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Maya Die Erschaffung der Welt

Die Erschaffung der Welt (Teil I – Teil V)

Es gab noch keinen Menschen und kein Tier keinen Vogel keinen Fisch keinen Krebs keinen Baum und keinen Stein; es gab weder Höhlen noch Schluchten weder Pflanzen noch Wälder. Nur der Himmel war da.

Das Antlitz der Erde war noch nicht sichtbar und allein das Meer lag schweigend da unter dem Himmel in seiner gesamten Ausdehnung. Es gab noch nichts was sich geballt noch nichts was sich geschichtet noch nichts was einen Faden gebildet noch nichts was ein Rascheln einen Laut verursacht hätte unter dem Himmel. Es gab überhaupt noch nichts alles war still und unbeweglich in Finsternis und Nacht.

Einzig und allein Tepeu Kucumatz war da: zugleich Erbauerin und Erzeuger Mutter und Vater die im Wasser erglänzen die von blauen und grünen Federn eingehüllt sind. Große Weise sind sie ihrem Wesen nach. Und ebenso war der Himmel da und mit ihm das ‚Herz des Himmels‘ welches die Gottheit des Himmels ist Hurakan genannt. Eine Dreiheit bildet das ‚Herz des Himmels‘: Cakulha Hurakan Chipi Cakulha Raxa Cakulha.

Hurakan kam zu Tepeu Kucumatz und man beratschlagte über Licht und Leben wie die Saat bestellt und es hell werden könne und wer der Erhalter und Ernährer der Götter sein werde.
‚Es geschehe also: füllet euch! Das Wasser fließe ab und entleere sich damit die Erde entstehe und sich zusammenfüge und ihre Oberfläche zeige auf daß die Saat bestellt werde und es hell werde am Himmel und auf Erden. Nicht eher wird Ruhm und Ehre für alles was wir geschaffen haben uns zuteil werden als bis Menschen entstanden sind!‘
So sprachen sie. Da entstand durch sie die Erde. Und die Schöpfung durch die die Erde entstand vollzog sich folgendermaßen:
‚Erde!‘ sagten sie und im Augenblick war die Erde geschaffen; wie ein Nebel oder eine Wolke bildete sie sich zuerst noch von schlammiger Beschaffenheit. Dann tauchten die Berge aus dem Wasser empor im Augenblick waren die hohen Berge da.

Da war Kucumatz sehr froh:
‚Zum Heil bist du gekommen‘ rief er ‚Herz des Himmels Hurakan Chipi Cakulha Raxa Cakulha!‘ ‚Vollendet wird werden was wir hervorgebracht und erschaffen haben‘ sprachen diese.

 

 

Zuerst entstanden die Erde die Berge und die Täler dann wurde der Lauf der Gewässer geteilt und Flüsse liefen fortan in Windungen zwischen den Bergen hindurch. Nun füllten sie die Erde mit dem vierfüßigen Getier der Berge das den Wald in seiner Gesamtheit bewohnt und dem zweifüßigen Getier der Berge: mit Hirschen Vögeln Pumas Jaguaren und Schlangen Vipern und Korallenottern den Bewohnern der Schlingpflanzen.

Der Schöpfer sprach:
‚Soll denn immer Schweigen und Ruhe unter den Bäumen und Schlingpflanzen herrschen? Es wäre gut wenn es Wesen gäbe die sie bewohnen.‘
Da gab man den Hirschen und Vögeln ihre Behausungen.
‚Du Hirsch sollst am Laufe der Gewässer und in den Schluchten schlafen. Dort sollst du von Gras und Kräutern leben. In den Wäldern sollst du dich vermehren; auf vier Füßen sollst du gehen.‘
Und es geschah wie es ihm befohlen wurde.

In gleicher Weise wurden den großen und kleinen Vögeln ihre Wohnungen zugewiesen:
‚Ihr Vögel auf den Bäumen auf den Schlingpflanzen sollt ihr wohnen sollt euer Nest bauen und euch vermehren. Auf den Ästen der Bäume auf den Zweigen der Schlingpflanzen sollt ihr euch entfalten.‘

So sprach man zu den Hirschen und Vögeln und alle taten was sie tun sollten. Sie nahmen ihre Schlafplätze ihre Schlupfwinkel ein. So gab der Schöpfer allen Tieren der Erde ihre Behausung.
Als nun die Hirsche und Vögel fertig waren sprach der Schöpfer zu ihnen:
‚Schreit zwitschert denn Schreien und Zwitschern ist Jetzt eure Sprache. Lasset eure Sprache hören ein jegliches nach seiner Art und Gesittung.‘
Und weiter wurde zu den Hirschen und Vögeln Pumas Jaguaren und Schlangen gesagt:
‚Sprecht unsere Namen aus gebt uns die Ehre eurer Mutter und eurem Vater. Ruft an Hurakan Chipi Cakulha Raxa Cakulha das Herz des Himmels und das Herz der Erde und Kucumatz Erbauerin und Erzeuger Mutter und Vater. Sprecht ruft uns an preiset uns!‘

So sprach man zu ihnen.

Aber sie brachten es nicht fertig wie Menschen zu reden sie vermochten nur zu gackern zu krächzen und zu blöken. Darum wurde ihr Fleisch von den Göttern erniedrigt: alle Tiere auf der Erde wurden dazu verdammt getötet und gegessen zu werden.

Nun machte der Schöpfer einen neuen Versuch Menschen zu schaffen:
‚Wohlan ein neuer Versuch sei gemacht! Schon ist die Zeit nahe daß die Saat bestellt und es hell werde. Laßt uns einen Erhalter einen Ernährer für uns schaffen. Wie sollen wir es machen daß wir angerufen werden und daß unser gedacht werde auf dem Antlitz der Erde? Wir haben es schon mit unseren ersten Geschöpfen versucht aber es war nicht möglich von ihnen Gruß und Ehre zu erlangen. Deshalb wollen wir versuchen gehorsame und demütige Wesen zu schaffen die unsere Erhalter und Ernährer sind.‘ So sprachen sie.

 

 

Da wurde der Mensch geschaffen: aus Erde und Töpferton machten sie sein Fleisch. Aber sie sahen daß er nicht gut war denn er war ohne Zusammenhalt und Bestand bewegungs- und kraftlos ungeschickt und voll Wasser. Sein Kopf konnte sich nicht herumdrehen sein Gesicht sah nur nach einer Seite und glich einem Baumstumpf. Er hatte zwar die Gabe der Sprache aber keine Vernunft. Er löste sich sogleich im Wasser auf und war ohne Bestand.

Da sprach der Herr der Schöpfung:
‚Je mehr man möchte daß etwas daraus werde desto unfähiger werden sie zu gehen und sich fortzupflanzen. Also möge ein vernunftbegabtes Wesen geschaffen werden.‘ Da zerstörten die Götter ihre Schöpfung wieder und sprachen zueinander:
‚Wie machen wir es daß Wesen geschaffen werden und zum Vorschein kommen? Wesen die uns anbeten und anrufen!‘
Und nachdem sie sich beraten hatten sagten sie:
‚Wir wollen mit Xpiyacoc und Xmucane Sonnengott Beutelratte` und Sonnengott Koyote` sprechen.‘

Und sie sagten zu Xpiyacoc und Xmucane:
‚O sprechet Großmutter und Großvater Xpiyacoc und Xmucane! Übernehmt ihr die Führung auf daß die Saat bestellt und es hell werde daß man uns anrufe und anbete und unser gedenke unter den Geschöpfen. Machet eure Namen bekannt damit ihr in Zukunft genannt werdet von den Geschöpfen. Werfet das Los mit Maiskörnern und Würfelbohnen um zu sehen ob es sich machen lassen wird ob es gelingen mag daß wir ihnen Mund und Gesicht aus Holz schnitzen.‘

Da warfen die beiden das Los und sprachen sodann:
‚Es ist gut wenn Puppen aus Holz geschnitzt werden die sprechen können ganz wie es ihnen beliebt.‘
‚So sei es‘
antworteten die Götter und sofort waren die Puppen geschaffen. Sie traten als Menschen in Erscheinung wie Menschen sprachen sie. Das war die neue Menschheit auf dem Antlitz der Erde. Tzite-Holz war das Fleisch des Mannes; sodann wurde durch den Schöpfer seine Frau geschnitzt deren Fleisch aus Zibac-Mark bestand. Sie lebten und mehrten sich hatten Söhne und Töchter.

Sie hatten aber weder Herz noch Verstand sie erinnerten sich des Schöpfers nicht und wanderten ohne Ziel umher wie die Tiere. Es war nur ein Versuch ein Entwurf für wirkliche Menschen. Sie sprachen zwar aber ihr Antlitz war trocken ohne Schwellung waren ihre Füße und Hände. Sie hatten weder Blut noch Mark weder Saft noch Fett. Trockene Wangen hatten ihre Gesichter rissig waren ihre Hände und Füße welk ihr Fleisch. Deshalb waren sie nicht des Schöpfers eingedenk der sie erschuf und erdachte. So waren die neuen Menschen beschaffen die bald in großer Zahl auf dem Antlitz der Erde lebten.

 

 

Bald erfolgte ihr Untergang; denn das ‚Herz des Himmels‘ ließ die Gewässer anschwellen daß sie über die Ufer traten und es entstand eine große Überschwemmung die über die hölzernen Puppen hereinbrach. Es kam ein großer Adler vom Himmel herab ‚der ihnen die Augen aushöhlt‘ genannt der grub ihnen die Augen aus den Höhlen. Es kam die kopfabreißende Fledermaus und riß ihnen die Köpfe ab. Der Jaguar kam und fraß ihr Fleisch. Ein anderer Jaguar zerbrach und zermalmte ihre Knochen und verschlang ihre Sehnen. So wurden sie vernichtet zerschmettert und zermahlen und das war ihre verdiente Strafe weil sie ihrer Mutter und ihres Vaters nicht gedacht hatten.

Um ihretwillen verfinsterte sich das Antlitz der Erde und dunkler Regen stürzte herab. Regen bei Tag und Regen bei Nacht.

Alle Tiere die großen und die kleinen die Hunde und die Hühner vor allem erhoben sich wider die Menschen. die sie so lange gepeinigt hatten; die Mahlsteine Schüsseln Töpfe und Teller beklagten sich und redeten wider die Menschen die nun vernichtet werden sollten. Da liefen diese in Hast und Verzweiflung davon. Sie wollten auf die Häuser steigen aber die Häuser stürzten ein und sie fielen zu Boden. Da versuchten sie auf die Bäume zu klettern aber die Bäume schüttelten sie ab. Sie flüchteten in die Höhlen; doch die Höhlen schlossen sich vor ihnen. So wurde das zweite Menschengeschlecht vertilgt.

Man sagt aber die Affen die heute in den Wäldern leben seien ihre Nachkommen und zwar sind sie ihre Nachkommen weil ihr Fleisch durch den Schöpfer auch nur aus Holz gemacht wurde. So ähnelt der Affe dem Menschen.
Die Götter beschlossen aus Mais neue Menschen zu schaffen. Fuchs Koyote Papagei und Rabe holten den Mais aus Pan Paxil oder Pan Cayala von wo der gelbe und der weiße Mais stammen. So erhielten die Götter den Mais der in das Fleisch der neuen Menschenschöpfung einging und zu Menschenblut wurde. Daß er dazu wurde war das Werk des Schöpfers. Durch ein Wort der Kraft verfügte der Schöpfer die Erschaffung unserer Stammeltern.

Dies sind die Namen der ersten Menschen die geschaffen wurden:

der erste hieß Balam Quitze
der zweite Balam Akab
der dritte Mahucutah
der vierte Iqui Balam.

 

 

Sie sind die Stammväter und sie werden nur als Geschaffene bezeichnet nicht als Geborene denn sie hatten keinen Vater und keine Mutter.

Man nennt sie einfach Menschen. Durch Zauberkraft sind sie vom Schöpfer erschaffen worden. Nun hatten sie das Aussehen von Menschen und waren auch Menschen sie sprachen und hatten Vernunft sahen und hörten gingen und griffen mit den Händen. Es waren wohlgebildete schöne Menschen und sie hatten ein fein gebildetes Antlitz. Ihr Blick reichte so weit daß sie in einem Augenblick alles sahen und die ganze Welt bis auf den Grund erkannten. Wenn sie aufblickten sahen sie mit Leichtigkeit alles im ganzen Umkreis im Innern des Himmels sowohl wie im Innern der Erde. Ihr Blick drang überallhin.

Als sie alles was es unter dem Himmel gibt gesehen hatten dankten sie ihrem Schöpfer:
‚Fürwahr zweifacher dreifacher Dank gebührt dir! Wir sind Menschen geworden haben einen Mund und Augen empfangen wir sprechen und hören denken und bewegen uns. Wir wissen und erkennen was nah und was fern ist wir sehen alle großen und kleinen Dinge am Himmel und auf Erden.‘

Aber den Schöpfer dünkte nicht gut was sie da sprachen und er sagte:
‚Es ist nicht gut was unsere Geschöpfe da reden. Sie kennen alle die großen und die kleinen Dinge. Sind sie denn nicht lediglich erschaffene Wesen? Sie werden bald ebenso sein wie die Götter.‘
So sprachen Hurakan Tepeu Kucumatz Xpiyacoc und Xmucane miteinander. Da ließ das ‚Herz des Himmels‘ ihre Augen zu Stein werden und ihr Auge umwölkte sich wie wenn die Fläche eines Spiegels von einem Hauch getrübt wird. Nur was nahe war konnten sie jetzt noch sehen; nur dies blieb deutlich für ihren Blick. So wurden die Weisheit und das Wissen der vier Männer bereits in ihren ersten Anfängen zerstört.

Während eines Schlafes erhielten die vier Geschaffenen wahrhaft wunderschöne Frauen: Balam Quitze Balam Akab Mahucutah und Iqui Balam fanden diese Frauen bei sich als sie erwachten. Sogleich waren ihre Herzen wieder froh weil sie nun Gattinnen hatten. Dies waren die Namen der Frauen:

Caha Paluna war die Frau Balam Quitzes
Chomiha die Frau Balam Akabs
Tzununiha die Frau Mahacutahs
Cakixaha die Frau Iqui Balams.
Sie gebaren die Menschen die kleinen und die großen Stämme. Und das waren die Wurzeln aus denen das Volk der Quiche entstanden ist.