fellows“). Der ursprüngliche „Rat“ (Vorstand) war aus den Herren gebildet, die das Gesuch um den Freibrief unterzeichnet hatten, doch hat man später festgesetzt, dass von den Rats-Mitgliedern jedes Jahr neun auszuscheiden und in der nächsten ordentlichen Generalversammlung entsprechende Neuwahlen stattzufinden haben; die Ausscheidenden sind wieder wählbar. — Es ist Tatsache, dass sämtliche statutenmässig zum Ausscheiden verpflichtet Gewesenen stets einstimmig wiedergewählt worden sind. Zufällig, d. h. durch Tod oder freiwilligen Rücktritt entstehende Lücken sind satzungsgemäss durch den Rat auszufüllen. Die Institutsmitglieder zerfallen, wie schon an gedeutet wurde, in zwei Klassen: in „Fellows“ und „Associates“. Wer als „Fellow“ zuzulassen ist, ist bereits gesagt. Wer vom „Associate“ zum „Fellow“ aufsteigen will, muss eine Praxis von fünf Jahren hinter sich haben. Die „Fellows“ dürfen ihrem Namen statutengemäss den Zusatz „F. C. A.“ (Fellow of the Chartered Accountants), und die „Associates“ den Zusatz „A. C. A.u (Associate of the Chartered Accountants) beifügen. (Beide Zusätze, besonders aber das „F. C. A.“, gelten in England geradezu als Ehrentitel). Das enorme Wachstum des „Instituts“ während der 15 Jahre von 1882—1897 zeigt am anschaulichsten wohl die folgende Tabelle. Es waren Mitglieder vorhanden in:

Dieser Geschichtsabriss würde ohne Erwähnung der Tatsache, dass sich auch nach Errichtung des „Instituts“ noch verschiedene Bücherrevisoren-Vereine gebildet haben, unvollständig sein. Ich will aber diese später gegründeten „Aussenseiter-Vereine“ nicht alle aufzählen, sondern nur des vornehmsten derselben, der „Society of Accountants and Auditors“ (Gesellschaft von Buchhaltungs – Sachverständigen und Rechnungsprüfern) gedenken, welcher Verein unter der Companies Act vom Jahre 1885 zu dem Zweck ins Leben gerufen worden ist, um auch denjenigen Bücherrevisoren, die aus irgend einem Grunde nicht fähig waren, Mitglieder des „Instituts“ zu werden, die Wohltaten des korporativen Zusammenschlusses zu sichern. Die Absicht, als Rivale des „Instituts“ aufzutreten, ist bei der „Society“ anfangs nicht zutage getreten, doch ist letztere in dieser Beziehung später anspruchsvoller geworden, und jetzt prätentiert sie schlankweg den gleichen Rang wie das „Institut“, obgleich jeder Unparteiische diesen Anspruch als durchaus unberechtigt zurückweisen muss. Immerhin sind die Satzungen der „Society“ so beschaffen, dass sie sich in den Hauptpunkten genau mit denen des „Instituts“ decken, und es ist loyaler Weise ebenso zugegeben, dass sich unter ihren Mitgliedern viele kompetente Bücherrevisoren von gutem Rufe befinden. Mit Rücksicht auf diese Tatsachen wird denn auch schon seit einiger Zeit die Frage erörtert, ob es nicht wünschenswert wäre, dass beide Körperschaften* 2) zu einem gemeinsamen modus vivendi gelangten und einen gleichförmigen Befähigungs-Nachweis vereinbarten, der die beiderseitigen Mitglieder dem Publikum gegenüber als entsprechend vorgebildet und leistungsfähig erscheinen liesse.
Es würde m. E. zu weit führen, wollte ich in diesem Buch der „Society“ ebenso ausführlich wie deijenigen des
Ende 1901 war die Mitgliederzahl bereits auf 2813 gestiegen, und jetzt beträgt sie ein gut Teil über 3000! Das Gesamtvermögen des Verbandes beläuft sich auf über 1 Million Mark. 2) Die „Society* zählt jetzt auch bereits über 2000 Mitglieder
„Institute“ gedenken; über das letztere aber glaube ich möglichst volle Klarheit verbreiten zu sollen, und deshalb gebe ich hier nicht nur den ihm erteilten Königlichen Freibrief, sondern auch den vollen Wortlaut seiner Statuten wieder.1)
B. Der Freibrief (Charter) des Instituts of Ch. Acc.
Viktoria, durch Gottes Gnade des vereinigten Königreichs von Grossbritanien und Irland Königin, Beschützerin des Glaubens, an alle diejenigen, die das Gegenwärtige grüssen wird. Massen uns von folgenden öffentlichen Bücherrevisoren (Public Accountants), nämlich William Turquand usw. eine gehorsame Bittschrift mit folgenden Angaben und Zwecken unterbreitet worden ist:
*) Nur der folgende Auszug aus dem „Memorandum“ der „Society of Accountants and Auditors“ möge noch Platz hier finden: 1. Der Name der Gesellschaft (des Vereins) ist „The Society of Accountants and Auditors“. 2. Der Sitz der Gesellschaft (des Vereins) soll stets England sein. 3. Die Gesellschaft (der Verein) bezweckt folgendes: I. Sie will eine Central – Organisation für Bücherrevisoren (Accountants and Auditors) schaffen, und überhaupt alles tun, was zur Hebung des Bücherrevisorenstandes und zur Förderung der Interessen desselben als notwendig erscheint. II. Sie will durch Einführung und Vornahme von Fachprüfungen (Examina) und durch die Ausstellung von Aufnahmebescheinigungen (Certificaten) für besseren Schutz und für genaue Klarstellung und Abgrenzung des Bücherrevisorenberufs sorgen. III. Sie will Sinn und Gefühl für die Wichtigkeit richtiger systematischer Buchführung in den Kreisen der Handelsund Gewerbetreibenden erwecken und die Erzielung einer grösseren Leistungsfähigkeit desBuchhalterpersonals erstreben. IV. Sie wil den Mitgliedern Gelegenheit verschaffen a) zu persönlichem Verkehr untereinander; b) zum Lesen fachlicher Zeitschriften und Bücher; c) zu nützlicher Berufsbelehrung und zur Besprechung erprobter Buchführungsmethoden. V. Sie will die Interessen ihrer Mitglieder auch nach aussen hin fördern, schützen und überwachen. VI. Sie will a) notleidende Mitglieder unterstützen; b) den Witwen und Kindern, wie auch der nächsten Verwandtschaft verstorbener Mitglieder beistehen, und will sich betätigen als Verwalter und Verteiler wohltätiger Stiftungen, oder auch solcher Fonds, die durch Mitglieder oder Nichtmitglieder für alle diese Zwecke oder auch nur für einen von ihnen aufgebracht worden sind; c) durch das Sammeln etwaiger Betriebsüberschüsse selbst einen Unterstützungsfond für die genannten Zwecke bilden; d) irgend ein Haus für ihre Unterrichts-, Fortbildungs-, Verkehrs- und Versammlungszwecke erwerben.
dass der Bittsteller William Turquand Präsident ist einer 1870 in London errichteten Gesellschaft, genannt „Das Bücherrevisoren-Institut“ (Institute of Accountants); dass der Bittsteller John Unwin Wing Präsident ist einer 1872 in Loudon errichteten Gesellschaft, genannt „Gesellschaft von Bücherrevisoren in England“ (Society of Accountants in England); dass der Bittsteller Anthony Wigham Chalmers Präsident ist einer 1872 in Liverpool errichteten Gesellschaft von Bücherrevisoren, dass der Bittsteller Henry Grosvenor Nichholson Präsident ist einer 1871 in Manchester errichteten Gesellschaft; dass der Bittsteller Jarwis William Barber Präsident ist einer 1877 in Sheffield errichteten Gesellschaft, und dass die Bittsteller Charles Henry Wade und Edwin Guthrie öffentliche Bücherrevisoren in Manchester sind; dass die Bücherrevisoren in England und Wales sehr zahlreich, und deren Funktionen als Liquidatoren von Gesellschaften, als Einnehmer beim Erbschaftsgericht, und als Konkurs-Verwalter, sowie als Inhaber verschiedener Vertrauensstellungen bei den Gerichten, desgleichen als Kontrolleure des Rechnungswesens der Handelsgesellschaften und anderweit von grosser und steigender Wichtigkeit sind; dass die gedachten Gesellschaften insgesamt mehr als 500 Mitglieder zählen, und dass diese Zahl nahezu alle namhaften (leading) Bücherrevisoren in England und Wales umfasst; dass die beregten Gesellschaften nicht gegründet worden sind, uni irgendwelche Geldvorteile zu gewinnen und an die Mitglieder zu verteilen, sondern dass sie lediglich den Zweck verfolgen, für ihre Mitglieder strenge Aufnahme-Bedingungen, sowie ein hohes Mass allgemeiner und beruflicher Bildung (education and knowledge) vorzuschreiben, um dadurch den Beruf als Ganzes zu heben, und seine Leistungsfähigkeit und seine Nützlichkeit zu erhöhen; dass der Zusammenschluss der fraglichen Vereine zu einer einzigen Körperschaft nach der Meinung der Bittsteller nicht nur den von jenen Vereinen bisher verfolgten Zwecken, sondern auch den Interessen des Publikums zugute käme, indem äusser anderen Vorteilen vor allem zweierlei erreicht werden würde, 1. dass man den Beruf der Bücherrevisoren in der Oeffentlichkeit eine gesteigerte Bedeutung beimessen, und Wert jind Wesen desselben höher als bisher einschätzen würde, und 2. dass man der Allgemeinheit das Vorhandensein einer Personenklasse verbürgte, deren Vertreter den schwierigen und verantwortungsvollen Aufgaben eines öffentlichen Bücherrevisors durchaus gewachsen wären; dass die Bittsteller wünschen und vorschlagen, dass nach erfolgter Inkorporation (Eintragung) die bereits im Bücherrevisoren-Gewerbe tätigen Personen nur dann Mitglied der neuen Vereinigung werden können, wenn sie eine durch lange praktische Tätigkeit als selbständige Bücherrevisoren gewonnene, umfassende Erfahrung besitzen, oder bei einem öffentlichen Bücherrevisor lange Zeit als Angestellter tätig gewesen sind, oder eine unter Aufsicht der Körperschaft vorzunehmende Aufnahme- Prüfung bestehen; dass nach der Meinung der Bittsteller für solche Personen, die erst nach erfolgter Inkorporation der neuen Vereinigung sich dem Bücherrevisoren-Gewerbe widmen, und die Mitgliedschaft der neuen Korporation zu erlangen wünschen, vom Rat (Vorstand), oder Verwaltungskörper (Council or Govemingbody) ein strenges Prüfungssystem mit folgenden drei Prüfungen festzusetzen wäre:
1. einer Vorprüfung (preliminary examination), welcher der Mitgliedschaftsanwärter vor seinem Eintritt in den praktischen Ausbildungsdienst zu unterwerfen wäre;
2. einer Mittelprüfung (intermediate examination), die während der Dauer des praktischen Ausbildungs- Dienstes stattzufinden hätte;
3. einer Schlussprüfung (Ünal examination), zu der nur solche Bewerber zuzulassen wären, die entweder mindestens fünf Jahre lang bei einem selbständigen (öffentlichen) Bücherrevisor dem praktischen Ausbildungsdienst obgelegen, oder an einer Universität des Vereinigten Königreichs irgend einen akademischen Grad erlangt haben und dann wenigstens noch drei Jahre als Angestellter eines öffentlichen Bücherrevisors tätig gewesen sind; dass diese Prüfungen nicht nur auf Buchführung und Abrechnungen (accounts), sondern auch auf die Grundzüge des Handelsrechts, sowie auf Theorie und Praxis des Konkurswesens und die Liquidation von Handelsgesellschaften sich erstrecken sollen, und dass die betreffenden Prüflinge in den Prüfungen ein genügendes Mass von Kenntnissen in den ebengedachten Fächern nachweisen müssen; dass die Bittsteller von solchen Prüfungen eine hohe facherzieherische Wirkung wohltätigster Art er warten; dass die Bittsteller ferner, wünschen und Vorschlägen, es möge die neue Körperschaft betreffs Zulassung zur Mitgliedschaft und ebenso auch betreffe Ausschliessung von der Mitgliedschaft solche Vorschriften erlassen, die geeignet wären zu verhindern, dass sich die öffentlichen Bücherreviroren äusser mit der Erfüllung ihrer speziellen Berufspflichten noch mit irgend welchen andern, ganz ausserm Bereich des Bücherrevisoren-Gewerbes liegenden Geschäften befassen, und dass der zurzeit vielbeobachtete Gebrauch der Teilung des Nutzens (Honorars, Gehaltes usw.) mit Personen anderer Berufsarten, oder des Zahlens von Provision noch ferner bestehen bleibe; dass die Bittsteller ermächtigt zu werden wünschen, ihren Namen besondere, ihre Zugehörigkeit zu der neuen Vereinigung anzeigende Buchstaben hinzufügen zu dürfen. Und massen die Bittsteller durch besagte Bittschrift, im eigenen Interesse wie auch in dem der anderen Mitglieder jener mehrbedachteu Vereine, gehorsamst gebeten haben, Wir möchten Uns in Gnaden bewogen fühlen, Unsern Königlichen Freibrief zur Inkorporation unter dem Titel eines eingetragenen (incorporated) Vereins von Bücherrevisoren in England und Wales, oder einem andern Uns passend erscheinenden Titel zu erteilen und die auf diese Weise entstehende Korporation mit all den Befugnissen und Vorrechten auszustatten, wie sie in der Bittschrift erwähnt sind, oder wie sie Uns sonst noch als angezeigt erscheinen möchten, so haben Wir jetzt die besagte Bittschrift in unsere Königliche Erwähnung gezogen, und da die Absichten der Bittsteller, wie Wir mit Befriedigung bestätigen, lobenswerte sind und Förderung verdienen, so bestimmen Wir hiermit Kraft Unseres Königlichen Vorrechts und Kraft Unserer besonderen Gnade für Uns und Unsere Königlichen Nachfolger, dass die eingangs gedachten Bücherrevisoren-Vereine zu einer einzigen Körperschaft verschmolzen, und diese Körperschaft unter dem Namen „The Institute of Chartered Accountants in England and Wales“ konstituiert, errichtet und eingetragen werde; und zwar soll dies nicht nur für die besagten Bittsteller (folgen im Original sämtliche Namen der Bittsteller) und für alle andern, die die Mitgliedschaft der neuen Korporation durch unsern Freibrief erlangen, sondern auch für alle diejenigen gelten, die erst später Mitglied werden. Zugleich verleihen wir der Korporation das Recht, ein eigenes Siegel (Common Seal) zu führen, persönliches Eigentum — besonders auch Grundbesitz — zu erwerben und zu besitzen, und ihr für ihre besonderen
Zwecke etwa zufallende Erbschaften anzutreten; doch sollen etwaige Erträgnisse aus solchem Besitz nicht nur an die Mitglieder, (in Form von Dividenden oder sonstwie) verteilt, sondern dem Besitz stets aufs neue zugeschlagen werden. Und weiter verordnen und erklären wir das Folgende:
I. Das Institut soll einen aus nicht mehr als 45 Mitgliedern gebildeten Rat (Vorstand) haben, und zwei dieser Rats- (Vorstands-) Mitglieder sollen Präsident und Vize-Präsident des ganzen Instituts sowohl wie auch des Instituts-Rates (Vorstandes) sein.
II. Die und die (folgen im Original die betreffenden Namen) sollen die ersten Mitglieder des Rates sein, und William Turquand soll der erste Präsident, Robert Palmer Harding der erste Vizepräsident sein, und eine in der Besetzung der Aemter etwa entstehende Lücke soll durch den Rat besetzt werden.
III. Die ersten Mitglieder des Rates, wie auch der erste Präsident und der erste Vize-Präsident, haben bis zur ersten Generalversammlung zu amtieren, bezw. bis von dieser die definitiven Wahlen vorgenommen sind.
IV. Die Instituts-Mitglieder zerfallen in zwei Klassen: in Fellows und Associates. Die ersten Rats- Mitglieder , wie nicht minder alle Personen, die bei Erteilung dieses unseres Freibriefes Fellows des Londoner Institute of Accountants von 1870 oder irgend eines anderen der eingangs genannten fünf Vereine sind, mit alleiniger Ausnahme der 1870 in Liverpool errichteten Gesellschaft, sollen auch Fellows des neuen Institutes sein, während die Associates der mehrgedachten fünf Vereine, ausgenommen den eben erwähnten Liverpooler Verein von 1870, auch nur in dieser Eigenschaft (als Associates) einzureihen sind. Diejenigen Personen, die bei Erteilung dieses unseres Freibriefes Mitglied des Liverpooler Vereins von 1870 sind, und die vorher mindestens fünf Jahre lang als Öffentliche Bücherrevisoren praktiziert haben, sollen entweder als Fellows oder als Associates angegliedert werden, und es sollen bei ihrer Klassifizierung die dem Instituts-Rat zu überlassenden bezüglichen Vermerke der Vereinsakten massgebend sein. Diejenigen Mitglieder des Liverpooler Vereins, die noch nicht volle fünf Jahre selbständige Bücherrevisoren sind, treten in das Institut als Associates ein.
V. Als Associate zugelassen zu werden, hat dann ferner das Recht,
1. wer eine Bescheinigung erlangt, dass er die in diesem Unserem Freibrief vorgesehene Schlussprüfung bestanden hat;
2. wer vor Erlass dieses Unseres Freibriefe bei irgend einem der genannten fünf Vereine die von ihm statutenmässig vorgeschriebene Schlussprüfung bestanden hat;
3. wer die letzten drei Jahre vor Erlass dieses Unseres Freibriefes und weiterhin bis zu der Zeit, wo er sich um die Mitgliedschaft des Institutes bewirbt, ununterbrochen als selbständiger (öffentlicher) Bücherrevisor tätig war;
4. wer die letzten fünf Jahre vor Erlass dieses Unseres Freibriefes und weiterhin bis zu der Zeit, wo er sich um die Mitgliedschaft des Institutes bewirbt, teils selbständiger Bücherrevisor und teils Angestellter eines solchen — oder auch wer während jenes ganzen Zeitraums nur Angestellter eines selbständigen (öffentlichen) Bücherrevisors war.
VI. Als Fellow des Instituts zugelassen zu werden hat das Recht: 1. wer am 1. Januar 1879 und dann weiterhin bis zur Bewerbung um die Mitgliedschaft des Instituts ununterbrochen fünf Jahre lang als selbständiger Bücherrevisor praktiziert hat; 2. jeder Associate des Instituts, der die letzten fünf Jahre vor seiner Meldung zum Uebertritt in die Klasse der Fellows ununterbrochen selbständiger Bücherrevisor war.
VII. Der Rat hat zu entscheiden, ob bei jemand, der als Fellow oder Associate zugelassen zu werden wünscht, die. im Voraufgegangenen normierten Bedingungen, soweit sie für seinen Fall in Frage kommen, erfüllt sind oder nicht
VIII. Die erste Versammlung des Rats soll am dritten Mittwoch um 9 Uhr (des Morgens) in London, Copthall Buildings Nr. 3, stattfinden.
IX. Der Rat soll die Verwaltung der Geschäfte und die Oberaufsicht führen. Er hat die Beamten und Diener des Instituts anzustellen und zu entlassen, sowie deren Pflichten und Besoldungen festzusetzen; ebenso hat er zu bestimmen, ob und von welchen der Beamten und Diener, beziehungsweise in welcher Form und Betragshöhe etwa Sicherheit (Kaution) zu leisten ist, und nicht minder hat er mit den Beamten und Dienern alle ihm sonst nötig und schicklich erscheinenden Abmachungen zu treffen. Der Rat darf auch in allen Versammlungen, in denen mindestens sieben Ratsmitglieder anwesend und gesetzmässig tätig sind, alle Befugnisse des Instituts ausüben, es handele sich denn um Angelegenheiten, deren Erledigung kraft dieses Unseres Freibriefes oder kraft der zukünftigen Satzungen des Instituts ausdrücklich den. Generalversammlungen der Mitglieder vorbehalten ist.
X. Der Rat soll die Befugnis haben, die Institutsmittel zur Anschaffung, Ausdehnung und Vervollkommnung einer Instituts-Bibliothek, sowie zur Erwerbung, Pachtung und Errichtung und zur Ausstattung einer den Mitgliedern zum Gebrauch zu überlassenden Halle, wie auch zur Bezahlung von Gehältern an Bibliothekare und andere Instituts-Beamte zu verwenden, doch darf der Rat zum Kauf oder zur Einrichtung eines Gebäudes, oder zum Kauf eines Grundstücks behufs Errichtung einer Baulichkeit* die Instituts-Mittel nur dann in Anspruch nehmen, wenn ihn eine Generalversammlung hierzu ausdrücklich bevollmächtigt hat. XI. Alle dem Rat auf Grund dieses Unseres Freibriefes zustehenden Befugnisse sind von ihm in Gemässheit (nach Massgabe) des letzteren und der zukünftigen Instituts-Sitzungen auszuüben, und die Ausübung dieser Befugnisse soll von der Generalversammlung der Mitglieder geprüft und überwacht werden; doch darf dies nicht in der Weise geschehen, dass durch Generalversammlungs- Beschlüsse gedeckte oder veranlasste vorläufige Massnahmen und Erfolge des Rates bloss deswegen hinfällig oder ungesetzlich werden sollen, weil zur Zeit jener Massnahmen oder Erfolge im Rat irgend eine Vakanz vorhanden gewesen ist.
XII. Niemand soll erlaubt sein, sich zur Schlussprüfung zu melden, der nicht volle fünf Jahre bei einem selbständigen (öffentlichen) Bücherrevisor als Angestellter gearbeitet (d. h. dem praktischen Ausbildungsdienst obgelegen) hat, oder der nicht an irgend einer Universität Unseres Vereinigten Königreichs eine akademische Würde erlangt und dann zum mindesten noch drei Jahre als Angestellter eines öffentlichen Bücherrevisors fungiert hat.
XIII. Von da an, wo die ersten Satzungen auf Grund dieses Unseres Freibriefes vom Institut erlassen werden, soll der Rat von Zeit zu Zeit für alle diejenigen, die als Associate zugelassen zu werden wünschen, Prüfungen veranstalten, und ebenso soll er zu diesem Behufe Examinatoren ernennen, die ihr Amt nach Massgabe der Instituts-Satzungen zu versehen haben. Diese Prüfungen sollen dreifacher Art sein und sollen bestehen aus
1. Vorprüfungen, die vorm Eintritt des Kandidaten in den praktischen Ausbildungs-Dienst abzuhalten sind;
2. Mittelprüfungen, die während der Dauer des praktischen Ausbildungsdienstes stattzufinden haben, und …
3. Schlussprüfungen, die nach Beendigung des praktischen Ausbildungs-Dienstes zu veranstalten sind. Die Examinatoren haben hinsichtlich der Prüfungsmethode und der Lehrfächer sich an das zu halten, was in den Satzungen des Instituts darüber vorgeschrieben und bestimmt sein wird; das ihnen für ihre Tätigkeit zukommende Honorar wird von Zeit zu Zeit durch Statuten-Nachträge bestimmt. Jeder Person, die nach dem Bericht der Examinatoren die Prüfung befriedigend bestanden hat, ist darüber vom Rat eine Bescheinigung auszustellen.
XIV. Mit den Stimmen von 3/4 der anwesenden Mitglieder fasst der Rat in seinen Sitzungen, für die er die Verhandlungsgegenstände nach Belieben festzusetzen hat, gültige Beschlüsse:
1. wenn über die Aufnahme jemandes entschieden werden soll, der sich zur Mitgliedschaft (sei es als Fellow oder Associate) gemeldet hat, ohne den in diesem Unseren Freibrief niedergelegten Bedingungen völlig Genüge zu leisten;
2. wenn jemand erlaubt werden soll, sich zur Ablegung einer der satzungsgemässen Prüfungen vor Erfüllung aller dafür vorgeschriebenen Formalitäten zu melden;
3. wenn jemand erlaubt werden soll, sich zur Ablegung der Schlussprüfung innerhalb der letzten drei Monate seines praktischen Ausbildungs – Dienstes zu melden.
XV. Vor Erlass der ersten Satzungen und vor Zahlung des im Folgenden festgesetzten Eintrittsgeldes wird niemand Mitglied des Instituts. Das Eintrittsgeld für Mitglieder der mehrgedachten fünf Vereine beträgt 10 Guineen, wenn sie als Fellow, und 5 Guineen, wenn sie als Associate aufzunehmen sind. Personen, die nicht Mitglied eines jener Vereine sind, zahlen 20 Guineen, wenn sie als Fellow, und 10 Guineen, wenn sie als Associate in Frage kommen. Wer das von ihm zu erlegende Eintrittsgeld bezahlt hat, erhält eine Bescheinigung seiner Mitgliedschaft (Certificate of Membership).
XVI. Von der Zeit an, wo die nach Massgabe dieses Unseres Freibriefs zu erlassenden Satzungen in Kraft getreten sind, erhält jedes noch in der Praxis stehende Mitglied, gleichviel, ob Associate oder Fellow, alljährlich vom Rat eine neue Bescheinigung seiner Mitgliedschaft (Mitgliedskarte), und für jede dieser Bescheinigungen zahlt er den in den Satzungen vorgesehenen Jahresbetrag, der sich aber nicht über folgende Sätze erheben darf:
5 Guineen für die in der Hauptstadt praktizierenden Mitglieder, soweit sie Fellows sind;
2 Guineen für die in der Hauptstadt praktizierenden Mitglieder, soweit sie Associates sind;
3 Guineen für die ausserhalb der Hauptstadt praktizierenden Mitglieder, soweit sie Fellows sind.
1 Guinee für .die ausserhalb der Hauptstadt praktizierenden Mitglieder, soweit sie Associates sind. Unter „Hauptstädten“ sind diejenigen Städte zu verstehen, die sich in der Städteordnung von 1855 als solche bezeichnet finden.
XVII. Für die Dauer der Mitgliedschaft darf jeder Fellow seinem Namen die Buchstaben F. C. A. beisetzen und jeder Associate die Buchstaben A. C. A.; F. C. A. heisst „Fellow of the Chartered Accountants“ (Mitglied erster Ordnung der priveligierten Bücherrevisoren) und A. C. A. heisst „Associate of the Chartered Accountants“ {Mitglied zweiter Ordnung der privilegierten Bücherrevisoren).
XVIII. In jeder General- oder Spezial Versammlung ■des Instituts soll jedes Mitglied eine Stimme haben, doch dürfen an den Versammlungen nur solche Mitglieder teilnehmen, oder auch nur in ihnen zugegen sein, die sich mit den statutenmässigen Beiträgen nicht im Rückstand befinden.
XIX. Die nachfolgenden Bestimmungen sollen als Grundgesetze des Instituts erachtet werden:
1. Kein Mitglied des Instituts darf jemand, der -weder sein Geschäftsteilhaber noch Mitglied des Instituts ist, erlauben, in seinem Namen als öffentlicher (selbständiger) .Bücherrevisor (Public Accountant) zu praktizieren.
2. Kein Mitglied soll — weder mittelbar noch unmittelbar — erlauben, noch verpflichtet sein zu erlauben, -dass am Ertrage seiner Berufsarbeit irgend ein Rechtsanwalt (Solicitor) partizipiere; ebenso darf aber auch kein Mitglied irgend einen Teil des Berufseinkommens eines Rechtsanwaltes annehmen, noch erlauben, dass ein solcher -angenommen werde, und nicht minder ist es den Mitgliedern untersagt, von Rechtsanwälten irgendwelche Provision (Kommission) oder Vergütung zu bezieheu.
3. Kein Mitglied darf — weder mittelbar noch unmittelbar — von einem Auktionsmakler, oder einem Verkaufs- oder Vermietungsagenten, oder einem mit Mobilien- und Immobilienverkäufen sich befassenden Agenten für den Nachweis von in diese Fächer schlagenden Geschäften irgendwelche Kommission oder Vergütung annehmen, oder von den Beträgen, die an die betreffenden Agenten für Besorgung derartiger Geschäfte gezahlt worden sind, irgendwelchen Anteil für sich in Anspruch nehmen, wobei es keinen Unterschied machen soll, ob das betreffende Mitglied selbst oder ob sein Geschäftsinhaber derartige Geschäfte den Agenten nachgewiesen hat. Des weiteren sollen daun noch die folgenden Regeln betreffs der bei Erlass dieses Freibriefes nicht mehr als öffentliche (selbständige) Bücherrevisoren praktizierenden Mitglieder von fundamentaler Bedeutung sein.
4. Kein Mitglied der obengenannten Kategorie soll sich jemals Geschäften oder Beschäftigungen widmen, die mit dem Bücherrevisorenberuf in keinerlei Zusammenhang stehen; ob und welche Geschäfte diesen Zusammenhang vermissen lassen, hat gegebenen Falls der „Rat“ zu entscheiden.
XX. 1. Wer die ihn betreffenden Grundsätze des Instituts verletzt;
2. wer eines schweren Verbrechens oder Vergehens überführt, oder wegen Unterschlagung von irgend einem zuständigen Gerichtshof rechtskräftig verurteilt wird;
3. wer sich eines schimpflichen (unkollegialen) Verhaltens gegen einen Kollegen (Public Accountant) schuldig macht;
4. wer in Konkurs gerät, oder für seine Person oder als Teilhaber einer Handelsgesellschaft Schiebungen zu Gunsten eines Gläubigers vornimmt, oder auf Grund eines Beschlusses seiner Gläubiger, oder auf Anordnung des Konkursgerichtes, oder auf Grund irgend eines Geschehnisses oder Dokumentes seiner Masse (Konkursmasse) den Gläubigern zur Liquidation überlässt, oder mit seinen Gläubigern einen aussergerichtlichen Vergleich abschliesst;
5. wer bei Erlass dieses unseres Freibriefes seine Praxis, als öffentlicher Bücherrevisor aufgibt und einen Beruf, oder ein Geschäft oder eine Beschäftigung ergreift, die nach der Meinung (dem Urteil) des Rates mit dem Bücherrevisoren- Beruf in keinerlei Zusammenhang stehen; endlich
6. wer mit der Zahlung der statutenmässigen Beiträge länger als sechs Monate im Rückstand verbleibt, der hat je nach Lage der Sache entweder den gänzlichen Verlust der Mitgliedschaft, oder zum mindesten doch die Aufhebung der Mitgliedschaft für die Dauer von höchstens zwei Jahren zu gewärtigen. Jeder diesfallsige Beschluss ist in besonderer Ratssitzung, in der mindestens zwölf Ratsmitglieder anwesend sein müssen, zu fassen, und es müssen für die Ausschliessung oder Suspendierung mindestens 3/< aller Anwesenden stimmen. Vor der Beschlussfassung und bezw. Abstimmung muss dem beschuldigten Mitgliede Gelegenheit gegeben werden, sich zu verantworten, und es kann eine bereits erfolgte Ausschliessung oder Suspendierung in besonderer Ratssitzung auch wieder rückgängig gemacht (widerrufen), oder abgeändert werden; für Sitzungen, in denen derartige Widerrufe und Abänderungen beraten oder beschlossen werden sollen, gelten betreffs der Mindestzahl der anwesenden Ratsmitglieder und betreffs des Abstimmungsmodus genau dieselben Vorschriften, wie für Sitzungen, in denen über Ausschliessung oder Suspendierung beraten und beschlossen wird. Instituts-Mitglieder, sofern sie noch als öffentliche Bücherrevisoren praktizieren, dürfen sich nicht am Geschäft eines Kollegen beteiligen, der äusser dem Bücherrevisoren-Gewerbe noch andere, mit diesem Gewerbe unvereinbare Geschäfte oder Beschäftigungen treibt
XXII. Wenn jemand aus irgend einem Grunde aufhört, Mitglied des Instituts zu sein, so hat weder er noch seine Stellvertreter irgendwelchen Anspruch auf die Fonds, oder das Eigentum des Instituts.
XXIII. Das Institut kann von Zeit zu Zeit ihm als passend oder notwendig erscheinende Statuten- Nachträge (Ergänzungen) erlassen, doch erlangen solche nur dann bindende Kraft, wenn sie zuerst in einer Generalversammlung beschlossen und dann von einer nachfolgenden zweiten Generalversammlung, die nicht früher als 7 und nicht später als 28 Tage nach der vorigen abzuhalten ist, bestätigt werden. Ebenso kann das Institut von Zeit zu Zeit die Satzungen, bezw. einzelne Bestimmungen derselben, wieder aufheben oder abändexn oder neue erlassen, doch dürfen die Satzungen in keinem Punkte irgendwie den Landesgesetzen zuwiderlaufen, oder unvereinbar mit den Vorschriften dieses Unseres Freibriefes sein.
XXIV. Der Rat soll innerhalb 10 Monaten nach Erlass dieses Unseres Freibriefes einen Statuten-Entwurf fertigstellen, und jedem Mitglied einen gedruckten Abklatsch davon mit dem Ersuchen senden, innerhalb einer, vom Rat festzusetzenden Frist ihre allenfallsigen Befundsbemerkungen an den Rat gelangen zu lassen. Der Rat hat diese Befundsbemerkungen (Bemängelungen) in Erwägung zu ziehen und danach den Statuten-Entwurf endgültig festzustellen (zu ordnen), und ebenso hat er jedem Mitglied einen Abklatsch dieser endgültig festgelegten Statuten zustellen zu lassen. Ferner hat der Rat alsdann — und zwar frühestens 13, längstens aber 15 Monate nach Erlass dieses Unseres Freibriefs — eine allgemeine Versammlung der Mitglieder (Generalversammlung) einzuberufeu, und dieser den Statutenentwurf zur Begutachtung und Annahme zu unterbreiten. Diese Generalversammlung soll als erste des Instituts gelten, und der Obmann Vorsitzende, Versammlungsleiter, Präsident) dieser ersten Generalversammlung soll dann auch Präsident des Instituts sein; in seiner Abwesenheit hat der Vize-Präsident, und falls auch dieser abwesend, irgend ein von der betreffenden Versammlung zu erwählendes Ratsmitglied an seine Stelle zu treten. Irgend ein Versehen oder eine Unregelmässigkeit im Versenden der Statuten oder in den bezüglichen Mitteilungen soll die Gültigkeit der Statuten in keiner Weise beeinträchtigen.
XXV. Die vom Institut gemäss Vorhergesagtem von Zeit zu Zeit zu erlassenden Statuten-Nachträge haben sich auf folgendes zu erstrecken (zu beziehen):
1. Auf den Modus der Zulassung (admission) als Associate und auf die Wahl (election) von Fellows, sowie auf die von den Bewerbern dabei zu erfüllenden Bedingungen.
2. Auf die Bemessung des Eintrittsgeldes und der sonstigen Gebühren, wie auch der für die Mitgliedskarten (certificates of membership) zu zahlenden Jahresbeiträge und der andern von Fellows und Accociates zu zahlenden Beiträge, sowie auf die Festsetzung der Zahlungstermine für solche Gebühren und Beiträge.
3. Auf die Art der Einberufung, sowie auf Zeit und Art der Abhaltung der jährlichen und sonstigen General- und Souder-Versammlungen des Instituts, und auf den Abstimmungsmodus einschliesslich der Stimmenabgabe (Abstimmung) durch Stellvertreter und durch die Kugel (Ballotage), sowie auf die Leitung der Verhandlungen in solchen Versammlungen,
4. Auf die Festsetzung der Zahl der Rats-Mitglieder und auf ihr periodisches Ausscheiden, sowie auf den Vorschlag von Instituts-Mitgliedern zur Wahl in den Vorstand (Rat); des weiteren auf die Bekanntgabe derartiger Vorschläge, auf die Besetzung zufällig entstehender Vakanzen im Rat, auf die Anzahl der Mitglieder, die in den Ratssitzungen anwesend sein und amtieren müssen, und endlich auf Tag und Tagesordnung für letztere.
5. Auf die Art und Weise der Wahl oder Ernennung des Präsidenten und Vize-Präsidenten, sowie auf die Art und Weise ihrer Amtsführung.
6. Auf die Ernennung von Bevollmächtigten (Trustees) und auf Feststellung ihrer Pflichten und Befugnisse, sowie auf Verfügungen über Geld und Eigentum der Instituts.
7. Auf Ernennung, Wahl, Wechsel, Ausscheiden und Abfindung (Salarierung) eines oder mehrerer Auditoren (Rechnungsprüfer).
8. Auf den vertragsmässigen Dienst der Angestellten von Instituts-Mitgliedern und auf das Verwirken der solchen Angestellten vertragsmässig zugestandenen Vorrechte in Folge Missverhaltens (schlechter Führung) oder anderer genügender Ursachen.
9. Auf Festsetzung von Zahl, Zeit und Ort der für die Mitgliedschafts-Kanditaten anzuberaumenden Vor-,. Mittel- und Schlussprüfungen; auf Festsetzung der Prüfungsfächer (d. h. der Fächer, auf die sich die Prüfungen erstrecken sollen), des Prüfungsmodus, der von den Prüfungen zu zahlenden Prüfungsgebühr, und endlich der Vorschriften für die Amtsführung und Honorierung der Examinatoren.
10. Alles in allem sollen sich die von Zeit zu Zeit vorzunehmenden Statuten-Aenderungen und Statuten- Ergänzungen auf Massnahmen beziehen, die zur besseren Ausführung dieses Unseres Freibriefes und zur Förderung der allgemeinen Vereinszwecke als notwendig erscheinen«.
XXVI. Die Instituts-Satzungen erhalten nicht früher Rechtswirkung, als bis sie den Herren Unseres Rates, unterbreitet und von ihnen genehmigt worden sind.
XXVII. Dieser Unser Freibrief gilt nicht für Schottland und Irland, und wo darin von „Praxis“ oder „Dienst“ die Rede ist, ist Praxis und Dienst in England oder Wales gemeint Zur Beurkundung (Zeugnis) dessen haben wir veranlasst, dass dieser Unser Freibrief die Kraft und Wirkung eines Patentes erhalte. Beurkundet für Uns Selbst in Unserem Palast zu Westminster, den elften Mai im 43. Jahre Unserer Regierung. Auf Befehl Ihrer
Majestät. Cardew
hier nun das Buch zum weiterlesen ……
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